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Bis die Sonne erwacht und das Leben erlischt - „Alles hat eine Bedeutung ..."
BIS DIE SONNE ERWACHT UND DAS LEBEN ERLISCHT
III – „Alles hat eine Bedeutung, selbst der Tod“
Die Stufen waren zu groß für sie. Ich hob sie hoch und versuchte ihr ein Lächeln zu schenken, während das silberne Glühen des Mondes unsere Gesichter küsste. Der Wind umspielte uns, wisperte unverständliche Worte und mir wurde klar, dass ich diese Welt nicht verlieren wollte.
Zwölf Stufen, meine Erinnerung täuschte mich nicht! Lang, lang war es her, so schien es, doch Zeit bedeutete nichts mehr für mich. Sie war mir fremd geworden. Die Kleine schmiegte sich an mich und es war ein seltsames Gefühl ihre Wärme zu spüren. Hatte sie denn keine Angst?
Ich stockte.
Wieso sah sie mich? Wieso dieses kleinen Mädchen, warum diese unverbrauchte Seele von Tausenden? Ich verstand nicht und Unsicherheit erfasste mein Herz. In ihren Augen war keine Antwort zu finden, sondern nur Fragen.
„Deine Mutter...“, begann ich. In ihren Augen sah ich noch die Tränen trocknen, aber dort schimmerte auch das Verlangen darüber zu sprechen. Reden war etwas, in dem ich nie gut gewesen war. Ich erinnerte mich an die Kellnerin und daran wie ich nur gehofft hatte, sie möge mich allein lassen. Damals hatte ich nicht verstanden, wie wichtig es war, ein fremdes Leben kennen zu lernen. Zu jener Zeit zählte nur die Jagd.
„Wo wolltet ihr hin?“, fragte ich und setzte sie ab. Wir setzten uns auf die vorletzte Stufe. Sie hatte die Arme um ihre angewinkelten Beine geschlossen, schien sich daran fest zu halten.
„Einfach weg...“, erklärte sie.
„Kein spezielles Ziel? Zur Oma, in den Urlaub, irgend so was?“, hakte ich nach. Innerlich erschrak ich vor mir selbst. Was hatte ich für eine Entschuldigung, in den Gefühlen eines Kindes zu wühlen, das wohl gerade den Tod seiner Mutter erlebt hatte.
Wieder der Griff zur Zigarette. Alte Gewohnheiten, denen man sich nicht entziehen kann.
Als ich langsam den Rauch heraus spie, meinte sie zaghaft:“ Und Du? Wo willst Du hin?“
„Einfach weg...“, erwiderte ich wie von selbst.
Sie sah die Stufen hinab und sagte nichts. Was wohl in ihren Kopf vor sich ging? Der Schauplatz des Unfalls war schon längst verschwunden. Man hatte die beiden Fahrzeuge wohl abgeschleppt. Wieso sollte man ein kleines Kind einfach vergessen? Kümmerte sich denn niemand um sie?
„Bist du weggelaufen?“, mutmaßte ich.
Nach einer Weile, in der nur der Wind durch die Nacht sich schob: Ein Nicken.
„Wieso?“ Keine Antwort. Ich legte meinen Arm um ihren Hals und drückte sie an mich. Dann saßen wir einfach dort, vergessen und warteten bis der Andere was sagen würde.
„Was ist der Sinn?“, fragte sie plötzlich.
„Hmm?“, ich verstand nicht.
Ihr großen Augen, schwarz, große Monde, an den Rändern das Glitzern der Tränen, sagte sie: „Was ist der Sinn des Todes?“
Ich wusste nichts zu sagen. Ich wusste ja nicht einmal, wie ich ihr klar machen sollte, dass ich ihr nicht helfen konnte.
„Bitte...“, flehte sie, als wieder nur Stille zwischen uns war.
„Aber alles hat eine Bedeutung!“, schrie sie, sprang auf und stierte mich an. Der Wind begann wieder mit ihren Haaren zu spielen und von allen Seiten her, schien sich die Dunkelheit näher heran zu schleichen. Die Stadt war eingeschlafen.
