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Bis dass der Tod uns scheidet
Bis dass der Tod uns scheidet
„Wie oft möchtest du dir den Himmel noch anschauen?“, fragte Olaf mit unsicherer Stimme.
Obwohl ich seine Stimme deutlich vernahm, brauchte mein Gehirn einige Sekunden, um meine Angst abzulegen und zu verstehen, was er gesagt hatte. Nur langsam senkte ich meinen Blick. Als ich meinem Freund in die Augen schaute, hatte ich das Gefühl, mich von meinem Leben verabschieden zu müssen.
„Es spielt keine Rolle, wie oft ich mir den Himmel in dieser Nacht noch anschaue“, erklärte ich und schüttelte den Kopf: „er wird sich auch die restliche Nacht nicht verändern.“
Wir waren nicht mehr weit vom Wald entfernt, in dem in den letzten Wochen insgesamt vier Personen auf bestialische Weise ermordet wurden. Bei dem Anblick der Verstümmlung konnte ich nicht anders, als mich auf der Stelle zu übergeben. Und nun machte sich in mir eine Vermutung breit, die mir sagte, dass ich die Jagd nach dem Mörder mit meinem Leben bezahlte.
„Wir sind zu dritt“, versuchte Olaf mir Mut zu machen. Ohne zu zögern ließ er ein Lächeln auf seinem Gesicht entstehen, das aber auch Bernd nicht richtig zu deuten wusste.
„Ich weiß nicht“, argumentierte ich und sah mir ein weiteres Mal den Himmel an: „das kann aber kein Mensch sein. Ich will mir einfach nicht vorstellen, dass es ein Mensch ist, der zu solch einer Verstümmlung fähig ist.“
Olaf entgegnete auf meine Vermutung nichts. Kurz bevor wir den Wald erreichten, starrte ich ein weiteres Mal zum Himmel und konnte aufgrund der dichten Wolkendecke nicht einmal den Funken eines Sterns erblicken. Dafür hatte in den letzten Stunden die Luftfeuchtigkeit dermaßen zugenommen, dass die Schwüle fast unerträglich wurde.
Am Waldrand nahm ich die Halogentaschenlampe aus meinem Rucksack und leuchtete in den Wald hinein. Es war nichts von den Gräueltaten zu sehen, die bei solchem Wetter irgendwo zwischen den Bäumen stattfanden. Abgehauene oder eingeschlagene Köpfe waren Bestandteile von Märchen. Und im Gegensatz zu den Leichen, die wir in letzter Zeit gefunden hatten, waren solche Verstümmlungen harmlos.
Die erste Leiche, die ich mit meiner Mannschaft gefunden hatte, wurde auseinander gerissen. Im Kopf fehlten die Augen, die ich einhundert Meter weiter gefunden hatte und die aussahen, als hätte man sie ausgelutscht. Der Torso wurde zwischen den Rippenbogen aufgeklappt und das Herz heraus gerissen. Außerdem war die Leiche völlig blutleer gewesen. Das bestätigte auch eine spätere Obduktion.
Obwohl ich einen Großteil des vorderen Waldes ausleuchtete, entdeckte ich nichts, worüber ich mir Sorgen machen musste. Ich drehte mich zu meinen Freunden herum und sah ihnen ins Gesicht. Sie hatten mindestens so große Angst wie ich, aber keiner von beiden traute sich, sich herum zu drehen und nach Hause zu gehen.
„Fertig?“, fragte ich und konnte nichts daran ändern, dass in meiner Stimme eine leichte Unsicherheit mitschwang. Obwohl nichts zu sehen war, das dieses Grauen beschrieb, wusste ich, dass meine Kinder irgendwann diesen Weg gingen. Spätestens in ein oder zwei Jahren würden sie im Nachbardorf in die Disko gehen. Um neun Uhr fuhr bei uns der letzte Bus. Nein, ich durfte sie nicht in Gefahr bringen. Nicht einen Gedanken wollte ich daran verschwenden, dass ich noch den Schwanz einziehen konnte.
