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Blaues Sofa

teo

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09.05.2005
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Blaues Sofa

Da sitzt er, der bleiche apathisch wirkende Akademiker. Schon vierzig Jahre schleicht er durch die mit taubenblauer Auslegware dekorierten Unigänge und verkriecht sich wie eine Miesmuschel regelmäßig bei herannahender Gefahr in sein Allerheiligstes.
Nun füllt er selbstgefällig seinen braunen Bürostuhl für 19,99 von Aldi aus und sieht sich mein zuvor eingereichtes Themenblatt an. Einem Scanner gleich, lässt er seine Augen über das Papier gleiten. Ich höre förmlich das bestätigende Piepen in seinen Gehirnwindungen.
Ich habe inzwischen auf einer blau bezogenen Couch Platz genommen. Seit wann gibt es blaue Couchgarnituren in den Zimmern von Professoren? Was macht er sonst noch so auf seiner Couch. Meine Fantasie geht mit mir durch. Ich sehe die Beisitzerin mit ihren lila lackierten Fingern über seine graue Hose streichen, den Weg zum Hosenknopf suchend.
Die Couch hatte schon bessere Tage gesehen. Welche bedeutenden und unbedeutenden Hinterteile hatten auf ihr schon Platz genommen? Diesmal war ich an der Reihe. Ängstlich lasse ich mich in das blaue Wunder sinken und fühle die aufstehenden Federn deutlich nachgeben. Hätte ich die Füße hochgeschlagen, nebenbei die blasse Beisitzerin erschlagen, wäre mir wohler gewesen. Die Beisitzerin macht einen erschöpften Eindruck. Ihre dicken Finger spielen mit dem Kugelschreiber. Unter dem Tisch blitzen schwarze Netzstrumpfhosen hervor. Nun war ich sicher. Die beiden nutzten die Pausen zwischen den Prüflingen für gemeinsame erotische Abenteuer.
„Die Konzeption der Pädagogik ....“, beginnt der Prüfer. Er macht die gewohnte nachdenkliche Pause, die Akademiker aus einer vorgetäuschten Überlegenheit gerne machen und er lässt mein Themenblatt mit einem gekonnten Wurf in eines seiner grünen Ablagefächer gleiten. Die Konzeption der Konzeptionslosigkeit schießt mir durch den Kopf. Wach auf! , ruft eine Stimme in mir.
„Ja, erzählen sie mal ...“ Nachdenkpause.
Ich schalte meine Redebreimaschine an und würge die in den letzten Wochen abgespeicherten Konzeptionslosigkeiten hervor. Zwischen meinen dürftigen Antworten drängen sich immer wieder meine erotischen Fantasien auf der blauen Couch. Widerwillig nimmt der Prüfer den Brei entgegen, schielt ab und zu skeptisch unter seiner goldumrandeten Brille hervor, kritzelt ein paar sinnlose Gedanken aufs Papier und sieht öfters stöhnend zur Decke hinauf. Vielleicht kann Gott mir helfen, denke ich. Drei, vier Fragen schießen ohne Unterbrechung aus seinem Mund. Plötzlich schreit er:
"Wo haben sie nur diesen Schwachsinn her?" Zur Beisitzerin sagt er mit einem Hundeblick:
"Entschuldigen sie meine Ausdrucksweise, Frau ... " Sie nickt bewundernd und überkreuzt ihre benetzten Beine elegant. Dabei knistert die Strumpfhose auf eine verlangende Art und Weise. An den Mundwinkeln des Professors staut sich schon weißer Schaum.
"Völlig unvorbereitet kommen sie zu mir. Sie sind einer dieser Generalisten! Die brauchen wir nicht! Ihr Wissen muss in die Tiefe gehen!" Dabei sieht er lüstern zur Beisitzerin hinüber.
Jegliches pädagogisches Denken und Verhalten, welches dieser spezielle Prüfer in fruchtbaren Momenten zum Buche gemacht hatte, war Makulatur geworden. Eigentlich hat er in seinen Schriften nur unnötig jungfräuliches Papier vergewaltigt. An andere seine schöngeistigen Ansichten weitergeben, sie selbst aber im Moment der Wahrheit an den Nagel der Vergessenheit hängen. Menschlichkeit forderte er auf jeder Seite seiner pädagogischen Ergüsse. Aber als Autor dieser endlosen Litaneien der Menschlichkeit durfte er ruhigen Gewissens unmenschlich zu mir sein. Er war ein kleiner Gott im Reiche der Wissenschaft, nur sich selber und seinem blauen Sofa Rechenschaft schuldig. Die Bücherregale an jeder Seite bogen sich unter der Last der pädagogischen Lufschlösser. Die Schatten unter seinen Augen waren Zeugen der nächtlichen Gehirngymnastik. Dabei hätte er sich in dieser Zeit lieber ausgiebigen Leibesübungen mit seiner Frau oder Beisitzerin widmen sollen. Sein Credo in all seinen dicken Büchern lautete: Seid alle lieb und nett zueinander.
Was bleibt, ist die blasse Erinnerung an eine nette Bettlektüre, die man fünf Minuten liest, bevor man das Licht ausknipst. Anstatt bei meinen fantasievollen Antworten einfühlsam den Rettungsanker zu werfen und die ein oder andere richtige Antwort mit Begeisterung aus meinem Gehirn zu fischen, lässt er meine Redebreimaschine weiterlaufen. Ich renne ins offene Messer und er lacht heimlich über meine Dummheit und freut sich auf die nächste Beisitzerinnenpause.
Am Ende, als der dampfende Brei fertig auf dem akademischen Tisch steht, gefallen ihm die Zutaten nicht. Er fährt weiter auf seinem selbstgebauten Gedankenschiffchen in meinem Meer von unsinnigen Worten. Er winkt mir noch zu.
„Adieu! Durchgefallen! Bis zum nächsten Mal!“
Das blaue Sofa quietscht noch ein wenig als ich aufstehe und gehe. Endlich, denkt er. Einer weniger.

