Was ist neu

Bis der Bus kommt

Mitglied
Beitritt
09.01.2019
Beiträge
7
Zuletzt bearbeitet:

Bis der Bus kommt

Regen. Als sie die große Bahnhofshalle verließ spürte sie genau wie ihr die Tropfen ins Gesicht schlugen. Genervt zog sie ihre eh schon zu große Kapuze noch weiter in die Augen, senkte den Blick um den Pfützen, die sich mittlerweile auf dem schon ausgelaugten Asphalt gebildet hatten, auszuweichen und begann schnellen Schrittes ihren Weg zur Bushaltestelle. Auch ohne aufzublicken erkannte sie die Situation um sich herum: Menschen die teilweise mit Gepäck eilig von A nach B rannten um entweder ihren Zug zu erwischen oder ihr Ziel in der Stadt zu erreichen. Zu oft war sie diesen Weg schon gegangen. Jeden Morgen lief sie dieselbe Route, zur selben Zeit, mit demselben Ziel. Der einzige Unterschied war, dass der anhaltende Dauerregen, den sie schon während der Fahrt mit der Bahn bemerkt hatte, zusätzlich an ihren schon strapazierten Nerven zerrte. Die Gedanken, die sich in ihrem Kopf festgesetzt hatten und sie in jeder ruhigen Minute quälten, wurden durch die lautstark aus ihren Kopfhörern dröhnenden Musik nur minimal ruhiggestellt.
Als sie endlich die Haltestelle erreicht hatte und sich unterstellen konnte, hob sie ihre Kapuze etwas und nahm zum ersten Mal an diesem Morgen ihre Umgebung richtig wahr.
Auf der Anzeigetafel blinkte die Information, dass ihre Buslinie erst in 10 min zu erwarten war. „Scheiße!“, dachte sie sich als sie auf die Uhr gesehen hatte. Dank der Verspätung der Deutschen Bahn hatte sie doch tatsächlich ihren Bus verpasst und stand nun nutzlos an der Haltestelle. „Ja find ich auch.“, hörte sie eine dunkle Stimme leise durch ihre Kopfhörer sprechen. Sie nahm verwirrt, da sie normalerweise nie morgens angesprochen wurde, einen aus ihrem Ohr, drehte sich um und entgegnete weniger freundlich als das eigentlich ihre Art war: „Entschuldigung?“. „Ich finde es auch scheiße, dass der Bus erst in 10 min kommt.“, antwortete der junge Mann. Erst jetzt begriff sie, dass sie wohl wieder einmal ihren Gedanken laut ausgesprochen hatte. Sie musterte den Herrn, der ihr zuvor nicht aufgefallen war: Er war wohl Ende 20 und sah ihrer Meinung nach ziemlich gut aus.
Bevor sie die Worte, die in ihrem Kopf umherschwirrten, sortieren und aussprechen konnte, trat der junge Mann näher an sie heran und sagte: „Hey, ich kenne dich! Wir haben uns am Samstag getroffen. Weißt du noch?“ „Nein.“, antwortete sie ehrlich und ohne darüber nachzudenken wo sie überhaupt am Samstag gewesen ist. Das schien den Herrn jedoch nicht zu kümmern, denn er führte seine Erinnerung weiter aus: „Doch, doch! Beim Sport, du hattest ein hellblaues T-Shirt an und wir haben uns kurz unterhalten.“ Ohne sich darüber zu wundern warum er noch ihre T-Shirt Farbe wusste, kramte sie in ihrem Gedächtnis: Sie war tatsächlich am Samstag beim Sport gewesen, auch in einem hellblauen Oberteil aber das Gesicht des Herrn wollte ihr einfach nicht bekannt vorkommen. Sie musterte ihn erneut von oben bis unten und da blitze die Erkenntnis in ihrem Gehirn auf.
„Achja.“ antwortete sie mit langsam freundlich werdender Stimme, „Du warst der Typ in dem gelben T-Shirt der ziellos durch die Halle geirrt ist.“ „Genau!“ entgegnete er lachend und sie nahm zum ersten Mal richtig seine eisblauen Augen und sein strahlendes Lächeln richtig wahr. „Ich wollte dich am Ende eigentlich nochmal sehen aber du warst dann schon weg. Welch glücklicher Zufall, dass wir uns hier begegnen.“ „Ich war duschen und bin dann direkt nach Hause. Ich hatte Kopfschmerzen.“, antwortete sie wahrheitsgemäß, wobei Kopfschmerzen nicht im Ansatz die widerliche Migräne beschrieben, die ihr das Wochenende vermiest hatte.
„Was wolltest du denn noch?“, fragte sie ihn unverblümt und biss sich kurz auf die Lippe als sie erkannte, dass flirten wohl wirklich nicht zu ihren Stärken gehörte. Er schmunzelte. Sie wertete das als Anzeichen, dass sie ihn mit ihrer direkten Art nicht erschreckt hatte. „Ähm, eigentlich wollte ich mich bedanken, dass du mir geholfen hast und vielleicht können wir uns wieder sehen?“. Das Zittern in seiner vorher festen Stimme wollte so gar nicht zu seinem selbstsicheren Auftreten passen. Als sie aus Überraschung, die sich auch in ihren Gesichtszügen ablesen lies, nicht antwortete, hielt er ihr sein Handy vor die Nase.
In dem Moment als sie noch überlegte ob es wirklich eine gute Idee war ihre Handynummer einem nahezu Fremden zu überlassen, fuhr mit vor Nässe quietschenden Reifen der Bus vor. „Scheiße!“, dachte sie zum zweiten Mal an diesem Morgen. Im Bruchteil einer Sekunde überdachte sie Möglichkeiten, die sich ihr jetzt boten. Sie musste los und deshalb schnell eine Entscheidung treffen: Sie griff sein Handy, tippte ihre Nummer ein, warf ihm ein kurzes „Tschau!“ entgegen und stieg in den Bus. Dieser fuhr los, noch bevor sie sich setzen konnte. Als sie endlich einen Platz gefunden und ihre übergroße Tasche sicher auf ihren Oberschenkeln verstaut hatte, vibrierte ihr Handy. Sie fummelte es aus ihrer Manteltasche und schmunzelte als sie die Nachricht von einer ihr unbekannten Nummer las: Sie hatte in der Hektik doch tatsächlich vergessen ihren Namen einzugeben.