„Ich weiß es nicht....“, antwortete ich lustlos und warf den Zigarettenstummel im weiten Bogen weg. Ihre Augen blieben an mir haften, die Antwort sollte ich ihr nicht schuldig bleiben!
„Aber Mutter meinte immer: Alles hat eine Bedeutung!“ Gute Frau, dachte ich, warum hast du deinem Kind nicht die Wahrheit gesagt?
„Sogar der Tod“, setzte sie nach.
In ihren Augen glommen Hoffnung und Trauer. Warum lügen wir uns immer vor, dass alles einen Sinn hat. In diesem Leben und in anderen, gibt es so viele kleine und große Dinge, die keinen Sinn machen! Macht es Sinn, einfach von heute auf morgen jemanden zu verlieren, der kämpfte, nicht für sich, sondern um Dir ein Lächeln zu schenken?
„Ich kann es dir nicht sagen, Kleines! Ich habe zu viel gesehen, um zu verstehen, zu viel drüber nachgedacht um dir die Antwort zu geben, die du suchst.“
Sie stampfte mit dem Fuß auf, warf ihren Kopf zurück und begann davon zu rennen.
„So ein Mist!“, fluchte ich. Augenblicke später hatte sie die Dunkelheit verschluckt.
Die Stufen waren zu groß für sie. Ich hob sie hoch und versuchte ihr ein Lächeln zu schenken, während das silberne Glühen des Mondes unsere Gesichter küsste. Der Wind umspielte uns, wisperte unverständliche Worte und mir wurde klar, dass ich diese Welt nicht verlieren wollte.
Zwölf Stufen, meine Erinnerung täuschte mich nicht! Lang, lang war es her, so schien es, doch Zeit bedeutete nichts mehr für mich. Sie war mir fremd geworden. Die Kleine schmiegte sich an mich und es war ein seltsames Gefühl ihre Wärme zu spüren. Hatte sie denn keine Angst?
Ich stockte.
Wieso sah sie mich? Wieso dieses kleinen Mädchen, warum diese unverbrauchte Seele von Tausenden? Ich verstand nicht und Unsicherheit erfasste mein Herz. In ihren Augen war keine Antwort zu finden, sondern nur Fragen.
„Deine Mutter...“, begann ich. In ihren Augen sah ich noch die Tränen trocknen, aber dort schimmerte auch das Verlangen darüber zu sprechen. Reden war etwas, in dem ich nie gut gewesen war. Ich erinnerte mich an die Kellnerin und daran wie ich nur gehofft hatte, sie möge mich allein lassen. Damals hatte ich nicht verstanden, wie wichtig es war, ein fremdes Leben kennen zu lernen. Zu jener Zeit zählte nur die Jagd.
„Wo wolltet ihr hin?“, fragte ich und setzte sie ab. Wir setzten uns auf die vorletzte Stufe. Sie hatte die Arme um ihre angewinkelten Beine geschlossen, schien sich daran fest zu halten.
„Einfach weg...“, erklärte sie.
„Kein spezielles Ziel? Zur Oma, in den Urlaub, irgend so was?“, hakte ich nach. Innerlich erschrak ich vor mir selbst. Was hatte ich für eine Entschuldigung, in den Gefühlen eines Kindes zu wühlen, das wohl gerade den Tod seiner Mutter erlebt hatte.
Wieder der Griff zur Zigarette. Alte Gewohnheiten, denen man sich nicht entziehen kann.
Als ich langsam den Rauch heraus spie, meinte sie zaghaft:“ Und Du? Wo willst Du hin?“
„Einfach weg...“, erwiderte ich wie von selbst.
Sie sah die Stufen hinab und sagte nichts. Was wohl in ihren Kopf vor sich ging? Der Schauplatz des Unfalls war schon längst verschwunden. Man hatte die beiden Fahrzeuge wohl abgeschleppt. Wieso sollte man ein kleines Kind einfach vergessen? Kümmerte sich denn niemand um sie?
