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Bildung oder Fehlbildung

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04.09.2017
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Bildung oder Fehlbildung

Sitze über einem Manuskript und bade in Selbstmitleid. Warum bloß habe ich nicht studiert? So wie einst „Tilly“ ihre Hände ins Spülmittel tunkte, versinkt mein Trostkeks im Kaffee. Kürzlich war ich im neuen Coffeeshop „Mr. Black“ im Stadt-zentrum. Keine Ahnung wer sich den kreativen Namen ausgedacht hat und was um Himmels Willen er sich dabei gedacht hat. Ähnlich kreativ wie der Friseurladen daneben "Wir verschönhairen Sie". Dabei liegt direkt auf der anderen Straßenseite das Haarstudio "Barbirella". Es muss so viele Menschen mit überbordendem Haarwuchs geben. Noch etwas, was mich traurig stimmt.

Die Bedienung besteht jedenfalls nur aus lichtscheuen Studentenzombies die an den zischenden Maschinen stehen. Die ganze Szenerie erinnert mich stark an den genialen Film "Metropolis". Ich bestellte also einen kleinen koffeinfreien Filterkaffee, aus heller Costa-Rica-Zimt-Röstung mit fett-reduzierter, lactosefreier Milchhaube und etwas Agavendicksaft gesüßt. Als Mitnehmkaffee natürlich, im eigenen Trinkbecher. Alles bitte „Fair Trade“. Bekommen habe ich heißes Wasser.

Die Antwort auf meine eingangs gestellte rhetorische Frage ist so einfach wie traurig. Faulheit. Ein wenig auch Feigheit. Für mich als menschenscheues Wesen, dass unter einer roten Polit-diktatur heranwachsen musste, verbanden sich mit „erweiterte Oberschule“ und „Hochschulstudium“ immer auch andere Begriffe. Wehrdienst, Reservistenzeit und Parteizugehörigkeit. Nun sah ich als Jugendlicher aus wie eine holländische Treibhausgurke. Lang, dünn, blass und mit der sportlichen Kondition einer Pressspan-platte. Die Vorstellung, über Jahre hinweg immer wieder ins „Feld“ zu müssen und Gewaltmärsche in voller Ausrüstung zu absolvieren, bereitete mir den einen oder anderen Albtraum. Dazu kam noch die verlängerte Schulzeit. Englischunterricht in der „nullten“ Stunde. Wer kennt denn bitteschön heute noch dieses Relikt der sozialistischen Schulbildung? Unterrichtsbeginn vor 07:00 Uhr. Wie Zombies wankten wir im Dämmerlicht Richtung Bildungsstätte.

Heute wissen wir dank ausgiebiger Feldforschung, dass Jugendliche einen anderen Biorhythmus als Erwachsene haben. Vor 09:00 Uhr in der Früh sind sie nicht aufnahmebreit für Informationen, welche für die nächsten siebzig Jahre Lebenshilfe sein sollen. Das ist zwar wissenschaftlich bewiesen, wird aber ignoriert und ist leider so gut wie gar nicht im Schulalltag umgesetzt.

Jedenfalls hatte ich damals keine Lust noch vor dem ersten Hahnenschrei aufzustehen. Überhaupt halte ich es für wenig sinnvoll, dass Jugendliche mit 15 Jahren entscheiden sollen, welchen Beruf sie ausüben wollen. Der soll sie dann ernähren vom Austritt aus dem Schulleben bis zum Eintritt in die Rente. Also idealerweise. Obwohl, heute gilt man ja als unflexibel, wenn man nicht spätestens alle 3 Jahre die Herausforderung einer beruflichen Neuorientierung sucht. Es ist dafür dann auch völlig unerheblich was die Berufsausbildung beinhaltete. Problemlos ist es möglich in einer Legislaturperiode das Amt des Landwirtschaftsministers zu bekleiden und nach der nächsten Wahl zum Verteidigungs- oder Bildungs-ministerium zu wechseln. Da brauchen wir uns über schlechte PISA Ergebnisse nicht wundern.
Wer sich einfach nicht für etwas Brauchbares entscheiden kann oder in der Schule nicht den erwarteten Wissenstand erreicht, geht zur Bundeswehr oder in die Politik. Ja, ich weiß. Das war jetzt noch weniger als nett, gar platt. Diese Phrase hört man aber immer wieder. Ich entschuldige mich bei allen Patrioten, die nicht wegen der Karriereaussichten eine dieser Herausforderungen wählten.