 

Hallo Autorin ;-)

ich finde Deinen Text sehr niedlich! Er hat etwas Unschuldiges an sich, dass wahrscheinlich an der Schüchternheit der Protagonistin liegt. Funktioniert in diesem Szenario aber recht gut.

Nun aber zu ein oder zwei Anmerkungen:

Als sie die große Bahnhofshalle verließ spürte sie genau wie die Tropfen ihr ins Gesicht schlugen.

Flüssiger klingt meiner Meinung "wie ihr die Tropfen ins Gesicht schlugen."

Als sie endlich die Haltestelle erreicht hatte und sich unterstellen konnte, lüftete sie ihre Kapuze etwas und nahm zum ersten Mal an diesem Morgen ihre Umgebung richtig wahr.

Seine Kapuze zu lüften, hört sich für mich so an, als würde es darin etwas eigenartig riechen :-) Ich weiß aber was Du damit meinst!

Genervt zog sie ihre eh schon zu große Kapuze noch weiter in die Augen, senkte den Blick nach unten um den Pfützen, die sich mittlerweile auf dem schon ausgelaugten Asphalt gebildet hatten, auszuweichen und begann schnellen Schrittes ihren Weg zur Bushaltestelle.

Viele Nebensätze sind für den Leser recht anstrengend und meistens auch für den der sie schreibt... Vielleicht fühlst Du dich mit kürzeren Sätzen auch wohler. z.B.:
"Genervt zog sie ihre zu große Kapuze noch weiter ins Gesicht und senkte den Blick, um den etlichen Wasserlachen ausweichen zu können."
Abgesehen davon, ist der Ausdruck "senkte den Blick nach unten" doppelt gemoppelt :-) "Senkte" gibt ja bereits die Richtung vor.

Ich hatte Kopfschmerzen.“, antwortete sie wahrheitsgemäß, wobei Kopfschmerzen nicht im Ansatz die widerliche Migräne beschrieben, die sie das ganze Wochenende fest in der Hand gehabt hatte.

