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Bildermeer

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11.03.2025
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Bildermeer

Bei ihr ist alles voller Zettel und Papierbögen mit Zeichnungen, sie liegen kreuz und quer überall verstreut. "Sieh dir so viele an wie du willst", sagt sie. Ich nehme einige, greife fast gierig zu wie beim Schlussverkauf, was mir peinlich ist. Aber ich werde zu ihnen hingetrieben, will sie aufsaugen und verschlingen, sie zu meinen eigenen Bildern machen. Und ich bin dieser jungen Frau dankbar dafür, dass sie mich, einen Fremden, in ihre Wohnung gelassen hat, obwohl wir uns auf der Straße getroffen haben und uns erst seit einer halben Stunde kennen.

Bei einem Bild bleibe ich lange hängen, es zeigt ein Walross mit langen Stoßzähnen, die wie spitze Messer enden und blutige Wunden in den Boden ritzen. Auf einem anderen ist ein Jäger abgebildet, der einen Flammenwerfer in den Händen hält und einen überdimensionalen Hasen verbrennt. Ein weiteres zeigt eine Hand, in der ein kleiner abgeschnittener Babykopf liegt.

"Ich kann seit Monaten nichts anderes machen" sagt sie, hinter mir stehend. "Jeden Tag und jede Nacht schießen diese Bilder wie Blitze in meinen Kopf, und ich muss sie wieder herausbekommen, indem ich sie aufzeichne. Aber ich kann sie nicht einfach wegwerfen. Es ist, als ob sie zu mir sprechen und es nicht erlauben."

"Du brauchst dringend Hilfe." Sie lächelt ein wenig, aber es ist kein Lächeln aus Freude. "Die habe ich. Es gibt da einen Arzt..."

"Hast du sonst keinen zum Reden?" frage ich. Sie dreht mir den Rücken zu und setzt sich an ihren Schreibtisch, beginnt eine neue Zeichnung. Ich höre wie sie mit dem harten Bleistift über das Papier fährt. "Kann ich dich besuchen kommen?" frage ich. Ich will ihr unbedingt beistehen, bin in die Sache involviert, es ist jetzt auch meine Angelegenheit.

Aber plötzlich werde ich mir auch der Situation bewusst. Die Flut an Bildern droht, mich zu erdrücken. Ich habe das Gefühl, das Gebäude stürze über mir ein. Das ist mir alles zu viel hier.

"Komm morgen. Irgendwann.“

Ich glaube ich schaffe das gar nicht. Ich muss hier weg.

Aber das zeige ich nicht. "Wie heißt du?" frage ich. "Nadja“, sagt sie.

Sie umarmt mich zum Abschied wie einen guten Freund, was ich nicht erwartet hätte. Der Blick, den sie mir nachwirft, als ich die Treppe hinabsteige, zeugt von Bedrückung. Aber da ist auch so ein Funkeln in ihren Augen - was bedeutet es? Dann dreht sie sich um zur Tür und verschwindet in ihr Bildermeer.

Als ich aus dem Haus gehe ruft mein Chef auf dem Handy an und faselt irgend etwas von Selbstdisziplin und Verantwortungslosigkeit. Ich drücke ihn weg und mache mich auf den Weg nach Hause. Da bemerke ich einen Zettel in meiner hinteren Jeanstasche. Es ist eine Zeichnung von Nadja: eine Frau und ein Mann und viele Sprechblasen, die mit kleinen Bildern gefüllt sind.

 
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Hallo @SpiegelLicht ,

herzlich Willkommen bei den Wortkriegern. Mir gefällt deine umrissene Szene ganz gut, weil sie ein Spannungsfeld aufbietet, wo eine tatsächliche Handlung ja fehlt.
Aber der Sprung aus der völligen Anonymität heraus in etwas beinahe Intimes, jedenfalls sehr Persönliches, schafft ein Spannungsfeld, in dem auch etwas erzählt wird.