Es ist heute oftmals nicht wirklich entscheidend, in welchem Studienfach man seinen akademischen Grad erwirbt. Ein Doktor der Vogelkunde in der Automobilindustrie ist genauso zur Normalität geworden wie ein Maschinenbauingenieur in der Lebensmittel-industrie.
Wenn ich allerdings studiert hätte, wäre es Ägyptologie gewesen. Einfach weil es so selten war und einen Hauch Indiana Jones gut zu mir gepasst hätte. Eigentlich bin ich aber ganz froh, dass es nicht dazu kam. Klimatisch und politisch betrachtet gehört Ägypten als Arbeitsort nicht mehr zur ersten Wahl.

In der Gegenwart ist es aber auch nicht gerade einfach, den richtigen Studiengang zu wählen bzw. sich für eine Fachrichtung zu entscheiden. Die Universitäten und Hochschulen buhlen um die Gunst der Nachwuchsakademiker mit immer skurriler anmutenden Methoden. So werden unterbesetze Fachrichtungen einfach begrifflich aufgemöbelt und für die hippe Jugend von heute „schicker“ gemacht. Aus „Volkskunde“ wurde so „Vergleichende Kulturwissenschaft“. Das schnöde „Management“ mutierte in viele Untergruppen wie „Cruise Management“ für Kreuzfahrttourismus, „Management im Gesundheitstourismus“ oder natürlich dem allseits einsetzbaren „Eventmanager“. Der kann dann die Baumarkteröffnung mit Tony Marshall in Wanneickel managen. Jura, BWL, Medizin oder „irgendwas mit Computern“ ist heute total out. Es wird immer spezialisierter ausgebildet und echte „Fachidioten“ heran-gezogen. Oder es werden Abschlüsse angeboten, für die eigentlich keine Jobs zur Verfügung stehen. So kann „Angewandte Sexualwissenschaften” vielleicht Spaß machen, aber die Suche auf dem Arbeitsmarkt wird sicher länger dauern. Das klischeebehaftete Studentenleben ist auch nicht mehr so lustig wie früher. Anstelle zu Kiffen (West) oder zu Saufen (Ost), diskutiert man heute gemeinschaftlich über die letzte Folge von „Game of Thrones“ und zur Körperertüchtig wird sich eine Poolnudel zwischen die Beine geklemmt und „Quidditch” gespielt.

Letzte Woche musste ich zwangsläufig ein tiefgründiges Gespräch mit dem sechsjähren Sohn eines guten Bekannten führen. Es war bei einem nachmittäglichen „Grillevent“ im winzigen Garten ihres Reihenhauses. Beide Eltern sind Anhänger von Montessori und Waldorf sowie "Schreiben nach Hören" oder so ähnlich. Ich will das nicht schlechtreden, aber gern stell ich mir ab und an vor, wie die Tochter in der achten Klasse einen Aufsatz über ihre Berufswünsche schreibt: „Die Jungs wollen Günekohloge oder Inschenör wärdn. Ich aber lieber Aschitektin". Gratuliert wird zum „Fatatak“ und gefahren mit der „Essban“.

Jedenfalls mussten Mama und Papa sich ums vegane Grillgut kümmern und ich sollte den Sohn beaufsichtigen. Es geht doch nichts über eine zu lange gegrillte Selleriestange. Ich weiß jetzt schon, dass ich mir die Reste zum Mitnehmen einpacke. Ich lasse die Gastgeber im Glauben mich auf den Schmaus am nächsten Tag zu freuen. In Wahrheit nutze ich die Reste gern als Filter fürs Aquarium oder Zeichenkohle.