 

Hallo teo,


die Idee hinter dem Text finde ich gut.
Da ist ein Professor, der Bücher über Pädagogik schreibt, und in den Prüfungen macht er seine Studenten fertig, ohne ihnen die geringste Hilfe anzubieten.

Die für eine Satire notwendigen Übertreibungen konnte ich nicht entdecken. Ich denke, so wie der Text derzeit ist, gehört er eher in die Rubrik "Alltag".

Was mir auch nicht ganz so gut gefallen hat, ist, dass du die negativen Eigenschaften des Professors zu sehr beschreibst, anstatt sie anhand von Beispielen (und dazu gibt die Rahmenhandlung ja genug Gelegenheit) vorzuführen.
Ich meine dabei insbesondere diesen Absatz:

Jegliches pädagogisches Denken und Verhalten, welches dieser spezielle Prüfer in fruchtbaren Momenten zum Buche gemacht hatte, war Makulatur geworden. Eigentlich hat er nur unnötig jungfräuliches Papier vergewaltigt. An andere seine schöngeistigen Ansichten weitergeben, sie selbst aber im Moment der Wahrheit an den Nagel der Vergessenheit gehängt. Menschlichkeit forderte er auf jeder Seite seiner pädagogischen Ergüsse. Aber als Autor dieser endlosen Litaneien der Menschlichkeit durfte er ruhigen Gewissens unmenschlich sein. Er war ein kleiner Gott im Reiche der Wissenschaft, nur sich selber und seinem blauen Sofa Rechenschaft schuldig.

Da hätte ich erwartet, dass du dem Leser zeigst, wie er denn unmenschlich ist, anstatt einfach nur festzustellen, dass er es ist.
Vielleicht könntest du ein, zwei Thesen aus seinen Büchern skizzieren und gegen sein reales Verhalten stellen, das du dazu etwas detaillierter beschreiben könntest.
Momentan erscheint mir die Hauptperson (ich denke, das ist der Prof, den du kritisieren möchtest) zu farblos.


Viele Grüße
Tom

 
Zuletzt bearbeitet:

hello teo,

ein flüssig geschriebener Text, allerdings keine Satire. Und ich sehe auch ein inhaltliches Problem: Pädagogik mag notwendig sein, sofern es ums Lehren und Vermitteln geht - aber doch weniger bei der Überprüfung des Gelernten. Gerade ein künftiger Pädagoge sollte doch mit ungehörigem Verhalten zurechtkommen, das wird schließlich demnächst sein Job.

Leider beschreibst Du dann das 'unpädagogische' Verhalten des Professers nur theoretisch, statt es vorzuführen.

"Schweigen Sie mich nicht an!" bellte er, als ich nicht sofort antwortete.

wäre z.B. eine solche Möglichkeit. Der Text würde besser in den 'Alltag' passen, denke ich.

Viele Grüße vom gox

 

Hallo gox und Tom!

Ich war mir nicht ganz sicher, ob der Inhalt für Satire reicht. Die Situation ist natürlich etwas überspitzt dargestellt. Allerdings ist es wahrscheinlich zu wenig um in dieser Rubrik zu bestehen.
Dass ich den Prof noch etwas genauer hätte beschreiben können, stimmt. Ein paar zusätzliche Dialoge könnten seinen Charakter besser beschreiben.
Muss ich nochmal drübergehen.
Vielen Dank!

Wie geht das denn mit dem Verschieben? :confused:

Gruß,
Theo

 

hello teo,

verschieben kannst Du nicht selbst, da mußt Du einen Moderator anflehen! :D

Viele Grüße vom gox

 

verschieben kannst Du nicht selbst, da mußt Du einen Moderator anflehen!
, ... auf Lebenszeit seine Einkaufstüten tragen, dich schriftlich verpflichten, ihn zu lieben und zu ehren, ihm täglich morgens den Kaffee kochen und ihn als deinen alleinigen Erben einsetzen.

 

Hallo FlicFlac!

