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Blacky
I - Robert
Alex und Robert stritten sich wieder lautstark. Genauer gesagt war es Robert, der wie immer meckerte. Die letzten Tage gab es für Robert immer mehr Gründe sich aufzuregen. Sein an sich leicht reizbares Ego, das sich eh an alles und jedem störte, dazu kamen die Probleme in der gemeinsamen Firma. Die Beiden konnten sich einfach nicht einigen, wie es nun mit der Firma weiter gehen sollte. Alex wollte – wie er sagte - weiterhin kleine Brötchen backen und sein eigener Herr bleiben, Robert dagegen wollte expandieren und die Firma gewinnbringend an die stärkere Konkurrenz verkaufen. Der Ärger mit und um Sara kam zusätzlich hinzu. Einerseits war Robert aus Prinzip sauer, dass ausgerechnet Alex ihr Auserwählter war, andererseits gefiel es ihm nicht, wie Alex von ihr beeinflusst wurde. Auch diese Zigarettenpause am Waldrand, die Alex unbedingt jetzt einlegen musste, brachte ihn zur Weißglut. Als ob es so schwierig wäre, eine Stunde ohne Zigarette auszuhalten.
Nun standen sie hier im Nieselregen und Robert fluchte ununterbrochen. Einen Teil der Flüche ließ er aber unausgesprochen, besonders seine Drohungen, die an „die Alte“ gerichtet waren. Dass Alex schwieg und seelenruhig den Rauch in die Luft blies, machte Robert nur noch wütender.
II - Rika
Hinter dem kleinen Waldstück befand sich der Bauernhof. An der Mauer, die an der Grundstücksgrenze verlief, lehnten einige nicht mehr genutzte Schuppen, eine baufällige Scheune und jede Menge Unrat, Schrott und Reifen in allen erdenklichen Größen. In einem der Schuppen suchte Rika Unterschlupf. Ihr Instinkt sagte ihr, dass die kleinen Welpen bald auf die Welt kommen würden. Am Bauernhof gab es jede Menge Lärm, die Umbauten des Hofladens waren im vollen Gange und der Lärm störte Rika. Sie hatte Angst vor den fremden Arbeitern und den lauten Maschinen. Daher versteckte sie sich hinter uralten modrigen Strohballen und wartete.
III - Alex
„Wie oft soll ich es Dir noch sagen! Wir haben mit Sara bespro...“
Das war für Robert endgültig zu viel. Er unterbrach Alex und schrie wie ein Wahnsinniger:
„Es ist mir egal, was Du mit dieser Schlampe besprichst, warum kannst Du es nicht endlich kapieren? Es ist unsere Firma! Meine und Deine! Fick sie wann immer Du willst, aber halte sie aus der Firma raus, verdammt nochmal“
Alex wirkte seltsamerweise immer noch gefasst und sagte:
„Ich habe neue Nachrichten für Dich. Da wir bald heiraten werden, wird sie in der Zukunft mehr über die Firma bestimmen, als es dir lieb ist. Das mit der Schlampe habe ich jetzt großzügig überhört, aber wehe, ich höre es noch mal, dann trennen sich unsere Wege. Auch wenn wir immer von unserer Firma reden, es ist Dir hoffentlich klar, wer die Zügel in der Hand hält. Zufälligerweise derjenige, der die meisten Ressourcen bei der Gründung zu Verfügung gestellt hat, egal ob Geld, Know-how oder Mitarbeiter. Denk dran – wenn ich meine Ressourcen abziehe, bleibt dir nichts übrig, nur dein Geld und deine vorlaute Klappe. Ich kann ohne dich neu anfangen. Du bist ohne mich eine Null, einfach...“
In dem Moment unterbrach Roberts Faust die Unterhaltung, Alex fiel nach hinten und landete mit dem Hinterkopf auf einem der vielen Ziegelsteine, die zwischen den Bäumen lagen. Er hörte noch ein seltsames Geräusch, es knackte trocken und schmatzte feucht zugleich. Robert war immer noch im Adrenalinrausch und sah durch den roten, nebligen Schleier, der seine Sicht trübte, wie die Augen von Alex nach oben rollten. Als dann noch ein blutiger Speichelfaden aus dem leblosen Mundwinkel trat, fiel Robert auf die Knie und lachte hysterisch.
IV - Sara
Sara zupfte nervös an ihren Haarspitzen. Es dämmerte langsam und Alex war immer noch nicht zu Hause. Als sie vom Einkaufen zurück kam, fand sie lediglich eine knappe Notiz auf dem Tisch, die verkündete, dass Alex noch eine Runde spazieren wollte.
V - Robert
Robert schaute auf Alex herab und dachte nach. Alex bewegte sich nicht. Ob tot oder fast tot, das war Robert egal. Er war sich ziemlich sicher, dass er nicht mit Alex ins Krankenhaus fahren würde. Auch nicht ohne Alex zur nächsten Telefonzelle, um Hilfe zu holen. Auch wenn es ein Unfall war, aus der Sache käme er schwer wieder heraus.
Abgesehen davon passten die Umstände perfekt, niemand wusste wo und mit wem Alex unterwegs war. Da der Wagen von Alex gerade in der Werkstatt war, wollte er mit Robert in die Stadt fahren, um ein Geschenk für Sara zu besorgen, die das Ganze natürlich nicht mitbekommen sollte. Die ganze Heimlichtuerei zahlte sich nun aus.