Der kleine Finn Linus fragt mich also was ich arbeite. Ich kann ihm nicht verständlich vermitteln was ein „Supervisor der Postproduktion” so macht, deshalb erzähle ich einfach etwas über Glasbläser. Seinem Lachen nach zu urteilen, stellt er sich wohl etwas ganz anderes vor, als ich ihm zu erklären versuche. Auf meine Gegenfrage erhalte ich eine Antwort, die so einfach wie genial klingt. Ein Beruf der in der Zeit von Ökoproblemen und Welthunger enorme Chancen für die Zukunft bietet. „Ich werde Madenzüchter.“

So einfach ist es heute also, das Hobby zum Beruf zu machen. Alternativ bietet er dann noch „Todessternpilot“ an. Dafür kann auch ich mich erwärmen und freudig Begeisterung zeigen. Schon erscheinen die vierzig Jahre Altersunterschied nebensächlich. Ich weiß zwar nicht wie ein solches Riesending gelenkt wird aber es gibt garantiert nie Parkplatzprobleme. Man schießt sich einfach die Lücke frei. Außerdem wird wohl keine Politesse es wagen mir ein Ticket zu geben und es gibt sicher auch keine Polizeistreife im ganzen Universum, die mich für eine Alkoholkontrolle anhalten würde.
Im Nachgang betrachtet muss meine Eingangsfrage eigentlich anders lauten: „Warum bin ich nicht Imperator geworden?“

Nachtrag:
Nach Veröffentlichung dieser Geschichte erreichten mich etliche Einsendungen zum Thema. Jemand schrieb z.B. „Ich habe kürzlich im Fernsehen eine Reportage über ein Wohnviertel gesehen, welches als sozialer Brennpunkt bezeichnet wird. Kinder wurden dort nach ihren Berufswünschen gefragt und ein kleines Mädchen antwortete allen Ernstes: „Ich werde mal Hartz4.“ Da hört es bei mir auf mit lustig.
Alberta, eine Bekannte aus der schreibenden Zunft schrieb: „Dein Text hat mich an die Zeit erinnert, als ich noch von Erwachsenen gefragt wurde, was ich denn später mal werden wolle und ich sehr spontan geantwortet habe: "Mutter!" Ich dachte, das sei ein Ausbildungsberuf. Und war sehr enttäuscht zu hören, dass man das nirgendwo qua Diplomstudiengang lernen könne. Also habe ich mir das mit dem Mutterstudium nochmal überlegt und innerlich umgeschult. Und meine neue Antwort war: "Reich!"

 
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Hi reborn, ich werde mal beim Lesen direkt im Text meine Assoziationen zu deiner Geschichte schreiben.

Sitze über einem Manuskript und bade in Selbstmitleid.
Vielleicht doch lieber noch mit Subjekt?

So wie einst Clementine ihre Hände ins Spülmittel tunkte, versinkt mein Trostkeks im Kaffee.
Was ist denn ein Trostkekes?

Warum nur habe ich nie studiert? Das ist aber nur eine rhetorische Frage. Die Antwort kenne ich natürlich.
Zwei Mal direkt hintereinander "nur". Und etwas unsinnig, eine rhetorische Frage zu stellen, sie dann auch als diese zu deklarieren und dann auch noch zu beantworten.

Dazu kam noch die verlängerte Schulzeit. Englischunterricht in der „nullten“ Stunde. Wer kennt denn bitteschön heute noch dieses Relikt der sozialistischen Schulbildung? Unterrichtsbeginn vor 07:00 Uhr.
Worum geht es? Bisher erschließt sich mir nicht, um was es gehen soll. Erinnerungen, Schulzeit? Das System zu der Zeit? Das heutige Aussehen? Alles sehr undurchsichtig und irgendwie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht so interessant, dass es einen sonderlich reizen würde, weiterzulesen.

Vor 09:00 Uhr in der Früh [...] Jugendliche mit 15 Jahren [...] 5 Jahre
Es erschließt sich mir immer noch nicht, was das soll. Worum geht es? Doch das Schulsystem? Die Auswirkungen der Schule auf das spätere Leben?Und wieso solch eine Aneinanderreihung von Fakten?

Es ist dafür dann auch völlig unerheblich was die Berufsausbildung beinhaltete. Problemlos ist es möglich in einer Legislaturperiode [..]PISA Bewertungen [...]
unerheblich, was
möglich, in
PISA-BEwertungen
Scheinbar scheint es wirklich um eine Kritik am Schulsystem zu gehen...mhhh..