Ich nehme einige, greife fast gierig zu wie beim Schlussverkauf, was mir peinlich ist. Aber ich werde zu ihnen hingetrieben, will sie aufsaugen und verschlingen, sie zu meinen eigenen Bildern machen.
Das macht natürlich schon neugierig. Wer ist der Prot? Warum ist er so gierig nach gezeichneten Bildern von einer Frau, die er gar nicht kennt? Gut, man kennt als Leser den Kennenlerndialog jetzt nicht, noch etwss, das neugierig macht: Wie ist dieses Kennenlernen auf der Straße abgelaufen, was hat wer gesagt, wie kam man darauf und dazu, gleich in die Wohnung zu gehen?
"Aufsaugen" und "verschlingen" sind ja schon sehr krass, sich etwas so sehr ganz und gar zu eigen machen zu wollen, dass man es fressen will.
Und ich bin dieser jungen Frau dankbar dafür, dass sie mich, einen Fremden, in ihre Wohnung gelassen hat, obwohl wir uns auf der Straße getroffen haben und uns erst seit einer halben Stunde kennen.
Und er ist sogar noch dankbar. Probiert er sowas regelmäßig? Interessante Leute aufzuspüren, die ihn in ihre Wohnungen lassen sollen wegen interessanter Biografien und Tätigkeiten? Das wäre ja fast schon was für @Sturek, btw. :D
Die Szene finde ich trotz oder auch in ihrer Kürze sehr spannungsgeladen. Er ist ja dankbar, nicht nur mal eben aus lauter Langeweile oder faden Interessen mitgegangen.
"Kann ich dich besuchen kommen?" frage ich. Ich will ihr unbedingt beistehen, bin in die Sache involviert, es ist jetzt auch meine Angelegenheit.
Es geht alles sehr schnell, aber er oder sie beschreibt es ja als Sog, dem er/sie sich kaum entziehen kann, trotz des immens kurzen Zeitraums, in dem das alles stattfindet. Die persönliche Anteilnahme scheint über das getrieben Sein von Nadja und die Sichtung dieser Bilder heraus entstanden zu sein und der Annahme, jemand, der derartiges machte, müsste zwangsläufig einsam sein. Das muss aber gar nicht sein - vielleicht gibt es Familie und Freunde, trotz der "Heimsuchungen".

Selbst ein Mini-Konflikt ist da, als dem Prot klar wird, dass er vielleicht mit Reden allein nicht das wird helfen können, was Nadja letzten Endes braucht, um aufhören zu können. Vielleicht weiß keiner, was dieses Etwas ist, nicht mal der Erwähnte Arzt. Auch hier eine große Intensität in all der Kürze. Es wird gut klar, wie der Prot sich etwa fühlen muss.
Das Verbindende über die Bilder hauptsächlich und die Gespräche hat stattgefunden, aber ist ist ja legitim, sich zu beabstanden.

Sie umarmt mich zum Abschied wie einen guten Freund, was ich nicht erwartet hätte.
Wenigstens hält der Text in der Kürze auch einige Unabsehbarkeiten und Überraschungen wie diese hier vor. Ich jedenfalls könnte Nadjas nächste Tat nicht absehen. (Die des Prot allerdings auch nicht).
Aber da ist auch so ein Funkeln in ihren Augen - was bedeutet es? Dann dreht sie sich um zur Tür und verschwindet in ihr Bildermeer.
Ja, was bedeutet es? Der Text versteht es wirklich, neugierig zu machen.
Da bemerke ich einen Zettel in meiner hinteren Jeanstasche. Es ist eine Zeichnung von Nadja: eine Frau und ein Mann und viele Sprechblasen, die mit kleinen Bildern gefüllt sind.
Ich lese den Schluss als leicht offen, zwar in der Annahme, dass es bei genau dieser Szene bleiben wird, es aber nicht ganz sicher sein muss, weil die Verbindung über die Bilder quasi von ihr mit aus der Wohnung rausgeschmuggelt wurden. Sie scheint sich jedenfalls jemanden zum Reden zu wünschen. Finde ich ganz gut, dass der Prot das noch nicht klar zu wissen scheint, ob es etwas geben wird oder es eben ein Schlaglicht in mitten der Anonymität und wieder in sie zurück war.
Nadja jedenfalls scheint in ihrer Scheuheit sehr klandestin vorgehen zu können, indem sie ihm unbemerkt eine Zeichnung in die hintere Jeanstasche stecken kann, Respekt, Respekt.

