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Bigger boys and stolen sweethearts

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02.01.2011
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Bigger boys and stolen sweethearts

Jeder Atemzug brannte mir in der Lunge, aber ich konnte nicht aufhören nach Luft zu schnappen. Ich kroch auf allen Vieren am Boden, tastete blind wie ein Insekt vor mir herum, nach irgendetwas, einer Tür, einem Fenster, einer Wand; um mich herum nichts als ein aschgrauer Schleier, der mich wie ein Sarg umschloss.
Endlich fühlte ich den Türrahmen, griff zu und zog meinen tauben Körper nach. Der Nebel um mich herum verschwand und das Knistern der Flammen, die sich allmählich durchs Holz fraßen, wurde vom Geschrei der Leute verschluckt. Eine kühle Brise streichelte mein Gesicht, während die Hitze noch in meinen Beinen stach. Draußen. Ich lag am Boden und versuchte den Sauerstoff in mich hineinzusaugen, musste aber sofort husten. Die Silhouetten der Leute schwankte hin und her, so, als wäre ich gerade aus einem Karussell gestiegen.
"Hi– Hilfe ..." Ich presste noch einen Schwall Luft hinunter, aber er befriedigte mich nicht.
"Hilfe!"
Ein paar Hände zogen mich hoch, ich taumelte die Treppenstufen vor der Hütte hinunter, stolperte, fing mich mit den Händen auf dem nassen Rasen ab und sog den ersten befriedigenden Atemzug in mich hinein, und er schmeckte so frisch und kalt und rein wie der erste Schluck Wasser schmecken muss, wenn man wochenlang in der Wüste umhergeirrt war und für jeden Tropfen Flüssigkeit gemordet hätte.
"Komm schon Kurt, wir müssen hier weg!"
Jemand riss mich wieder auf die Beine und zerrte mich ein paar Schritte weiter.
"Alles okay mit dir?"
Ich keuchte schwer, ließ mich rückwärts ins Gras fallen und starrte einige Sekunden lang in die Sterne. Sie funkelten, als zwinkerten sie mir heimlich zu. Ich atmete tief ein und aus, hörte den Puls in meinen Ohren pochen.
"Ja. Geht schon wieder."
Ich setzte mich in die Hocke und sah mich um. Die Leute hasteten umher, einige rannten zum Teich am anderen Ende des Gartens, schaufelten Wasser in Plastikeimer und schütteten es gegen die Flammenwand. Doch es half nichts. Wo vor ein paar Minuten noch lachende Kids im Bass badeten und auf ihre Jugend anstießen, leckten jetzt grelle Flammenzungen in den schwarzen Himmel.
"Patrick?" Eine Stimme krächzte vor mir herum, sie klang verzweifelt. "Hat jemand Patrick gesehen?"
Urplötzlich schlug mir eine eisige Hand in den Magen; etwas schoss die Speiseröhre aufwärts, ich drehte mich zur Seite, rülpste, Wasser zischte mir zwischen den Zähnen vorbei und der stechende Geruch stieg mir in die Nase.
"Ich …–"
Ihre Augen tasteten sich durch den Garten und blieben schließlich auf mir stehen. Glitzernde Tränen schossen ihr das Gesicht hinunter.
"Hast du Patrick gesehen?"
"Ich ...–"
Ich drehte mich zur Seite und würgte noch einen Schwall heraus. Selbst wenn ich wollte, ich würde es ihr nicht sagen können. Ich spürte, wie sich ihr Blick durch meinen Hinterkopf bohrte, so, als könne sie direkt in mein Gehirn blicken und wüsste es bereits. Die Flammen spiegelten sich in meiner Kotze wider und sein Geschrei hörte einfach nicht auf, in meinen Ohren nachzuhallen. Ein schauriges Gefühl biss sich in meinen Nacken fest, ließ mich am ganzen Körper zittern. Der Wind drehte sich und blies mir die schwarzen Überreste des Häuschens einen Augenblick lang ins Gesicht. Scheiße, dachte ich, jetzt ist alles vorbei, das war's dann. Ich hob meinen Kopf. Sie sah mich immer noch an.
"Hast du Patrick gesehen?!"
"Nein."

***​

Die Hitze riss mich aus dem Schlaf. Es brauchte einen Augenblick, bis ich bei klarem Verstand war. Ich fand mich in Klamotten im Bett liegend wieder, nassgeschwitzt.
Es war August und die Depression nagte an mir wie eine Horde nasser Ratten. Ich krabbelte aus dem Bett Richtung Waschbecken, schaufelte ein paar Hände kaltes Wasser in mein Gesicht, ließ die Jalousien herunter, schmiss mich wieder auf die Matratze und steckte mir eine Zigarette an. Ich blies weiße Rauchringe in die Luft, wusste nichts mit mir anzufangen. Ich starrte auf den Wasserfleck an der Decke.
Jemand klingelte an der Tür. Ich starrte weiter auf den Fleck. Er sah ein bisschen wie der junge Bob Dylan aus, wie damals, bevor die Christen ihm die guten Songs austrieben, dachte ich mir. Den Bobby, den mochte sie auch, nachdem wir es getan hatten wollte sie immer I'll be your baby tonight hören. Ein dunkles Loch in meinem Magen sog mir jegliche Energie aus den Knochen.
Das Kreischen der Klingel nahm kein Ende. Ich stand auf und wollte sehen, welcher Penner hier so einen Lärm veranstaltete. Ich schlurfte zum Eingang und riss die Tür auf. Der plötzliche grelle Lichtblitz ließ mich kurz erblinden.
"Kurt, alles klar?", fragte eine Stimme nach ein paar Sekunden.
"Ja ... –", ächzte ich mit zugekniffenen Augen. Jetzt erkannte ich die Umrisse von Wolli und Sven. Sie tasteten mich beide mit dem selben angewiderten Blick von oben nach unten ab, als seien sie eine Person mit vier Augen.
"Bist'e schon fertig?", fragte Sven, und warf Wolli einen genervten Blick zu.
"Fertig? Wozu?"
"Für 'n See. Hatten wir doch ausgemacht, vorgestern."
"Ach so. Klar. Hab' schon die ganze Zeit gewartet", log ich. Im Glas der Tür sah ich meine zerknitterten Klamotten und meine zerzausten Haare.

Wir fuhren mit Svens Auto. Besser gesagt, mit dem Auto von Svens Mutter, denn Sven hatte seine kleine Tretmühle vor einem halben Jahr im Vollrausch gegen einen Baum gesetzt. Jetzt gestikulierte er wild am Steuer, mit Zigarette zwischen den Lippen und Misfits im Kassettenrekorder. Ein stechender Schweißgeruch schlich sich von seinen Achseln zum Rücksitz und in meine Nase.
Wir würden wohl alle nicht gerade die Art von Männern werden, die man mal hinter den Fenstern der schicken Einfamilienhäuser pfeifend Gurken schnippeln sieht, dachte ich mir. Wir waren eher auf dem Weg die zu werden, vor denen uns unsere Eltern früher immer gewarnt hatten: die, die zu viel tranken, zu schnell fuhren, zu wenig arbeiteten und dabei zu viel Glück hatten. Ich musste schmunzeln.
"Hey Kurt", schrie Wolli mit seinem breiten Froschmaul vom Beifahrersitz nach hinten und seine Schweinebacken baumelten aufgeregt hin und her. "Was lachst du denn so? Scheiße Sven, das ist das erste Mal seit Wochen, dass ich Kurts schöne Beißerchen wieder zu Gesicht bekomme!"
"Ha ha, stimmt, was is' denn so lustig Kurti?", sagte sich Sven, trommelte freudig auf dem Lenkrad herum und spitzte in den Rückspiegel.
"Ach nichts. Pass du mal lieber auf, dass du uns nich' schon wieder gegen den nächst besten Baum manövrierst. Noch ein Auto wird Mami ihrem kleinen Sveni wohl nicht zustecken!"
Sven biss mürrisch auf den Filter und presste seinen Fuß aufs Gaspedal.

Als er johlend über den Schotter in eine freie Parklücke schoss, hielten Wolli und ich den Atmen an. Die Folgen seiner überheblichen Fahrweise saß uns noch zu frisch in den Knochen.
Die Kieselsteine klapperten bei jedem Schritt unter unseren Sohlen, so wie sie es schon immer getan hatten, wenn wir hier entlangliefen. Die Sonne stand mittlerweile hoch oben am Himmel und kippte ihr gelbes Licht über den See. Wir trabten zu unserem Stammplatz – einer großen Eiche, abseits von Trubel und Imbissständen. Die Hitze begann mir langsam den letzten Tropfen Speichel aus meinem Mund zu saugen. Ich stöhnte.
"Mensch Kurti, jetzt zieh doch mal nicht so 'ne Friese", sagte Sven, lachte und klatschte mir mit flacher Hand so heftig gegen die Schulter, dass ich beinahe das Gleichgewicht verlor. "Der See wird unseren kleinen Miesepeter schon die Mundwinkel nach oben zaubern!" Er trabte ein paar Meter zum Baum vor und setzte sich in den kühlen Schatten.
"Ja ja", keuchte ich und ließ mich neben ihm ins Gras fallen. "Gib mir lieber mal 'was zu trinken, ich verrecke gleich."
Sven kramte in seinem Rucksack herum und rieb mir ein Bier unter die Nase.
Wir setzten uns, ich nippte und schluckte das Zeug herunter. Ein paar Meter neben uns hockten drei pickelige Teenager und starrten sabbernd hinter ihren Sonnenbrillen ein paar Mädchen auf die Brüste. Es tat gut, weg aus dem Haus zu sein und den Leuten beim Leben zuzusehen. Eine friedliche Stimmung lag in der Luft.
"Also los Jungs, was machen wir?", seufzte Sven nach einiger Zeit.
"Lasst uns mal ins Wasser gehen", schlug ich vor.

"Lecker, schaut euch die mal an." Wolli nickte hämisch grinsend in die Richtung einer Mittvierzigerin mit hängenden Brüsten und eingefallenem Gesicht.
"Scheiße Wolli", fauchte ich entsetzt, "was ist eigentlich bei dir schief gelaufen? Das ist 'ne Oma und keine verdammte Milf!"
"Ach, hab dich nicht so", gluckste er, und sein dicker Bauch wabbelte freudig mit, als führe er ein Eigenleben und amüsiere sich über die komischen Vorlieben seines Wirtes.
"Dann doch lieber die da." Ich nickte einer Gruppe zierlicher Brünetten zu, die ich verschwommen in der Ferne im Wasser herumtollen sah.
"Oh ja, die sind ..." Plötzlich blieb Wolli stehen und wurde noch blasser, als er ohnehin schon war.
Jetzt blieben wir anderen auch stehen. Das verdorrte Gras pikste unter meinen Füßen. Es wären nur noch ein paar Schritte bis zum matschigen Schlick des Sees gewesen.
"Ist das nicht ...?"
"Hä? Wer?" Ich hielt mir die Hand schützend an die Stirn, kniff die Augen so weit es ging zusammen, aber die Umrisse wurden nicht scharf genug.
Wolli begann herumzustottern: "Ähm Sven, wollen wir vielleicht woanders ..."
"Ach nun habt euch nicht mal so", warf Sven ein, als auch er die Gruppe Mädchen beäugt hatte. Ich erkannte immer noch nichts.
Wolli druckste herum und warf Sven und mir nervöse Blicke zu.
"Kurt, darf ich vorstellen", begann Sven zu schwadronieren und deutete mit einer leichten Verbeugung auf die Mädchen, als sei er ein Butler in Badehose: "Verena und ihre Freundinnen."
Jetzt erkannte ich sie. Sie alberte mit irgendeinem Typen im Wasser herum, ihre dunklen Locken tanzten im Wind und ihre kleinen Brüste hüpften auf und ab, so wie sie es immer taten, wenn ich früher lüstern an ihnen herumkauen wollte. Mit einem Mal begann der einzige traurige Inhalt in meinem Magen, das Bier von gerade eben, die Speiseröhre aufwärts zu rebellieren. Ich wollte es mir nicht anmerken lassen, wollte den Harten spielen, aber der war ich gar nicht. "Ach, macht nichts, lasst uns 'ne Runde schwimmen gehen."
Ich setzte den ersten Fuß in den kalten See und sank etwas im Boden ein. "Was ist los mit euch?"
"Klar, wir kommen ..."
Wir trabten ein paar Meter ins Wasser. Ich musste mich gegen den unbändigen Drang wehren, meine Blicke in die falsche Richtung zu setzen.
"Hey! Hey Jungs!", hallte es plötzlich herüber.
Wir blieben stehen. Ich blieb stark. Mein Herz trommelte gegen den Brustkorb. Ich sah zu Sven.
Der begann zu grinsen und winkte zurück. Wolli warf mir einen mitleidigen Blick zu. Ich zog den modrigen Geruch des Sees tief in meine Lungen und ließ ihn mit aufgeblasenen Backen wieder entweichen.
"Hey! Kurt!" Jetzt war es unvermeidlich. Ich drehte mich um. Ein Mädchen fuchtelte heftig mit den Armen herum und begann zu uns herüberzuschwimmen.
"Hey. Schön dich zu sehen", log ich, als sie vor mir stand, ihre kleinen Füßen waren halb im Schlick versunken. Ich versuchte mein Gesicht so zu verformen, wie in meiner Vorstellung ein freudiges Gesicht aussehen müsste. Es fühlte sich ungesund an.
"Hey Jungs." Sie tastete uns mit ihren runden Rehaugen ab, blieb kurz bei Wollis angehenden Männerbrüsten stecken, fing sich aber wieder und lächelte schüchtern vor sich hin. "Schön euch mal wieder zu sehen."
Wir nickten fleißig. Ich wollte schlucken, aber ein Kloß in meinem Hals ließ den Speichel nicht gewähren. Jetzt sah auch Verena etwas unbeholfen drein. Ihre Pupillen schnellten aufgeregt hin und her, und ihre Zunge fand die richtigen Worte anscheinend nicht.
"Was macht ihr so?", fragte sie.
"Och nichts besonderes, w–", fing ich an, aber Sven unterbrach mich.
"Na ein bisschen unsere Sixpacks kaltstellen!" Er tätschelte gegen seine Rippen und zog ein Grinsen bis unter beide Ohren. Ich kratzte mich am Hinterkopf und beobachtete, wie die Bändel meiner Badehose im Wasser herumtollten.
Plötzlich flog mir mit einem lauten Knall ein Schwall kaltes Nass ins Gesicht, und das Geräusch von Körpern, die in Wasser plumpsen, hallte eine Sekunde lang in meinen Ohren nach. Ich zuckte zusammen, riss die Arme instinktiv vor die Augen. Ehe ich die Lage überblicken konnte, durchbrachen zwei kreischende Gestalten die Wasseroberfläche, spritzten mich erneut voll.
"Oh Patrick!"
"Ha ha ha ha ha!"
Verena presste einen Schwall Wasser aus ihren Backen und stieß einen grellen Schrei aus, den ich bei ihr nie hatte auslösen können, wie ich gekränkt feststellen musste.
"Das kriegst du zurück!" Sie lachte und faltete ihre Hände zu einer Schaufel, tauchte sie ins Wasser und knallte eine volle Ladung gegen zwei stramme Brustmuskeln.
"Ha ha ha!"
Der Kerl, der anscheinend Patrick hieß, grapschte mit seinen Bärenhänden nach Verenas Hüfte, zog sie an sich heran und presste seine Lippen auf ihre. Ich stand wie ein geblendetes Reh daneben, verstand nicht, was geschah.
"Das ist übrigens Patrick!", sagte Verena und lachte laut, während er sie versuchte hochzuheben. "Nee', lass mich mal runter!"
Sie nahm wieder Haltung an und drehte sich zu uns drei.
"Habt ihr heute Abend schon was vor?"
Ich sah zu Wolli und Sven, und die drückten sich genauso hilflos wie ich die Beine in den Arsch.
"Wir ... ähm ..."
"Hört zu, ich feier heute Abend bei meiner Oma im Schrebergarten 'ne kleine Feier, also was heißt klein, ich hätte schon Lust, dass viele kommen." Versonnen lächelte sie an mir zu Sven und Wolli vorbei. Dann schaute sie mir tief in die Augen. "Kommt doch auch vorbei, wird sicher lustig."
Ich schluckte. Es tat weh. Der Kloß rieb wie ein scharfer Stein in meinem Hals.
"Danke, aber wir haben schon was vor, Verena", murmelte ich.
"Ach Quatsch Kurt, das ... das verschieben wir gerne!" Sven zwinkerte mir von hinten zu, tätschelte mir aufgebracht auf die Schulter.
"Ne' ne', wir können nicht. Trotzdem danke."
Verenas Blick schwankte zwischen mir und Sven hin und her. Sein Tätscheln entwickelte sich immer mehr zu schmerzhaften Schlägen.
"Doch, klar können wir!" Sven zog die Augenbrauen weit nach oben. Wir tauschten aufgebrachte Blicke aus.
"Also, wie auch immer, wenn ihr Lust habt wisst ihr ja wo die Gärten sind." Patrick druckste hinter ihrem Rücken herum und wartete nur darauf, sie wieder befummeln zu können. Ich versuchte ihn nicht anzusehen.
"Wir gehen dann mal wieder zu den anderen, bis heute Abend dann." Verena warf mir mit ihren schwarzen Augen einen letzten Blick zu, drehte sich um und paddelte kichernd mit Patrick davon.
Meine Schockstarre wurde von einem plötzlichen Adrenalinstoß durchbrochen.
"Verdammt, spinnst du?!"
"Hä, was meinst du Kurti?"
Ich drehte mich um und warf Svens Hand von meiner Schulter.
"Ich hab' sicher keinen Bock den Abend mit der Verena zu verbringen, Alter!"
"Ach komm schon", stöhnte Sven und verdrehte die Augen, "mach mal halb lang. Die siehst du da gar nicht. Und irgendwann musst du die Alte auch mal vergessen."
Das Blut kochte in meinen Adern, stieg mir in den Kopf.
"Und außerdem:" Wolli kratzte sich am Bauch und nickte schmutzig grinsend in die Richtung, in die Verena gerade verschwunden war. "Schau dir mal die Freundinnen an!"
"Ja!" Sven packte mich fest an beiden Schultern, so, als wolle er mich gleich aus einem bösen Albtraum wachrütteln. "Das sind echt heiße Mädels! Komm schon Kurti, was für ein Freund bist du, wenn du uns das vermiesen willst?"
Eine Mischung aus Wahnsinn und blinder Geilheit blitzte durch Svens Augen.
"Nee', also ohne mich, Jungs. Da hab' ich echt gar keinen Bock drauf."
"Aber stell dir doch mal vor, du würdest mit einer von denen was starten! Stell's dir bloß mal vor! Was denkst du, wie das das Verenchen wurmen würde, wenn du eine ihrer süßen Freundinnen 'n bisschen anknabberst?"
Ich blinzelte zu der Gruppe Mädchen hinüber, versuchte es mir vorzustellen, verwarf den Gedanken aber schnell wieder und schüttelte den Kopf. "Ach komm schon Sven, glaubst du wirklich, die würden das tun?"
"Na klaaar!" Jetzt begann er mich tatsächlich leicht zu schütteln. "Klar wollen die das! Die sind heiß auf so was! Damit können sie vor ihren Freundinnen angeben und so!"
Ich warf Svens Hände von mir ab und sog die kühle Luft, die immer über solchen Gewässern hängt, tief in meine Lungen. Wolli und Sven durchbohrten mich mit erwartungsvollen Blicken.
"Ich weiß nicht ..."
"Komm schon, ich geb' dir 'ne Bratwurst aus, dann sieht die Welt schon ganz anders aus." Aus irgendeinem Grund glaubte ich Wolli. Wir ließen das Bad sausen und trabten zu einem Imbiss nicht weit entfernt vom Wasser.