Weder Olaf noch Bernd beantworteten meine Frage und selbst ihr Nicken war dermaßen schwach, dass ich mir die Frage stellte, ob es die richtige Entscheidung war, sich diesem Wahnsinnigen in der Dunkelheit zu stellen. Natürlich hätte ich eine Durchsuchung des Waldes bei Tageslicht vorgezogen, aber bei Licht hatten wir ihn schon zweimal erfolglos durchkämmt. Nicht ohne Grund kamen wir zu der Annahme, dass sich der Täter immer nur bei Nacht hier aufhielt.
„Und wenn wir in eine Falle laufen?“, fragte Bernd und meldete sich das erste Mal zu Wort. Seine Augen strahlten die gleiche Unsicherheit aus, die auch ich in diesen Minuten empfand. Es barg ein gewisses Risiko, wenn man einen Mörder im weiten Gelände stellen musste.
„Es ist besser, wenn wir es jetzt hinter uns bringen“, erklärte ich. Für kurze Zeit schloss ich die Augen und atmete tief ein. „Außerdem sollten wir dieser Kreatur zumindest ebenbürtig sein“, erklärte ich anschließend.
Irgendwie funktionierte es aber nicht. Ich versuchte uns allen Mut zu machen, aber ich schaffte es nicht einmal bei mir selbst. Olaf war in den letzten Minuten nachdenklicher geworden. Von seiner Idee, kurz in den Wald zu gehen, das Monster auszuschalten und zu Hause ein Bier zu trinken, nachdem die Aufgabe erledigt war, war nichts mehr zu spüren. Seinem Blick nach zu urteilen hatte er mittlerweile mehr Angst als Bernd.
Lange starrte ich in die Gesichter der anderen, aber ihre Angst wurde nicht kleiner. Niemand von uns konnte sich motivieren, diesen Wald zu untersuchen.
„Vielleicht ist es doch keine so gute Idee“, gab Olaf kleinlaut zu. „Schließlich handelt es sich bei unserem Gegner um einen Geistesgestörten.“
Mir fielen in diesem Augenblick keine Argumente ein, die Olafs Worte widerlegen konnten. Ich dachte einige Zeit darüber nach, aber es war so unheimlich schwer, jemanden vom Gegenteil zu überzeugen, wenn man wusste, dass man ihn anlügen musste.
„Du hast ja Recht“, pflichtete ich ihm bei. „Aber denkt an unsere Kinder. Wollt ihr, dass wir sie irgendwann in diesem Wald suchen müssen? Ich weiß nicht, ob ich es mir jemals verzeihen könnte, sollte meiner Tochter etwas zustoßen. Zumindest mit dem Wissen, dass ich nichts dagegen unternommen habe.“
Es war der einzige Grund, der mich motivierte, den Geistesgestörten zu stellen. Ich hoffte, dass ich nicht der Einzige war, der so dachte.
„Ja!“, antwortete Olaf und nickte gedankenverloren. „Du hast Recht. Wir würden uns das nicht vergessen. Aber wir bleiben dicht zusammen. Den Punkt, an dem die Leichen gefunden wurden, liegt in der Mitte des Waldes. Eines haben alle Leichen gemeinsam. Sie lagen in einem Umkreis von nicht einmal zehn Metern. Es reicht also aus, dass wir uns maximal fünfzehn Meter voneinander entfernen. Auf diese Weise können wir uns Feuerschutz geben.“
„Das dürfte funktionieren“, urteilte Bernd. „Noch nie wurden drei Leichen auf einmal gefunden. Sobald jemand auch nur das geringste Geräusch hört, ruft er die anderen zur Verstärkung.“
Mit dieser Forderung konnten wir leben. Bernd entfernte sich auf der rechten Seite von mir und Olaf ging nach links. Nachdem alle die Taschenlampen eingeschalteten hatten und in den Wald hinein leuchteten, betraten wir ihn.