Viel Spaß hier im Forum,
viele Grüße,
Helen

 
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Hallo Helen!

Vielen Dank für das sehr positive Feedback!

Leider funktioniert die Zitierfunktion gerade nicht oder ich bin zu doof sie zu benutzen… daher ohne Zitate, es sind eh nur einige kleine Punkte…

Tatsächlich hatte ich vor dieser Version eine, in der geschildert wird wie sich die beiden Figuren treffen und kennenlernen. Ich habe nach langer Zeit, in der der Text geruht hat, einige Kürzungen vorgenommen und mich dafür entschieden, direkt in die Beschreibung des „Bildermeers“ einzusteigen.

Bei all den Fragen, die du gestellt hast - sind es zu viele Fragen, die da offen bleiben? Oder macht es den Text interessant, dass so viel offen bleibt?

Anderen, denen ich die Geschichte/ Szene gezeigt habe, hatten auch so viele Fragen. Es kam daher auch der Wunsch nach einer Fortsetzung auf.


Soweit erstmal von mir…

Schönen Abend noch!

P.S. Vielleicht komme ich morgen zu einer ausführlichen Antwort. Jetzt ist erstmal Schlafenszeit 🥱

 
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Hallo @SpiegelLicht ,

herzlich willkommen im Forum! :gelb:

Bereits selbst konstruktiv kommentieren und einen bereits editierten / gekürzten Text einzustellen ist ein absolut toller Einstieg, wünschte, davon würden sich einige Forenneulinge eine Scheibe abschneiden.

Ich gehe mal nicht ins Detail (wie du hab ich wenig Zeit), sondern komme mit einigen generellen Eindrücken. Dazu: Ich bin auch kein Freund davon, Leser "mitzunehmen", alles auszuerklären, keine Geheimnisse / Symboliken unerklärt zu lassen. Also, Texte können so im Flow schon auch mal vage sein, eher assoziativ zu erfassen. Und ich mag auch keinen Dialog, der sich anhört, wie im Eckcafé dem Volk vom Maul geschaut. Es darf in Prosa auch gern nach Prosa klingen.

In diesem Fall fehlt mir aber eine Art 'Grundierung', und letztlich auch ein Plot. Du hast Handlung, die Figuren reden, gehen von A nach B und das Ende ist offen, aber nicht arbiträr offen, sondern impliziert zwei Möglichkeiten, die man gut so offenlassen kann. Soweit, so gut.

Aber: Die Situation wirkt enorm künstlich / forciert, die Dialoge klingen steif = eher symbolisch/getragen als lebendig und beide Figuren haben identischen Sprachduktus, was letztlich unmöglich ist, wenn sie sich nicht bereits sehr lange und sehr gut kennen. Das gibt mir den Eindruck, sie seien keine Individuen, sondern dienten lediglich als Sprachrohr des Autors. Und auch ihre Handlungen passen genau zu denen der jeweils anderen Figur, da gibt es kein Zögern, keine Missverständnisse, kein Verbergen, sich selbst Belügen etc. - und auch das wirkt künstlich, als wäre das Ganze ein abstraktes Bühnenstück beim postmodernen, experiementellen Theater. Beim Theater hat man aber noch das Visuelle, und da geizt du imA mit der Sensorik, dem Sinnlichen, der Haptik, das mir den Eindruck gäbe, hier wären lebende Menschen beteiligt.

Plot: Mir bleiben zu viele Fragen offen, aber das sind keine spannenden, sondern Grundsatzfragen - was sind das für Leute, dass sie einfach Fremde mit in die Wohnung nehmen, bzw. mit Fremden in die Wohnung gehen? Das finde ich ziemlich ... anormal. (Außerhalb von Situationen, die ein spontanes One-Night-Stand o.ä. nahelegen, hier sieht es ja aus, als redeten zwei Leute tagsüber auf offener Straße über ein paar Bilder, die dort ausgebreitet liegen (?).) Dann führen sie mir nichts dir nichts solche tiefgründig klingenden, aber letztlich doch extrem vagen Gespräche, bei denen offenbar tiefe Wunden oder Probleme angesprochen werden, das wird im Grunde null eingeleitet.