„Bist du weggelaufen?“, mutmaßte ich.
Nach einer Weile, in der nur der Wind durch die Nacht sich schob: Ein Nicken.
„Wieso?“ Keine Antwort. Ich legte meinen Arm um ihren Hals und drückte sie an mich. Dann saßen wir einfach dort, vergessen und warteten bis der Andere was sagen würde.
„Was ist der Sinn?“, fragte sie plötzlich.
„Hmm?“, ich verstand nicht.
Ihr großen Augen, schwarz, große Monde, an den Rändern das Glitzern der Tränen, sagte sie: „Was ist der Sinn des Todes?“
Ich wusste nichts zu sagen. Ich wusste ja nicht einmal, wie ich ihr klar machen sollte, dass ich ihr nicht helfen konnte.
„Bitte...“, flehte sie, als wieder nur Stille zwischen uns war.
„Aber alles hat eine Bedeutung!“, schrie sie, sprang auf und stierte mich an. Der Wind begann wieder mit ihren Haaren zu spielen und von allen Seiten her, schien sich die Dunkelheit näher heran zu schleichen. Die Stadt war eingeschlafen.
„Ich weiß es nicht....“, antwortete ich lustlos und warf den Zigarettenstummel im weiten Bogen weg. Ihre Augen blieben an mir haften, die Antwort sollte ich ihr nicht schuldig bleiben!
„Aber Mutter meinte immer: Alles hat eine Bedeutung!“ Gute Frau, dachte ich, warum hast du deinem Kind nicht die Wahrheit gesagt?
„Sogar der Tod“, setzte sie nach.
In ihren Augen glommen Hoffnung und Trauer. Warum lügen wir uns immer vor, dass alles einen Sinn hat. In diesem Leben und in anderen, gibt es so viele kleine und große Dinge, die keinen Sinn machen! Macht es Sinn, einfach von heute auf morgen jemanden zu verlieren, der kämpfte, nicht für sich, sondern um Dir ein Lächeln zu schenken?
„Ich kann es dir nicht sagen, Kleines! Ich habe zu viel gesehen, um zu verstehen, zu viel drüber nachgedacht um dir die Antwort zu geben, die du suchst.“
Sie stampfte mit dem Fuß auf, warf ihren Kopf zurück und begann davon zu rennen.
„So ein Mist!“, fluchte ich. Augenblicke später hatte sie die Dunkelheit verschluckt.
Ich nahm zwei Stufen auf einmal. Über die Straße, überall gähnende Leere. Der Wind in meinem Nacken, wie eine kalte Hand.
Wo war sie hin?
„Hey!“, schrie ich. „Halt, bleib hier ... Kleines!“ Ich wusste nicht mal ihren Namen.
Ich blickte nach links: Eine Wand aus Finsternis. Rechts: Nichts zu finden! Verdammt! Wohin? Entscheidungen, immer wieder in unserem verdammten Leben. Wenn es die falsche Richtung war, war sie wohl verloren. Was ahnte sie, welch Gestalten in dieser Nacht ihr Unwesen trieben? Sie sollte nicht wie ihre Mutter enden. Nicht jetzt, nicht heute!
Ich stolperte die Straße hinunter, an den dunklen Fenstern der geisterhaften Gebäude vorbei, den Mund und die Kirche im Rücken. Schließlich hielt ich inne, lauschte: Nichts, doch dann... Da war etwas. Ein Schluchzen.
Meine Augen suchten in der Dunkelheit nach ihrem Gesicht, doch da war keine Menschenseele.
„HEY NICHT WEGLAUFEN!“, rief ich, als ich die Schritte hörte, vermischt mit dem leisen Schluchzen. Wo wollte sie hin? Warum musste so was mir passieren?
Ich rannte in die Richtung, wo ich sie glaubte zu hören, hinein ins Betonlabyrinth der tausend Gassen einer Stadt, die nichts anderes war, als der Vorposten zur Hölle!
[Fortsetzung folgt]