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Blaues Herz auf weißem Grund

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21.06.2003
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Blaues Herz auf weißem Grund

Blaues Herz auf weißem Grund

Angst zu haben ist etwas ganz normales. Es ist nicht schlimm. Man muss einfach nur weitergehen. Schritt für Schritt. Immer weiter.
Ich versuche es mit aller Kraft. Doch schon am Tor versagen meine Beine fast. Ich muss meine ganze Willensstärke aufbringen um überhaupt weitergehen zu können.
Dabei ist es beinahe ein schöner Ort. Alles ist friedlich, leise. Nur hier und da schimmert ein wenig Tannengrün durch die Schneedecke und sogar der Kies unter meinen Füßen weigert sich ob der Last des Neuschnees zu knirschen. Kein Geräusch stört die Idylle.
Ich gehe weiter. Ich kenne mein Ziel.
Blaues Herz auf weißem Grund.
Herz aus Stein. Wieder kriecht die Bittterkeit in meine Seele. Findet immer neue Wege, wie ein Wurm, der einen Apfel aushöhlt, zerfrisst.
Ich spüre wie die Mauern um meine Seele, die Mauern, die zu erbauen sie mich gezwungen hat, mit jedem Schritt bröckeln. Und der Wurm frisst weiter.
Blaues Herz auf weißem Grund. Ich bin beinahe da. Schon jetzt strömen die Gedanken auf mich ein, sind meine Schutzmauern beinahe überwunden. Die Liebe, der Hass, beides einst so heiß empfunden und doch schon seit so langer Zeit aus meinem Herzen verbannt, vergessen geglaubt, sie stürzen plötzlich wieder auf mich ein, wie Wasserfälle im Frühling.
Es ist hell, die Sonne scheint, grell, auf dem Schnee reflektierend. Dennoch ist es um mich dunkel. Nacht. Wie in meinem Zimmer. Damals. Wie in meinem Herzen. Jetzt und für allezeit? Ich weiß es nicht. Darum bin ich ja hier.
Blaues Herz auf weißem Grund. Ich kann es von weitem sehen. Angst schnürt mir die Kehle zu. So viel Zeit ist vergangen, so viele Jahre, und dennoch habe ich Angst. Vor ihr. Vor mir. Davor, nie überwinden zu können, was nicht vergessen werden kann.
Blaues Herz auf weißem Grund. Direkt vor mir. Kalt, tot, ungefährlich und gleichzeitig so verletzend. Und der Schrei, der nie meine Seele verlassen hat, der sich von jeder Umarmung, jedem Kuss, jeder Berührung genährt hat, der seit so langer Zeit in mir ausharrt, wartend, pochend, zerstörend, er formt sich, dehnt sich aus, zwingt mich in die Knie.

Auf dem einsamen kleinen Friedhof kniee ich vor dem blauen Herzen, vor dem Grab meiner Schwester und klage an.

 

Hallo Barrash!

Bin zwiegespalten. Stilistisch hast Du heir eine meines Erachtens nach gute Geschichte, auch wenn es mehr um Gefühle und Gedanken als um Handlung geht, das macht absolut nichts. Denn Diese Angstgefühle, das Unwohlsein, bringst du mir als Leser nahe, durch Formulierungen und Satzbau. Manches Floskelhafte stört mich da noch etwas, zum beispiel die so klischeehaft zugeschnürte Kehle. Die Wiederholung mit dem blauen Herz auf weißem Grund finde ich ebenfalls gut, sie hat etwas fast zwingendes, geheimnissvolles in dem Text.
Die Auflösung allerdings gefällt mir weniger. Das Grab eines Geschiwsters als Angstquelle ist ein Gedanke, den ich nicht nahcvollziehen kann, tut mir leid.

Die Liebe, der Hass, beides einst so heiß empfunden und doch schon seit so langer Zeit aus meinem Herzen verbannt, vergessen geglaubt, sie stürzen plötzlich wieder auf mich ein, wie Wasserfälle im Frühling.
- heirzu hätte ich mir mehr gewünscht, vor allem zu dem Hass.
"Wieder kriecht die Bittterkeit" - ein t zuviel ;)

Stilistisch schön, inhaltlich für mich nicht ganz nachzuvollziehen und etwas künstlich.

schöne Grüße
Anne

 

Hi Maus!
Danke für deine Kritik und natürlich auch für das Lob.

Die inhaltlichen Schwächen sind wohl vor allem damit zu erklären, dass ich hier versucht habe, eine relativ schweres Thema (Inzest, Missbrauch durch eine weibliche Person) in wenigen Worten und vor allem durch gefühlsbeschreibungen darzustellen.
Das ist mir offensichtlich nicht so ganz gelungen, doch da ich schon beim Schreiben Mein Augenmerk vor allem auf das stilistische gelegt habe, und das wohl doch ganz gut gelungen ist, macht das vielleicht nicht so sehr viel.
Jedenfalls noch mal vielen Dank für deine Antwort.

Viele Grüße,
Mona

 

Hallo Barrash!

Also mir hat Deine Geschichte ausgesprochen gut gefallen! :thumbsup:

Einerseits liest sie sich sehr schön, andererseits bin ich genau in der richtigen Stimmung für psychischen Masochismus...

Für mich war es ab ...

Ich spüre wie die Mauern um meine Seele, die Mauern, die zu erbauen sie mich gezwungen hat, mit jedem Schritt bröckeln.
...klar, daß es sich um Mißbrauch (psychisch/körperlich) handelt, bis zu jener Stelle:
Und der Schrei, der nie meine Seele verlassen hat, der sich von jeder Umarmung, jedem Kuss, jeder Berührung genährt hat
Da ahnte ich, daß es um sexuellen Mißbrauch geht.

Eigentlich hab ich lang gezögert, diese Geschichte anzuklicken, weil mich der Titel so überhaupt nicht angezogen hat.
Dieses Herz war alles, was mich auch beim Lesen etwas gestört hat. Auf mich hat es wie ein Fremdkörper gewirkt, weil ich ja die Bedeutung nicht kannte, wenn da plötzlich stand "Blaues Herz auf weißem Grund" - da konnte ich nichts damit anfangen. Erst am Schluß erfuhr ich, daß die Schwester so ein Herz auf ihrem Grabstein hat. Aber das war irgendwie schon zu spät, es blieb für mich ein Fremdkörper.
- Vielleicht kannst Du schon früher Hinweise einflechten, evtl. das Herz jeweils in einen Satz einbauen, der kleine Hinweise gibt?

Aber deshalb gefällt mir die Geschichte nicht weniger, sondern insgesamt sehr gut. :)

Liebe Grüße,
Susi

 

Hallo Häferl!

Erstmal danke für dein Lob.
Das dir der Titel nicht so gefällt, tut mir leid, denn eigentlich war dieser Titel mein Grund um diese Geschichte zu schreiben.

Die Idee, das blaue Herz vorher schon einzubauen, hatte ich auch schon, doch ich wüsste nicht, wie (bin offen für Ideen :) ).
Andererseits wollte ich natürlich auch, das der Leser erstmal ein bisschen im Dunkeln tappt, was das blaue Herz angeht ;) .

Schöne Grüße,
Mona

 

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