Als die Sonne zum Horizont sank und alles in orangerotem Licht badete, schlich Sven ungewohnt vorsichtig mit seinem Auto durch ein paar Seitenstraßen und um ein paar Ecken, blinzelte ständig in den Rückspiegel und schien sichtlich erleichtert zu sein, als wir endlich auf einer kleinen Wiese vor den Gartenanlagen zum Stehen kamen. Am Steuer mit einer so miesen Fahne wäre der Lappen wohl endgültig weg gewesen.
"So Jungs, Endstation!"
Wir schmissen die Autotüren hinter uns zu und begannen in die Richtung zu marschieren, von wo aus Musik leise auf dem Wind zu uns herüberwehte.
Es dauerte eine Weile, und mit jedem Schritt verdrängte der dröhnende Bass immer mehr das Zirpen aus den Gebüschen.
Sven drückte die Klinke der Gartentür nach unten und zwei grölende Typen wankten an uns vorbei, saugten einen Moment an ihren Flaschen, holten ihre Schwänze heraus und pissten in den Nachbargarten. Wir tappten einige Stufen abwärts, liefen an einem kleinen Teich vorbei und standen schließlich vor einem Holzhäuschen, aus dem der stupide Rhythmus irgendeines Technosongs pochte. Ein paar Dutzend Leute quetschten sich in der Hütte aneinander und wippten gleichmäßig mit ihren Köpfen. Von überall her hallte das Klirren der Flaschen und das Gelächter der Betrunkenen durch die anbrechende Sommernacht. Ein paar Fackeln standen herum und tauchten alles in ein angenehmes Rot.
Sven drehte sich mit einem breiten Grinsen zu uns um.
"Yeah! Ich checke uns mal ein paar Becher aus!"
Er hob den Arm und deutete mit übertriebener Geste auf das Gartenhäuschen.
"Alles klar!"
Wir begleiteten ihn bis zu der Menschentraube, die sich vor dem Gebäude herumtrieb, schüttelten ein paar Bekannten die Hände und Sven verschwand durch die Tür zu unseren heiß begehrten Drinks. Wolli zog mich am Ärmel.
"Mann, schau dir mal die ganzen Tussis hier an", sagte er, grinste und ein übel riechender Atem zog aus seinem Mund, "lass uns mal ein paar anquatschen!"
"Ach ich weiß nich', lass uns erst mal auf unsere Drinks warten."
Ich hatte mehr als einen Zungenlöser nötig. Meine Hände kribbelten und ich konnte nicht aufhören daran zu denken, dass hier irgendwo dieser Mistkerl mein Mädchen ableckte.
Wollis dicke Backen plumpsten enttäuscht nach unten. Ich seufzte.
"Also na gut. Und welche willst du anquatschen?"
Ich kniff die Augen zusammen und schwenkte meinen Kopf einmal im Halbkreis.
"Die da!" Wolli streckte seinen Zeigefinger auf eine Clique kichernder Mädchen, die sich die Beine in ihre prallen Hintern pressten. Er strich mit seinen Wurstfingern seine Frisur zurecht, prüfte seinen Hosenlatz und atmete tief ein.
"Alles klar? Was sagst du?"
Er trippelte aus seinen Füßen herum. "Ich ähm ..."
"Hey! Wollt ihr schon ohne mich anfangen?!", ächzte es plötzlich von hinten, und Sven drückte uns jeweils einen riesigen Plastikbecher Rumcola in die Hände. "Welche Miezen wollen meine lieben Freunde hier ohne mich bezirzen?"
Wir grinsten und stießen so fest an, dass das Gesöff überlief und einen klebrigen Film um meine Finger legte.
"Die da drüben." Ich nickte in die Richtung.
"Uh, lecker. Wollis Wahl, oder?" Sven zwinkerte der Mädchengruppe zu und hob grüßend den Becher.
"Und wenn schon", protestierte Wolli, "lass mir gefälligst auch eine übrig!"
"Macht ihr nur mal", sagte ich, und spülte meinen Worten ein paar kräftige Schlücke Rumcola nach, "ich geh' mal pissen."
Ich ging ein paar Meter vom Menschenmob weg und blieb stehen, um noch einen Schluck zu nehmen. Der kalte Alkohol sickerte meine Speiseröhre hinunter und es fühlte sich für eine Sekunde lang so an, als lägen Eiswürfel in meinem Magen. Ich kippte den Rest auf meine Zunge, fummelte eine Fluppe aus meiner Hemdtasche und schmiss den Becher auf den Boden. Ich lief noch ein paar Meter vom Trubel weg in die Dunkelheit, in der Hoffnung, bald auf ein Gebüsch zu stoßen. Als ich mich kurz umdrehte sah ich, wie Sven und Wolli bei der Gruppe Mädchen standen, Wolli mit den Händen in den Hosentaschen, und Sven fuchtelte wild mit einer der vielen Fackeln umher, die die Dunkelheit vor der Hütte verscheuchten. Ich brachte die Zigarette in meinem Mund zum Brennen und stellte erschreckt fest, dass ich fast in den Teich gelaufen wäre, an dem wir vorhin vorbeigekommen waren. Ich bückte mich, zog eine Büchse Bier aus dem Wasser, riss sie auf und nahm einen großen Schluck. Es tat gut. Ich bückte mich noch einmal, zog eine zweite Dose heraus, klemmte sie mir unter dem Arm, bevor ich meinen Reißverschluss herunterzog, meinen Pimmel herausholte und mit einem lauten Stöhnen den Teich aufzufüllen begann.
"Hey!"
Erschrocken zuckte ich zusammen, die zwei Dosen fielen klappernd ins Gras. "Was machst du denn da?"
"Ich ähm ..." Ich drehte mich panisch vom Teich weg und fummelte an meiner Hose herum.
"Hi hi hi", kicherte es ein paar Meter weiter vertraut aus der Dunkelheit heraus und ich begann die Umrisse eines zierlichen Körpers zu erkennen. "Na so lange du nicht in den Teich pinkelst, ist ja alles gut."
"Ja, ähm, werde ich nicht machen." Mein Herz pochte schneller als der Technosong, der gerade aus der Anlage herüberdröhnte, und ein leichter Schwindel brachte mich kurz aus dem Gleichgewicht.
"Kurt? Bist du's?"
Jetzt erkannte ich sie.
"Hey Verena. Hatte dich gar nicht gesehen."
"Ich dachte mir schon, dass du es bist. Hab' dich gerade beobachtet, wie du hier hinter gelaufen bist."
"Oh."
Ich fummelte immer noch verzweifelt an meinem Reißverschluss herum. Das scheiß Ding hatte sich in meine Boxershort gebissen und wollte nicht mehr aufgehen. Eine peinliche Stille schlich sich zwischen uns.
"Ich, äh, ich hab' nicht in den Teich gepinkelt, ich hab hier hin ..." Ich streckte meinen Zeigefinger in irgendeine Richtung aus und deutete auf den schwarzen Rasen, "... hier hin. Oder auch da hin. Keine Ahnung."
Sie sagte nichts. Sie stand einfach da. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht lesen, es war zu dunkel. Stille.
"Naja, ist ja eigentlich auch egal."
"Mhm. Ja. Stimmt."
Jetzt ging er endlich auf. Mit einem lauten Surren riss ich den Verschluss wieder nach oben.
"Sag mal gehst du mir aus dem Weg?", fragte sie plötzlich.
"Was? Nee'. Wie kommst du denn da drauf?"
"Keine Ahnung, heute am See ... es kam mir einfach so vor. Wir sind doch noch Freunde, oder?"
Ich schluckte. Ich war froh, dass da jetzt wenigstens kein Kloß war.
"Klar sind wir noch Freunde."
"Gut!" Ich konnte in der Dunkelheit ein Lächeln erraten. "Dann ist ja alles gut zwischen uns. Und geh' bitte auf das Klo im Gartenhaus. Meine Oma wird sonst stinkig, wenn ihr Jungs hier morgen alles vollgemacht habt."
Ich versuchte zu lächeln, bückte mich und tastete den Rasen nach meinen Dosen ab.
"Also wir sehen uns, okay?", sagte sie, und ich dachte mir, wäre es plötzlich wieder letzter Sommer, würde ich dir jetzt meine Zunge in den Hals stecken, deinen süßen Arsch in meine Hände nehmen und die Welt wäre wieder in Ordnung.
"Alles klar. Ich komme gleich." Ich fand die Büchsen und hob sie auf.
Ich blieb noch ein paar Sekunden stehen, nippte am kühlen Blech und sah zu, wie sich ihr kleiner Hintern auf ihren Zahnstocherbeinen davonschlängelte. Der Alkohol fiel wie ein warmer Schleier vor meine Augen und ließ die Welt unwirklich aussehen, wie einen fremden Ort, dem man allerdings mit jedem Schluck lethargischer gegenüberstand.
Ich ging ein paar Schritte in die Richtung, in der ich Wolli und Sven das letzte mal gesehen hatte. Wieder kniff ich die Augen zusammen und suchte noch aus der Dunkelheit heraus nach meinen Freunden.
Plötzlich zuckte ich zusammen. Dieses kantige Kinn, die dunklen Haare, ich hätte ihn fast nicht wiedererkannt, so mit T-Shirt, dachte ich mir. Er lachte und nippte an einem roten Plastikbecher, wie ihn die Jungs aus den Highschoolfilmen immer in den Händen halten, als Verena zu ihm herüberkam und ihre Arme um seinen Hals schlang. Ein Gefühl blinder Wut brannte in meinem Bauch. Ich fummelte in meiner Hemdtasche nach einer Fluppe und steckte sie mir an. Ich würgte den Rauch voller Hass hinunter und konnte nicht anders, als die beiden zu beobachten. Mit einer grauen Wolke pustete ich den Großteil meiner leidenschaftlichen Abneigung heraus, und was blieb, war ein Loch, das in meinem Bauch klaffte. Dieses blöde Stück, dachte ich mir, wie kann sie bloß auf so einen Penner reinfallen. Von wegen, das hier sei was ganz Besonderes. Ich stellte mir einen Augenblick lang vor, wie es wäre, jetzt einfach hinzugehen, sie wegzureißen und ihm meine knochige Faust zwischen die Zähne zu schieben. Es kribbelte in meinen Händen. Mir gefiel der Gedanke. Meine Augen brannten wütend, aber ich musste irgendwie schmunzeln. Er würde sofort umfallen, meinen rechten Haken hat keiner so einfach wegstecken können, damals in der Siebten hat das Steve, diesem ekligen Schönling, den letzten Milchzahn gekostet. Ich sah es genau vor meinem inneren Auge, da vorne, da würde er nach hinten umfallen, die Leute würden sich schockiert die Hände vor dem Mund halten, und ihr würde es vielleicht sogar gefallen. Hatte sie nicht einmal gesagt, sie mag Typen, die um ihr Mädchen kämpfen? Ich stopfte mir die Zigarette in den Mund, rieb mir ein paar Tropfen aus den Augen und schaute mich dabei hektisch in der Dunkelheit um. Wäre ja noch schöner, dachte ich mir, wenn mich jemand sieht, wie ich bei dieser Eule im Gebüsch hocke und herumheule. Ich spülte die peinliche Situation mit einem kräftigen Schluck Bier hinunter und wartete noch einen Moment ab, bis ich mir sicher war, dass meine Augen ihr verräterisches Rot abgelegt haben mussten.

"Hey Kurti!" Sven winkte mich aufgeregt zu sich. Ich schlurfte die letzte Meter über das Gras und schnipste den Kippenstummel in die schwarze Nacht.
Sven zeigte auf die drei Mädchen, die ich schon aus der Entfernung gesichtet hatte.
"Das sind: Hanna, Sophia, Julia."
Ich nickte ihnen zu, schaute sie aber gar nicht an. Alles was ich sah, waren ihre braunen Locken und ihre weißen Arme, wie süß sie nach dem Aufwachen immer neben mir aussah und wie sich die Zunge dieses Bastards jetzt gierig in sie bohrte. Eine Mischung aus Hass und Ohnmacht schoss mir durch die Venen und zog mich nach unten in den Boden. Eines der Mädchen erzählte irgendetwas, aber ich konnte nicht zuhören, ich stand da und schien hier gar nicht mehr dazuzugehören. Ich drehte mich um. Überall lachende Kids, mit ihren glatten Gesichtern und ihren 30-Euro-Haarschnitten. Und irgendwo dazwischen stand sie und fiel auf einen von ihnen herein. Ich hasste sie. Ich hasste sie für ihre Schönheit und ich hasste sie für ihre sorglose Jugend, die sie mir geraubt hatte. Wie gern würde ich es dir sagen, allen sagen, dachte ich mir, aber sie würden es nicht verstehen, sie würden darüber lachen. Der Garten entfernte sich immer mehr von mir und ich machte mir langsam ernsthafte Sorgen, den Verstand zu verlieren. Ich kippte mit zittriger Hand das letzte bisschen Bier aus der Dose herunter und knackte die nächste Büchse ein. Ich stand da, beobachtete die Horde Menschen im Garten. Es war ein großes Theaterstück in dem alle mitspielten und ich war der einzige Zuschauer.
"Mensch Kurt!" Ich zuckte zusammen. "Die Julia geht auch aufs Goethe-Gymnasium, hast du sie nicht schon mal da gesehen?"
Ich drehte mich wieder zur Gruppe zurück und sah dem Mädchen das erste Mal ins Gesicht. Sie war nichts Besonderes, ihre Haare hingen an ihrem Kopf herunter wie bei jeder anderen, und wenn sie schiss schwamm da wohl auch die gleiche Pampe wie bei jeder anderen. Sie nuschelte irgendetwas, ich vernahm die Worte, hörte aber nicht zu.
"Leute, ich bin gleich wieder da, ich muss mal eben da rein."
"Schon wieder?", fragte Wolli und verzog skeptisch sein Gesicht. "Alles klar?"
"Ja, ja. Bin gleich wieder da."
Ich taumelte über die Wiese, rempelte ein paar Leute zur Seite, griff nach dem Geländer und schwankte die Treppenstufen nach oben. Der Alkohol und der Tag am See hatten mir ordentlich Schlagseite verpasst. Plötzlich packte mich eine Hand an der Schulter.
"Mensch, Alter!" Eine modrige Bierfahne schoss mir ins Gesicht und ich erkannte Sven hinter mir. "Was is' denn los mit dir? Die Miezen da unten sind scharf auf uns!"
"Schon okay, ich hol mir 'nen Drink."
Sven beäugte mich einen Moment lang, durchbohrte mich mit seinem Blick.
"Alter, heulst du?"
"Laber nicht so 'ne Scheiße." Ich schüttelte seine Hand von mir ab und lief weiter.
Ich quetschte mich durch die tanzende Menge im Haus, immer weiter quer durch den Raum, bis zu einer Tür auf der groß WC stand.
Ich schmiss die Tür hinter mir zu und schob den Riegel vor. Atmete durch. Es tat gut hier zu sein, allein. Die tausend Augen da draußen machten mich verrückt, sie alle schienen mich anzustarren und zu sehen, was für ein Weichei ich wirklich war. Tränen schossen mir über die Wangen und ich konnte ein Schluchzen nicht verhindern. Ich klatschte mir mit der flachen Hand gegen die Backe und holte tief Luft. Komm schon, dachte ich mir, beherrsche dich Junge, das kannst du nicht bringen, nicht hier. Mit meinem Ärmel wischte ich mir die Augen trocken und fummelte schließlich eine Fluppe aus meiner Hemdtasche. Ich sah mich um. Es war ein kleines Klo, kaum zwei Quadratmeter groß, bloß ein Waschbecken und die Schüssel. Ich biss auf die Zigarette, kramte ein Feuer aus meiner Hose und sog den Rauch gierig durch den Filter. Mein Herz begann wieder etwas besonnener zu schlagen und einen Moment lang hörte ich dem Dröhnen des Basses und dem Gemurmel der Leute da draußen zu. Ich nahm noch einen Zug und ließ ihn nachdenklich aus meinen Nasenlöchern entweichen. Dieses gottverdammte Mädchen, dachte ich mir, das will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Ich dachte kurz an den letzten Sex den wir hatten, wie sie starr wie eine Leiche dalag und ich wie ein nekrophiler Idiot auf ihr herumturnte. Der Qualm füllte langsam den Raum, und für einen Augenblick fragte ich mich, was ich überhaupt an ihr fand, ehe der Gedanke daran, wie sie es jetzt wohl mit diesem Patrick trieb, wie eine stinkende Katze unter der Tür hervorkroch und mir ins Gesicht sprang. Ich steckte mir die Kippe zwischen die Lippen, zog die Hose herunter, setzte mich aufs Klo und fing an zu drücken. Ich hasste sie. Ich hasste ihn. Er hat sie mir gestohlen, dachte ich mir, er ist gekommen, hat sie mir weggerissen und will sich jetzt seinen glattrasierten Pimmel in sie stecken. Und kaum kannte sie mich richtig gut, ist sie abgehauen und lässt sich von Armleuchtern ficken. Ich presste und presste und es tat gut, es fühlte sich an, als würde ich ihm direkt einen Haufen auf seine 30-Euro-Frisur legen.

Dann plötzlich ein Knall, nein, eher ein ohrenbetäubendes Donnern von draußen. Wo vor ein paar Sekunden noch Lachen und Gläserklirren zu hören war, durchschnitt jetzt Kreischen die Luft, ein Geräusch, so intensiv wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Es war das pure Entsetzen, das aus ihren Mäulern schoss. Ich zuckte vor Schreck so zusammen, dass es mich beinahe von der Schüssel geschmissen hätte. Was war da los? Jetzt das panische Getrampel hunderter Füße, immer noch Schreie und im Hintergrund das stupide Pochen des Elektrosongs: Bumm-bumm-bumm.
Ich riss ein Stück Toilettenpapier vom Halter, wischte mir hastig den Hintern ab und zog mir die Hose wieder hoch. Irgendetwas muss da draußen passiert sein. Ein kratziger Geruch schlich sich unter der Tür durch und stieg in meine Nase. Ich ging einen Schritt vor, schob das Schloss zurück und drückte die Klinke nach unten. Plötzlich prallte eine graue Mauer gegen mich, brachte meine Augen so zum Brennen, dass ich sie instinktiv zu einem Schlitz zusammenkniff, kletterte mir den Hals hinunter und schnitt mir Rachen und Lunge auf. Das Einzige, was ich in dem kurzen Moment aufschnappen konnte, war ein Holzbalken, der von der Decke hing und von orangeroten Flammenzungen aufgefressen wurde. Ich schmiss die Tür wieder zu und hustete den Dreck aus meiner Lunge heraus, schnappte nach frischer Luft. Mein Herz hämmerte, wie ein Paukenschlag raste es mir durch den Körper und brachte alles zum Beben. Scheiße, dachte ich mir, was mache ich, der Balken liegt direkt zwischen mir und dem Ausgang. Ich blickte nach unten und beobachtete, wie dünne Rauchfäden durch den Spalt unter der Tür krochen und sich nach oben schlichen. Das alles passierte wie in Zeitlupe, meine Gedanken rasten hin und her. Ich drehte mich um und sah mir den kleinen Raum an, in dem ich festsaß. Dann hatte ich plötzlich eine Idee: Ich erinnerte mich an irgendeinen Katastrophenfilm, den ich einmal gesehen hatte, da waren Leute in einem Hochhaus von Flammen eingeschlossen und benutzten nasse Laken, um die Türen vor dem Rauch abzudichten. Ich riss mir mein Hemd von den Armen, drehte den Wasserhahn auf und hielt es unter den Strahl. Den feuchten Lumpen schmiss ich zwischen Boden und Tür. Ich stand da und starrte einige Sekunden auf meine improvisierte Erfindung. Die weißen Fliesen starrten mich von den Wänden aus an und kamen langsam immer näher. Der Geruch stieg mir weiterhin in die Nase und kratzte bei jedem Atemzug.
"Fuck, fuck, fuck!"
Ich riss das nasse Hemd vom Boden, holte tief Luft, stülpte es mir vor Mund und Nase, und drückte die Türklinke nach unten. Sie war glühend heiß und ich verbrannte mir schrecklich die Finger, aber ich nahm keinen Schmerz wahr. Dann wieder die schwarze Mauer, die mich in Sekundenschnelle wie ein schwebendes Leichentuch umarmte. Ich presste die Augenlider fest zusammen, so fest, dass ich gerade noch sehen konnte. Alles lief automatisch ab, ich schien gar nicht anwesend zu sein, das war nicht ich der da funktionierte, ich war bloß ein Zuschauer, jemand der von einem Meter über den Boden aus den Kerl da unten beobachtete. Ich rannte ein paar Schritte vorwärts, eine stechende Hitze biss sich in mein Gesicht und in meine nackten Beine. Ich nahm einen kleinen scharfen Atemzug und versuchte nicht zu husten, immer im Blickfeld der lodernde Balken in der Mitte des Raumes, an dem ich irgendwie vorbeikommen musste.
"Hey!"
Ich stoppte und versuchte mich umzusehen, konnte außer ein paar grelle Flammen allerdings nichts erkennen.
"Hey du! Hilf mir!"
Ich taumelte einen Meter auf den Mast zu und wollte sehen, wie ich ihn umgehen konnte. Plötzlich bohrte sich etwas in meinen rechten Knöchel und schmiss mich beinahe um. Ich versuchte es wegzuschütteln, weiterzulaufen, aber es klammerte sich wie besessen an mir fest.
"Hey!"
Ich senkte meinen Kopf und erkannte zwischen dem Rauch ein paar weiße Finger an mir kleben.
"Hallo?!", schrie ich, und erst kam nichts zurück, dann stachen mir zwei funkelnde Augen ins Gesicht, die unter dem Balken eingeklemmt lagen und verzweifelt nach meiner Aufmerksamkeit lechzten.
"Hilfe ...", schluchzte es, und der Druck an meinem Fuß ließ etwas nach. Der Rauch bereitete mir langsam einen leichten Schwindel, jede Sehne meines Körpers schrie danach weiterzulaufen, weg von hier, raus, an die frische Luft, doch ich bückte mich, um der Gestalt etwas näherzukommen und mehr zu erkennen. Ich schluckte. Eine unsichtbare Faust grub sich in meinen Magen. Ich blickte in ein vertrautes Gesicht und spürte seine Finger in mich bohren, als würde er flehen: Nimm mich mit, nimm mich mit!
Er schaute so hilflos aus, wie er dalag, wie er den Qualm aus seinen Augen zu blinzeln versuchte, sich wie ein Affenbaby an mich klammerte, und ich sah ihn wie er bei ihr stand, wie er in ihr steckte, ihn in sie reinhämmerte, sie fast in der Mitte durchschnitt, teuflisch dabei lachte und sie schrie, schrie vor Freude, flüsterte ihm das gleiche zu, was sie mir immer ins Ohr geflüstert hatte, ich sah wie sie beide grau dasaßen, alt, auf einer Veranda in einer Hollywoodschaukel, lachend ...
Die Atemzüge, die ich meinen Rachen hinunterwürgte, befriedigten mich nicht mehr, es war, als ob ich gar nichts einatmen würde, nur brennende Luft. Ich musste hier raus, brauchte unbedingt Sauerstoff, ehe sich der Nebel endgültig in meine Lungen fressen und mich verschlucken würde. Ich versuchte mir die Hand vom Fuß zu kicken, schaffte es nicht, holte mit dem anderen Bein aus und schleuderte meinen Schuh direkt in sein Gesicht. Schlagartig verließ die Finger jegliches Leben und ich taumelte nach links weiter, am Balken vorbei, stolperte, verlor die Orientierung, band mir das nasse Hemd provisorisch über Nase und Mund, krabbelte wie ein besoffener Hund am Boden herum, im Kreis, wollte einfach nur raus, atmen, ...