Wer sich einfach nicht für etwas Brauchbares entscheiden kann oder in der Schule nicht den erwarteten Wissenstand erreicht, geht zur Bundeswehr oder in die Politik.
Das zweifel ich doch stark an... woher solche eine Pauschalisierung? Eine etwas differenziertere Betrachtungsweise scheint hier angebracht. Mir ist schon bewusst (nehme ich auf jeden Fall an, auch aufgrund deiner gewählten Rubriken), dass es hier in eine humoristische Richtung gehen soll, aber trotzdem finde ich es etwas zu platt. Es kommt mit dem vorher Geschriebenen nicht so wirklich rüber...

So werden unterbesetze Fachrichtungen einfach begrifflich aufgemöbelt und für die hippe Jugend von heute „schicker“ gemacht.
Zeiten ändern sich. Ebenso der Berufsmarkt und die geforderten Beruf(sbezeichnungen). Ich kann den Ich-Erzähler hier nicht verstehen. Nicht nachvollziehen, was er will mit seinem Rumgenerve und seinem ewigen Gejammere...

Anstelle zu Kiffen (west) oder zu Saufen (ost) wird heute gemeinschaftlich über die letzte Folge von „Game of Thrones“ diskutiert und zur Körperertüchtig wird sich eine Poolnudel zwischen die Beine gesteckt und „Quidditch” gespielt.
Soll ja vielleicht in die ironische Richtung hier gehen? Aber wo kommen denn solch Gerüchte her? Die Übertreibung verstehe ich hier schon, aber jetzt wieder einen Rückgriff auf die DDR zu machen (Ost und West werden auch groß geschrieben) und es doch irgendwie negativ darzustellen, dass angeblich nicht mehr geraucht und gekifft wird... naja, von Quidditch mal ganz abgesehen. Das spielen maximal ein paar Super-Nerds, auch ohne Fliegen zu können. Vielleicht wenn sie wieder mit dem Kiffen anfangen würden, könnte es mehr Spaß machen. Mit einer wundervollen Illusion des Besenfliegens...

Aber ich schweife wieder ab.
Wovon denn?

In den folgenden Sätzen sind auch noch einige Kommafehler, die ich hier jetzt nicht alle separat auflisten möchte.
Den Beruf hätte man vom Autor jetzt nicht erwartet, was ich als Clou der Geschichte vermute... richtig?

Im Gesamten konnte mich die Geschichte leider so gar nicht begeistern. Weder inhaltlich noch sprachlich. Sorry. Aber nur eine Meinung von vielen (anderen).

Beste Grüße
fraenze

 

Hallo reborn,

deine Geschichte liest sich flüssig und reißt ein paar interessante Themen an, auch wenn ich ihr nicht unbedingt einen großen Tiefgang unterstellen würde. Auch sehe ich keinen Zusammenhang in den aufeinander folgenden Themen.

Es geht doch nichts über eine zu lange gegrillte Selleriestange … deshalb erzähle ich einfach etwas über Glasbläser

Finde ich witzig.

Ich weiß zwar nicht (,)wie ein solches Riesending gelenkt wird (,) aber es gibt garantiert nie Parkplatzprobleme

In Wirklichkeit nutze ich die Reste gern als Filter fürs Aquarium

Witzig, aber diese Filter haben wohl eher einen Inhalt aus Sand oder Quarz oder so. Oder?

Vor 09:00 Uhr in der Früh sind sie nicht aufnahmebreit, für Informationen, welche für die nächsten 70 Jahre Lebenshilfe sein sollen. Das ist wissenschaftlich bewiesen, wird aber ignoriert und ist leider so gut wie gar nicht im Schulalltag umgesetzt

Hier könnte man wohl eine lange Diskussion über die Hintergründe anstoßen. Ob unsere Schulausbildung allerdings eine große Lebenshilfe ist, möchte ich persönlich aber bezweifeln.