Schon während der ersten Schritte schluckte der Wald sämtliche Geräusche, die wir machten. Nicht einmal das Knistern der brechenden Hölzer drang an meine Ohren. Auch hätte ich nicht erwartet, dass diese gespannte Stille mir nach wenigen Minuten dermaßen auf den Magen schlug, dass ich hinter jedem Baum den Mörder vermutete.
Die Minuten vergingen und jede einzelne kam mir so vor, als hätten sie sich in Stunden verwandelt. Mittlerweile mussten wir uns in der Mitte des Waldes befinden und ich hatte von meinen Freunden seit dem Betreten des Waldes nichts mehr gehört.
„Ist bei euch alles in Ordnung?“, fragte ich deshalb durch mein Funkgerät. Zuerst war nur ein leises Knistern zu hören und ich begann mir Sorgen zu machen. Während ich aufmerksam nach dem Wahnsinnigen Ausschau hielt, fragte ich mich, ob dieses Wesen ihnen den Kopf schon abgebissen hatte und ich der Nächste war. Als ich die Augen öffnete schweifte mein Blick zum Himmel und ich legte meinen Kopf ungewollt in den Nacken. Sofort fing ich an, mir Vorwürfe zu machen. Ich hätte fordern sollen, dass wir zusammen blieben, aber dafür war es jetzt zu spät.
„Hier Olaf. Bei mir ist alles in Ordnung, keine besonderen Anzeichen“, drang Olafs nervöse Stimme durch das Walkie Talkie. Ich war erleichtert und ein befreiendes Lächeln huschte über meine Mundwinkel.
Als sich kurze Zeit später Bernd meldete, wusste ich, dass wir noch eine Chance hatten. Noch hatte uns das Grauen nicht eingeholt. Ich änderte meine Meinung und hoffte, dass das Grauen uns noch nicht bemerkt hatte.
Aus der Ferne vernahm ich das Rufen einer Eule. Der Schrei drang mir durch Mark und Bein und für einen Moment war ich nicht in der Lage, mich zu bewegen. Eine Gänsehaut machte sich auf meinem Körper breit.
Nach einigen Sekunden bewegte ich mich langsam vorwärts. Immer mehr war ich darauf bedacht, keine Geräusche zu machen, als unter meinem Gewicht ein Stock brach und mir einen weiteren eiskalten Schauer über den Rücken jagte. Ängstlich schaute ich mich um.
Plötzlich starrten mich zwei Augen an, die unmöglich einer Eule gehören konnten. Sie waren rubinrot und hatten nichts Natürliches an sich. Durch die Intensität, mit der mich dieser Blick traf, hatte ich das Gefühl, dass dieses Wesen mich durchschaute. Jeder Muskel meines Körpers war angespannt und meine Atmung verweigerte ihren Dienst. Ich blieb stehen und ließ dieses Ding nicht aus den Augen. Es mit der Taschenlampe anzuleuchten traute ich mich nicht. Ungewollt und zögerlich schloss ich vor lauter Angst die Augen. Plötzlich drang ein leises Flüstern an meine Ohren. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, aber diese flüsternde Stimme warnte mich, weiter zu gehen.
„Ich habe ihn gesehen?“, flüsterte ich in mein Funkgerät so leise ich konnte. Für eine weitere Bemerkung fehlte mir der Mut.
Selbst als Olaf in der gleichen Sekunde zurück rief: „Was ist es?“, konnte ich mich zu keiner weiteren Stellungnahme zwingen. Ungewollt und zur Bewegungslosigkeit verdammt starrte ich auf dieses Ding, das mindestens drei Meter groß sein musste. Meine Hand zitterte, als ich die Pistole auf meinen Gegner richtete. Nachdem ich angelegt hatte, vernahm ich ein höllisches Lachen, das eindeutig von ihm stammte.