Der letzte Nebensatz wirkt etwas unverständlich. Besser wäre "... wobei Kopfschmerzen nicht im Ansatz die Migräne beschrieben, die ihr das Wochenende vermiest hatte."

Mit dem Ende Deines Textes habe ich leider ein Verständnisproblem, da es für mich etwas verwirrend ist. Hat der junge Mann in der Textnachricht nach ihrem Namen gefragt oder in welchem Zusammenhang hat sie vergessen ihren Namen anzugeben?

Ich hoffe ich konnte Dir weiterhelfen :-)

Schreib weiter! Viele Grüße!

 

Hallo Jaxxon,

erstmal vielen lieben Dank für die Rückmeldung! Ich werde meinen Text gleich mal bearbeiten!
Genau sie hatte nur ihre Nummer eingegeben aber nicht ihren Namen. Ich denke mal nach wie ich das verständlicher formulieren kann.

Liebe Grüße

 

Hallölel @Shes_Innocent

willkommen im Forum. :) Schön, dass du da bist und schon deine erste Geschichte mit uns geteilt hast.

Leider hab ich ein bisschen was zu nörgeln. Das dient aber ja nur der Geschichte und dir alsa Autorin, also nicht böse sein, falls das ein oder andere etwas hart klingt. ;)

Regen. Als sie die große Bahnhofshalle verließ spürte sie genau wie ihr die Tropfen ins Gesicht schlugen.

Vieleicht geht es nur mir so, aber mittlerweile denke ich immer: "Och nö.", sobald eine Geschichte mit dem Wetter beginnt ... und noch dazu mit Regen. Klar, Regen ist düster und melancholisch, geheimnisvoll, trägt gleich zu einer gewissen Stimmung bei. Aber der so typische, strömende Regen ist eben mittlerweile auch einfach ein Klischee. Ausnahmen bestätigen die Regel, wenn der Regen deiner Geschichte dient, ist das nur logisch, aber mir würde ein Kontrast besser gefallen. Vielleicht scheint ja endlich seit langem Mal wieder die Sonne, aber unsere Protagonistin ist trotzdem schlecht drauf. Jetzt will ich als Leser wissen: Warum? ;)

Zu oft war sie diesen Weg schon gegangen. Jeden Morgen lief sie dieselbe Route,

Überlege dir immer, ob du Wörter nicht streichen kannst. Im Prinzip sollte jede Aussage, jeder Satz einen Zweck verfolgen. Das hier doppelt sich einfach nur, kann also weg.

lautstark aus ihren Kopfhörern dröhnenden

Auch hier: unnötige Verben. Im "Dröhnen" steckt das "lautstark" schon drin, denn leise dröhnt ja bekanntlich nix. ;)

nahm zum ersten Mal an diesem Morgen ihre Umgebung richtig wahr.

Lüge! :P Zuvor schreibst du, dass sie ihre Umgebung wahrnimmt, ohne aufzublicken. Denke immer auch darüber nach, was du zuvor geschrieben hast. Den Lesern fallen solche kleinen Unstimmigkeiten oft direkt auf.

stand nun nutzlos an der Haltestelle.

Wieso "nutzlos"? Welchen Nutzen hat es sonst, an der Bushaltestelle zu stehen? Man wartet ja immer, ob zwei Minuten oder 20.

Er war wohl Ende 20 und sah ihrer Meinung nach ziemlich gut aus.

Schade, dass du direkt zeigst, das sie ihn attraktiv findet. So weiß man als Leser einfach sofort, worauf es hinausläuft. Keinerlei Spannung baut sich auf. Man weiß sofort: Okay, Kontaktaufnahme, Telefonnummertausch, Date, aus die Maus. Das willst du ja nicht, oder? ;)

Ich würde es anders aufziehen, denn ehrlich gesagt steckt ohnehin nicht viel Story in deiner Story. Denn es passiert nicht wirklich was, du hast eigentlich keinen Plot, keinen Konflikt. Er mag sie, sie mag ihn, Ende.