Das hört sich ja ganz schön anstrengend an! Also Einkauftüten tragen kann ich schon noch erledigen ... ihn zu lieben und zu ehren ... äh ... muss ich mal meine Frau fragen, ob sie einverstanden ist (kommt natürlich auch darauf an, ob der Moderator eine Moderatorin ist, dann gehts vielleicht einfacher) ... morgens Kaffee kochen ist auch nicht so schwierig (mach ich eh immer) ... als alleinigen Erben einsetzen ... naja so arg viel gibt`s bei mir nicht zu holen ... dürfte auch nicht so schwierig sein. :D
Vielleicht versuch ich doch die Kritiken ernst zu nehmen und den Text zu verändern!

Danke nochmal!
Gruß,
Theo

 

Na, ihr seid mir ja ein paar mächtig scharmannte Sülzbolzen. :D

Wohin solls denn gehen, der Herr? In die Abteilung Alltag?

Als Gegenleistung würde ich da Hemdenbügeln und Fensterputzen von dir erwarten.
Und nu komm mir nicht auf die Idee, dass dein Text zu Romantik/Erotik soll. :zensiert:

 

Hallo lakita!

Also das mit dem Hemdenbügeln ... mhhh ... also wenn`s denn unbedingt sein muss. Kannst sie mir mit DPD schicken, kommen dann eventuell nach `ner Woche zurück. :D
Ob sie dann knitterfrei sind, weiß ich leider nicht! Fensterputzen mach ich nur, wenn du das neue Zeug aus der Werbung hast. Da stehen doch so Damen in weißen T-shirts rum. Die kriegen dann etwas auf ihre saubere Wäsche geschmiert und die rote Waschmaschine am Marktplatz macht mit dem Superzeug wieder alles sauber. Hab ich es richtig beschrieben? Weiß leider nicht mehr wie das Zeug heißt. Gibt es jedenfalls auch für Fenster und nicht nur für weiße Shirts.
Da hab ich meine Geschichte mühsam überarbeitet .... reichts jetzt immer noch nicht für Satire???? Jetzt wo du es erwähnst ... also die Idee mit Erotik ist natürlich auch nicht schlecht ... aber vielleicht wäre das dann doch etwas übertrieben. Dachte mir einfach, ich müsste die Beisitzerin etwas mehr ins Rampenlicht rücken.
Also wenn Verschiebebahnhof, dann eher in Alltag.
Was meinst du?

Gruß,
Theo :)

 

Hallo Simy!

Soll ich jetzt eine Dankesrede halten, oder nicht? Naja, ich lass es einfach!
Dank .. Mist, es fällt mir echt schwer, mich nicht zu beda ...!
Die Prüfungssituation habe ich fast so erlebt, darum fiel es mir auch nicht schwer, alles etwas übertrieben darzustellen. Naja ... habs trotzdem irgendwie durch diesen Akademikerladen gebracht. Aber die Erinnerung an die langen grauen Flure, flößt mir immer noch Angst und Schrecken ein. Ein Prüfer hat mir dann mal gesagt:"Also, Generalisten brauchen wir nicht!" Damit war ich durchgefallen. Ein paar Tage später habe ich einen Bericht im Fernsehen über Uni-Absolventen angeschaut. Was sagte da ein Neunmalkluger:"Generalisten bräuchte man mehr. Leute, die sich in verschiedenste Themengebiete schnell einarbeiten können und unterschiedliche Fachbereiche sinnvoll miteinander verknüpfen können ..." Ich hab gedacht, mich tritt ein Pferd! So ist das Leben!
Aber ... die Unizeit ist lange her ... ich schmunzel darüber nur noch. Leider ist es nach wie vor so, dass eine Menge der Leute die da arbeiten irgendwie fernab der Realität agieren. Viele Theorien werden aufgestellt und man fragt sich, wer braucht das eigentlich alles?

Gruß,
Theo

 

Er war ein kleiner Gott im Reiche der Wissenschaft, nur sich selber und seinem blauen Sofa Rechenschaft schuldig

Ja der hat mir besonders gut gefallen. Aber es ist nur eine von vielen wirklich schönen Formulierungen die einen wirklich zum Schmunzeln bringen und ich denke, das reicht auch um es als Satire einzustufen.
Die Idee finde ich auch toll, besonders wird es aber in dem du das blaua Sofa in den Mittelpunkt rückst. Sehr amüsant.
In einer sache muss ich noch Tom recht geben: es wöre vielleicht besser gewesen, schlechte Eigenschaften nicht zu sehr auszufürehen sondern sie durch Handlungen skizzieren so dass sich der Leser den rest auch denken kann.

MFG Thamm

 

Hallo Thamm!

Könntest du mir da noch ein Beispiel sagen ... du hast im letzten Satz gemeint, dass statt der schlechten Eigenschaften, ein paar Handlungen besser wären ... :)
Konkret heißt das ....
Oder verhalte ich mich jetzt genauso blöde wie der Prüfer :D

Gruß,
Theo

 

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