Problemlos ist es möglich in einer Legislaturperiode das Amt des Landwirtschaftsministers zu bekleiden und nach der nächsten Wahl zum Verteidigungsministerium oder Bildungsministerium zu wechseln. Da brauchen wir uns über schlechte PISA Bewertungen nicht wundern

Einen Zusammenhang sehe ich hier nicht. Ich würde hier aber auch nicht die geistigen Fähigkeiten dieser Leute unterschätzen, auch wenn ich die Meisten für Verwaltungskarrieristen halte. Einige verfügen über eine gute Analytik, Lernfähigkeit und die Fähigkeit zum logischen Denken.

Ich denke, das einiges in deinem Text diskussionswürdig ist und er zu allgemein von Thema zu Thema springt.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

Hallo Rainer,
erstmal vielen Dank für deine Kritik. Dafür stelle ich ja Texte hier ein, um Anregungen für Verbesserungen zu bekommen. Generell möchte ich "bissig" schreiben und deshalb spiegelt nicht alles unbedingt meine Ansichten wieder, sondern soll zum Schmunzeln anregen und darf gern auch mal zu "Aufregern" führen. Zu vielen Themen wird es auch immer unterschiedliche Meinungen geben. Das ist ja auch gut so. Ich feile auch noch an den Texten. Das mit der Schulbildung sehe ich übrigens genauso wie du. Deshalb auch die überzogene Formulierung.

Es gibt immer noch Aquarienfilter mit Aktivkohle ;-)

Viele Grüße

 

reborn schrieb:
Im Nachgang betrachtet muss meine Eingangsfrage eigentlich anders lauten: „Warum bin ich nie Imperator geworden?“

Natürlich könntest du dich auch fragen, reborn, warum du nicht Blog-Schreiber geworden bist. (Respektive der Protagonist.)

Weil das hier ja ein Kurzgeschichtenforum ist, gehe ich natürlich mit einer gewissen Erwartungshaltung an die Texte heran. Ob es nun ausgedachte, gänzlich fiktive Geschichten sind oder literarische Bearbeitungen von Selbsterlebtem – egal, aber zumindest Geschichten sollen es sein. Und natürlich messe ich auch deinen Text an dieser meiner Erwartungshaltung.
Also, was haben wir hier:
Du wählst als Erzählform die Ich-Perspektive. (Nicht die schlechteste Wahl, weil man als Leser damit einen sehr unmittelbaren Einblick in die Verfasstheit des Protagonisten bekommt.)
So weit, so gut.
Aber was geschieht nun, was tut der Protagonist?

Tja, er sitzt herum und lamentiert. Er gibt Plattitüden und/oder Stammtischweisheiten von sich und/oder macht Witze auf Pennälerniveau:

Hätte es zu meiner Zeit schon die heute sehr beliebte Studienrichtung „Angewandte Sexualwissenschaften” gegeben, hätte ich sicher schon früh promoviert.
(Mann!!!)

Aber darüber hinaus? Handlung? Plot? Ach ja, er erinnert sich auch noch an eine Grillparty … :sleep:


Was ich sagen will, reborn: Ich kann mir vorstellen, dass dieser Text mündlich vorgetragen vor einem Publikum (eventuell) funktioniert. In einer Situation also, wo es in aller Regel genügt, dass jede Pointe zumindest einer witzig findet und lacht, damit ein Großteil der Zuhörerschaft davon angesteckt einfach mitlacht. Und anschließend gehen alle mit dem Gefühl nach Hause, etwas Lustiges gehört zu haben.
Mal abgesehen davon, dass Humorverständnis bekanntermaßen was sehr, sehr Individuelles ist, empfinde ich den Text nicht als Geschichte im Sinne von Geschichte, sondern eher wie einen dieser bemüht pointierten Gebrauchstexte, wie sie zu Hunderten auf der letzten Seite diverser Zeittotschlag-Zeitungen zu finden sind. Diese Art von Glossen, mit der sich irgendwelche Semiprominente ein Zubrot verdienen, indem sie zu allem und jedem eine Meinung haben oder überhaupt nur belanglose Alltagsanekdötchen zum Besten geben. Bzw. eben wie eine dieser täglichen Meinungsäußerungen eines Bloggers.
Aber eine Geschichte (im Sinne von origineller Plot, interessante Figuren, stilistisch brillant, berührend, nachdenklich machend, im weitesten Sinn also literarisch, usw.) ist das nicht für mich. Sorry.


