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Bis sich was ändert ...

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10.09.2016
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Bis sich was ändert ...

Zwischen leeren Chipstüten, getragenen Unterhosen, Synthesizern und Glockenspielen, zwischen Schallplatten und Notenständern, an meinem Klavier saß ich klimpernd.

Anstelle von Noten verwendete ich das Plattencover: Sie in lässiger Pose vor einem Abgrund, übersät mit Fettflecken und Paprikapulver. Ihre Songs handelten von Nichts, Planeten und Sehnsucht, und auf dem Bild trug sie ein T-Shirt mit Sternennebel, unter dem sich zwei Wölbungen abzeichneten. Es reichte, um sie zur großen Liebe meines Lebens zu erklären.

Weniger romantisch veranlagt war meine kleine Schwester. Mit dreizehn hatten sie und ihr Tennisschläger sich bereits einige Pokale und Medaillen erknüppelt, ihre milchgesichtigen Gegner mit wohl angeschnitten Bällen alt aussehen gelassen. Das einzig Sinnliche an ihr war ihre Leidenschaft für Schmetterlinge, die sie im Durchbohren und lepidopterologischen Beschriften der fangfrischen Falter, dem Aufspreizen ihrer schillernden Flügel befriedigte.

Einmal saßen wir zusammen in der Küche und spielten Schach. Im Gegensatz zu ihr verstand ich nicht viel Sizilianisch, Königsindisch oder Damengambit. Ich wollte einfach Zeit mit ihr verbringen, Chips essen und warten, bis sich meine Seite des Feldes leerte.
„Heute Nacht war Mama wieder mit einem Stift am Fenster“, sagte ich und zog e4.
„Naja, sie hat einfach ein Problem mit positiven Lebensveränderungen“, antwortete Enya ruhig und schob ihren Bauern nach c6.
Ich schaute sie über das Brett hinweg an. „Was hat das denn bitte damit zu tun?“
„Sie hat Lungenkrebs, Jon, schon vergessen? – und spiel bitte nicht wieder so schneckenhaft, ja?“
Langsam wanderte meine Hand in die Chipstüte. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, sagte ich und rückte einen Bauern auf d4, „sie kann doch immernoch etwas ändern. Mit dem Rauchen hat sie doch auch schon aufgehört und ...“
„ ... und schlafwandelt seitdem jede zweite Nacht mit einem Stift in der Hand, Jon“, führte sie meinen Satz fort und zog nach d5, „manchmal wünschte ich wirklich, ich könnte so naiv sein wie du ...“ Ich zuckte mit den Schultern und setzte meinen Springer auf c3, mürrisch schlug sie auf e4. „Du hast es immer noch nicht kapiert, oder?“
„Nein.“
„Ach, Jon! Wenn Birgit aufhört mit dem Rauchen und dann mit einem schmalen zigarettenförmigen Gegenstand am Fenster steht ...“
„Hör auf Mama Birgit zu nennen, okay?“, schnauzte ich sie an. „Dann mach du gefälligst deinen Zug“, blaffte sie zurück.
Schweigend spielten wir:
Ich, Springer e4. Springer f6. Dame e2. Springer d7. Springer d6. Pause –
Enya riss das Brett vom Tisch und rannte in ihr Zimmer.


***​

Meine Mutter kam nie früh nach Hause. Sie sagte immer, dass „der Laden“ ohne sie nicht laufe. Niemand jedoch wusste, weshalb sie "den Laden" überhaupt am Laufen hielt. Leidenschaft fürs Versicherungswesen: Nicht vorhanden. Zu jeder Gelegenheit sprach sie nur davon, lieber Biologin geworden zu sein. Damals in der Schule, der Nachwuchspreis für Naturwissenschaften, sie: nominiert. Doch dann der Rektor, einfach Hirnschlag, und die Preisverleihung? - verschoben. „Es war das Menetekel meiner beschissenen Jugend. Was hätte ich anderes machen sollen, als den Preis später abzulehnen? Die hatten mich doch warten lassen!“ - Das war ihre Meinung, doch im Gegensatz zu Mama schienen normale Leute zu wissen, worin ihr eigentliches Problem bestand: Nämlich darin, dass Frau Sanders unter keinen Umständen glücklich sein wollte.

Ich rückte ihr Plattencover auf einem Notenständer zurecht, dann spielte ich mit meiner Orgel einen manierierten Walzer. Mit schrägen Vocals erinnerte es ein bisschen an Devo - worauf ich natürlich stolz war. Ich hatte ihr viele Songs geschrieben. Über Sehnsucht, Planeten und Nichts. Als ich eine Pause einlegte, hörte ich im Flur das Rauschen der Dusche. Mein Vater war nach Hause gekommen. Er war Lehrer und ein sonderbarer Fall. Überall in der Wohnung hatte er Pornohefte versteckt und verbrachte, ein leidenschaftlicher Onanist, oft Stunden im Bad. Scheinbar schien nur ich es zu wissen. Wahrscheinlich brauchte es männliches Einfühlungsvermögen. Ganz früher einmal, hieß es, habe er Charisma besessen.

Ich kritzelte ein paar Noten und Textzeilen auf ein Papier und legte es auf einen Zettelhaufen. Dann ging ich in die Speisekammer, um Chips zu holen. Meine Mutter kaufte sie entgegen der Empfehlung von Herrn Dr. Fischer, der vor Arterienverkalkung und Herzinfarkt warnte, würde ich mich weiterhin ausschließlich von frittierten Kartoffelprodukten ernähren.
Ich riss gerade eine zweite Packung auf, als meine Mutter mit grünem Stirnband und Tennismontur an mir vorbeihuschte. Seit einem Vorfall in der Schulzeit hatte sie dem Sport für immer den Rücken gekehrt. „Ich gehe Joggen“, beantwortete sie meine nicht gestellte Frage. „Mit einem Tennisrock?“, wollte ich wissen, doch darauf antwortete sie nicht. „Dr. Fischer meint, ich soll es versuchen - also versuch ich’s. Keine Zeit, Jon!“, sagte sie und war aus der Tür.
Chips essend schlurfte ich ins Zimmer meiner Schwester, die auf ihrem Bett saß und in einem Kompendium über die Lagerung und Konservierung von Schmetterlingseiern blätterte. Als ich ihr erzählte, dass unsere Mutter Sport machte, legte sie das Buch beiseite und schaute mich fragend an.