Durch die starke Abstraktion und den Fokus auf die Bilder bleibt mir auch zu sehr offen, wofür das nun alles stehen soll, also: Was ist eigentlich das thematische Set-up, was sind die Konsequenzen? Was steht auf dem Spiel? Was eigentlich ist der Konflikt? Ist hier ein Konflikt?
Der Text hat so einen gewissen Emo-Sound (das meine ich nicht rein negativ), wobei schon fast egal ist, was für Probleme, Konfilkte verhandelt werden, Hauptsache, es wird in bildhafte Symboliken und auf "deep" gebürstete Darstellungen gekleidet. Das bezieht sich sowohl auf die Dialoge wie auch die Haltung des Erzählers, also: es betrifft die Figuren-, wie auch die Erzähler-Ebene (und vllt. sogar die des Autors).

Konstruktiv:
- Mehr Plot (also einen erkennbaren Konflikt und v.a. Konsequenzen aus all dem) und weniger Vages, Symbolhaftes, Intuitives
ODER
mach den Text erkennbar surrealistisch-weird, Slipstream usw., dann aber weg von dem Emo-Sound und rein ins Harsche, mit mehr Distanz zu den Figuren.

Mehr Handlung im Plot auch, vor allem etwas mehr auf Nachvollziehbarkeit, Individualität (Leute handeln nie so passgenau, als wüssten sie, dass sie lediglich Teil einer Geschichte sind), ein paar mehr Herleitungen und handfestere Verknüpfungen zwischen: Figur / Bildern / Setting / Implikationen / Konsequenzen / biografische Chronologien.

Die Figuren bleiben mir zu schwammig, sind zu künstlich, wie Figuren auf einem Schachbrett; das Symbolisch-Dräuende-Vage nimmt mir gegenüber Plot und Konsequenz zu viel Raum ein, und daher lässt mich alles komplett kalt. So schaffe ich es nicht, Interesse für die Figuren aufzubringen, ihre Emotionen zu deuten oder interssiert zuzusehen, neues zu lernen.

Ich hoffe, es hilft dir etwas, auch wenn ich jetzt keine Beispiele rauszitiert hab. Es betrifft aber den gesamten Text, jeden Satz.

Apropos: Wenn du einen Textteil (Passage, Satz oder Wort) markierst und dann die Maus / Cursorfläche auf dem Notebook loslässt, erscheint automatisch ein schwarz grundiertes Kästchen. Da kannst du "Zitat" anclicken, und der markierte Teil wird zu den Zitaten zugefügt. Das kannst du beliebig oft machen, dann ins Antwortfeld gehen und links unten auf den hellen Button " Zitate einfügen klicken. Dann wird auch der Name des Zitierten mitgenommen, derjenige bekommt eine Benachrichtigung wie beim Taggen.
(Es gibt noch beim Markieren "mit Zitat antworten", ich weiß aber nicht mehr, wo der Unterschied war, das kam mir damals nicht sinnvoll vor.)

Herzliche Grüße,
Katla

 

Hallo @Katla!

Ich wollte nicht den Eindruck der Hektik vermitteln. Auch tendiere ich dazu mich kurz zu fassen.

Boah, das muss ich erstmal sacken lassen. Danke für die ausführlichen Worte!

Bitte verstehe, dass ich erstmal noch alles wiederholt duchlesen muss, weil dein Kommentar sehr grundlegende Aspekte meines Schreibens betrifft.

Also, was ich bisher mitnehmen kann: mehr Plot, mehr Konflikt - auch in den Dialogen, glaubhaftere Figuren, das Tiefgründige wirkt aufgesetzt...

Da muss ich erstmal darüber nachdenken, was ich von deiner Kritik mitnehmen kann, bzw. wie sich das auf mein zukünftiges Schreiben auswirken wird und ob ich überhaupt auf Grund der Kritik etwas ändern möchte.

Ich denke aber das ist alles langfristig, also auch mal sehen wie die zukünftigen Reaktionen zu anderen Texten von mir ausfallen werden.

Beste Grüße!