Willkommen hier, reborn.

offshore

 
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Finde hier

Sitze über einem Manuskript und bade in Selbstmitleid

lieber reborn -
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts -

in der gelungenen Ellipse bereits den Höhepunkt und such hernach in diesem kleinen Schulscherz die Satire- vergeblich - oder vielleicht hier als Traum vom Westen

Nun sah ich als Jugendlicher aus wie eine holländische Treibhausgurke
wo's doch die Spreewaldgurke - die ich übrigens gern zwischendurch vernsach - gibt und dann doch noch ansatzweise ein zufälliges Witzchen
Heute wissen wir, dank ausgiebiger Feldforschung, dass Jugendliche einen anderen Biorhythmus als Erwachsene haben. Vor 09:00 Uhr in der Früh sind sie nicht aufnahmebreit, für Informationen, welche für die nächsten 70 Jahre Lebenshilfe sein sollen.

Nach größeren Gelagen bin ich auch schon mal breit, ohne was aufzunehmen.

Und dann erklärstu uns Finnen und Linüssen Deinen Text

Ich kann ihm nicht verständlich vermitteln[,] was ein „Supervisor der Postproduktion” so macht, deshalb erzähle ich einfach etwas über Glasbläser. Was entweder auch nicht richtig rübergekommen ist oder auf eine kindliche Art lustig ist, die sich mir aber nicht mehr zu erschließen vermag.

Dann vielleicht doch ein Satyrchen in der Frage
„Warum bin ich nicht Imperator geworden?“
Antwort: Weil Gebiete ausgehn und für ihre Hinterbliebenen höhere Preise geboten sind.

Besser nicht zu viel zu früh einstellen, die ersten hundert Seiten des Duden zwecks Rechtschreibung und Zeichensetzung anschau'n (oder auch hierorts) und dann die Schnitzer selber finden ... rät der

Friedel

 

Hallo reborn,

in dem Text finden sich ein paar witzige Formulierungen, scharfsinnige, ironische Gedanken, nettes Comedian-Geplauder, aber mehr als eine Ansammlung von Einfällen erkenne ich nicht. Zu einer Geschichte braucht es mehr. Der Plot, wenn es denn einen gibt, ist nur bruchstückhaft erkennbar. Charaktere tauchen erst gar nicht auf, eher Hüllen. Der Protagonist, dessen Einfälle wir erfahren, bleibt blass. Da sehe ich den Hebel. Wenn du ihn lebendig machst, seine Überheblichkeit konterkarierst, ihn mit seiner oberflächlichen Klügelei konfrontierst, einen Konflikt entstehen lässt, könnte eine ganz andere Tiefe entstehen. Sprachlich servierst du den Text souverän, das ist eine gute Grundlage.

Textstellen:

Nun sah ich als Jugendlicher aus wie eine holländische Treibhausgurke. Lang, dünn, blass. Ich hatte die sportliche Kondition einer Pressspanplatte.
:D

Es ist dafür dann auch völlig unerheblich, was die Berufsausbildung beinhaltete. Problemlos ist es möglich in einer Legislaturperiode das Amt des Landwirtschaftsministers zu bekleiden und nach der nächsten Wahl zum Verteidigungsministerium oder Bildungsministerium zu wechseln.
ist doch kein Problem: Minister ist Minister :lol:

Anstelle zu Kiffen (West) oder zu Saufen (Ost) wird heute gemeinschaftlich über die letzte Folge von „Game of Thrones“ diskutiert und zur Körperertüchtig wird sich eine Poolnudel zwischen die Beine geklemmt und „Quidditch” gespielt.
Hätte es zu meiner Zeit schon die jetzt sehr beliebte Studienrichtung „Angewandte Sexualwissenschaften” gegeben, hätte ich sicher schon früh promoviert.
sehr plakativ, zumal die Wessis genauso saufen und das mit dem Sex, na ja, der Witz ist im Grunde niveaulos.

Im Nachgang betrachtet muss meine Eingangsfrage eigentlich anders lauten: „Warum bin ich nicht Imperator geworden?“
soll witzisch sein, oder? Kein richtiger Kracher, der Spruch.

viele Grüße
Isegrims

 
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Hallo Isegrims,
danke für deine Anmerkungen.
Ich brauchte einen Gegensatz zum Saufen. Da es Kiffen im Osten nicht gab, schien mir das passend.