***​

Ziemlich genau ein halbes Jahr, nachdem meine Mutter Joggen gewesen war, ging mein Flug nach Neuseeland. Die Lokalpresse berichtete unlängst von anderen Themen, von Aliens, die Kontakt mit der NASA aufgenommen hatten, einem Kapitän, der den Lesern die letzten Geheimnisse der Tintenfischverarbeitung nahezubringen suchte und natürlich von lukrativen Heuschreckenplagen in Uganda. Indes hatten die Bauarbeiten zur Wiedererrichtung der Brücke begonnen, die zusammengestürzt war, als meine Mutter in Tennisbekleidung und grünem Stirnband darüberlief.

Kurz nach ihrem Tod begannen die Dinge sich zu ändern: Als ich den Hausmüll rausbrachte, ragte mir eine Brustwarze aus der Papiertonne entgegen und ich fand einen gewaltigen Haufen Pornokonfetti - Das Charisma meines Vaters war zurückgekehrt. Warum, wusste ich nicht genau, aber auch in mir hatte der Tod meiner Mutter den Wunsch nach Veränderung ausgelöst. Mit einem Jahresvorrat an Chipstüten baute ich einen Scheiterhaufen im Garten und ließ meine fettige Vergangenheit in grünlichen Flammen aufleuchten. Dann nahm ich ein Demotape auf und schickte es nach Oakland, übers Meer, zum Plattenlabel meiner großen Liebe. Nach ein paar Monaten bekam ich einen Brief und der war ein Flugticket.
Wie es aussah, sollte sich also doch noch alles zum Guten wenden - Nur für meine kleine Schwester nicht: Im Matchball der Tennis-Jugendmeisterschaften verfehlte sie den entscheidenden Ball um eine Stirnbandbreite. Was hätte sie also anderes machen sollen, als ihren Tennisschläger hinzuschmeißen und den Platz zu räumen? Den weißen Rock und ihr grünes Stirnband übrigens hat sie seitdem nicht mehr angerührt.

 

Hallo Carlo zwei,

auch dieser Text spricht mich an. Vor allem der Erzählton liegt genau auf meiner Welle.
Sowohl inhaltlich als auch formal sehr interessant gestaltet.

Ganz früher einmal, hieß es, habe er Charisma besessen.
Ein Satz, der einer kompletten Charakterbeschreibung entspricht.

Die Lokalpresse berichtete unlängst von anderen Themen, von Aliens, die Kontakt mit der NASA aufgenommen hatten, einem Kapitän, der den Lesern die letzten Geheimnisse der Tintenfischverarbeitung nahezubringen suchte und natürlich von lukrativen Heuschreckenplagen in Uganda. Indes hatten die Bauarbeiten zur Wiedererrichtung der Brücke begonnen, die zusammengestürzt war, als meine Mutter in Tennisbekleidung und grünem Stirnband darüberlief.
Ganz großes Kino! Die Geschwätzigkeit ist hier Stilmittel und für mich sehr effektiv.

Dann ging ich in die Speisekammer, um Chips zu holen – meine Mutter kaufte sie entgegen der Empfehlung von Herrn Dr. Fischer, der vor Arterienverkalkung und Herzinfarkt warnte, würde ich mich weiterhin nur von frittierten Kartoffelprodukten ernähren.
Da hast Du Dich verzettelt. Irgendwie zwei Sätze verschmolzen.
Korrektur nach mehrmaligem Lesen: Ist doch grammatisch richtig, aber unnötig verwirrend gebaut.

Mir fehlt, zur befriedigenden Lektüre, eine ersichtliche Struktur. Der Text ist wie ein Rohdiamant, der noch in eine glänzende Form geschliffen werden sollte.

Gruß,
Kellerkind

 
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Hallo Carlo Zwei,
mir gefällt die schräge, überzeichnete, surreale Erzählweise in Deinem Text sehr gut. Das läuft alles ein wenig drunter und drüber und es wirkt wie der Vorspann einer Tragikommödie im Kino, wo man bunt durcheinander gewürfelte Szenen aus dem Leben einer durchgeknallten Familie sieht und aus dem Off hört man die Stimme des Erzählers, der das beschreibt. Im Ganzen sehe ich eine Atmosphäre, eine Stimmung, die mich sehr neugierig macht und über die ich gerne mehr erfahren würde. Wenn man die Zeitspanne nimmt, die der Text umfasst, kann das wohl auch Material liefern für einen größeren Umfang. Obwohl das in sich schon stimmt und auch geschlossen ist, weil die kurzen Charakterisierungen die Figuren ganz treffend und spürbar einfangen.

"Anstatt von Noten verwendete ich das Plattencover." Das verwirrt mich ein wenig, aber das soll wohl ein bewusst schnoddriger Tonfall sein. Aber der passt dann tatsächlich zu der Hauptfigur, die man sich gut vorstellen kann, wie sie mit abgetragenen Unterhosen durch die Wohnung schlurft, mit der Chipstüte in der Hand, achtlos Brösel auf den Boden streut und dann inspiriert aber doch auch irgendwie lustlos auf dem Klavier herumimprovisiert. Das ist wirklich sehr schön plastisch gemacht. Und, wie gesagt, ich würde gern mehr aus dem Leben des chipsfutternden Orgelspielers erfahren.
Herzlich
rieger

 
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Kellerkind schrieb:
Der Text ist wie ein Rohdiamant, der noch in eine glänzende Form geschliffen werden sollte.

So weit wie Kellerkind will ich mit meinem Urteil nicht gerade gehen, Carlo, aber ein Halbedelstein ist die Geschichte allemal für mich, ein ganz wunderbarer noch dazu. Irgendwie erinnerte mich diese skurrile Familiengeschichte an Irvings „The world according to Garp“, vor tausend Jahren eines meiner Lieblingsbücher, und wenn das einer Geschichte gelingt, dann hat der Autor schon mal einiges richtig gemacht, sag ich mal..
Okay, wir reden hier von einer knapp vierseitigen Kurzgeschichte und nicht von einem 900-Seiten-Roman. Umso erstaunlicher, wie viel an Figurencharakteristik da in und zwischen den Zeilen steckt, was für eine herrliche Coming of Age-Atmosphäre du darin zu schaffen vermagst.
Und die Erzählsprache dieses Jon ist einfach toll, finde ich. Wie er da ganz beiläufig über Dramatisches, ja, über Tragödien eigentlich, plaudert, also das ist einfach sympathisch, charmant, und ja, auch witzig.
Da würde ich echt gern mehr davon lesen. Von diesem Jon und seiner Schwester und dem durchgeknallten Vater, der sich wieder zum Charismatiker wandelt.
Also mit diesem Figurenensemble ließe sich echt noch was machen.