Olaf verstand, dass ich mich nicht mit ihm unterhalten konnte. Er forderte mich lediglich auf, mich nicht von der Stelle zu rühren, damit er und Bernd zu mir kommen konnten.
Das Warten wurde zur Qual und als Olaf mich anstieß zuckte ich wie ein Kaninchen vor der Schlange zusammen.
„Ach, du heilige Scheiße“, stieß Bernd hervor als er dieses Wesen erblickte. Blitzartig drehte er sich herum und forderte: „Wir sollten abhauen, solange wir noch können.“
„Dieser Wahnsinnige hat uns schon lange bemerkt“, entgegnete Olaf. „Er wird niemals zulassen, dass wir von hier entkommen können.“
Seine Worte klangen so, als hätte er mit seinem Leben bereits abgeschlossen und ich starrte auf diese rubinroten Augen, während ich mich fragte, warum wir diese Morde aufklären mussten.
„Ihr wisst überhaupt nicht, wie viel Spaß das macht“, drang seine tiefe, dunkle Stimme an unser Ohr. Diese Worte ließen mich das Atmen vergessen und tausend Gedanken kreisten auf einmal in meinem Kopf umher. Ich wusste, dass dieses Wesen viel schneller als wir waren. Vor lauter Angst beschleunigte sich mein Herzschlag. Bernd drehte sich noch einmal herum und mit zitternden Händen leuchteten wir zu diesem Monster. Wir hätten seinen Körper anstrahlen müssen, aber dieses Ding hatte keinen Körper. Dort, wo die Beine oder der Torso sein sollten, stoppte der Lichtschein, aber es war nichts vorhanden. Ich war unfähig etwas zu unternehmen und als ich eine Taschenlampe zu Boden fallen hörte, wusste ich, dass es den anderen auch nicht besser erging.
Erst durch diesen leisen Fall löste sich die Blockade in meinem Gehirn und ich bewegte die Taschenlampe höher. Es war mehr als ein Schock, der meine Glieder durchfuhr. Vor lauter Panik waren wir unfähig, etwas zu unternehmen. Erst langsam drang ein Gedanke in den Vordergrund. Flucht! Gegen dieses Wesen, das eindeutig nicht von dieser Welt stammte, war ein Kampf von Anfang an verloren. Er konnte schrecklicher nicht aussehen. In Gedanken hatte ich mir schon oft ausgemalt, wie ein Teufel in seiner schrecklichsten Form aussah, aber dieses Monster stellte alles in den Schatten. Es lachte uns an und ich sah, wie spitz seine Zähne zugeschliffen waren. Etwas oberhalb waren die rubinroten Augen sichtbar. Aber das war alles. Ab und an blinzelte das Wesen und ließ die Augen für einen Moment verschwinden.
„Nun, wie gefällt euch das?“, fragte es sichtlich amüsiert. Nach seinen Worten schloss es die Augen und den Mund. Bis auf den Schein der Taschenlampe, der auf seinem Körper haften blieb war das Ding verschwunden.
Wie aus dem Nichts starrte es uns mit seinem diabolischen Lächeln an und nickte fortlaufend, zumindest deuteten seine Augen das an. Beim Anblick dieses Dings packte mich eine Angst, die mir das Atmen unmöglich machte. Als sich der Teufel schließlich in Bewegung setzte und sich uns näherte, stießen wir alle einen Schrei aus, der ängstlicher nicht klingen konnte. Das Wesen grinste aber nur noch breiter und ergötzte sich an unserer Angst.
Ohne ein Wort zu sagen, drehten wir uns herum und flohen. Wir veranstalteten ein wahres Wettrennen, in dem ich die Spitzenposition übernahm. Wir waren noch nicht weit gekommen, bis trampelnde Schritte hinter uns erklangen, die uns schneller werden ließen.