Was hast du denn gegen Sex? Das ist wirklich eine recht beliebte Studienrichtung.

Den Star Wars Bezug fand ich nun gerade schön. Aber muss ja auch nicht jedem gefallen.

Bezüglich des Hebels hast du mich stark zum Nachdenken gebracht. Muss mal schauen wie
da die Kurve bekomme.

Viele Grüße
reborn


Ziel erkannt. So betrachtet ist wirklich keine richtige Kurzgeschichte.
Dank vieler Anmerkungen werde ich die Geschichte eh komplett überarbeiten.

Viele Grüße
reborn

 

Hey reborn,

Jow, hauptsächlich Gedanken, die an einen Tagebucheintrag erinnern. Kommt für mich stilistisch etwas wie Stuckrad-Barre rüber. Ist auch keineswegs schlecht, nur fehlt da inhaltlich etwas der Punch, um wirklich zu packen.

 

Hallo offshore,

hab es mittlerweile auch erkannt. Es ist keine Kurzgeschichte.
Vielleicht wird noch mal eine daraus.

Aber ich fühle mich jetzt zumindest semiprominent.

Viele Grüße
reborn

 
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Hallo reborn, du semiprominenter,

manche deiner zeilen gefallen mir richtig gut, wie z.B.

Nun sah ich als Jugendlicher aus wie eine holländische Treibhausgurke. Lang, dünn, blass. Ich hatte die sportliche Kondition einer Pressspanplatte.

Auch wenn ich auf das lang, dünn, blass verzichten würde, weil die Adjektiv-kombi für mich den Witz - gurkengleich - verwässert.

Jedenfalls mussten Mama und Papa sich ums vegane Grillgut kümmern und ich sollte den Sohn beaufsichtigen. Es geht doch nichts über eine zu lange gegrillte Selleriestange. Ich weiß jetzt schon, dass ich mir die Reste zum Mitnehmen einpacken lasse. Ich lasse die Gastgeber im Glauben mich auf den Schmaus am nächsten Tag zu freuen. In Wirklichkeit nutze ich die Reste gern als Filter fürs Aquarium, Zeichenkohle, gegen Schimmel und Gerüche im Haushalt und als Pflanzendünger.

Hier das gleiche Problem, erst sehr knackig, dann am Schluss verwässert. Lieber so:


Jedenfalls mussten Mama und Papa sich ums vegane Grillgut kümmern und ich sollte den Sohn beaufsichtigen. Es geht doch nichts über eine zu lange gegrillte Selleriestange. Ich weiß jetzt schon, dass ich mir die Reste zum Mitnehmen einpacken lasse. Ich lasse die Gastgeber im Glauben mich auf den Schmaus am nächsten Tag zu freuen. In Wirklichkeit nutze ich die Reste gern als Filter fürs Aquarium - oder als Zeichenkohle

Der Überraschungseffekt verpufft, wenn ich am Schluss noch über Pflanzendünger & co nachdenken muss....
Der erste Teil ist sonst einfach sehr cool.

Wenn es mein Text wäre, gäbe es den Punkt nach dem Aquarium.

Für mich ist deine Tendenz zum verwässern sehr auffällig, auch im Mittelteil. Das ist schon ein klassischer Fall von sagging middle....

Ich würde mich lieber nur für einen Einfall entscheiden oder maximal zwei, sonst hauen sich die Einfälle gegenseitig tot. Vielleicht fällt mir das in deinem Text besonders auf, weil dies ein Punkt ist mit dem ich selbst auch sehr kämpfe....

LG Pe

 

Hallo Pe,
da hast du ein paar gute und konstruktive Einwände angebracht.
Das hilft mir auf jeden Fall weiter. Ich kürze an den genannten Stellen
und werde den Text nach den Ferien überarbeiten.
Da es, wie mehrfach angemerkt wurde, aber keine richtige Kurzgeschichte
ist, werde ich sie wohl nicht nochmals hochladen.

Vielen Dank und beste Grüße
reborn

 

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