 

Hi @SpiegelLicht nochmal,

Bei all den Fragen, die du gestellt hast - sind es zu viele Fragen, die da offen bleiben? Oder macht es den Text interessant, dass so viel offen bleibt?
Der Text, wie du ihn erstmal als Minitatur aufgebaut hast, liest sich wenigstens rund - alle potentiellen Ausbaupunkte hast du neugierig machend einsetzen können. Wenn du den Text überarbeiten möchtest, @Katla hat an Möglichkeiten da ja schon auch Fleisch für Knochen geliefert, wird es wahrscheinlich nicht mit zwei, drei zusätzlichen Sätzen getan sein.
Wie erwähnt, die Miniatur ist in meinen Augen geglückt, eine weitergehende Kurzgeschichte könnte noch draus werden. :) Was ich, denke ich, nicht machen würde, wäre z.B. das Gespräch, wie es zum Eintritt in die Wohnung überhaupt gekommen ist, wieder einsetzen. Ein paar Punkte, die eben nicht explizit aufgelöst werden, finde ich in diesem Text schöner. Besser vorstellen könnte ich mir, wenn du nicht ganz ausaufernd überarbeiten willst, den Konfliktpunkt zu stärken, zu dem es ja in dieser immer noch anonymen , wenngleich intimen Sitation kommen kann. Das könnte man zweiteilen mindestens, erstens durch Un-, Missverständnisse in der Kommunikation, da das für den Prot ja bestimmt eine ganz neue Situation darstellt, in einer ähnlichen er noch nie zuvor gewesen ist, und auch der Punkt der Besuche. Das hieße nicht mal, dass das offene Ende fallen müsste, aber das Hin und Her der Kontakt haltens oder nicht könnte man spannender einpflegen und daran auch zeigen, wem was wichig ist, zum Beispiel.

Viele Grüße,
Helen

 

Hi @Helen!

Ich dachte auch schon daran, neben einem spanenderen Dialog, den Aspekt zu verstärken, dass der Ich-Erzähler sich von der Flut an Bildern überladen führt, und zwar dahingehend, dass Nadja ihn aktiv überlädt, und möglicherweise ihm etwas (und zu viel) aufzwingt das dem Erzöhler nicht gefällt. Ich würde das entsprechend früher andeuten, weil die Wendung dass er sich überladen fühlt, jetzt noch etwas zu abrupt kommt.

Aber ich denke das wäre eine Möglichkeit. Ob es dann mit der Geschichte noch weitergeht, wird sich noch zeigen.

Das wäre zumindest ein Ansatzpunkt für eine Überarbeitung. Natürlich bleiben die weiteren Kritikpunkte die ihr genannt habt bestehen und sind ausbaufähig.

 
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Hallo @Helenesthe ,

Kritiker müssen sich übrigens hier im Forum nicht irgendwann einig werden. ;) Sonst drehen wir uns im Kreis.

Ich dachte auch schon daran, neben einem spanenderen Dialog, den Aspekt zu verstärken, dass der Ich-Erzähler sich von der Flut an Bildern überladen führt, und zwar dahingehend, dass Nadja ihn aktiv überlädt,
Hallo SpiegelLicht,

da rate ich aber ganz dringend, ihre Motivation dafür deutlich zu machen. Und letztlich auch seine, nicht aus der Situation rauszugehen.

Ob es dann mit der Geschichte noch weitergeht, wird sich noch zeigen.
Wie wäre es, sich (dich) ein bisschen mit Erzählstrukturen auseinanderzusetzen? Du hast ja ein offenes Ende, das durchaus den Blick etwas lenkt, das ist gut. Wohin willst du denn noch weiter damit? Dann gerät dir alles aus dem Gleichgewicht, denn du hast kein Intro, keinen Anfang und kein Set-up, nicht mal eine anständige Hinleitung - und damit ist es letztlich mehr eine halb-ausgebaute Szene, aber keine richtige Geschichte.
Es wirkt vllt. auf den ersten Blick wie eine, weil Leute reden und fühlen, aber das allein reicht eben nicht.

P.S.
Was ich meine, ist (nur zur Verdeutlichung, klar ist das keine rocket science): Auslassungen können drei Dinge bewirken:
- Lückenhaftigkeit: Der Leser kann gar keine Schlüsse ziehen, hat statt Bildern eine Leerstelle im Kopf. Ihm fehlt ihm etwas, das im Hinblick auf Figuren, Plot und Struktur notwendigerweise gefüllt sein müsste.
- Der Leser zieht Schlüsse im Sinne der Intention des Autors oder auf sinnvolle, individuelle Art, die dem Text nicht 'schadet'.
- Der Leser zieht Schlüsse entgegen der Intention des Autors.