Spannender wäre doch: Sie ist mürrisch und einfach nur genervt, steigt in den Bus ein ... und bereut ihre Entscheidung sofort, als sie sich nochmal durch den Kopf gehen lässt, wie schön er eigentlich war. Zack, Konflikt! Sie will ihn unbedingt wiedersehen, vielleicht geht sie immer wieder zur Bushaltestelle, hofft jeden Morgen, das er wiederkommt, aber er ist nicht mehr da. Was tut sie jetzt? Vielleicht hängt sie Suchblätter auf, wie bei "die fabelhafte Welt der Amelie" oder fängt an, dort zu campen mit einem Zelt. (Okay, das ist irre, aber du weißt, worauf ich hinauswill?) Dann wäre was los in deiner Story. ;)

Falls dir das zu platt ist und du eine leise und gefühlvolle Romanze beschreiben wolltest, versuch dich mehr in den Prota hineinzuversetzen. Du brauchst trotzdem mehr als nur: "Er sieht hot aus." Das ist zu einfach, dabei entsteht kein Gefühl.

Doch, doch! Beim Sport, du hattest ein hellblaues T-Shirt an und wir haben uns kurz unterhalten.“

Was für einen Sport betreiben die beiden denn? Niemand würde sagen: "Neulich hab ich dich doch bei dieser undefinierten Sportart gesehen." Vielleicht unter Freunden, denen das bereits klar ist, aber nicht zwischen Fremden. Was für eine Sportart würde gut zum Charakter passen? "Doch, ich hab dich doch neulich im Fintesstudio gesehen. Du warst in der Yogaklasse, ich war nebenan und hab mit nem Kumpel Gewichte gestemmt." Ist jetzt auch nicht das Gelbe vom Ei, aber du versteht bestimmt, was ich sagen will? ;)

„Was wolltest du denn noch?“, fragte sie ihn unverblümt und biss sich kurz auf die Lippe als sie erkannte, dass flirten wohl wirklich nicht zu ihren Stärken gehörte. Er schmunzelte.

Das finde ich nett, sie ist so unwirsch, da kommt etwas Leben in die Bude.

„Ähm, eigentlich wollte ich mich bedanken, dass du mir geholfen hast

Wobei hat sie ihm geholfen? War mir jetzt nicht ersichtlich.

Das Zittern in seiner vorher festen Stimme wollte so gar nicht zu seinem selbstsicheren Auftreten passen.

Das finde ich auch gut. Das kam unerwartet. Es macht die Figuren immer lebendiger, wenn sie auch Schwächen zeigen und nicht perfekt sind, das ist super.

als sie die Nachricht von einer ihr unbekannten Nummer las: Sie hatte in der Hektik doch tatsächlich vergessen ihren Namen einzugeben.

Was hat er ihr denn geschrieben? Das würde ich gern erfahren als Leser. Aber das Ende ist charmant, das finde ich gut.

Alles in allem wäre mein Tipp für dich: Bau deine Charaktere und deine Geschichte noch mehr aus. Sie alle brauchen mehr Leben, mehr Eigenheiten, mehr Individualität. Und vor allem: Sie müssen etwas wollen. Du brauchst Konflikt, denn der macht das Leben spannend. :)

Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen. Nochmals willkommen im Forum!

Danke und viele liebe Grüße,

PP

 

Hallo PlaceboParadise,

danke für deine Kritik. Ich seh das natürlich nicht als Kritik an meiner Person sondern nur an der Geschichte. Danke für deine wirklich hilfreichen Anmerkungen! Aus Fehlern wird man klug deshalb ist einer nicht genug ;)
Ich verstehe was du mit mehr Leben und Individualität meinst.
Ich werde das auf jeden Fall berücksichtigen und mir die Geschichte zeitnah noch einmal vornehmen. Am Wochenende hab ich dafür Zeit :) Es hat mir auf jeden Fall sehr weitergeholfen und da das meine erste Geschichte ist, die ich jemals verfasst habe hilft mir jede Kritik, Anmerkung und Idee weiter.

Ganz liebe Grüße

 

Liebe Maria,

ich kann dir versichern, dass ich mir das nicht schnell aus den Fingern gesogen habe aber ich kann deinen Standpunkt durchaus nachvollziehen. Ich werde deine Anmerkungen auf jeden Fall in die Bearbeitung mit einfließen lassen und hoffe dich dann mit dieser mehr überzeugen zu können. Ich werde versuchen einen Konflikt zu schaffen, der sich nicht so schnell auflöst und den Figuren mehr Leben einzuhauchen. Danke für die Kritik.

Ganz liebe Grüße

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom