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Bilder können täuschen

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03.11.2003
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Bilder können täuschen

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Der Bus hält. "Oh, wir sind ja schon am Bahnhof" unterbrichst du unser Gespräch, "Ich muss dann mal los, wir sehen uns bald!". Und schon bist du draussen, winkst mir noch flüchtig zu und hast ein Lächeln auf dem Gesicht. Jetzt stehst du bei zwei Mädchen, die mit dir in den Bus eingestiegen sind "die sind aus meiner Klasse" hast du gesagt. Ihr redet, lacht und ich sehe dein Gesicht noch immer - hinter der Fensterscheibe. Das eine Mädchen mit den langen blonden Haaren verabschiedet sich, nimmt dich in den Arm, küsst dich auf die Wange und schon ist sie weg. Irgendwo zwischen den vielen Leuten hier am Bahnhof die mir alle fremd sind. So viele Gesichter, und doch gleichen sie alle einander. Anscheinend bist du nun auch schon weg, ich kann dich nicht mehr sehen. Nur dein Gesicht seh ich, in Gedanken - hinter der Fensterscheibe. Deine strahlenden blauen Augen und der kleine rote Mund der ständig am lächeln ist.
Ich male die Konturen von deinem Gesicht an das beschlagene Fenster. Meine Finger spüre ich schon gar nicht mehr, so kalt ist mir, aber vor allem ist das die Scheibe, die sich anfühlt wie Eis.
Der Bus fähr stadtauswärts, hält an jeder Ecke, Menschen steigen ein und aus.
Doch all das bekomme ich nicht wirklich mit, ich konzentriere mich viel zu sehr auf dein Gesicht und bemerke gar nicht, dass meine Finger schon fast blau sind.
Der Bus, die Menschen, das alles existiert gerade eben hinter einem dicken grauen Vorhang, der nur Geräusche durchlässt, die sich dann vermischen und wie das Rauschen eines Radios der keinen Empfang hat, zu mir gelangen. Davor bist nur du und ich - und die kalte Fensterscheibe.
Ich nehme meine Finger weg, schaue auf das "bild" und erkenne plötzlich nur ein verschwommenes, verwischtes Etwas. Dahinter sehe ich die kahlen Bäume, den Wind, der ein paar Blätter durch die Straßen weht und die grellen Lichter der Autos. Es wird schon bald dunkel. Dein Gesicht ist weg. Und ich starre noch immer auf das verschwommene Etwas, das doch du sein sollst.
"Endstation!" ertönt es aus dem Lautsprecher und ich schrecke auf.
Bevor ich aussteige verwische ich noch schnell den grauen verschwommenen Fleck der sich so sehr in meinem Kopf festgesetzt hat.
Die Nachtluft ist schneidend kalt und ich gehe an Häusern, vorbei, an Straßen und Bäumen - und frage mich, ob du glücklich bist.

 

Hi

Als kleine Situationsbeschreibung hat mir dein Text ganz gut gefallen. Es ist dir meiner Meinung nach gelungen, die triste Athmosphäre nach dem Abschied in Bilder aufzulösen.
Besonders stark finde ich, dass du fast nur Beobachtungen und Eindrücke beschreibst, kaum Gedanken.
Hier zum Beispiel: "die sind aus meiner Klasse" hast du gesagt" war es gut, dass du es bei dem Satz belassen hast. Das Fünkchen Eifersucht steckt da schon drin.

Ein bisschen mehr Details dürften es aber schon noch sein, so bleiben die Figuren doch schon ziemlich blass.
Besonders Klischees solltest du vermeiden, wie die "strahlend blauen Augen". Eigene Worte sind an solchen Stellen immer besser.

Übrigens ist der Titel nicht gerade originell, du willst gar nich wissen, wieviele titellose Geschichten hier rumflitzen ;)

Gruß
Christoph

 

Drei Punkte als Titel sind aufgrund der Klickfläche nicht akzeptabel. Bitte ändern.

 

@wolkenkind: erstmal danke für die kritik ;) und fürs durchlesen..

ja stimmt der titel war wirklich nicht sehr originell, aber mir ist spontan kein titel dazu eingefallen...ich hab das jetzt geändert, wobei ich mir aber nicht sicher bin, ob das jetzt viel origineller ist und ob man den zusammenhang mit der geschichte so gut versteht. nunja..

das mit den details fällt mir etwas schwer, weil das einfach nur wie du schon geschrieben hast eine "situationsbeschreibung" ist und wenn ich da noch mehr ins detail gehen würde, dann würde die wirkliche athmospähre und situation untergehen.
ich schreibe einfach so wie es in meinem kopf drinen ist und wenn da keine details mehr vorhanden sind, dann such ich nicht krampfhaft nach welchen.

hm..ich weis nicht so recht wie ich "strahlende blaue augen" anders ausdrücken soll..

 

Hehe, dir wird ja wohl ne Alternative zu "strahlend blaue Augen" einfallen, die nicht so abgegriffen klingt :teach:
Wozu gibts Metaphern. Gibt ja viele Sachen, mit denen man die Farbe Blau verknüpfen kann: Wolkenloser Himmel, Nachthimmel, Morgenhimmel, Meer, die Trikots der italienischen Fussballnationalmannschaft, Blaumeisen, Veilchen, Saphire, blauer Achat, der neue VW-Golf, Bluescreens bei Windows bla bla... :D

Denk in Metaphern, alles erinnert an was anderes.

 

Servus Aphorism!

Bei uns in Wien nennt man das was du da beschreibst "ins Narrnkasterl schauen". Man fixiert einen Punkt, lebt eigentlich seine Phantasie und nimmt die Realität nur nebenbei wahr. Mir haben deine Beschreibungen gut gefallen, deine Bilder sind angenehm, nicht aufdringlich aber einprägsam. Würdest du diese Art von Betrachtung mit Gedankenspiel, Gefühlsmomenten oder Handlungen verbinden, denke ich, würde eine gute Geschichte dabei rauskommen. Freu mich drauf.

Lieben Gruß - schnee.eule

 

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