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Bitte lachen Sie erst einmal
Bitte, lachen Sie erst einmal!
Die Sonne knallt mir auf den Rücken, ich werde
schläfrig, doch stört das niemanden, es gibt momentan nichts, was von Bedeutung wäre. Bis auf den Traum von heute nacht, er lässt mich nicht mehr los.
Eine ferne, wie mir scheint, längst verdrängte Vergangenheit hat sich darin rekonstruiert zu einem Film, der im Kino vermutlich ein Riesenerfolg geworden wäre. Mit allen Elementen, die ein unterhaltender, spannungsgeladener Streifen enthalten sollte: die im Zentrum stehende Liebesgeschichte, das Drama des Abschieds, der Generationenkonflikt- meine Eltern saßen mit der Liebe meines Lebens am Frühstückstisch -, die große Sinn-des-Lebens-Frage, die zwangsläufig auf die nicht erwiderte und deshalb im Sehnsuchtsstadium verharrende Zuneigung folgt. Ach, es war ergreifend, so sehr, daß ich matt und erschöpft erwachte und -haben Sie das auch schon erlebt?- jede Sequenz für bare Münze nahm. Es kann vorkommen, daß es bis zu einer halben Stunde braucht, bis die aktuelle Realität wiederhergestellt, Name, Wohnort und vor allem der Familienstand, den Sie sich leicht anhand des recht eindeutigen Filminhaltes zusammenreimen können, erneut präsent sind, als sei man nie im Traumland gewesen, alles blanker Unsinn, und - so`n Mist!...es schon so spät ist!
Nix wie raus, unter die Dusche und mit einem letzten eisigen Guß die traurigen Nachtgeister aus dem Bewußtsein verbannt! Die großen Taten warten auf ihre Umsetzung und so beginnen die Gerüche des Tages sich ihren Weg zu bahnen. Aus dem vanillegeschwängerten Badezimmer schafft es ein kleiner hartnäckiger Trupp von Geruchspartikeln, unter der Tür hindurch in die Küche zu schlüpfen. Dort breitet sich langsam und beherrschend eine gemütliche Kaffeewolke aus, die die Vanilleatome direkt vereinnahmt. Es steht nach kürzester Zeit 4:1 für den Kaffee, doch mischt sich alsbald dunkler rauchiger Röstbrotgeruch darunter, das erste Streichholz züngelt schwefelig, ich entzünde -etwas unpassend für diese frühe Mittagsstunde- eine Kerze, einen dicken, verformten Stumpen, der, einst katholischbeige, nun mit vom Ruß geschwärzten Rändern geziert ist.
Habe heute frei, welch seltsamer Ausdruck, bei dem sich die Frage stellt, ob die Freiheit von der Arbeit abhängig und nicht, wie ich bislang angenommen hatte, ständig vorhanden ist. Trotzdem oder gerade aus diesem Grund (es ist zugegebenermaßen ein klitzekleiner Widerspruch in dieser Formulierung und doch ist sie wahr) nutze ich eben diese freie Zeit, diese Freizeit, ha ha, um, ganz frei, zwei Schränkchen aufzubauen, sie mit ihrem zugedachten Inhalt zu füllen, besser den alten Inhalten, ich weiß nie, wohin mit dem ganzen Zeugs. Weswegen zwecks Simplifizierung des Problems neues Mobiliar angeschafft wird. Das zieh`ich ja alles nochmal an, oder so. Wie sagte ein äußerst liebenswerter Kabarettist einst? Es gibt wohl zwei Arten von Menschen: die Wegschmeißer und die Behalter. Bislang hatte ich mich für eine Mischform aus beidem gehalten, da sich der Umzug, also der Auszug aus dem einen Nest und der Einzug ins nächste Nest, zu der neuen Freizeitaktivität manifestiert hat, anläßlich dessen jeweils sortiert und eben weggeschmissen wurde; dies aber überdeckte bislang nur meinen insgeheim stark ausgeprägten Behaltertrieb. Jetzt kommt zum Vorschein, was mein tückisches Unterbewußtsein lange Zeit verborgen hielt: ich will eigentlich alles behalten, auch meine, ja grade, große Liebe wollte ich nicht hergeben, man hat mich verlassen, hmpf. (Autorin zieht beleidigt Nase und Schultern gleichzeitig hoch.) Aber wissen Sie, keine einzige Erfahrung möchte ich missen, der Mensch entwickelt sich doch beständig weiter im Lauf des Lebens, trotzdem die biologische Kurve bewiesenermaßen mit 25 auf ihrem Gipfel angekommen ist. Ich habe das bei mir selbst beobachtet, doch das verrate ich nur Ihnen. Aber bitte, es gibt Wichtigeres als den Körper, den Himmel voll glückseliger Körperlichkeiten und die oberste Priorität auf der Liste der von Frauen zu lösenden Probleme: der Schwachstelle! Und anhand dieser Argumentation sind auch schon alle frauentypischen Probleme vom Tisch. Is ègal!!
Und, sollte es passieren, daß mich mein Unterbewußtsein nochmals überrascht und einen politischen Menschen hervorzaubert, ja sollte ich dereinst eine Partei gründen, soll über dem Schriftzug ein rotes Fähnlein wehen, auf dem in allen Farben des Regenbogens der Satz zu lesen ist: Bitte,lachen Sie erst einmal!