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Blaue Stunde
Er ging am Ufer des Flusses entlang, die Sonne stand tief und malte lange Schatten auf den Weg. Seevögel ließen sich auf den Wellen treiben, er hörte das Rauschen des Wassers und seine Blicke schweiften über die weite Landschaft. Am Ende des Weges erreichte der junge Mann die Brücke, bog in eine kleine Straße ein und wenige Meter weiter stand er vor einem hohen Zaun, hinter dem sich eine weiße Villa verbarg.
Er war siebenundzwanzig, Pianist und lebte erst seit kurzer Zeit in München. Auf einem Empfang war er Martha begegnet, auf einer dieser langweiligen Einladungen, die man versuchte, schnell wieder zu verlassen. Doch plötzlich erschallte ein Lachen, dem sich alle Köpfe im Raum zuwandten. Eine Frau betrat den Raum, begleitet von einigen jungen Herren, die sich um sie herum bewegten, als wollte ihr jeder als erster zu Füßen liegen. Sie war groß, rothaarig und ihre wogenden Formen steckten in einem unglaublichen Kleid, das mehr preisgab als verhüllte.
Gregor konnte den Blick nicht von ihr wenden. Da war etwas an dieser Frau, das nicht real zu sein schien. Sie verströmte eine sexuelle Energie, die geradezu beängstigend war. Er versuchte sich dichter an sie heran zu schieben und als er es endlich geschafft hatte, fuhr ein heißer Strom der Erregung durch ihn hindurch. Sie hatte ihn entdeckt, ihre Augen begegneten sich für Sekunden, hielten einander fest, ein Taumel erfasste ihn und drohte, ihn davon zu tragen. Von diesem Augenblick an wusste Gregor, dass er sie haben musste.
Einem glücklichen Umstand war es zu verdanken, dass Gregor auf einen Freund stieß, der die Frau kannte und ihn vorstellte.
„Sieh Martha, wen ich mitgebracht habe. Den berühmten Pianisten Gregor Iwanow.“
Es kostete ihn einige Überwindung, ihr seine zitternde Hand zu reichen. „Sagen Sie Martha zu mir“, sagte sie und schenkte ihm einen tiefgründigen Blick. Später flüsterte sie ihm zu, er solle sie doch einmal in ihrer Villa besuchen. „Kommen Sie am Mittwoch zur Blauen Stunde.“ Als er sie fragend anschaute meinte sie: „Mein Mann ist dann in der Oper. Bei den Proben.“ Und sie lachte.
Nur wenige Tage später lief Gregor am späten Nachmittag durch den fremden Garten, an duftenden Blumen und Sträuchern vorbei, die im Glanz der untergehenden Sonne purpurn leuchteten, und schellte an Marthas Tür. Der silberne Klang der Türglocke schickte elektrische Stöße durch sein Rückgrat. Er hörte Schritte, die Tür öffnete sich. Martha! Sein Pulsschlag beschleunigte sich, die Brust wurde ihm eng.
Sie trug ein schwarzes Kleid mit einem tiefen Ausschnitt und sah bezaubernd aus. Als sie ihm zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange hauchte, fühlte er sich von schweren Düften benebelt, die aus der Tiefe ihres wogenden Busens zu kommen schienen. Der Salon erstrahlte im Licht unzähliger brennender Kerzen, die Drinks waren vorbereitet. Gregor war beeindruckt und auch sprachlos.
„Nun?“, fragte sie.
„Nun?“, erwiderte er mit einem Schulterzucken.
Marthas rot geschminkte Lippen schimmerten aufreizend und tanzten im Kerzenlicht. Sie zögerte nicht lange, nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu einem Sofa aus grünem Samt, in dessen verlockend weichen Kissen sie beide versanken. Gregor fasste ihre Hand und ihre Finger verstrickten sich ineinander. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, dicht genug, dass er ihre üppigen Körperformen spüren konnte, was seinen Herzschlag beschleunigte und seinen Leib vor Ungeduld, vor Verlangen und Lust erschauern ließ.
Den langen Reißverschluss, der Marthas Kleid am Rücken zusammen hielt, entdeckte Gregor rein zufällig. Einige Male fuhr er mit den Fingerspitzen hinauf und hinunter, schließlich nahm er sich ein Herz und zog daran. Das Kleid ging auf. Zu seiner Verblüffung trug Martha nichts darunter, außer den halterlosen Strümpfen. Ihr prächtiger Busen sprang ihm entgegen. Scheu und andächtig berührte er die weiße Haut, die sich warm und weich anfühlte. Martha lachte, schob sich schwungvoll auf seinen Schoß und betastete mit flinker Hand seinen Leib. Sie gab ihm Küsse aufs Gesicht, auf den Mund und auf die Augen. Geschickt streifte sie ihm die Kleider ab und als er nackt war, ließ sie sich mit ihm zusammen auf den weichen Teppich gleiten. Plötzlich empfand Gregor ein Gefühl von großer Zärtlichkeit. „Mein Liebling“, murmelte er und schmiegte seinen Körper eng an ihren. Marthas Augen glänzten, ihre Lippen bebten, wortlos gab sie sich ihm hin.
Einige Zeit lagen sie eng verschlungen und lauschten dem Klopfen ihrer Herzen.
„Kommst du wieder, mein Engel?“, fragte Martha mit rauer Stimme.
„Möchtest du das denn?“, antwortete er zögerlich und wusste doch genau, dass er sich für dieses Abenteuer bereits entschieden hatte.