Die gelenkte Auslassung beim offenen Ende funzt bei mir, weil nicht restlos alles möglich ist: er geht nicht zur Polizei oder direkt zu seinem Therapeuten, es kommt kein UFO und holt ihn ab etc. Die Frage ist eigentlich nur, ob er sich fernhält oder zurückgeht (und evt. seine mentale Stabilität riskiert, ähnlich wie beim Cosmic Horror), und das sind beides imA sinnvolle Aussichten und bietet Spannung.

Die Lücke am Anfang erscheint mir ungelenkt (und selbst für in medias res zu umfassend.) Durch die Infos im ersten Absatz ist es aber nicht so, dass ich einfach ein Fragezeichen oder eine Leerstelle im Kopf habe, sondern ich habe eine Szene vor Augen, die die Wirkung deines Textes konterkariert: unfreiwillig komisch. Random dude trifft auf der Straße eine Frau, ist aus irgendeinem völlig ungenannten Grund fasziniert (denn die Bilder / Zettel liegen ja erst in der Wohnung, nicht schon auf dem Bürgersteig), dann so: "Ey, kommste mit zu mir?" und "Klar, mach ich immer so: Hallo gesagt und hopp auf die Bude." Und dann kommt er hoch und das ist so eine Art Künstler-Messiewohnung und er gerät aus dem Gleichgewicht. Ob das an eine psychische Störung grenzt oder paranormal sein soll, ist an der Stelle noch schwer zu sagen, was an sich gut ist, aber an dieser frühen Stelle ungünstig, denn ich weiß nicht, was für ein Text das werden soll.
Ich empfinde den Text also am Anfang als absurd im Sinne von Humor (nicht von Surrealismus oder Satire), und mit der Stimmung gehe ich in diese - ich sag mal nicht abschätzig - Emo-Dialoge. Und dann finde ich die auch witzig, albern, obwohl mir nun klargeworden ist, dass der Text gar nicht ironisch-humorig gemeint war. Daraus bekomme ich mich an der Stelle (knapp der Hälfte) nicht mehr gelöst.

Fazit: Mit weiträumigen Auslassungen, die Intros / Set-ups und Einführung der Protas betreffen, riskierst du unfreiwillige Komik, weil der Leser diese Lücken ggfs. mit Dingen füllt, die du für deinen Text nicht gebrauchen kannst, ihm quasi schaden.
Da wäre es imA günstiger, eine Reaktion wie Helenes - also extrem viel Goodwill beim Lückenfüllen & Interpretieren - immer noch zu ermöglichen, aber auch anderen Lesern etwas an die Hand zu geben, das sie so dezent und unauffällig reinleitet, wie das Ende sie rausleitet.

Und klar, wie und ob du mit konstruktiver Kritik arbeitest, ist vollkommen dir überlassen. :-)

Herzlichst, Katla

 
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Hallo @Katla!

Danke vielmals für die genaue Schilderung deiner Leseerfahrungen. In der Tat habe ich mir ehrlich gesagt keine großen Gedanken über die Erzählstruktur gemacht. Ich habe erstmal einfach drauflos geschrieben, und dann alles überarbeitet, ohne z. B. an Konflikte, glaubhafte Figuren und spannende Dialoge zu denken.

Ich denke ich werde das Werk erstmal beiseite legen und es beim nächsten Mal alles anders angehen. Denn mein Ziel ist es auch nicht nur Szenen zu schreiben, sondern Geschichten. Und, was denke ich ein schlechtes Zeichen ist, ich habe überdies gerade nicht gerade viel Freude daran, mir mehr Gedanken über Nadja und ihren Freund zu machen.

Außerdem ist mir der Text insgesamt zu pathetisch geworden.

Vielleicht greife ich das Thema später mal wieder auf und überarbeite alles, jetzt erstmal lege ich das beiseite und freue mich auf die nächste Geschichte. Dazugelernt habe ich denke ich allemal.

Viele Grüße, SpiegelLicht

 

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