Nach kurzer Zeit hörte ich das erste Mal einen Todesschrei. Kurz blieb ich stehen, drehte mich herum und warf einen Blick auf meinen Freund. Es war Olaf, der erwischt worden war. Das Monster hatte ihn mit seiner linken Hand gefangen, während seine Hand im Rücken eingedrungen war und in der Brust wieder heraustrat. Noch bewegte mein Freund sich, trotzdem war ich mir nicht sicher, ob er noch atmete. Vielleicht waren es auch nur die letzten Muskelkontraktionen, die sein toter Körper von sich gab. Während mir bei seinem Anblick schlecht wurde, lief Bernd an mir vorbei.
„Du brauchst nicht zu sehen, was ich mit dir anstelle“, erklärte das Ding mit einer Stimme, die deutlich zu verstehen gab, wie viel Spaß ihm die bevorstehende Aufgabe machte. Mit der rechten Hand hielt es die Hand meines Freundes fest, während dieses Wesen seinen Mund öffnete. Eine strohhalmförmige Zunge stülpte sich über das eine Auge und zog es aus der Augenhöhle. Olaf war kaum mehr in der Lage zu schreien, so sehr war er in sich zusammen gefallen. Der Mund des Monsters bewegte sich und kurze Zeit später spuckte es das Auge meines Freundes in hohem Bogen aus. Ohne eine Pause zu machen stülpte es seine Zunge über das andere Auge und lutschte auch das aus.
Ich wollte nicht warten, bis dieses Ding auch das zweite Auge ausgespuckt hatte und sich an unsere Fersen heftete. Fluchtartig drehte ich mich herum und lief weiter. Bernd hatte schon mehr als zwanzig Meter Vorsprung. Ihn würde ich nicht mehr einholen, was automatisch bedeutete, dass ich der nächste in der Reihe war. Diese Gewissheit ließ mich schneller werden und die Distanz zu Bernd schmolz.
„Hört ihr, wie schön es klingt, wenn man stirbt“, rief das Wesen und machte sich an meine Fersen. So weit konnte es bis zur Waldgrenze nicht mehr sein und wenn ich Glück hatte, würde einer von uns durchkommen. Ich hoffte, dass ich die Person war und dann befand mich auf gleicher Höhe wie mein Freund. Zweihundert Meter noch und dann hatten wir es geschafft. Kurz vor der Waldgrenze stolperte ich über eine Baumwurzel und riss Bernd mit mir zu Boden. Mit den Händen konnte ich mich abfangen, drehte mich schnellstmöglich auf den Rücken und sah, wie das Monster sich uns näherte.
Ohne ein großen Spiel zu machen griff es nach dem Fuß meines Freundes und zog ihn in den Wald zurück. Bernd schrie wie am Spieß und verfluchte mich. Mit angsterfüllten Augen robbte ich auf dem Boden sitzend zur Waldgrenze und hoffte, dass es mich in Ruhe ließ. Als kurz vor dem Ende zwei Scheinwerfer auftauchten, betete ich zu Gott, dass der Fahrer mich sah.
Als der Fahrer stoppte, wusste ich, dass mein Gebet erhört wurde. Ich drehte meinen Kopf und sah mir den Fahrer an. Ein Mann stieg aus, schaute mich bemitleidenswert an und ging um sein Fahrzeug herum. Ohne zu fragen öffnete er die Beifahrertür.
„Dieser Wald ist gefährlich“, erklärte er.
Leichenstarr schaute ich ihn an und nickte. Verwirrt drehte ich mich herum und schaute ein letztes Mal in den Wald hinein, doch das Monster war verschwunden. Es existierte nicht einmal ein kleines Anzeichen, dass ich mit meinen Freund überhaupt hier gewesen war.
Vorsichtig stand ich auf und näherte mich dem Wagen.
„Du wirst noch bereuen, dass du mir entkommen bist“, hatte es eine letzte Warnung ausgesprochen, bevor ich die Wagentür ins Schloss geworfen hatte.
Der Fahrer blieb vor seinem Wagen stehen und schaute in den Wald, hinein.
„Haben Sie das gehört?“, fragte er nach einer Weile.