Ein paar Peanuts:

Anstatt von Noten
entweder: Anstatt Noten
oder: Anstelle von Noten

... eine Leidenschaft für Schmetterlinge, die sie im Durchbohren und lepidopterologischen Beschriften staubtrockener Körper befriedigte.
Besser gefiele mir: mit (oder mittels, oder durch. Nein, vergiss durch, das würde sich mit dem Durchbohren spießen.)
(Apropos spießen:
Natürlich könnte man noch das Attribut „staubtrocken“ hinterfragen. Weil ich in meiner Kindheit selber ein begeisterter Schmetterlingssammler war, kein Witz, weiß ich, dass man die Schmetterlinge in quasi noch fangfrischem Zustand auf eine Nadel spießt. Getrocknet sind sie erst nach mehreren Wochen auf dem Präparierbrettchen.)

vom Indischem [Indischen] Damenspiel

sie kann doch immernoch [immer noch]

„Hör auf[,] Mama Birgit zu nennen, okay?“

Überall in der Wohnung hatte er Pornohefte versteckt und verbrachte, ein leidenschaftlicher Onanist, oft Stunden im Bad. Scheinbar schien [?] nur ich es zu wissen. Wahrscheinlich brauchte es männliches Einfühlungsvermögen.
Nicht sehr schön.
Wenn du ausdrücken willst, dass Jon tatsächlich glaubt, er sei der einzige, der davon weiß, solltest du übrigens „anscheinend“ verwenden.

Meine Mutter kaufte sie entgegen der Empfehlung von Herrn Dr. Fischer, der vor Arterienverkalkung und Herzinfarkt warnte, würde ich mich weiterhin nur von frittierten Kartoffelprodukten ernähren.
Grammatikalisch mag der Satz schon stimmen, da hat Kellerkind wohl recht. Aber er klingt irgendwie verwirrend.
Vermutlich deshalb, weil „warnte“ sowohl als Präteritum als auch als Konjunktiv II gelesen werden kann. Und dann hieße das sinngemäß, der Arzt würde Jon nur warnen, wenn Jon usw. …
Ich würde den Satz irgendwie zu entkomplizieren versuchen.

Ich riss gerade eine zweite Packung auf, als meine Mutter mit grünem Stirnband und Tennismontur an mir vorbeihuschte. Seit einem Vorfall in der Schulzeit hatte sie dem Sport für immer den Rücken gekehrt. „Ich gehe laufen“, entgegnete sie, um Fragen zu vermeiden.

besser: „… sagte sie
(Jon hat ja nichts gesagt, worauf sie etwas entgegnen könnte, oder?)

Als sie im Matchball der Tennis-Jugendmeisterschaften stand,
Ich hab null Ahnung von Tennis, aber das klingt einfach schräg.


War mir ein Vergnügen, Carlo.

offshore

 
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Hallo Carlo Zwei

Zunächst mal zur Schach-Szene. :teach: Das ist eine mögliche Partie, so eine Art Eröffnungsfalle, in die nur blutige Anfänger tappen würden, die allerdings wiederum so Züge wie Dame b6 gar nicht spielen würden. (Ich habe diese Variante früher selbst gespielt.) Aber das will ich nicht kritisieren, das hebt sich ja schon mal wohltuend von dem ab, was man da sonst so liest und sieht, wenn das Schachspiel für eine Szene herhalten muss.

Im Gegensatz zu ihr verstand ich nicht viel vom Indischem Damenspiel, Königsgambit und der Orang-Utan-Eröffnung.

Hm. Also wie gesagt, wenn sie viel von diesen Eröffnungen versteht, dann würde sie wohl kaum den Fehler machen, ihre Dame einzügig einzustellen.

Die Formulierung "indisches Damenspiel" ist unglücklich, so was gibt's nicht. Es gibt Königsindisch, Damenindisch, Nimzo-Indisch und Bogoljubow-Indisch.

Und ja, die Orang-Utan-Eröffnung. Die wird derart selten gespielt, dass deine Aufzählung halt wie ein Recherche-Ergebnis wirkt. Natürlicher wäre so etwas wie: "verstand nicht viel von Sizilianisch, Damengambit und Königsindisch". Ich habe mir auch gedacht, dass man hier nicht nur Eröffnungen aufzählen könnte, sondern auch so was wie "Königsangriff", "Bauernopfer", "Zentrumskontrolle" "Entwicklungsvorsprung" u.a.

zog nach d5 // woraufhin sie mürrisch nach c5 zog

In dieser Kombination lässt man das "nach" weg. Also entweder: "Sie zog den Bauern nach d5" oder "sie zog d5".

„Dein Bauernspiel ist lausig“

Das passt nicht so ganz, der Erzähler hat zuvor zweimal eine Figur gezogen und mit Ld3 die Deckung des Bauern auf d4 durch die Dame unterbrochen. Also müsste sie sagen: "Dein Spiel ist lausig" oder "Das ist sehr unachtsam" o.ä.

Hieraufhin gab ich ihr Schach mit dem Läufer, während ich gleichzeitig ihre Dame angriff.

"während" suggeriert zwei Handlungen (Während ich nach Hause ging, rauchte ich eine Zigarette). Hier ist es aber ein und derselbe Zug, der zwei Effekte hat. Daher würde ich schreiben: "gab ich Schach mit dem Läufer, was gleichzeitig ihre Dame angriff."

Jetzt aber zum Text!

Zwischen leeren Chipstüten, getragenen Unterhosen, Synthesizern und Glockenspielen, zwischen Schallplatten aller Größen und einem Klavier saß ich klimpernd.

Ich finde den ersten Satz echt gut. Dieses "klimpernd" beendet ihn ruckartig, das irritiert, macht aber auch neugierig.

Anstelle von Noten verwendete ich das Plattencover: Sie in lässiger Pose vor einem Abgrund, übersäht mit Fettflecken und Paprikapulver.

übersät. Und über das "anstelle von Noten" bin ich auch gestolpert. Das würde ich ändern.

Ihre Songs handelten von Nichts, Planeten und Sehnsucht und auf dem Bild trug sie ein T-Shirt mit Sternennebel, unter dem sich zwei Wölbungen abzeichneten. Jenes reichte aus, um sie zur großen Liebe meines Lebens zu erklären.

Das gefällt mir ausgesprochen gut, sehr konkret wird eine Stimmung aufgebaut. Das "jenes" würde ich aber durch "das" ersetzen, wirkt natürlicher.

Gegnern mit wohl angeschnitten Bällen das Gesicht eingetrümmert.

angeschnittenen. Und das kapiere ich nicht, wenn man einen Ball anschneidet, dann nimmt man ja eher Tempo raus. Also, das Anschneiden hat was Subtiles, wohingegen es brachiale Gewalt braucht, um jemandem mit einem Tennisball das Gesicht zu zertrümmern (gibt es das Wort "eintrümmern" überhaupt?) Und ehrlich gesagt, nehme ich das dem Erzähler hier nicht ab. Ein Mädchen, das mit einem Tennisball ein Gesicht zertrümmert? Ich frage mich hier, weshalb der Erzähler derart übertreibt. Auch später, wo ein Tennisball der Schwester fünf Zähne ausschlagen soll. Das geht nicht.

Die Lokalpresse berichtete unlängst von anderen Themen, von Aliens, die Kontakt mit der NASA aufgenommen hatten, einem Kapitän, der den Lesern die letzten Geheimnisse der Tintenfischverarbeitung nahezubringen suchte und natürlich von lukrativen Heuschreckenplagen in Uganda. Indes hatten die Bauarbeiten zur Wiedererrichtung der Brücke begonnen, die zusammengestürzt war, als meine Mutter in Tennisbekleidung und grünem Stirnband darüberlief.

Sehr schön!

Carlo Zwei, auch ich möchte von einem Schmuckstück sprechen, einem Edelstein, der noch geschliffen werden könnte. Ich finde, du hast die Fähigkeit, mit kleinen Details, schönen Beobachtungen und auch mit wunderbaren Sätzen eine Atmosphäre zu erzeugen, die es dem Leser erlaubt, sich im Text wohlzufühlen, sich einzurichten, Stimmungen aufzunehmen.

Was mir hier etwas fehlt, ist die Stringenz. Du nimmst viele Fäden auf, das Plattencover, die Schwester (eine sehr lange Szene im Vergleich), die Mutter (kurz), der Vater, die Chips und dann zoomst du raus und erzählst in doch recht anderem Ton vom Tod der Mutter. Der sollte die Geschichte zusammenhalten, wenn ich das recht verstehe. Du erzählst da also kleine Szenen, kurz bevor es geschah, das erinnert mich an "Distelfink", wo über 50 Seiten detailliert über die Minuten vor dem Unglück erzählt wird. Nur habe ich das bei dir erst am Ende begriffen, ich habe lange nicht kapiert, was du erzählst, hatte den Fokus zunächst auf dem Begehren des Erzählers, dann auf der Schwester und dann dachte ich, ah, da wird eine Familienkonstellation eingeführt und der Text ist sicher sehr lange, und plötzlich war aber schon das Ende da. Ich habe glaub' keinen konkreten Rat, wie du das anders aufziehen kannst. Die billigste Variante wäre ein Foreshadowing ("Am Tag, als Mutter in Tennisbekleidung und grünem Stirnband über die Brücke lief, diesem Tag, der sich in mein Gedächtnis eingebrannt hat wie kein zweiter ..." Irgendsowas. Aber vielleicht gibt es bessere Lösungen. Eine Möglichkeit wäre auch, dir viel mehr Zeit zu lassen, das über 20 Seiten zu erzählen. So kam mir dieser Text, wie soll ich sagen, etwas unkoordiniert vor.

Aber, noch einmal, grosses Kompliment für die Bilder, die Erzählweise. Ich denke, nicht nur der Text ist ein Rohdiamant, auch dessen Autor.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hey Kellerkind

habe mich riesig über deine Kritik gefreut. Cool, dass du bisher beide meiner Geschichten kommentiert hast. Vielen vielen Dank dafür! Ich würde mich gerne revanshieren, aber bislang habe ich keine Story von dir gesehen und auch über dein Profil findet man nichts - schreibst du z. Z. eher privat?

auch dieser Text spricht mich an. Vor allem der Erzählton liegt genau auf meiner Welle.
Sowohl inhaltlich als auch formal sehr interessant gestaltet.

Das freut mich riesig. Ich versuche dran zu bleiben und mit den ganzen tollen Vorschlägen weitere meiner Geschichten rauszuhauen - Muss aber wohl erstmal ein bisschen Zurückkommentieren, man kann ja nicht immer nur in Vorleistung gehen, gell?

Ein Satz, der einer kompletten Charakterbeschreibung entspricht.

Ich nehme es mal als Kompliment, bin mir aber auch bewusst, dass ich mal versuchen muss, dem mehr Zeit zuzugestehen. Eine gute Aufgabe für einen verregneten Samstag :kaffee:


Ganz großes Kino! Die Geschwätzigkeit ist hier Stilmittel und für mich sehr effektiv.

Vielen Dank auch hierfür. Es macht mir total Spaß, so zu schreiben, obwohl ich im Herzen, glaube ich, eher ein ruhiger Typ bin ;)


Da hast Du Dich verzettelt. Irgendwie zwei Sätze verschmolzen.
Korrektur nach mehrmaligem Lesen: Ist doch grammatisch richtig, aber unnötig verwirrend gebaut.

Werde den nochmal aufdröseln. Habe jetzt als erste Maßnahme mal zwei Sätze draus gemacht, aber da geh ich nochmal drüber. Vielen Dank für den Hinweis!

Mir fehlt, zur befriedigenden Lektüre, eine ersichtliche Struktur.

Hast du eine Idee in welche Richtung das gehen könnte oder könntest du ein Beispiel für eine ersichtliche Struktur geben (z. B. aus ner Geschichte die dir einfällt - von Peeperkorn kenne ich einiges)? Oder anders gefragt: Was braucht es dazu?

Der Text ist wie ein Rohdiamant, der noch in eine glänzende Form geschliffen werden sollte.

Das ist ein sehr sehr schönes Kompliment und ein pädagogisch wertvoller Hinweis, hehe.
Ich gebe mir Mühe und glaube fest daran, dass es sich weiterentwickeln wird. Vielen Dank nochmal für deine tolle Kritik!! Und hoffentlich bis bald und dann auch mal unter einem von deinen Texten! Bis bald Mr. Kellerkind!!

CarloZwei

Lieber rieger,

wie ich sehe bist du auch noch recht neu hier. Habe schon einmal einen Blick auf deinen kürzlich eingestellten Text geworfen und freue mich, den demnächst auch zu kommentieren - der Anfang las sich erst einmal vielversprechend! Vielen Dank für den ausführlichen und so schön subjektiven Kommentar. Konnte mir vorstellen, wie du den Text gelesen hast und das ist für mich sehr wertvoll!


mir gefällt die schräge, überzeichnete, surreale Erzählweise in Deinem Text sehr gut.

Danke schön. Ich glaube das ist ein bisschen meine Form von Humor. Ich schreibe auch manchmal relativ düstere Texte und das hier gibt mir persönlich eine Chance da rauszukommen, wenn ich es brauche ...

Das läuft alles ein wenig drunter und drüber und es wirkt wie der Vorspann einer Tragikommödie im Kino, wo man bunt durcheinander gewürfelte Szenen aus dem Leben einer durchgeknallten Familie sieht und aus dem Off hört man die Stimme des Erzählers, der das beschreibt

Hihi, cooler Vergleich. Super dargelegt! Danke!


Im Ganzen sehe ich eine Atmosphäre, eine Stimmung, die mich sehr neugierig macht und über die ich gerne mehr erfahren würde. Wenn man die Zeitspanne nimmt, die der Text umfasst, kann das wohl auch Material liefern für einen größeren Umfang.

Total toller Kommentar. Das haben nach dir ja noch andere geschrieben und ich werde es mir tatsächlich zum Anlass nehmen, nochmal etwas Längeres daraus zu machen (Vorfreude). Super!

Obwohl das in sich schon stimmt und auch geschlossen ist, weil die kurzen Charakterisierungen die Figuren ganz treffend und spürbar einfangen.

Mehr kann ich mir nicht wünschen. Super, dass ich dich erreichen konnte!

"Anstatt von Noten verwendete ich das Plattencover."
Das verwirrt mich ein wenig, aber das soll wohl ein bewusst schnoddriger Tonfall sein.

Ja, das ist schon gewollt, aber verwirren soll es eben auch nicht. Da werde ich nochmal ran müssen. Gut, dass du es sagst.

Rieger, ich habe mich total über deinen Eindruck zu meiner Story gefreut - Man liest sich! Cheers und bis bald!

CarloZwei

 

Lieber ernst offshore,

vielen Dank für diese gebündelte Kritikpower. Werde wohl die meisten der von dir veranschlagten Punkte, sobald es sich ergibt, umsetzen. Danke, dass du dir so viel Zeit genommen und so ausführlich geschrieben hast. Ich hoffe, ich kann mich bald auch bei dir revanshieren.

So weit wie Kellerkind will ich mit meinem Urteil nicht gerade gehen, Carlo, aber ein Halbedelstein ist die Geschichte allemal für mich, ein ganz wunderbarer noch dazu.

Davon habe ich mich schon genug geehrt gefühlt! Vielen Dank!

rgendwie erinnerte mich diese skurrile Familiengeschichte an Irvings „The world according to Garp“, vor tausend Jahren eines meiner Lieblingsbücher, und wenn das einer Geschichte gelingt, dann hat der Autor schon mal einiges richtig gemacht, sag ich mal..

Vielen Dank für den Vergleich, auch wenn ich Irving nicht kenne, reicht mir, dass ich einige Leute kennen, deren Meinung ich schätze, und die ihn abfeiern. Ich selbst hab noch kein Buch von ihm angerüht. Weshalb, weiß ich nicht genau. Ich hatte einmal das "Last die Bären los" in der Handu nd bin sicher, es noch mal irgendwann zu lesen, aber bislang stand einfach anderes auf dem Speiseplan.

Okay, wir reden hier von einer knapp vierseitigen Kurzgeschichte und nicht von einem 900-Seiten-Roman. Umso erstaunlicher, wie viel an Figurencharakteristik da in und zwischen den Zeilen steckt,

Das ist natürlich richtig. Es wäre schön mal so einen Marathon hinzulegen, um eine Ahnung zu bekommen, wie sich das anfühlt ...

was für eine herrliche Coming of Age-Atmosphäre du darin zu schaffen vermagst.

Vielen Dank. Ich nehme das Kompliment zum Anlass noch ein bisschen in die Richtung weiterzuforschen - irgendwie ist das noch Thema bei mir.

Und die Erzählsprache dieses Jon ist einfach toll, finde ich. Wie er da ganz beiläufig über Dramatisches, ja, über Tragödien eigentlich, plaudert, also das ist einfach sympathisch, charmant, und ja, auch witzig.

Das freut mich unheimlich :))

Da würde ich echt gern mehr davon lesen. Von diesem Jon und seiner Schwester und dem durchgeknallten Vater, der sich wieder zum Charismatiker wandelt.
Also mit diesem Figurenensemble ließe sich echt noch was machen.

Ich werde irgendwann etwas Längeres dazu schreiben. Ein erster Anlauf scheint bereits missglückt zu sein. Mal schauen, wann da etwas draus wird ...

entweder: Anstatt Noten
oder: Anstelle von Noten

Habe ich geändert. Falls nicht, folgt das noch.

Natürlich könnte man noch das Attribut „staubtrocken“ hinterfragen. Weil ich in meiner Kindheit selber ein begeisterter Schmetterlingssammler war, kein Witz, weiß ich, dass man die Schmetterlinge in quasi noch fangfrischem Zustand auf eine Nadel spießt. Getrocknet sind sie erst nach mehreren Wochen auf dem Präparierbrettchen.)

Warum "könnte". Das ist ja super! Werde ich natürlich ändern. Klasse, dass ich da von deiner Expertise profitieren darf!

Wenn du ausdrücken willst, dass Jon tatsächlich glaubt, er sei der einzige, der davon weiß, solltest du übrigens „anscheinend“ verwenden.

Habe ich bzw. werde ich ändern. Danke!

Grammatikalisch mag der Satz schon stimmen, da hat Kellerkind wohl recht. Aber er klingt irgendwie verwirrend.
Vermutlich deshalb, weil „warnte“ sowohl als Präteritum als auch als Konjunktiv II gelesen werden kann. Und dann hieße das sinngemäß, der Arzt würde Jon nur warnen, wenn Jon usw. …
Ich würde den Satz irgendwie zu entkomplizieren versuchen.

Ja, auch hier muss ich nochmal ran :o

besser: „… sagte sie
(Jon hat ja nichts gesagt, worauf sie etwas entgegnen könnte, oder?)

das stimmt auch. Solche Fehler sind irgendwie immer besonders schmerzlich. Das Gefühl in Floskeln zu reden.

Ich hab null Ahnung von Tennis, aber das klingt einfach schräg.

Ich kenne das zumindest, aber ich ändere das mal, wenn es sich komisch anhört - hängen tue ich nicht daran.

Nochmal herzlichen Dank für die tolle Kritik! Bis bald!
Carlo


Lieber Peeperkorn,


vielen Dank für deine ausführliche Kritik. Ich habe das Gefühl, hier noch ziemliche Anfängerfehler zu begehen, jetzt, durch deinen Kommentar nochmal durchgehe. Ich muss wohl noch einiges an meiner Schreibe verändern. Regelmäßigkeit täte mir echt gut, aber das Studium fordert ganz schön zur Zeit. Wie auch immer, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast!


Zunächst mal zur Schach-Szene. :teach: Das ist eine mögliche Partie, so eine Art Eröffnungsfalle, in die nur blutige Anfänger tappen würden, die allerdings wiederum so Züge wie Dame b6 gar nicht spielen würden. (Ich habe diese Variante früher selbst gespielt.) Aber das will ich nicht kritisieren, das hebt sich ja schon mal wohltuend von dem ab, was man da sonst so liest und sieht, wenn das Schachspiel für eine Szene herhalten muss.

Oje, ich hätte wissen müssen, worauf ich mich einlasse. Ich bin eigentlich ein ziemlicher Schach-Anfänger. Man sollte wohl nicht über technisch aufwändige Themen schreiben, die man nicht entweder gut recherchiert oder selbst ausreichend praktiziert hat. Shame on me. (und zum Glück gibt es hier einen echten Schachspieler - vielen Dank!)

Hm. Also wie gesagt, wenn sie viel von diesen Eröffnungen versteht, dann würde sie wohl kaum den Fehler machen, ihre Dame einzügig einzustellen.

Die Formulierung "indisches Damenspiel" ist unglücklich, so was gibt's nicht. Es gibt Königsindisch, Damenindisch, Nimzo-Indisch und Bogoljubow-Indisch.

Und ja, die Orang-Utan-Eröffnung. Die wird derart selten gespielt, dass deine Aufzählung halt wie ein Recherche-Ergebnis wirkt. Natürlicher wäre so etwas wie: "verstand nicht viel von Sizilianisch, Damengambit und Königsindisch". Ich habe mir auch gedacht, dass man hier nicht nur Eröffnungen aufzählen könnte, sondern auch so was wie "Königsangriff", "Bauernopfer", "Zentrumskontrolle" "Entwicklungsvorsprung" u.a.

Ich werde die ganze Szene wohl nochmal umschreiben, damit ich mich und andere sich nicht für mich peinlich berührt fühlen müssen, haha ^^

In dieser Kombination lässt man das "nach" weg. Also entweder: "Sie zog den Bauern nach d5" oder "sie zog d5".

„Dein Bauernspiel ist lausig“

Das passt nicht so ganz, der Erzähler hat zuvor zweimal eine Figur gezogen und mit Ld3 die Deckung des Bauern auf d4 durch die Dame unterbrochen. Also müsste sie sagen: "Dein Spiel ist lausig" oder "Das ist sehr unachtsam" o.ä.

Danke für den Hinweis!

"während" suggeriert zwei Handlungen (Während ich nach Hause ging, rauchte ich eine Zigarette). Hier ist es aber ein und derselbe Zug, der zwei Effekte hat. Daher würde ich schreiben: "gab ich Schach mit dem Läufer, was gleichzeitig ihre Dame angriff."

Ja, das ist natürlich auch richtig. Ziemlich ungeschickt ...


Ich finde den ersten Satz echt gut. Dieses "klimpernd" beendet ihn ruckartig, das irritiert, macht aber auch neugierig.

vielen Dank. Schön, dass er dir gefällt.

übersät. Und über das "anstelle von Noten" bin ich auch gestolpert. Das würde ich ändern.

wird gemacht!

Das gefällt mir ausgesprochen gut, sehr konkret wird eine Stimmung aufgebaut. Das "jenes" würde ich aber durch "das" ersetzen, wirkt natürlicher.

ja, das hatte ich sogar vorher. Ich sage das nur im Alltag so oft, dass ich das als sprachliche Eigenart mit einfließen lassen wollte. Mission failed!


angeschnittenen. Und das kapiere ich nicht, wenn man einen Ball anschneidet, dann nimmt man ja eher Tempo raus. Also, das Anschneiden hat was Subtiles, wohingegen es brachiale Gewalt braucht, um jemandem mit einem Tennisball das Gesicht zu zertrümmern (gibt es das Wort "eintrümmern" überhaupt?) Und ehrlich gesagt, nehme ich das dem Erzähler hier nicht ab. Ein Mädchen, das mit einem Tennisball ein Gesicht zertrümmert? Ich frage mich hier, weshalb der Erzähler derart übertreibt. Auch später, wo ein Tennisball der Schwester fünf Zähne ausschlagen soll. Das geht nicht.

Hmm, das Anschneiden habe ich gebraucht, weil ich mir anders nur schwer einen Ball vorstellen konnte, der das Gesicht des Gegners auch trifft. Eintrümmern, habe ich nicht im Duden, dafür aber als Wortneuschöpfung in ein paar Zeitungsartikeln gefunden - schwache Referenz, ich weiß. Allgemein sind die Auswirkungen von Enyas Schlägen aber absichtlich übertrieben. Irgendwie ist es physikalisch wahrscheinlich schon möglich und es gehört für mich irgendwie zur Skurrilität der Story. Das mit dem Anschneiden würde ich aber wirklich gerne ändern. Vielleicht kann ich etwas in Richtung 'Effet' oder 'Drall' schreiben.


Carlo Zwei, auch ich möchte von einem Schmuckstück sprechen, einem Edelstein, der noch geschliffen werden könnte.

Das ist sehr nett von dir. Scheinbar sind meine eigenen Sensoren für's Lektorat noch nicht so scharf wie die anderer. Vielleicht lasse ich mir auch zu wenig Zeit damit - Wenn ich Marias Andeutung zu ihrer Vorgehensweise lese, kommt es mir so vor.

ch finde, du hast die Fähigkeit, mit kleinen Details, schönen Beobachtungen und auch mit wunderbaren Sätzen eine Atmosphäre zu erzeugen, die es dem Leser erlaubt, sich im Text wohlzufühlen, sich einzurichten, Stimmungen aufzunehmen.

Vielen Dank :)


Was mir hier etwas fehlt, ist die Stringenz. Du nimmst viele Fäden auf, das Plattencover, die Schwester (eine sehr lange Szene im Vergleich), die Mutter (kurz), der Vater, die Chips und dann zoomst du raus und erzählst in doch recht anderem Ton vom Tod der Mutter.

Ja, da sprichst du etwas Gutes an. Ich habe das Gefühl, meine Stories bisweilen mit Dingen zu überfordern, die ich so unbedingt erzählen will, und dann schrecke ich ein bisschen davor zurück, mal etwas bei einem Thema zu verweilen - vielleicht aus der Angst zu langweilen, die ich mir wohl abgewöhnen sollte. Das Gefühl übertriebener Verdichtung beim Leser kommt mir scheinbar teurer zu stehen ...

Der sollte die Geschichte zusammenhalten, wenn ich das recht verstehe.

Naja, irgendwie schon, irgendwie nicht. Eigentlich wollte ich eher einen kleinen Eindruck dieser Familie aufschreiben. In dem Moment, wo die Mutter weg ist, kippt es. Die Tochter versagt, Vater und Sohn machen ihr Ding, wie die Mutter es versucht hat. Die Tochter scheitert irgendwie am selben Problem.

Nur habe ich das bei dir erst am Ende begriffen, ich habe lange nicht kapiert, was du erzählst, hatte den Fokus zunächst auf dem Begehren des Erzählers, dann auf der Schwester und dann dachte ich, ah, da wird eine Familienkonstellation eingeführt und der Text ist sicher sehr lange, und plötzlich war aber schon das Ende da. Ich habe glaub' keinen konkreten Rat, wie du das anders aufziehen kannst. Die billigste Variante wäre ein Foreshadowing ("Am Tag, als Mutter in Tennisbekleidung und grünem Stirnband über die Brücke lief, diesem Tag, der sich in mein Gedächtnis eingebrannt hat wie kein zweiter ..." Irgendsowas.

Hmm. Ich glaube, das ist zu groß, um es zu ändern. Vielleicht muss ich mal gucken, wie mein Text nach den gröbsten Veränderungen noch dasteht und ihn dann erstmal etwas ruhen lassen.

Aber vielleicht gibt es bessere Lösungen. Eine Möglichkeit wäre auch, dir viel mehr Zeit zu lassen, das über 20 Seiten zu erzählen. So kam mir dieser Text, wie soll ich sagen, etwas unkoordiniert vor.

Ich habe versucht, eine längere Story anzulegen, die darauf zurückgreift. Als Material ist es auf jeden Fall brauchbar, denke ich.

Aber, noch einmal, grosses Kompliment für die Bilder, die Erzählweise. Ich denke, nicht nur der Text ist ein Rohdiamant, auch dessen Autor.

Das ist ein wunderbares Kompliment und ich hoffe auch mehr als Höflichkeit.

Also nochmal vielen Dank. Das mit dem ungeschliffenen Stein, kann ich irgendwie annehmen, weil ich auch beim letzten Text das Gefühl hatte, etwas ganz Wohlgeformtes in Händen zu halten, nachdem er die Wortkrieger-Schmiede (und auch die FW-Hallen) verlassen hat. Das Ding ist, dass ich das, glaube ich, eigentlich selbst hinkriegen sollte. Da muss ich wohl noch dran arbeiten. Mehr schreiben, mehr lesen. Die positiven Kommentare geben mir Zuversicht, aber trotzdem habe ich das Gefühl, den Schlüssel zum Schreiben noch nicht so ganz in der Hand zu halten. Es ist, glaube ich, nicht mehr so viel, bis ich das geknackt habe. Ich würde nur gerne nutzen können, was ich glaube, machen zu wollen. Naja, wohl kein neues Problem ...

Vielen Dank und bis bald

CarloZwo

 

Hallo Carlo der Zwoote,

brevor ich es vergesse: Ich finde diese ... zu 95% unnötig. Bitte erkläre diese drei mal im Titel.

Zwischen leeren Chipstüten, getragenen Unterhosen, Synthesizern und Glockenspielen, zwischen Schallplatten aller Größen und einem Klavier saß ich klimpernd.
Peeperkorn fands toll, ich komisch. Also der Satz und die Idee ist ja schon gut, aber er saß ja zwischen all dem - also auf dem Boden, auf dem Schrank - aber nicht AM Klavier, also worauf klimperte er?

Und wenn wir dabei sind: zwischen Schallplatten aller Größen - da kannst du ja nur Musikergrößen meinen, weil es ja meines Wissens nur zwei Plattengrößen gab: die LPs und die Singles.
Und bei den LPs auf 33 und bei den Singles auf 45. Aber das wissen die Jungen ja gar nicht mehr, deswegen denken die, es gäbe 7 oder vielleicht sogar 10 verschiedene Größen von Schallplatten.
Du merkst, auf was ich heraus will?

Einmal saßen wir zusammen in der Küche und spielten Schach.

zog e2 nach e4.
schob ihren Bauern nach e6.
und rückte einen Bauern auf d4, führte sie meinen Satz fort und zog nach d5, und rückte meinen Bauern auf e5, woraufhin sie mürrisch nach c5 zog. Ich: c2 nach c3. Sie: Springer c6. Ich: Springer f3. Sie: Dame b6. Ich: Läufer d3. „Dein Bauernspiel ist lausig“, stellte sie fest und schlug d4. Ich nahm ihren Bauern, sie meinen mit dem Pferd. Ich schlug ihr Pferd, sie meines mit der Dame. Hieraufhin gab ich ihr Schach mit dem Läufer, während ich gleichzeitig ihre Dame angriff.


Mich würde brennend interessieren, ob Peeperkorn sein Brett hochgeholt und die Züge nachgespielt hat. Aber wahrscheinlich hat er das in seinem Kopf durchspielen können :D.

Ich habe auch schon einige Partien gespielt, mich aber nie mit Schachliteratur beschäftigt. Aber mich hat das genervt mit den vielen konkreten Zügen. Wenn ich mir nun noch jemand vorstelle, der mit Schach gar nix am Hut hat ... der muss sich ja veräppelt vorkommen, oder wie auf dem Mond. Jedenfalls finde ich diese konkreten Spielzüge hier in der doch kurzen Geschichte eher unpassend (bis störend), weil ein Schachunkundiger auch gar nix damit anfangen kann.

Davon abgesehen mag ich deine Geschichte. Die hat so einen besonderen Sound, das ist einfach schön.
So ganz habe ich zwar den Zusammenhang zwischen Mutter und Tochter mit dem gleichen Stirnband nicht kapiert. Aber vielleicht suche ich da auch zuviel.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Carlo Zwei

Ja, die Schach-Szene ist schon sehr lang und ich sehe das ähnlich wie bernadette, ist mir im Eifer des Gefechts entgangen. Da gäbe es kürzere Partien: 1. e4 c6 2. d4 d5 3.Sc3 de4: 4.Se4: Sf6 5.De2 Sbd7 6.Sd6 matt zum Beispiel oder 1.d4 Sf6 2.Lg5 c6 3.e3 Da5 + und Weiss verliert den Läufer auf g5.

bernadette

Mich würde brennend interessieren, ob Peeperkorn sein Brett hochgeholt und die Züge nachgespielt hat. Aber wahrscheinlich hat er das in seinem Kopf durchspielen können .

Bei Zweigs Schachnovelle kann ja Czentovic, der Schachweltmeister, kein Blindschach. Das ist in etwa so, wie wenn man seinen Protagonisten die Tour de France gewinnen lässt und behauptet, er könne nicht freihändig Fahrrad fahren. Also ja, ich brauche kein Brett, um eine Schachpartie nachzuvollziehen. Aber das ist nichts Aussergewöhnliches, sondern ein Nebeneffekt des Trainings - mit dem man aber ganz toll angeben kann. :D

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey bernadette,

danke fürs Lesen und deinen Kommentar!! Ein paar wirklich hilfreiche Punkte:

brevor ich es vergesse: Ich finde diese ... zu 95% unnötig. Bitte erkläre diese drei mal im Titel.

hmm, das habe ich irgendwie ästhetisch so gesetzt und dann gar nicht mehr richtig hinterfragt. Das Auslassungszeichen soll eigentlich schon vorwegnehmen, dass es sich hier nicht um einen Text mit abschließender Ausdeutung handelt, sondern dass hier dem Leser die Möglichkeit gegeben wird, sich selbst ein Bild von der Veränderung zu machen, die der Titel andeutet. "Bis sich was ändert" - Das "was" wird hier nicht genannt genausowenig wie das, was passieren muss, "bis sich was ändert". Das ganze Programm steht also noch offen wie zwei geschweifte Klammern, die der Inhalt der Story füllen soll. Das waren so meine Überlegungen. Vielleicht etwas zu weit hergeholt für deine Begriffe?

Peeperkorn fands toll, ich komisch. Also der Satz und die Idee ist ja schon gut, aber er saß ja zwischen all dem - also auf dem Boden, auf dem Schrank - aber nicht AM Klavier, also worauf klimperte er?

Hier ist bewusst eine Leerstelle gelassen worden. Klimpern also Klänge von sich geben können ja Menschen auch. Und wenn man expressiv wird, könnte man sagen, dass auch Gedanken Klänge sein können. Um jedoch vordergründige Expressivitäts-Orgien zu vermeiden - ich habe eine tiefe innere Abneigung gegen plumpe Schwülstigkeit - verwende ich manchmal solche Auswege. Aber ich nehme den Kommentar dennoch dankend an und mache mir Gedanken darüber, inwiefern auch mein Leser etwas davon haben sollte.

Und wenn wir dabei sind: zwischen Schallplatten aller Größen - da kannst du ja nur Musikergrößen meinen, weil es ja meines Wissens nur zwei Plattengrößen gab: die LPs und die Singles.
Und bei den LPs auf 33 und bei den Singles auf 45. Aber das wissen die Jungen ja gar nicht mehr, deswegen denken die, es gäbe 7 oder vielleicht sogar 10 verschiedene Größen von Schallplatten.
Du merkst, auf was ich heraus will?

Ja der Einschub ist etwas dumm. Danke für den Hinweis.

Mich würde brennend interessieren, ob Peeperkorn sein Brett hochgeholt und die Züge nachgespielt hat. Aber wahrscheinlich hat er das in seinem Kopf durchspielen können :D.

Der hätte mal in der Schachnovelle antreten sollen. Wie sollte ich denn mit so einem Experten rechnen. Frechheit.

Ich habe auch schon einige Partien gespielt, mich aber nie mit Schachliteratur beschäftigt. Aber mich hat das genervt mit den vielen konkreten Zügen. Wenn ich mir nun noch jemand vorstelle, der mit Schach gar nix am Hut hat ... der muss sich ja veräppelt vorkommen, oder wie auf dem Mond.

Jedenfalls finde ich diese konkreten Spielzüge hier in der doch kurzen Geschichte eher unpassend

Ja, ich glaube ich werde es für einen Schachkundigen schreiben, damit der auch seinen kleinen Spaß daran hat. Ein bisschen Bahnhof für den unbedarften Mensch-ärgere-Dich-nicht-Zocker ist, finde ich hinnehmbar.

Davon abgesehen mag ich deine Geschichte. Die hat so einen besonderen Sound, das ist einfach schön.

danke

So ganz habe ich zwar den Zusammenhang zwischen Mutter und Tochter mit dem gleichen Stirnband nicht kapiert.

hmm, ich will es dir nicht erklären müssen. Entweder du kannst etwas damit anfangen oder ich habe es nicht verständlich genug gemacht. Da ich erst einmal vermute, dass du gut gelesen hast, befürchte ich letzteres.

Bernadette, vielen Dank nochmal für deinen aufschlussreichen Kommentar. Schade, dass du von der Story noch etwas unbefriedigt oder enttäuscht zu sein scheinst. Vielleicht ändert es sich bei der nächsten.
Peeperkorn

Ja, die Schach-Szene ist schon sehr lang und ich sehe das ähnlich wie bernadette, ist mir im Eifer des Gefechts entgangen. Da gäbe es kürzere Partien: 1. e4 c6 2. d4 d5 3.Sc3 de4: 4.Se4: Sf6 5.De2 Sbd7 6.Sd6 matt zum Beispiel oder 1.d4 Sf6 2.Lg5 c6 3.e3 Da5 + und Weiss verliert den Läufer auf g5.

Ich schau mir das mal an :read: danke für den Hinweis!

(Edit Peeperkorn) hab das mit der Schachszene mal umgeschrieben und auch andere Stellen ein bisschen nachgeglättet. Im Nachhinein finde ich, der Text wirkt wie ein Ausschnitt aus etwas Größerem, weil auch die Perspektive eher unspektakulär ist. Danke jedenfalls für deine Vorschläge zur Schachszene, habe das mal durchgespielt und gleich verwurstet. Hoffe du hattest Erfolg gestern.
Liebe Grüße Carlo


Liebe Grüße
Carlo

 

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