Robert schaute sich in der Gegend um und entdeckte eine viereckige Vertiefung im Boden, von bröselnden Ziegelsteinen umrandet. Da der ganze Waldboden voller Ziegelsteine war, handelte es sich wahrscheinlich um den zugeschütteten Kellereingang von einem einst hier stehenden Haus.
Stöhnend schleppte er den Körper zu der Vertiefung, wo er ihn mit Mühe verstaute und mit einigen Schichten von Ziegelsteinen und Laub abdeckte. Die Stelle war perfekt.
Anschließend fuhr er zu seiner Lieblingskneipe, wo er den ganzen Abend verbrachte, um wenigstens teilweise ein Alibi für den Notfall zu haben.
VI - Alex
Alex wachte ein letztes Mal auf. Trotz starker Schmerzen versuchte er die Augen zu öffnen und sich aufzurichten. Die Last, die auf seiner Brust lag, machte ihm das Atmen schwer. Es dauerte nicht lange und sein Lebenswille schwand dahin. Als er sein Leben aushauchte, erhob sich ein silberner, schwach leuchtender Schimmer und schwebte scheinbar ziellos über den Waldboden.
VII - Rika
Rika lag erschöpft neben mehreren kleinen Welpen, als sie etwas verspürte. Sie knurrte beunruhigt, als eine feine glänzende Wolke durch die Wand des Schuppens hindurch schwebte und ihre Welpen umhüllte. Eins ihrer Jungen öffnete kurz die Augen, die seltsam zu leuchten begannen.
VIII - Sara
Auch einige Wochen nach dem Verschwinden von Alex hatte die Polizei immer noch keine Spur. Am Abend des Verschwindens und am Folgetag rief Sara alle Freunde und Verwandten von Alex an, niemand wusste etwas. Keine Anrufe und auch Robert, sein Geschäftspartner, wusste nichts. Die Polizei suchte die nähere Umgebung ab, am Wochenende half das halbe Dorf mit, leider auch ohne Erfolg.
Sara schlief kaum, brach immer wieder in Tränen aus und konnte sich auf nichts konzentrieren.
Ihre einzige Freude war zur Zeit der kleine Welpe, den sie einem Bauer abgekauft hatte, als sie kürzlich einen Hofladen besuchte. Als sie auf dem Weg in die Nachbarstadt spontan einige Lebensmittel kaufte, entdeckte sie auf dem Hof die kleinen Hovawartwelpen, die ihrer Hundemutter hinterher liefen. Sie spielte etwas mit den Kleinen, verliebte sich sofort in einen, der einen irgendwie vertrauten Blick hatte und beschloss ihn auch mitzunehmen. Zum Glück waren beide Parteien schnell handelseinig, so dass Blacky – so sollte der Kleine heissen – mit ihr kommen durfte.
IX - Robert
Ein Jahr nach Alex Verschwinden lief für Robert alles bestens. Auch wenn ihm immer noch rein förmlich nur die Hälfte der Firma gehörte, so konnte er tun und lassen was er wollte. Die Eltern von Alex vertrauten ihn blind, die Schlampe war mental am Ende und mischte sich nicht mehr ein. Eigentlich perfekt, wenn es nicht sein verletztes Ego gäbe Auch wenn er Sara eigentlich hasste, so war er immer noch sauer, dass sie sich damals für Alex entschieden hatte. Auch dass sie kürzlich seinen Annäherungsversuch sofort abblockte, machte ihn aggressiv.
Als er am Samstagabend in die Kneipe ging, trank er aus Frust etwas mehr als sonst. Auf dem Weg nach Hause torkelte er an Alex' Haus vorbei und hörte fröhliches Lachen von Sara aus dem Garten, dazu Hundegebell. Die Schlampe und ihr neuer Köter, den hatte er ja ganz vergessen. Ohne nachzudenken stand er auf einmal an der Tür und drückte mehrfach die Klingel.
X - Blacky
Blacky erstarrte in seiner Bewegung und schaute Sara an, die zum Haus lief und Blacky zum bleiben aufforderte.
Als Sara die Tür einen Spalt öffnete, trat Robert die Tür ein. Sara wurde nach hinten geschleudert und fiel auf den Boden. Als sie aufstehen wollte, verpasste ihr Robert einen Faustschlag ins Gesicht. Als sie zu schreien anfing, schlossen sich seine Hände um ihre Kehle.
Lautlos, ohne einmal zu knurren, schoss der inzwischen ausgewachsene Blacky durch die Luft. Die Wucht des Aufpralls schleuderte Robert nach hinten, in dem Moment schlossen sich die kräftigen Kiefer um sein Hals. Blut bespritzte den Boden und die Wände, Roberts Hals war bald eine einzige klaffende Wunde, die zerfetzten Sehnen und Blutgefäße hingen herab. Sara war wie gelähmt und konnte nur tatenlos zuschauen, das Atmen fiel ihr schwer. Als Blackys Zähne Roberts Luftröhre durchtrennten, ließ Blacky kurz von Robert ab und starrte ihn an. Das Letzte was Robert sah, waren zwei blutbespritzte Augen, die ihm unheimlich bekannt vorkamen. Danach kam die Dunkelheit.
XI - Alex
Auch Sara blieb der Ausdruck in Blackys Augen nicht verborgen, sie sah ihn schon früher mal gelegentlich für Sekundenbruchteile. Als sie blinzelte und nochmal auf Blacky schaute, stand er vor ihr und schaute sie mit seinen lieben Hundeaugen an.