Ich war nicht in der Lage, ihm zu antworten. Selbst mein Nicken fiel dermaßen schwach aus, dass ich nicht wusste, ob es der Fremde wahrgenommen hatte. Kopfschüttelnd bewältigte er den restlichen Weg und stieg ein. Ängstlich starrte er mich an. „Sie wollten dieses Monster nicht stellen, oder?“, fragte er.
„Wissen Sie etwas über das Monster?“, stellte ich eine Gegenfrage.
„Nein“, schüttelte der Fremde den Kopf: „Nicht wirklich.“
„Nicht wirklich?“, hakte ich nach.
„Ein Freund hat vor einer Woche nach seiner Tochter in diesem Wald gesucht. Er meinte, dass er etwas gesehen hat, aber dieses Ding beinahe unsichtbar war. Kurze Zeit später hat er sich das Leben genommen.“
„Er hat sich umgebracht?“, fragte ich ungläubig.
„Ja“, nickte der Fahrer: „Er meinte, dass dieses Wesen ihn auch im Traum besucht hat. Irgendwann konnte er einfach nicht mehr. Er meinte, dass wir ihn so in Erinnerung behalten sollten, wie er den Großteil seines Lebens war. Seitdem versuche ich diesen Wald zu meiden und bin der Meinung, dass man ihn absperren sollte.“
„Dieses Monster kann uns verfolgen?“, fragte ich.
„Ich weiß nicht, ob es Dinge gibt, die dieses Wesen nicht kann. Aber das soll nicht mein Problem sein. Soll ich Sie nach Hause oder zu einem Arzt fahren?“
Fahren sie mich bitte nach Hause. Meine Frau wartet schon“, erklärte ich.
Ich sah ihn an, deshalb bemerkte ich, dass er nickte, als ich ihm meine Adresse sagte. Keine fünfzehn Minuten später hielt er vor unserem Haus an. Ich bedankte mich und steig aus. Ein letztes Mal hielt ich meinen Kopf ins Auto und reichte ihm die Hand. „Keine Ursache“, erwiderte der Fahrer, der nicht älter als vierzig Jahre war: „Passen Sie auf sich auf. Passen Sie vor allem auf Ihre Liebsten auf.“
„Das werde ich“, versprach ich und sah dem silbernen Ford noch lange nach. Nachdenklich ging ich ins Haus und dachte darüber nach, was dieses Monster alles konnte. Das Haus war still. Meine Frau und die Kinder schliefen, als ich mir ein kühles Bier aus dem Kühlschrank holte. Es war bereits früh, deshalb blieb ich nicht mehr lange auf und legte mich kurze Zeit später neben meine Frau. Ich war kaum eingeschlafen, als ich diesem Monster gegenüber stand.
„Du solltest nicht entkommen“, erklärte es: „Auf diese Weise wirst du zu Hause sterben.“
Ich wachte aus meinem Traum auf und setzte mich in meinem Bett hin. Schweißtropfen standen auf meiner Stirn, als sich meine Frau neben mich setzte.
„Du hast schlecht geträumt“, erklärte sie mir. „Dein Auftrag liegt hinter dir.“
Ich nickte und wollte noch ein wenig schlafen, aber dieses Monster stellte sich in jeden Traum.
Heute sind seit dem Vorfall genau zwei Wochen vergangen. Zwei Wochen, in denen ich in jedem Traum dieses Monster gesehen habe. Zwei Wochen, die ich immer nur daran gedacht habe, was wir angestellt haben. Meine Freunde habe ich verloren. Niemand wird sie mir je ersetzen können und ich halte die Verfolgung nicht mehr aus.
Ich weiß nicht, ob ich den Knall vernehme, den die Pistole macht. Nur eine letzte Bitte. Haltet mich in Ehren. Nicht so, wie ich in den letzten beiden Wochen gewesen bin, sondern so, wie ich die letzten Jahre war. Ich werde euch vermissen.
In Liebe, dein Mann und Vater deiner Kinder.