***​

"Hier unterschreiben", murmelte er, rieb mir sein Klemmbrett unter die Nase und streckte seinen Zeigefinger auf eine weiße Stelle unten rechts. Ich kratzte meinen Namen ins Papier. Er nickte mit leeren Augen, drehte sich um, und das Klacken seiner Latschen hallte bei jedem Schritt von den kahlen Wänden wider. Ich hatte Krankenhäuser nie leiden können. Als ich die Drehtür passiert hatte, konnte ich einen Augenblick auf die ganze Stadt hinunterblicken. Ein nebliges Grau hing über den Dächern und Straßen. Die Müdigkeit nagte an meinen Knochen, lähmte mein Gehirn.
Ein grelles Hupen durchschnitt den trüben Augustmorgen.
"Hey Kurt!"
Ich drehte mich um, hob grüßend die Hand, schlenderte auf die andere Straßenseite und stieg ein.
"Na, alles wieder gut bei dir?"
Sven trat aufs Gaspedal und ich wurde in den Sitz gedrückt.
"Ja. Der Doc wollte mich noch einen Tag drin behalten, aber ich hatte da keinen Bock mehr drauf", murmelte ich vor mich hin.
"Oh. Aber nicht, dass dir noch was passiert." Er blinzelte kurz zu mir herüber. "Farbe hast du ja schon wieder im Gesicht."
Ich lächelte verlegen. So viel mütterliche Fürsorge war ich von Sven nicht gewohnt.
"Danke, dass du mich abholst."
"Hey, das ist doch das Mindeste, was ich tun kann. Deine Eltern sind noch im Urlaub?"
"Ja, bis nächste Woche. Die wollten kommen, aber ich hab' gesagt, dass ich schon wieder fit bin."
"Mhm."
Sven schoss über den Asphalt, Zigarette zwischen den Lippen, die eine Hand am Schaltknüppel, die andere hing am Lenkrad.
"Stört dich der Rauch?", haspelte er plötzlich, riss sich die Kippe aus dem Mund und schmiss sie durch das offene Fenster.
"Ne' ne', kein Stress."
Er pustete den letzten Zug behutsam nach draußen und kurbelte das Fenster hektisch zu.
"Weiß man schon etwas von ...", begann ich, brachte es aber doch nicht ganz über die Lippen. Sein Gesicht blitzte mir vor die Augen und eine eisige Hand biss sich in meinen Nacken.
"Von?"
"Na du weißt schon, was Neues vom Brand."
Brand. Ich spürte mein Herz schlagen.
Sven schluckte, strich sich mit der Hand durch seine blonden Haare und übersah ein Stoppschild. "Nee', nichts."
Eine Stille schlich sich zwischen uns. Sven drehte das Radio auf. Ich konnte beobachten, wie er die Lippen unsicher spitzte und sich an seinen Barthaaren zupfte, bevor er zum Rädchen griff und John Lennon wieder verstummen ließ. "Kann ich irgendwas für dich tun? Brauchst du was?"
Ich schaute ihn mit skeptischer Miene an. Jetzt wurde er mir allmählich wirklich unheimlich. Hatte er etwas gesehen? Nein, dachte ich mir, und verdrängte den Gedanken schnell wieder, man konnte nicht mal da drinnen einen Meter weit sehen.
"Ne' danke, danke, mir geht's echt wieder gut", sagte ich und nickte dabei mit dem Kopf, als wollte ich mir selbst zustimmen.
Der Wagen knurrte ein paar Straßen weiter und kroch schließlich den letzten Hügel zu meinem Haus hoch.
"Na dann", sagte ich und strecke ihm meine Hand hin.
"Also ... also ist alles wieder gut, oder?", fragte er mich ängstlich, und drückte seine knochige Hand in meine.
Wir schwiegen einen Moment und sahen uns tief in die Augen; es fühlte sich an, als müsste noch irgendetwas gesagt werden, als stünde noch irgendetwas im Raum, tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf: Hatte ich ihm benebelt etwas gesagt? Erzählte man sich schon Dinge über mich? Ich wollte nach Hause, endlich schlafen können, aufwachen, darüber lachen, was für einen skurrilen Albtraum ich geträumt hatte. Ich schüttelte seine Hand ab.
"Na sicher. Bis dann."
Ich schmiss die Tür hinter mir zu und eine drückende Leere gähnte in meinem Bauch. So einsam fühlte ich mich schon lange nicht mehr. Ich drehte den Schlüssel im Schloss um, zog mir Schuhe und Hose aus und ließ mich aufs knarzende Bett fallen. Wie wir hier immer herumlagen, dachte ich mir, sie mit ihren Bananenhaaren, die hatte sie wirklich, als sie damals dieses Shampoo entdeckt hatte ... Die Übermüdung zog unangenehm an meinen Gliedmaßen. Ich faltete meine Hände unter meinem Kopf zusammen und starrte auf den Wasserfleck an der Decke. Irgendwas muss da undicht sein, dachte ich mir, denn dort wo der junge Dylan mir noch vor Kurzem zugelächelt hatte, fraßen sich jetzt ein paar dunkle Kreise ihren Weg durch die Tapete. Ich sah mir den Fleck genauer an. Plötzlich blitzten sie vor mir auf, ich sah sie ganz deutlich, zwei Augen, groß und schwarz, dieser hilflose Blick und dann hörte ich es ganz laut von meinen Wänden hallen: “Hilfe!”
Ich zuckte zusammen, keuchte schwer. Ich drehte mich um, auf die Seite. Es dauerte einige Zeit, bis sich der Puls in meinem Hals wieder beruhigt hatte. Ich schloss die Augen und versuchte an etwas anderes zu denken. Langsam versank ich in der Matratze. Bananenhaare ...

Ich sprang auf, rannte zum Fenster und versuchte einen Blick auf die Straße zu erhaschen. War da nicht gerade etwas gewesen? Die Sonne stand hoch oben am Himmel und tauchte die Nachbarhäuser in ein schimmerndes Gold. Irgendein Geräusch muss da gewesen sein, dachte ich mir, ein Pochen, Knarzen, oder war es einfach die Klingel? Ich kniete mich auf den Boden, sodass nur noch meine Augen über dem Fensterbrett zu sehen waren. Polizei? Seine Eltern? Er selbst? Aber was hätte ich schon machen können, ich wäre doch selbst draufgegangen, raste es mir durch den Kopf. Mir zog es den Speichel aus dem Mund. Ich eilte vom Fenster weg, stand einige Zeit einfach nur regungslos da und kam schließlich zum Entschluss, dass ich mir das Geräusch eingebildet haben musste. Doch dann ein leises Surren. Es kam aus meinem Zimmer, es war hier drinnen. Adrenalin schoss mir durch die Beine. Ich ging zu meiner Hose und zog mein Handy aus der Tasche: eine neue Nachricht.
Ich atmete tief ein.
'Hey Kurt, geht's dir wieder gut? Komme gleich mal vorbei, Verena'
Ich schluckte. Ein kribbeliges Gefühl sackte von meinem Hals in den Bauch. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich las die Worte noch einmal: Komme gleich mal vorbei. Es fühlte sich gut an, sie zu lesen. Es fühlte sich falsch an, ich schämte mich dafür. Aber was hätte ich machen sollen, dachte ich mir, er hätte mich wahrscheinlich mit in den Tod gerissen. Ich atmete schwer, mir war schwindelig. Ich ging in die Dusche, schrubbte jedes Stückchen Haut gewissenhaft mit Seife ab, putzte mir die Zähne, schiss in die Schüssel, brachte meinen Körper wieder auf Vordermann.

"Hey."
"Hey." Sie schlang ihre Arme um meinen Hals und zog mich fest an sich heran. Ein vertrauter Geruch stieg mir in die Nase, ein unbeschreiblicher Geruch, einer, den nur sie hatte. Sie drückte mich sanft von sich weg, streifte ihre Hände bis zu meiner Hüfte herunter und musterte mein Gesicht. "Gut schaust du wieder aus."
Ihre Augen sahen müde, traurig, vertraut daher, und ihr Mund formte sich zu einem schwachen Lächeln.
"Danke, du aber auch." Mir fuhr ein Schmunzeln über die Lippen. Dann verfinsterte sich ihre Miene wieder. "Tut gut dich zu sehen. Wirklich. Kann ich reinkommen?"
Wir nahmen die Hände voneinander und ich trat einen Schritt zurück.
"Na klar. 'nen Kaffee?"
"Gern."
Die graue Hitze tänzelte langsam aus unseren Tassen und verbreitete einen wohligen Duft.
"Weißt du", sagte sie, und ihre Augen begannen traurig zu glitzern, "weißt du, ich habe ihn zwar nicht lange gekannt, aber ich habe ihn echt gern gemocht." Sie senkte ihren Blick auf die Tasse, die sie unruhig hin und her schob. "Aber weißt du, an wen ich als Erstes gedacht habe, als plötzlich alle rausgerannt sind?" Ihr Blick schnellte nach oben und bohrte sich durch meinen Schädel. "An dich."
Ich hob die Tasse und nahm einen großen Schluck. Es war heiß und bitter. Es schmeckte nicht.
"An mich? Aber er –"
"Ja ich weiß", würgte sie mich ab, "und es tut mir ja auch leid, aber so war es nun mal." Eine Träne quoll ihr aus dem Auge und krabbelte die Wange hinunter. "Sei bitte ein bisschen für mich da, ich brauche dich jetzt."
Ich trippelte unter dem Tisch mit den Füßen herum. War es der richtige Augenblick? Ich musste es ihr sagen. Ich atmete tief ein.
"Weißt du, ich ..."
Sie starrte mich erwartungsvoll an. "Ja?"
Ich räusperte mich und nippte nochmal am Kaffee. Das schwarze Gesöff brannte sich tief in meine Zunge. Ich musste es endlich loswerden, ehe ich noch platzte. Ich konnte gar nichts mehr machen, es war ein Unfall, ich war unschuldig.
"Ich muss dir irgendwie was sagen, weißt du", begann ich langsam, und es fühlte sich falsch an.
"Was gibt's denn?" Sie sah verwirrt zu mir herüber.
"Naja ..."
Ihre dunklen Augen saugten mich fragend auf, ich ekelte mich vor mir selbst, ich war ein Weichei, wie lange hatte ich davon geträumt, und jetzt griff ich nicht zu. Ich konnte es ihr nicht sagen, niemals, die würden mich in den Knast stecken, in die Klapse, ich war ein Mörder, ein Triebtäter.
Sie legte ihre Hand auf meine, aber ich zog sie schnell weg.
"Was ist los?"
"Schon okay. Ich glaube du solltest jetzt besser gehen."
"Gehen?" Sie saß da und starrte mich an, als spräche ich suaheli.
"Es tut mir leid, aber weißt du, da ist nichts mehr zwischen uns, gar nichts."
Wir starrten uns einige Sekunden lang an, drifteten langsam auseinander, und es war ein solcher Augenblick, von dem man schon ehe er vergangen ist weiß, dass er einem noch ewig in Erinnerung bleiben wird.

Ich ging auf und ab, musste es endlich loswerden. Sie muss es wissen, dachte ich mir, danach würde ich mich bestimmt besser fühlen. Ich hatte keine Wahl, ich musste mich selbst retten, schließlich wäre ich da drin ja beinahe erstickt. Ich konnte sie noch riechen, ihr Geruch, er hing noch in der Luft, dort drüber, über dem Tisch. Aber was dann? Sie würde mich für immer in die Wüste schicken, würde es der Polizei sagen. Der Schweiß quoll mir aus der Stirn und kitzelte in meinem Gesicht. Ich musste etwas tun. Ich riss die Tür auf, ging um die Ecke, sprang auf mein Fahrrad und trat in die Pedalen.

"Kurt?"
"Hey Sven, hast du kurz Zeit?"
Sven sah verschlafen aus; seine Haare hingen wirr auf seinem Kopf herum, das Gesicht zerknittert, aus seinem Mund eine müde Bierfahne.
"Ja klar, sicherlich ..."
Wir gingen in die Küche. Ich hockte mich auf einen Holzstuhl. "Fuck Sven, ich glaube ich habe echt Scheiße gebaut."
Sven sackte gegenüber von mir auf die Eckbank und mir fiel auf, dass er keine Hose trug. Er starrte abwesend auf den Boden.
"Naja, auf jeden Fall ..." Es drückte in meinem Bauch, es wollte heraus, es musste heraus, ehe es mir noch erste Risse in die Schädeldecke sprengte. Ich holte tief Luft.
"Scheiße Kurt", winselte es plötzlich von der anderen Seite des Tisches herüber, "ich weiß, wer Schuld ist, dass Patrick gestorben ist."
Ich erstarrte, konnte mich nicht bewegen, nicht ausatmen.
"Du weißt es?!"
Jetzt hob er seinen Kopf, und ihm lief die Soße übers ganze Gesicht.
"Scheiße, ich hab das Drecksding abgefackelt!" Er vergrub die Augen hinter seinen Händen und schluchzte fürchterlich.
"Was? Wie, du das Haus abgefackelt?!" Ich saß mit weit aufgerissenen Augen da, konnte es nicht fassen.
"Naja es war so", sagte er, streifte sich die Tränen aus den Augen und fingerte eine Marlboro aus seiner Schachtel. "Diese Kleine da, eine von den drei Freundinnen, Sophia, weißt du, ich wollte mit der hinters Haus gehen. Und da habe ich eine von den Fackeln einfach mitgenommen, ich hab' mir ja nichts dabei gedacht, da hinten ist's so dunkel ... und dann dachte ich mir, scheiß drauf, tu's einfach, ich hab' die Fackel in die Erde unters Dach gerammt und ihr meine Zunge in den Hals gesteckt. Das ging auch gut, aber das scheiß Ding, das war uralt, hast du mal das Dach davon gesehen, das Holz war mehr als morsch ..."
Ich saß immer noch wie eingefroren da und konnte nicht glauben, was ich hörte.
"Naja auf jeden Fall drehe ich mich um, es ist keine Minute vergangen, und auf einmal steht das ganze Drecksdach in Flammen." Wieder bedeckte er mit beiden Händen sein Gesicht und versuchte sich zu beruhigen.
"Und dann?", fragte ich. "Dann seid ihr einfach abgehauen?"
"Es ging so schnell", nuschelte er und seufzte leise. "Keine drei Minuten, dann war das Ding schon voll am Lodern, und der Mast hat den armen Kerl da drinnen erschlagen ... Ich hab' die Fackel aus dem Boden gerissen und vorne hingeschmissen."
Wir saßen einige Minuten schweigend da, starrten vor uns hin. Mein Herz sprang auf und ab. Mir war kotzübel.
"Und das Mädchen?", fragte ich.
"Was meinst du?"
"Hat das Mädchen was gesagt? Diese Sophia?"
"Keine Ahnung. Ich hab die nich' wieder gesehen."
"Scheiße."
"Fuck Kurt, wenn die mich dran kriegen", winselte er und rang um Fassung, "wenn das einer herausfindet, ich habe mal gegoogelt, auf Totschlag gibt's nicht unter fünf Jahre ..."
Ich schluckte.
"Und dann kommt auch noch Brandstiftung dazu ... Scheiße Kurt, ich wollte das alles gar nicht ... Wenn die das rauskriegen, bin ich tot."
Ich starrte vor mich hin. Ein hässliches Gefühl biss sich in meinen Nacken und drückte gegen meinen Magen. Jetzt auch noch Sven.
"Kurt." Er nahm die Hände herunter und blickte mich mit eiserner Miene an. "Das darfst du keinem erzählen. Versprich's mir. Ich habe das nicht mal Wolli erzählt."
Ich beobachtete die Zigarette, die zwischen seinen Fingern vor sich hinglimmte. Blaue Rauchfäden kletterten aus der Glut und tanzten davon.
"Okay, Mann. Versprochen."

Die Sommerluft schoss mir durch die Nasenlöcher. Es roch nach frisch gemähten Rasen, so wie es hier schon immer an solchen Tagen gerochen hatte. Ich schob mein Fahrrad neben mir her und sah den grauen Pflastersteinen dabei zu, wie sie unter meinen Füßen vorbeizogen. Ich konnte nicht alleine sein, nein, nicht jetzt. Ich wollte die Zeit zurückdrehen, ihn packen, herauszerren, aufwachen und feststellen, dass alles nur ein großes Hirngespinst war, ein Bad Trip, wie damals bei den Pilzen. Sie brauchte mich und ich brauchte sie, es war egal was passiert war, früher oder später wäre alles so gewesen wie es nun mal sein soll.
Ich drückte die Klingel und wartete einen Augenblick. Jemand riss die Tür auf.
"Was willst du denn hier?!", fauchte sie, ihr Gesicht eine Maske des Hasses.
"Kann ich ... kann ich mit Verena sprechen?"
Im Hintergrund hörte ich ein lautes Schluchzten.
"Nein, sie will dich jetzt nicht sehen."
"Ich, ich ...", stotterte es aus meinem Mund.
Sie kam um die Ecke und schob ihre Mutter zur Seite.
"Ist schon gut Mama. Was is' Kurt?"
Ich sah sie an, ihre waren Augen rot, das Gesicht fahl, mehr grau als blass, ein zerknülltes Taschentuch in ihrer Rechten. Wir starrten uns an. Ich wusste, was ich wollte, wusste es so sicher wie noch nie in meinem Leben, jede Sehne meines Körpers flehte danach. Doch etwas stand zwischen uns, mehr als am See oder im Garten zwischen uns stand. Er lag genau da, auf der Türschwelle vor unseren Füßen, sie schaute blind über ihn hinweg, doch ich konnte ihn sehen, wie seine Augen nach meiner Aufmerksamkeit lechzten, ich spürte, wie seine Finger sich in meinen Knöchel fraßen.
Ich konnte es nicht sagen. Sie gehörte gar nicht mehr mir, sie war jemand anderes, nicht die Verena mit den Bananenhaaren, mit der ich daliegen und I'll be your baby tonight hören würde.
"Nichts. Sorry."
Ich drehte mich um, nahm mein Fahrrad von der Hauswand, schob es ein paar Meter, blieb stehen. Ein Schwall schoss aus meinen Mund und es schmeckte so scharf und widerwärtig wie die Tage zuvor.
Das Fahrrad knarzte, als ich mich darauf schwang und mein Gewicht in die Pedalen stemmte. Es war schwierig, einer von ihnen zu sein. Einer, der zu viel trank, zu schnell fuhr. Zu wenig arbeitete. Und dabei zu viel Glück hatte.

 

hey alexander,

erstmal vielen dank für deinen ausführlichen kommentar! für dein 'jammern' bin ich dir sehr dankbar, deswegen stell ich das zeug hier rein ;) es freut mich natürlich auch zu lesen, dass dir meine geschichte gefallen hat :thumbsup:

verrückt, californication ist auch eine meiner lieblingsserien, obwohl ich beim schreiben da jetzt nicht bewusst dran dachte (aber es sicherlich mit eingesickert ist). okay, du magst kurt nicht, das ist gar nicht schlimm ;) ich bin mir aber nicht sicher was du mit zwiegespalten meinst, meinst du da unauthentisch, oder zwiegespalten ob du ihn sympathisch findest oder nicht?
außer dass kurt raucht und trinkt ist er ja im prinzip ein sensibelchen (ich kann mich nicht erinnern dass hank moody in irgendeiner folge mal geheult hat). ich wollte kurt irgendwie so zeichnen, dass er sich für seine gefühle schämt und deswegen den großen otto spielen will. zumindest am anfang ist er ja von dem image des draufgängers ziemlich angetan. der schlusssatz, den du genial "melancholische coolness" genannt hast, sollte dann den sinneswandel deutlich machen, den er durchgangen ist: plötzlich ist er wirklich einer der "bösen buben", aber es ist gar nicht so toll einer von denen zu sein, denn wäre er die sache anders angegangen, hätte er sicher seine verena wieder haben können. so war das zumindest geplant :-) schade, wenn für dich dieser zwiespalt nicht geklappt hat, aber nun gut.

argh, die adjektive, da hast du recht. weißt du, ich sitze da vor meinem bildschirm, hacke ein paar sätze in die tastatur und bringe es danach einfach nicht übers herz viele worte rauszustreichen ;) ich werde die story nochmal durchgehen und das nachholen. und in zukünftigen texten auch. für die restlichen schreib- und grammatikfehler bin ich dir sehr dankbar alex :)

grüßegrüße!

zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zigga,
auch ich mochte deine Geschichte gern.
Die Passivität deines Protagonisten stört mich nicht, aber was für mich sehr unglaubwürdig ist, da muss ich Alex Recht geben: Das ist sein Verhalten, als er Patrick liegen lässt. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass da jemand so "cool" vorgeht, in ihm agiert da nur die Wut darüber, dass P. ihm sein Mädchen weggenommen hat. Auch wenn er ihn liegen lässt und einfach nur flieht , oder sogar wie hier ihn sogar noch schlägt, das kann er ja alles weiter machen, aber so locker reagiert da kein Mensch. Und schon gar nicht ein junger Kerl wie der. Er ist doch kein Killer. Auch später hat er mir zu wenig Gewissensbisse. Das würde ich beides noch ein bisschen abändern. Da muss während er in dem Haus ist, was passieren in ihm, der Konflikt muss spürbarer werden. Keine lange Beschreibung, das mein ich nicht, aber Gedankenfetzen, die ihm durch den Kopf schießen, der erste Impuls ist es ja, wenn man in so einer Situation ist, entweder zu helfen, ganz egal, wer es ist, oder abzuhauen, auch egal. Und was sich da in ihm in dieser kurzen Zeit abspielt, das muss für den Leser deutlich werden.
Der zweite Punkt ist: Du hast noch jede Menge Adjektive drin, auch Stellen, wo ich deine Wortwahl (Verben z. B.) zu übertrieben finde. Da ist dir der Schreibgaul durchgegangen, da wólltest du aus meiner Sicht zu viele Bilder verwenden, es zu plastisch machen. Das wird mir ja auch manchmal vorgeworfen, also wenn ich das dann schon sage :D
Spaß beiseite. Wenn du Lust dazu hast, würde ich deine Geschichte durchgehen und ir diese Stellen aufzählen. Ohne große Kommentare, warum und Alternativvorschlage, einfach, damit du es siehst.
Für mich ist das immer sehr hilfreich. Und wenn ich eine Geschichte mag, dann mach ich das gerne.
Aber da es viel Arbeit ist, sag einfach erst mal Bescheid, ob du überhaupt wert darauf legst.
Viele Grüße Novak

 

hey alexander und novak! erstmal danke für eure beiden kommentare!

Alexander: die ego-perspektive ist wahrscheinlich echt kein gutes mittel, um hier den zwiespalt gut zu zeigen. da hast du recht, das war mir nicht klar ;)
also mein ursprünglicher plan war folgender: eine geschichte zu zeigen, in der jemand plötzlich die chance bekommt, einen den er richtig hasst umzubringen und ungeschoren davon kommt. ich wollte keine reine lovestory zeigen (ob mir das jetzt gelungen ist oder nicht ;) ). aber ich bin erschrocken, dass das mit dem schlechten gewissen von kurt nicht durchkommt! da habe ich wohl echt was falsch gemacht. er lässt verena zweimal abblitzen - weil ihm der tod patricks in den nacken beißt. besonders am ende, wo er ja auf sein geliebtes mädchen verzichtet weil ihm patrick nicht aus dem kopf geht, dachte ich käme das durch. aber gut, ich habs nochmal durchgelesen und muss zugeben, es kommt tatsächlich irgendwie so rüber, als habe mehr angst vor den konsequenzen als echte gewissensbisse. das wirkt tatsächlich aufgesetzt, kühl - ich wollte kurt keineswegs so glatt darstellen. das ist ja nur die schale, mhm, mhm... da muss ich nochmal ein bisschen was nachbessern ;) wenn du vorschläge hast - gerne!
ich weiß, es stört dich, aber ich bin mir nicht sicher ob ich kurt wirklich "aktiver" machen kann, er ist nun mal ein träumer, der lieber davon träumt den neuen der ex auf die glocken zu hauen, als das wirklich machen würde ;) da ist er kein hank moody.

ich bin dir übrigens echt dankbar für deine kommentare, ich habe irgendwie das gefühl, die bringen mich echt weiter ;) und die californicationszene weiß ich nicht mehr, aber da wirst du wohl recht haben^^

grüße!

Novak:

freut mich natürlich, dass dir die story im großen und ganzen gefallen hat :)
ich habe es gerade schon bei alexander geschrieben: ich wollte kurt tatsächlich nicht so kalt darstellen, wie er jetzt rüberkommt. ich habe das nochmal nachgelesen und muss euch recht geben: die gewissensbisse kommen nach dem brand wirklich nicht so heraus, wie es mir vorgekommen war, als ich das geschrieben habe. aber die situation im haus, als er patrick weg kickt und liegen lässt - ich glaube ich lasse die so. das war ja so eine art reflexreaktion, keine ahnung, ich denke wenn ich die gewissensbisse danach deutlicher herausbringe kann das schon authentisch wirken. ich versuchs einfach mal.
die adjektive, argh, war ich schon wieder zu großherzig? ich will dir jetzt keinen großen stress machen, aber wenn du mir die stellen heraussuchen würdest würde mich das tatsächlich weiter bringen. mir fehlt noch etwas das gefühl dafür, wo ich sie weglassen kann und wo sie gut sind, schätze ich.

grüßegrüße :)

zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus zigga,

Diese Rubrik ist für Geschichten gedacht, die für Jugendliche (Zielgruppe etwa 12-16 Jahre) geschrieben worden sind.

Das steht in den Richtlinien dieser Rubrik, und dementsprechend selten treibe ich mich hier herum.
Aber auch wenn ich der Zielgruppe schon lange entwachsen bin, war mir deine Geschichte ein ausgesprochenes Lesevergnügen.
Alex‘ Urteil, dies sei eine wirklich gute Geschichte, kann ich mich aus ganzem Herzen anschließen. Die könnte sich durchaus auch in einer der „Erwachsenenrubriken“ behaupten, sag ich mal.

Dass mir Novak mit ihrem Kommentar jetzt zuvorkam, ist mir ganz recht, enthebt es mich doch der lästigen Aufgabe, meinen einzigen inhaltlichen Kritikpunkt lang und breit auszuwalzen:
Die Szene nämlich, in der Kurt Patrick so schmählich im Stich lässt, erschien auch mir äußerst fragwürdig, da solltest du noch gehörig nachbessern.

Ansonsten habe ich kaum etwas auszusetzen, abgesehen von den wirklich vielen und manchmal unnötigen Adjektiven, aber auch da hat dir Novak schon auf die Finger geklopft, also kann ich’s mir ersparen.
Für mein Gefühl charakterisierst du deine Helden sehr gut in all ihrer testosterongebeutelten Vehemenz und ihrer gleichzeitigen Hilflosigkeit. Ihre jugendliche Blödigkeit und Lässigkeit, die sie wie Geistesgestörte Autofahren, in den Teich pinkeln, leere Dosen und Kippen in die Wiese schmeißen lässt, wirkt sehr lebensecht (leider) beschrieben, und auch die flapsige Jugendsprache erscheint mir sehr authentisch, die Dialoge sind klasse, überhaupt ist dein Stil weitgehend gut bis sehr gut, da finden sich viele wirklich tolle Formulierungen im Text.(Allerdings auch ein paar stilistische Ausreißer, die wahrscheinlich deinem jugendlichen Ungestüm zuzuschreiben sind.)

Ohne Novak, die dir anbietet, den Text nochmal durchzusehen, in die Parade fahren zu wollen, hab ich dir eine Liste mit eventuellen Verbesserungen zusammengestellt, und da ich das schon gestern in der Nacht tat, wär’s schade, sie dir vorzuenthalten. Zumal ich deine Geschichte wirklich gut finde, sie es in meinen Augen allemal verdiente, noch ein wenig daran zu feilen.

Ein paar Hände zogen mich nach oben, ich taumelte einige Treppenstufen vor die Holzhütte nach unten, ...
Ein paar Hände zogen mich hoch, ich taumelte die Treppenstufen vor der Hütte nach unten, ...
Das sind nur ein paar winzige Änderungen, aber für mich klingt es so einfach besser, und solche irgendwie unsaubere Stellen gibt es mehrere in deinem Text.

Zwei Hände rissen mich unter meinen Armen wieder auf die Beine und zerrten mich ein paar Meter weiter.
würde ich weglassen

Wo vor ein paar Minuten noch lachende Gesichter auf ihre Jugend anstießen
Mag spitzfindig sein, aber warum lässt du nicht einfach lachende Kids, Menschen, was weiß ich, anstoßen?

und etwas Kaltes schoss die Speiseröhre aufwärts
Äh, kalte Kotze?

Ihre dunklen Augen suchten rastlos im Gemenge umher und blieben schließlich auf mir stehen.
An diesem Satz gefällt mir beinahe garnix.

und sein Geschrei hörte einfach nicht auf [Komma] in meinen Ohren nachzuhallen.

für einen Augenblick lang
entweder für einen Augenblick, oder einen Augenblick lang

Jemand klingelte an die Tür
An der Tür klingeln, (bzw. an die Tür klopfen)

Im Glas der Tür sah ich meine zerknitterten Klamotten und meine zerzausten Haare widerspiegeln.
Weg damit.

... mit Zigarette zwischen den Lippen hängen und The Misfits im Kassettenrekorder.
Trotz des coolen Soundtracks: ... mit einer Zigarette zwischen den Lippen und ...

gegen den nächst besten Baum
zusammen

Unzählige Kieselsteine klapperten bei jedem Schritt unter unseren Sohlen,...
Sicher nicht fünfundneunzig oder zwölfhundert? Weg damit.

Die Sonne stand mittlerweile hoch am Himmel und schüttete ihr grelles Gelb über den schimmernden See.
... ihr grelles Licht über den See. Reicht vollkommen.

Ein warmes Gefühl breitete sich langsam in meinem Magen aus. Eine friedliche Stimmung lag in der Luft.
Ein paar Zeilen vorher schreibst du, wie verdammt heiß es ist. Der zweite Satz reicht, finde ich.

Sie lächelte besonnen an mir zu Sven und Wolli vorbei.
Versonnen lächelte sie an mir vorbei zu Sven und Wolli.

zwei grölende Typen wankten lautstark an uns vorbei,
No na. Bitte nur eines der beiden Adj.

... bis zum Menschenmob, der vor dem kernigen Holzgebäude plärrend hausierte,...

Das ist einer dieser typischen Sätze, die für mein Gefühl hinten und vorne nicht stimmen, die einfach schlecht klingen und zu deinem Stil überhaupt nicht passen, und über die vermutlich auch Novak geflogen ist.

"Die da drüber."
drüben

… ich drückte den Deckel ein und nahm einen großen Schluck.
… ich riss sie auf und …

damals in der Siebten hat das Steve [Komma] diesem ekligen Schönling [Komma] den letzten Milchzahn gekostet. Ich spülte die peinliche Situation mit einem kräftigen Schluck Bier herunter
Wenn du schon dieses Klischee verwenden willst, dann zumindest hinunter.

wie sich kaum sichtbar graue Rauchfäden durch den Spalt unter die Tür krochen und sich nach oben schlichen.
erstes sich gehört raus

... sich wie ein Affenbaby an mir klammerte,...
an mich

Hatte ich ihn benebelt etwas gesagt? Erzählt man sich schon Dinge über mich?
ihm, Erzählte

und ließ mich knarzend aufs Bett fallen.
und ließ mich aufs knarzende Bett fallen.

Die Sonne stand hoch oben am Himmel und tränkte die Nachbarhäuser in ein schimmerndes Gold.
tauchte

ein unbeschreiblicher Geruch, einen, den nur sie hatte.
einer

als spräche ich suaheli.
Ich glaube, als Eigennamen muss man das groß schreiben, ohne Gewähr.

ehe es mir noch erste Risse in die Schädeldecke riss.
Da fällt dir sicher eine fetzigere Lösung ein

Doch etwas stand zwischen uns, mehr als am See oder im Garten zwischen uns stand. Er lag genau da, da auf der Türschwelle vor unseren Füßen, sie schaute blind über ihn hinweg, doch ich konnte ihn sehen, wie seine Augen nach meiner Aufmerksamkeit lechzten, ich spürte, wie seine Finger sich in meinen Knöchel fraßen.
Das zweite da stört und sollte weg.
Aber ansonsten könnte das beinahe ein tauglicher Schlusssatz sein.
Da erkennt Kurt wohl endgültig, dass er die Unschuld des Kindes für immer verloren hat, die Türe zu seiner Kindheit endgültig hinter ihm zugefallen ist. In diesem Moment dämmert ihm, dass das Leben vielleicht doch nicht nur ein andauernder Spaß sein wird ...

Ich hab's mit großem Vergnügen gelesen.

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

hi ernst offshore!

danke für die zeit, die du dir genommen hast! und natürlich auch für die kritik und das lob ;)
auch wenn ich der klassischen zielgruppe selbst schon etwas entwachsen bin, hatte ich doch irgendwie das bedürfnis, die geschichte hier rein zu stellen, wahrscheinlich weil mich die handlung mit 16 noch mehr angesprochen hätte als sie das heute tut. aber nun gut.
ich habe deine verbesserungsvorschläge größtenteils übernommen! nochmal vielen dank für die detailarbeit gestern nacht von dir ;)
die szene in dem gartenhäuschen, als er patrick wegkickt, habe ich ein paar kleinigkeit verändert, die schon deine vorgänger bemängelt haben. der teil sieht jetzt so aus:

[...] Die Atemzüge, die ich meinen Rachen hinunter würgte, befriedigten mich nicht mehr, es war, als ob ich gar nichts einatmete, nur brennende Luft. Ich musste hier raus, musste sofort atmen, ehe sich der Nebel endgültig in meine Lungen fressen und mich verschlucken würde. Ich versuchte mir die Hand vom Fuß zu kicken, schaffte es nicht, holte mit dem anderen Bein aus und schleuderte meinen Schuh direkt in sein Gesicht. Schlagartig verließ die Finger jegliches Leben und ich taumelte nach links weiter, am Balken vorbei, nach draußen, stolperte, verlor die Orientierung, band mir das nasse Hemd provisorisch über Nase und Mund, krabbelte wie ein besoffener Hund am Boden herum, im Kreis, wollte einfach nur raus, atmen, ...

ist wirklich nicht viel, aber ich hoffe ich habe an den richtigen schräubchen gedreht, das ganze sollte jetzt nicht mehr so kühl nach todschlag aussehen, ich hoffe es zumindest...

insgesamt habe ich (das ist auch an Novak und Alexander!) ein paar kleine sachen verändert, um kurt im gesamtkontext etwas sensibler und eingängiger wirken zu lassen, wie

Jetzt erkannte ich sie. Sie alberte mit irgendeinem Typen im Wasser herum, ihre dunklen Locken tanzten im Wind umher und ihre kleinen Brüste hüpften auf und ab, so wie sie es immer taten, wenn ich früher lüstern an ihnen herum kauen wollte. Mit einem Mal begann der einzige traurige Inhalt in meinem Magen, das Bier von gerade eben, die Speiseröhre aufwärts zu rebellieren. Ich wollte es mir nicht anmerken lassen, wollte den Harten spielen, aber der war ich gar nicht. "Ach, das macht nichts, lasst uns eine Runde schwimmen."
oder
Ich schluckte. Ein kribbelndes Gefühl sackte von meinem Hals in den Bauch. Ich wusste nicht, wie ich mich fühlen sollte. Ich las die Worte noch einmal. Komme gleich mal vorbei. Es fühlte sich gut an, sie zu lesen. Es fühlte sich falsch an, ich schämte mich dafür. Aber was hätte ich machen sollen, dachte ich mir, er hätte mich wahrscheinlich mit in den Tod gerissen. Wieder blitzten seine Augen vor mir auf, dieser hilflose Blick, und plötzlich hörte ich es ganz laut in meinem Zimmer: “Hilfe!”
Ich zuckte zusammen, wachte aus meinem Tagtraum auf, keuchte schwer.
Ich ging in die Dusche, schrubbte jeden Flecken Haut gewissenhaft mit Seife ab, putzte mir die Zähne, schiss in die Schüssel, brachte meinen Körper wieder auf Vordermann.
usw. ;) keine ahnung, ich hoffe es erfüllt seinen zweck, wer lust hat kann mir das ja sagen!

zurück zu dir, offshore:

Wo vor ein paar Minuten noch lachende Gesichter auf ihre Jugend anstießen
Mag spitzfindig sein, aber warum lässt du nicht einfach lachende Kids, Menschen, was weiß ich, anstoßen?
ich habe das jetzt so stehen lassen, weiß nicht, irgendwie gefallen mir die gesichter ;)

und etwas Kaltes schoss die Speiseröhre aufwärts
Äh, kalte Kotze?
das erscheint einem beim ersten lesen wohl komisch, aber wenn man die handlung vor dem zeitsprung später kennt merkt man, dass kurt eigentlich innerhalb weniger minuten einen großen becher rumcola mit eiswürfeln und zwei büchsen (= ein liter) kaltes bier getrunken hat. danach vergehen vllt nicht mehr als 5-10 minuten, bevor er aus einem brennenden haus nach draußen kriecht und kotzt. da dachte ich mir einfach, der mageninhalt muss kühler sein als der vom feuer aufgehitzte körper.

als spräche ich suaheli.
Ich glaube, als Eigennamen muss man das groß schreiben, ohne Gewähr.
mhm suaheli ist eine sprache, ich glaube das schreibt man in diesem kontext klein. wie: Als spräche ich deutsch. auch ohne gewähr. ;)

ich danke dir nochmal für deine investierte zeit und fürs vorbeischaun! und...

Ich hab's mit großem Vergnügen gelesen.
darüber freue ich mich natürlich ;)

grüße,

zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus zigga,

ich noch mal kurz, und weil ich dir in den nächsten Tagen ohnehin noch einiges zu deiner Geschichte schreiben will, dann vorwiegend zum Inhaltlichen, will ich das einmal vorausschicken:

und etwas Kaltes schoss die Speiseröhre aufwärts
Äh, kalte Kotze?

das erscheint einem beim ersten lesen wohl komisch, aber wenn man die handlung vor dem zeitsprung später kennt merkt man, dass kurt eigentlich innerhalb weniger minuten einen großen becher rumcola mit eiswürfeln und zwei büchsen (= ein liter) kaltes bier getrunken hat. danach vergehen vllt nicht mehr als 5-10 minuten, bevor er aus einem brennenden haus nach draußen kriecht und kotzt. da dachte ich mir einfach, der mageninhalt muss kühler sein als der vom feuer aufgehitzte körper.
(Hervorhebung von offshore)

Nein, lieber zigga, das klingt auch nach mehrmaligem Lesen nicht weniger komisch. Weder bin ich Ernährungstechniker noch Mediziner, aber ein gerüttelt Maß an, ich will's mal Lebenserfahrung nennen, besitze ich allemal und ...
Wie auch immer, ich rate dir nur, über diese Stelle nochmal nachzudenken.

offshore

edit: Ich hab jetzt noch ein wenig drüber nachgedacht: Überleg dir doch mal, wenn du irgendwas schluckst, egal ob brühheiße Suppe oder Dingsbums on the Rocks, durch das langsame Hinuntergluckern durch die Speiseröhre wird was auch immer schon beinahe auf Körpertemperatur gebracht, also so sehe ich das.

 
Zuletzt bearbeitet:

Überleg dir doch mal, wenn du irgendwas schluckst, egal ob brühheiße Suppe oder Dingsbums on the Rocks, durch das langsame Hinuntergluckern durch die Speiseröhre wird was auch immer schon beinahe auf Körpertemperatur gebracht, also so sehe ich das.
mhm mhm mhm... da ist was dran. da wäre halt dann der fremdkörper-effekt weg, aber pass auf wir machen das so, ich frage morgen mal einen kollegen (medizinstud.) nach seinem rat, der wird das wissen ;)

PS:

und weil ich dir in den nächsten Tagen ohnehin noch einiges zu deiner Geschichte schreiben will, dann vorwiegend zum Inhaltlichen
ok, ich freue mich darauf!

edit: flüssigkeiten und zermahlene (mit speichel versetzte) nahrung erreicht wenige sekunden nach dem schlucken körperwärme. du hattest also recht ;)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, hier bin ich noch mal, dann leg ich auch noch mal nach.
Aber erst mal ein Riesenkompliment, dass du so schnell und sorgfältig überarbeitest, das find ich total gut. Macht richtig Spaß, dann Vorschläge zu machen.
ernst offshore hat wirklich Recht, ich habe es ja jetzt noch mal gelesen, und ich weiß, ich hab furchtbar viel zu meckern, aber die Stimmung dieser merkwürdigen heißen Sommernächte und dieser Jungs, die gern ein Kerl sein wollen und doch mit dem ersten Verlust gar nicht klar kommen, und dann nur scheiße bauen, das hast du schön eingefangen. Manchmal denk ich, manche brauchen tatsächlich eine Menge Glück, um unbeschadet über bestimmte Jahre hinwegzukomme.
Zu meiner Liste: alex und ernst offshore hatten ja schon gut vorgelegt, waren in etwa die gleichen Stellen, die ich auch im Sinn hatte.
Sind auch ausgezeichnete, schöne Stellen dabei, um der Kürze willen, hab ich sie nicht rausgeschreiben.
Rechtschreibung hab ich nicht angemerkt.
Gleich in meiner Liste sind auch Anmerkungen dabei, die vielleicht eher Geschmackssache sind, hab sie trotzdem aufgeführt, du nimmst dir einfach das, was du willst. Und ... Vorsicht, ich bin ziemlich kritisch.
Und sehr lapidar, ist nicht bös gemeint, sondern der Kürze wegen.

Jeder Atemzug brannte wie Scherben in meiner Lunge, aber ich konnte nicht aufhören nach Luft zu schnappen.

Scherben brennen nicht. Aber stach oder schnitt wie Scherben ist auch nicht gut, ich würde das Fette einfach weglassen.

Ich kroch auf allen Vieren am Boden, tastete blind wie ein Insekt mit seinen Fühlern vor mir herum,
Klingt ungelenk. Das Fette weglassen

Plötzlich verschwand der Nebel um mich herum und das lachende Knistern der Flammen, das sich allmählich durch das Holz fraß, wurde vom Geschrei der Leute verschluckt.
Das Fette weglassen. Lachend passt hier eh nicht gut. Ein Adjektiv weniger.

Eine kühle Brise streichelte mein Gesicht, während die brütende Hitze noch in meinen Beinen stach.
brütend passt hier nicht. Brütend lastet eher auf einem, aber er war in den Flammen, das ist eine andere Art von Hitze. Das Verb "sticht" ist doch perfekt. brütend weglassen.

Die Silhouette der Leute schwankte hin und her, als sei ich gerade aus einem Karussell gestiegen.
Leute sind viele, da müsstest du Silhouetten schreiben. Oder Leute ersetzen.

Die Leute hasteten umher, einige rannten zum Teich am anderen Ende des Gartens, schaufelten Wasser in Plastikeimer und schmissen es kläglich gegen die Flammenwand.
Schmeißt man Wasser? Und sie schmeißen es doh auch nicht kläglich, sondern schnellund mit Wucht. Was kläglich ist, ist die Wirkung des Wassers. Vielleicht so: ... in Plastikeimer und schütteten es in die Flammenwand, wo es kläglich verdampfte.

Wo vor ein paar Minuten noch lachende Gesichter auf ihre Jugend anstießen und der Bass der Anlage ihre Körper massierte, leckten jetzt grelle Flammenzungen in die schwarze Sommernacht.
beides geht, aber ist mir übertrieben:
Den Bass spürt man im Bauch, aber dass er die Körper massiert, das ist ein bisschen zuviel des Guten.

Die Hitze riss mich mit einer knallenden Ohrfeige aus dem Schlaf.
Die Hitze echt? Ich weiß nicht, ich reagiere nie so bei Hitze. Da schwitzt man, aber sie reißt einen dochnicht plötzlich hoch, es sein denn man hat sich verbrannt. Vielleicht kannst du die knallende Ohrfeige vorbei einbauen in der Szene.

Es war August und die Depression nagte an mir wie eine Horde nasser Ratten.
Du bist wie ich - immer noch ein und noch ein Vergleich. Aber wieso soll eine Horde Ratten nagen an ihm und dann auch noch nasse? Ich will sagen, der Vergleich ist nicht gut, er ist unfreiwillig komisch. Nasse Ratten fühlen sich scheiße, wollen weg, die Depression blüht doch aber gerade.
Du willst sie gefährlich schlimm machen, aber sie wird komisch durch einen solchen Vergleich, als wolltest du einen Dashiell Hammett Krimi parodieren.
Noch ein Tipp: Ich kenn das auch, dass ich Vergleiche liebe, ich warte dann, wenn der Text fertig ist, immer noch mal eine Woche ab, und les dann noch mal, dann fallen die falschen Vergleiche im zeitlichen Abstand besser auf.

Den nächsten Abschnitt fand ich schön! Da sind tital gute Sachen dabei.
Der Dylan und die Warnung vor sich selbst. Cooles Zeug.
Da hatte man richtig das Gefühl, du hattest dich richtig frei geschreiben. Auch die Dialoge, das ist alles schön frech und locker geschrieben.

Ich kam mir vor wie ein Maulwurf auf der Pirsch.
Na gut, du willst klar machen, dass er blind ist, aber ich find den Vergleich trotzdem nicht gut.

Sie alberte mit irgendeinem Typen im Wasser herum, ihre dunklen Locken tanzten im Wind umher und ihre kleinen Brüste hüpften auf und ab, so wie sie es immer taten, wenn ich früher lüstern an ihnen herum kauen wollte.
umher kommt mir zu viel vor.
und herumkauen ist schon ok, aber naja, so langsam wird mir klar, warum sie ihn verlassen hat. :D

"Hey. Schön dich zu sehen", log ich, als sie vor mir mit ihren kleinen Füßen im Schlick versank.
Na dann ist sie ja weg, wie will er denn noch mit ihr sprechen? Moorleiche!!!
Das musst du umformulieren. ... als sie vor mir stand, die kleinen Füße im Schlick


"Danke, aber wir haben schon was vor, Verena", murmelte ich perplex.
fett- weg

Verenas Blick schwankte verwirrt zwischen mir und Sven her.
fett weg

Ein paar Dutzend Leute quetschten sich elektrisiert in der Hütte aneinander und wippten gleichmäßig mit ihren Köpfen. Von überall her tränkte das Klirren der Flaschen und das Gelächter der Betrunkenen die anbrechende Sommernacht.
fett weg
tränkte find ich nicht gut, passt nicht


Wir begleiteten ihn bis zur Menschentraube, die sich vor dem kernigen Gebäude herumtrieb, schüttelten ein paar Bekannten die Hände und Sven verschwand durch die Tür zu unseren heiß begehrten Drinks.
fett weg

Wir grinsten und stießen so fest an, dass das Gesöff überlief und einen klebrigen Schleier um meine Finger legte.
Schleier hast du öfters / passt auch nicht so, vielleicht klebrigen Film?

Als ich mich kurz umdrehte sah ich, wie Sven und Wolli bei der Gruppe Mädchen standen, Wolli mit den Händen in den Hosentaschen und Sven fuchtelte wild mit einer der vielen Fackeln umher, die die Dunkelheit vor der Hütte mit ihren entspannten Rotton verscheuchten.
Dass es rot ist, hast du schon öfters gesagt. Satz wird auh wieder aufgebläht. Lass es weg.

Das scheiß Ding hatte sich in meine Boxershort gebissen und wollte nicht mehr aufgehen.
Toll. Schöne Stelle

Ich blieb noch ein paar Sekunden stehen, nippte am kühlen Blech und sah zu, wie sich ihr kleiner Hintern auf ihren Zahnstocherbeinen davon schlängelte.
also Zahnstocherbeine? Das ist nicht sehr sexy, meint er wirklich diese dürren zarten Stelzen? Lass doch den Hintern ohne Zutat davonschlängeln, klingt auch gut.

Der Alkohol fiel langsam wie ein warmer Schleier vor meine Augen und ließ die Welt wie einen unwirklichen Ort aussehen, wie einen schlechten Albtraum, den man allerdings mit jedem Schluck lethargischer gegenüber stand.
Da ist der Schleier wieder. Fett weg. Und der Albtraum ist zu abgegriffen, eine Fomel, lass den einfach weg, falls dir unwirklich zu sanft vorkommt, erstz es durch fremde oder so.

Ein kochendes Gefühl blinder Wut begann in meinem Bauch zu brennen.
Viel zu viel, du erschlägst ja das Bild. Entweder brennt es in seinem Magen oder es kocht. Und nicht relativieren
Zwei Möglichkeiten:
Ein Gefühl blinder Wut brannte in meinem Bauch / ein Gefühl blinder Wut kochte in meinem Bauch

Mit einer grauen Wolke schoss auch ein großer Teil meiner leidenschaftlichen Abneigung aus meinem Mund heraus und hinterließ ein dunkles Loch in meinem Bauch.
Der Satz klingt quasig, ich kann nicx mit ihm anfangen. Vielleicht so: Mit dem Rauch verschwand auch ein großer Teil meiner leidenschaftlichen Abneigung und hinterließ ein dunkles Loch in meinem Bauch.

Eine Mischung aus Hass und Ohnmacht schoss mir durch die Venen und zog mich mit ein paar unsichtbaren Händen nach unten in den braunen Boden.
fett weg

Ich hasste sie für ihre Schönheit und ich hasste sie für ihre sorglose Jugend, die sie mir geraubt hatte.
Das klingt aber sehr pathetisch. Meinst du wirklich, er denkt so, dass sie ihm die Jugend geraubt hat?

Das Gemurmel hunderter Münder prallte wie eine Mauer auf mich ein. Es war ein großes Theaterstück in dem alle mitspielten, und ich war der einzige Zuschauer.
Auch zu viel gewollt.

Und jetzt kann ich nicht mehr.
Schau den Rest selbst noch mal ganz kritisch durch. Ich würde mal ganz systematisch alle Ajektive und Adverbien im Rest raustun. Und es dann laut vorlesen. Ich glaube sie völlig redundanten merkst du dann schon allein.
Und du hast eine Eigenart, mehrere Bilder/Vergleich miteinander zu verknüpfen und zu vermischen, als würdest du einem alleine nicht trauen.
Ehrlich gesagt ist das so, als ob du viel zu viele Gewürze in die Suppe kippst.
Wie oben in dem Satz zum Beispiel, da dürfen es dann nicht nur hundet Münder sein, sondern gleich noch eine Mauer und ein Theaterstück. Drei Bilder, um einen einzigen Sachverhalt zu beschreiben.
Und prüf auch alle Vergleich danach, ob sie inhaltlich passen (von der Bedeutung der Wörter her) und von dem her, ob diese Vergleiche und Bilder schon sehr häufig verwendet worden sind.

Machs gut
Novak

 

hi alex,
ich schreibe dir einfach mal schnell, bevor ich novaks verbesserungsvorschläge umsetze.

ja, ich verstehe jetzt was du meinst. falls ich dich richtig verstanden habe, entlarvst sich kurt für dich im laufe der geschichte immer mehr zu einem kühlen, manipulierenden kerl, dem es egal ist, dass jemand gestorben ist, ja sich vielleicht ein heimtückischer schachzug dahinter verbirgt, kurt scheint mehr von den gewissensbissen genervt zu sein, da er seine verena jetzt nicht mehr einfach so nehmen kann, als dass er echte reue fühlt.
okay, das habe ich verstanden, so interpretierst du die geschichte und das ist auch okay! es gibt ja hier kein richtig und kein falsch, das ist alles irgendwie ansichtssache, das kann schon stimmen.

aber ich glaube ich sehe das etwas anders: seien wir mal ehrlich, kurt ist ein feigling. er ist zu feige, die initiative zu ergreifen und sein mädchen zu umwerben, er ist zu feige dem neuen der ex in die augen zu sehen, zu feige um zu sagen, dass er patrick im haus zumindest gesehen hat, er lässt sven lieber im gewissen dass er allein für patricks tod verantwortlich ist, anstatt ihm zu sagen, dass auch er hätte etwas tun können, weil er schiss vor den konsequenzen hat: knast, zurückweisung von verena. das hattest du schon angedeutet, als du meinstest das "passive" magst du an ihm nicht.
aber ich glaube kurt hat im grunde ein gutes herz, es fühlt sich für mich so an, als wüsste er einfach noch nicht so recht wo er hin gehört, was für konsequenzen manche taten nach sich ziehen. er ist eben ein feigling, ein schisser, der zu feige ist, die konsequenzen für sein feiglingssein auszubaden und sich immer tiefer in die scheiße manövriert, um nicht aufzufliegen. und das bringt ihn eben zu noch mehr arschlochmäßigen handlungen, wie dass er verena sagt, er mag sie nicht mehr oder sven mit seinem schlechten gewissen sitzen lässt. ich könnte mir auch vorstellen, dass er im eifer des gefechts im haus einfach ein panischer hitzkopf war und den armen kerl da sterben lässt, aber ich glaube nicht dass ihm das später nicht irgendwie mitnimmt. ich kann mir vorstellen, dass es schon in ihm rumort: er merkt zum ende der geschichte, dass er irgendwie auf den falschen pfad gekommen ist, dass es sich nicht gut anfühlt einer von "denen" zu sein.
vielleicht ist es das, was du bei deinem zwiespalt gefühlt hast: eigentlich müsstest du ihn mögen, er hat ein gutes herz, aber die aktionen die er bringt, da stimme ich dir zu, das sind feige arschlochaktionen, die machen ihn total unsympatisch.
keine ahnung, wie gesagt so fühlt es sich für mich an! aber das muss nicht die wahrheit sein.
danke auf jeden fall für die vielen gedanken, wenn du noch etwas anzumerken hast gerne :)

grüße!

 

liebe novak!
als erstes möchte ich dir mal danken für die ganze arbeit gestern abend, ich hoffe du warst nicht allzu fertig danach. ich habe jetzt deine vorschläge größtenteils umgesetzt und versucht das muster hinter deinen kritikpunkten zu durchschauen. ich probier mich dann gleich am restlichen text ;)

um dir wenigstens ein bisschen ein erfolgserlebnis zu geben, hier ein paar korrigierte stilistische ausreißer:

aus

Wo vor ein paar Minuten noch lachende Gesichter auf ihre Jugend anstießen und der Bass der Anlage ihre Körper massierte, leckten jetzt grelle Flammenzungen in die schwarze Sommernacht.
wurde
Wo vor ein paar Minuten noch lachende Kids im Bass badeten und auf ihre Jugend anstießen, leckten jetzt grelle Flammenzungen in die schwarze Sommernacht.

Von überall her hallte das Klirren der Flaschen und das Gelächter der Betrunkenen die anbrechende Sommernacht.

Mit einer grauen Wolke schoss auch ein großer Teil meiner leidenschaftlichen Abneigung aus meinem Mund heraus und hinterließ ein dunkles Loch in meinem Bauch.
zu
Mit einer grauen Wolke pustete ich den Großteil meiner leidenschaftlichen Abneigung heraus, und was blieb, war ein dunkles Loch, das in meinem Bauch klaffte.

Die Hitze riss mich mit einer knallenden Ohrfeige aus dem Schlaf.
mhm mhm... dafür muss ich mir noch etwas überlegen. die hitze habe ich eigentlich gemocht, aber jetzt wo du es gesagt hast, macht das echt keinen sinn mehr...

Es war August und die Depression nagte an mir wie eine Horde nasser Ratten.
ich weiß, ich weiß, wir lieben bilder, wahrscheinlich weil wir angst haben, der text könnte zu trocken werden. ;) aber von dem kann ich mich irgendwie nicht verabschieden, der ist mein liebling: nasse ratten, voller krankheiten, direkt aus der kanalisation, der unterwelt, fressen einen bei lebendigen leib auf - das ist zu schön. ja, das hat was witziges worüber man schmunzeln muss, aber das finde ich gar nicht schlimm ;)

Noch ein Tipp: Ich kenn das auch, dass ich Vergleiche liebe, ich warte dann, wenn der Text fertig ist, immer noch mal eine Woche ab, und les dann noch mal, dann fallen die falschen Vergleiche im zeitlichen Abstand besser auf.
werde ich machen!

Na dann ist sie ja weg, wie will er denn noch mit ihr sprechen? Moorleiche!!!
ach du heilige, und wie du recht hast :lol::lol::lol:

also Zahnstocherbeine? Das ist nicht sehr sexy, meint er wirklich diese dürren zarten Stelzen?
ja... das ist jetzt nicht meine vorliebe, aber irgendwie hatte ich das für kurt so vor augen.

Das klingt aber sehr pathetisch. Meinst du wirklich, er denkt so, dass sie ihm die Jugend geraubt hat?
mhm, irgendwie in dem augenblick schon. ich erinnere mich an die zeit, da glaubte man, es würde nie vorbei gehen ;)

dankedanke nochmal liebe novak, auch für dein lob, ich mach mich gleich mal über den rest.

es grüßt

der zigga

PS: ich glaube du hast mich gefragt, in welcher zeit das spielt? aber irgendwie hast du es wieder rausgelöscht. das wolltest du sicher wegen den bands wissen, oder? also es spielt heutzutage. misfits, lennon, dylan, das ist musik die ich kenne, mag und die mir bei den situationen irgendwie vorgeschwebt ist. weiß auch nicht warum immer ältere musik, ist eine eigenart von mir, genauso eine wie dass die schönen mädchen in meiner fantasie immer bob dylan hören, keine ahnung warum :D

 

Ja, die Frage nach der Zeit hatte ich wieder rausgelöscht, weil ich dachte, oh je, der arme zigga, dem bin ich eh schon auf den Keks gegangen mit den ganzen Korrekturvorschlägen.
Aber klingt schön, was du da schreibst. Ich wollte es tatsächlich wissen wegen der Musik und auch, weil ich selbst die Angewohnheit habe, Situationen mit Musik zu verbinden.

Und die nassen Ratten? Und die knallende Hitzeohrfeige? Oder Zahnstocherbeine. Ich finde, das muss man dann auch stehen lassen, wenn man die Änderung für sich doof findet.
So vieles ist Geschmackssache, kann doch sein, dass der nächste kommt und findet diese Vergleiche gerade gut. Also Änderungen machen - immer nur dann, wenn man es selbst für sich stimmig findet.

Wo vor ein paar Minuten noch lachende Kids im Bass badeten und auf ihre Jugend anstießen, leckten jetzt grelle Flammenzungen in die schwarze Sommernacht.
Aber bitte vielleicht schwarze rausstreichen. Wie soll die Nacht denn sonst sein außer schwarz.
Das ist ein Prinzip meiner Streicherei:
Wenn das Nomen wie hier Nacht schon beinhaltet, dass es da dunkel, also schwarz ist, dann weg mit dem Adjektiv.

Von überall her hallte das Klirren der Flaschen und das Gelächter der Betrunkenen die anbrechende Sommernacht.
Da fehlt einin oder durch .

Bis dann ...
Viel Spaß noch, Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Ja, die Frage nach der Zeit hatte ich wieder rausgelöscht, weil ich dachte, oh je, der arme zigga, dem bin ich eh schon auf den Keks gegangen mit den ganzen Korrekturvorschlägen.
nee, ich bin dir wirklich dankbar. weißt du, du hast dieses sprachgefühl wo etwas hingehört oder wo etwas nicht passt, das will ich auch ;) anders lernt man 's halt nicht...

bin gerade mit dem ersten feinschlifflesen durch. denke das hat schon was rausgeholt.

ich wünsch dir eine gute nacht,

the zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Zigga,

ich fange mal mit der guten Nachricht an:
Diesmal bin ich gut reingekommen und du hattest recht - mir hat diese Kurzgeschichte recht gut gefallen.

Ein paar Hände zogen mich hoch, ich taumelte die Treppenstufen vor der Hütte hinunter, stolperte, fing mich mit den Händen auf dem nassen Rasen ab und sog den ersten befriedigenden Atemzug in mich hinein, und er schmeckte so frisch und kalt und rein wie der erste Schluck Wasser schmecken muss, wenn man wochenlang in der Wüste umhergeirrt war und für jeden Tropfen Flüssigkeit gemordet hätte.

Das finde ich ganz schön, also den Vergleich. Aber du hast das ein bisschen sperrig formuliert. Ich schätze, es würde gut tun, wenn du das ein bisschen kürzt oder zwei Sätze daraus machst.

"Komm schon Kurt, wir müssen hier weg!"

Also jetzt geht´s mir mit deinem Kurt wie dir mit meiner Matilda. :)

Sie funkelten, als zwinkerten sie mir heimlich zu.

Auch schön, fällt mir erst jetzt beim zweiten Lesen so richtig auf.

Er sah ein bisschen wie der junge Bob Dylan aus, wie damals, bevor die Christen ihm die guten Songs austrieben, dachte ich mir.

Ich bin gerade gar nicht sicher, aber muss das nicht heißen: Er sieht ein bisschen wie der junge Bob Dylan aus.... dachte ich mir.

Wir würden wohl alle nicht gerade die Art von Männern werden, die man mal hinter den Fenstern der schicken Einfamilienhäuser pfeifend Gurken schnippeln sieht, dachte ich mir.

Das ist ein starker Satz, finde ich.

"Ha ha, stimmt, was is' denn so lustig Kurti?", sagte sich Sven, trommelte freudig auf dem Lenkrad herum und spitzte in den Rückspiegel.

fragte

Als ich mich kurz umdrehte sah ich, wie Sven und Wolli bei der Gruppe Mädchen standen, Wolli mit den Händen in den Hosentaschen, und Sven fuchtelte wild mit einer der vielen Fackeln umher, die die Dunkelheit vor der Hütte verscheuchten

Schöner Hinweis auf später.

"Na so lange du nicht in den Teich pinkelst, ist ja alles gut."

Die ganze Szene finde ich echt witzig. Das kann man sich so richtig vorstellen, wie er dasteht und ihm das saupeinlich ist. :)

Ich hasste sie für ihre Schönheit und ich hasste sie für ihre sorglose Jugend, die sie mir geraubt hatte.

Ich weiß nicht, ob das so gewollt ist - aber hier hört man schon, dass dein Protagonist noch sehr jung ist.

"Aber weißt du, an wen ich als Erstes gedacht habe, als plötzlich alle rausgerannt sind?" Ihr Blick schnellte nach oben und bohrte sich durch meinen Schädel. "An dich."

Ich finde das Gespräch ein bisschen ... naja unglaubwürdig. Ich meine - ich nehme an, dass der Brand erst kurze Zeit vorher stattgefunden hat. Und selbst, wenn sie das so empfindet, also dass sie zuerst an Kurt gedacht hat, hat sie, glaub ich, in dem Moment andere Sorgen. Ich mein, Patrick ist da gestorben, auf ihrer Party.

So jetzt mein Fazit:
Doch, hat mir gefallen.
Sprachlich reicht es nicht an deine neueren Sachen heran. Bei weitem nicht. Das meine ich jetzt aber absolut als Kompliment, weil du dich seit einem Jahr total weit entwickelt hast.
Deine Texte lesen sich jetzt geschliffener, die Vergleiche gefallen mir besser. Hier ist manches (ich hab das ja schon weiter oben angemerkt) ein bisschen sperriger.

Ein Pluspunkt war, dass ich hier halt echt viel über das Innenleben deines Protagonisten erfahre. Das brauche ich irgendwie. Egal, ob ich ihn verstehen kann, ob ich ihn mag etc. - so etwas macht Geschichten für mich interessant.
War mir noch so ein bisschen fehlt, ist der Schlüssel zu seiner und Verenas Beziehung. Er liebt sie immer noch, sie scheint auch noch was für ihn zu empfinden - da frage ich mich ganz automatisch, was eigentlich passiert ist. Klar, das ist sicherlich Thema für eine andere Geschichte, aber so ne kleine Andeutung hätte ich schon gut gefunden.

Ich hätte auch gerne noch so ein bisschen mehr über Verena erfahren. Ich meine - eigentlich ist ständig nur die Rede davon, dass sie so geil aussieht und gut riecht. Sie hatte doch bestimmt darüber hinaus noch etwas Anderes, das Kurt fasziniert hat.
Insgesamt war mein Eindruck, dass Kurt ein bisschen oberflächlich ist. Er hat sich schon sehr über Äußerlichkeiten ausgebreitet - also nicht nur in Bezug auf Verena, sondern auch im Bezug auf Sven. Das hat ihn mir ein wenig unsymphatisch gemacht.

Tja - dann die Szene in der Hütte. Echt krass. Ich weiß nicht, ob das jemand echt so bringen könnte.

Ich meine - das Krasse ist, dass er ihn ja wahrscheinlich tatsächlich nicht hätte retten können bzw. beim Versuch draufgegangen wäre.
Sein Gedankengang bzw. seine Rechtfertigung sich selbst gegenüber, finde ich da schon nachvollziehbar. Aber der Punkt ist ja, dass er nicht einmal darüber nachgedacht hat. Ich finde, das muss man als Leser auch erst mal verdauen. Bis dato wirkt er ja irgendwie noch ganz nett.

Tja, umso bitterer ist es dann für ihn, dass Verena ihm offenbart, dass sie zu ihm zurück will. Dass sie vermutlich auch ohne diesen Unfall zurück gekommen wäre. Aber sein Handeln wird jetzt immer zwischen ihnen stehen und er würde sich wahrscheinlich ohnehin immer fragen, ob sie ihn auch dann gewollt hätte, wenn es diesen Unfall gar nicht gegeben hätte.

Und am Ende stellt sich heraus, das Sven den Brand ausgelöst hat. Ich denke mal im ersten Moment wird das eine Erleichterung für Kurt gewesen sein - es nimmt ja erst einmal die Schuld von ihm. Aber eigentlich scheint das auch nur auf den ersten Blick so - egal wer oder was diesen Brand ausgelöst hat: Es ändert ja nichts am Verhalten deines Protagonisten.

Ein Kritikpunkt betrifft noch Verenas Verhalten nach dem Brand - ich hab das ja weiter oben schon geschrieben. Ich denke mal in so einer Situation wäre man einfach komplett fertig. Egal wer nun in diesem Haus gestorben ist - er ist auf IHRER Party gestorben. Ich glaube einfach nicht, dass sie da am nächsten Tag den Kurt besucht und ihn bittet, für sie da zu sein.
Was mir auch gefehlt hat, war die Erwähnung von Polizei. Ich nehme mal an, dass die normalerweise alle Anwesenden vernehmen würden. Allein schon aus versicherungsrechtlichen Gründen. Du müsstest das auch gar nicht groß ausbauen, eben nur erwähnen, dass da irgendeine Untersuchung läuft.

Hm ... hört sich jetzt negativer an, als ich es empfunden habe. Mir hat´s wirklich gut gefallen und ich hab mich gut unterhalten gefühlt. Mit dem ein oder anderen Schliff könnte die Story aber mE sehr gewinnen. :)

Viele Grüße
Bella

 

Hi Bella,

ja schön, dass du diese ältere Geschichte von mir einen Kommentar gibst. Ich glaube, das war so die erste wirkliche Story, die ich geschrieben habe, also die auch länger war und an der ich länger dran war und geschliffen habe und so.

ich fange mal mit der guten Nachricht an:
Diesmal bin ich gut reingekommen und du hattest recht - mir hat diese Kurzgeschichte recht gut gefallen.
Ja krass. Bei dem anderen Zeug von mir hattest du irgendwie immer so reinkomm-Schwierigkeiten, hier scheint das nicht der Fall zu sein, obwohl es auch gleich mitten im Geschehen anfängt. Und freut mich, dass sie dir recht gut gefallen hat.

Ein paar Hände zogen mich hoch, ich taumelte die Treppenstufen vor der Hütte hinunter, stolperte, fing mich mit den Händen auf dem nassen Rasen ab und sog den ersten befriedigenden Atemzug in mich hinein, und er schmeckte so frisch und kalt und rein wie der erste Schluck Wasser schmecken muss, wenn man wochenlang in der Wüste umhergeirrt war und für jeden Tropfen Flüssigkeit gemordet hätte.
Das finde ich ganz schön, also den Vergleich. Aber du hast das ein bisschen sperrig formuliert. Ich schätze, es würde gut tun, wenn du das ein bisschen kürzt oder zwei Sätze daraus machst.
Ja, das stimmt schon, das ist sperrig formuliert. Wie gesagt, das Ding ist auch bisschen älter, Dezember 2012, das würde ich jetzt auch nicht mehr so schreiben. Ich habe ja diese 'aktualisierte' Version hochgeladen, da habe ich vor ein paar Monaten mal bisschen an dieser Story herumgebastelt, die ein bisschen aufgepäppelt, aber da sind immer noch sperrige Formulierungen und ein paar schiefe Bilder und Redundanzen und so drin, schätze ich. Ich werde mich evtl. bald nochmal dran setzen.

"Komm schon Kurt, wir müssen hier weg!"
Also jetzt geht´s mir mit deinem Kurt wie dir mit meiner Matilda. :)
Hehe.

Er sah ein bisschen wie der junge Bob Dylan aus, wie damals, bevor die Christen ihm die guten Songs austrieben, dachte ich mir.
Ich bin gerade gar nicht sicher, aber muss das nicht heißen: Er sieht ein bisschen wie der junge Bob Dylan aus.... dachte ich mir.
Ich weiß nicht, da ist doch sonst alles in der Vergangenheit geschrieben, oder?

Ich hasste sie für ihre Schönheit und ich hasste sie für ihre sorglose Jugend, die sie mir geraubt hatte.
Ich weiß nicht, ob das so gewollt ist - aber hier hört man schon, dass dein Protagonist noch sehr jung ist.
Ja, das war irgendwie schon gewollt so, wenn man jünger ist, wirkt ja alles viel dramatischer, dachte ich mir.

"Aber weißt du, an wen ich als Erstes gedacht habe, als plötzlich alle rausgerannt sind?" Ihr Blick schnellte nach oben und bohrte sich durch meinen Schädel. "An dich."
Ich finde das Gespräch ein bisschen ... naja unglaubwürdig. Ich meine - ich nehme an, dass der Brand erst kurze Zeit vorher stattgefunden hat. Und selbst, wenn sie das so empfindet, also dass sie zuerst an Kurt gedacht hat, hat sie, glaub ich, in dem Moment andere Sorgen. Ich mein, Patrick ist da gestorben, auf ihrer Party.
Ein Kritikpunkt betrifft noch Verenas Verhalten nach dem Brand - ich hab das ja weiter oben schon geschrieben. Ich denke mal in so einer Situation wäre man einfach komplett fertig. Egal wer nun in diesem Haus gestorben ist - er ist auf IHRER Party gestorben. Ich glaube einfach nicht, dass sie da am nächsten Tag den Kurt besucht und ihn bittet, für sie da zu sein.
Das ist eine gute Beobachtung. Wahrscheinlich hatte ich da zu wenig Empathie für die weibliche Psyche :D Ja ... ja das ist was dran. Da dachte ich noch gar nicht dran. Wahrscheinlich kommt dir das als Leser auch so unglaubwürdig vor, weil du die Beziehung Kurt-Verena vllt als etwas oberflächlich empfindest, bzw. weil du da (weil nicht viel Hintergrundstory zu ihrer Beziehung erzählt wird) keine tiefgehende Verbundenheit fühlst; angenommen, die kennen sich seit Sandkastentagen, hatten einen großen Krach, dann ist das Mädle abgehauen, und sie sehen sich das erste mal seit zehn Jahren ein halbes Jahr kaum, und dann passiert sowas - da wär es schon glaubwürdiger, dass sie ein, zwei Tage nach dem Brand zu ihm kommt und halt einfach die Gesellschaft will, weil sie fertig ist. So könnte ich mir vorstellen, dass die Situation funktionieren könnte. Ist aber eine gute Beobachtung von dir, Bella.

So jetzt mein Fazit:
Doch, hat mir gefallen.
Ja cool, freut mich!

Sprachlich reicht es nicht an deine neueren Sachen heran. Bei weitem nicht. Das meine ich jetzt aber absolut als Kompliment, weil du dich seit einem Jahr total weit entwickelt hast.
Deine Texte lesen sich jetzt geschliffener, die Vergleiche gefallen mir besser. Hier ist manches (ich hab das ja schon weiter oben angemerkt) ein bisschen sperriger.
Und das ist ein sehr nettes Kompliment.

Ein Pluspunkt war, dass ich hier halt echt viel über das Innenleben deines Protagonisten erfahre. Das brauche ich irgendwie. Egal, ob ich ihn verstehen kann, ob ich ihn mag etc. - so etwas macht Geschichten für mich interessant.
Ja ... wahrscheinlich ist das bei Mutterwärme oder so ein bisschen auf der Strecke geblieben, das Innenleben - also es wird da nicht so ausführlich kommuniziert, wie in dieser Story. Ja, ich mag das auch immer, wenn man so total in den Kopf und in die Gedanken der Figuren reinhören kann, das bietet Identifikationsmöglichkeit und gleichzeitig diese neckische voyeuristische Freude, die wir wohl alle in uns tragen. :D

War mir noch so ein bisschen fehlt, ist der Schlüssel zu seiner und Verenas Beziehung. Er liebt sie immer noch, sie scheint auch noch was für ihn zu empfinden - da frage ich mich ganz automatisch, was eigentlich passiert ist. Klar, das ist sicherlich Thema für eine andere Geschichte, aber so ne kleine Andeutung hätte ich schon gut gefunden.
Du hast recht. Da könnte man noch ein paar Andeutungen machen, das würde Tiefe geben, und vllt kann das auch der Schlüssel sein, dass diese Szene, die für dich nicht funktioniert hat, dass die doch glaubwürdig wird.

Ich hätte auch gerne noch so ein bisschen mehr über Verena erfahren. Ich meine - eigentlich ist ständig nur die Rede davon, dass sie so geil aussieht und gut riecht. Sie hatte doch bestimmt darüber hinaus noch etwas Anderes, das Kurt fasziniert hat.
Insgesamt war mein Eindruck, dass Kurt ein bisschen oberflächlich ist. Er hat sich schon sehr über Äußerlichkeiten ausgebreitet - also nicht nur in Bezug auf Verena, sondern auch im Bezug auf Sven. Das hat ihn mir ein wenig unsymphatisch gemacht.
:D So sind Typen halt manchmal. Frau riecht gut, Frau schaut schön aus: toll! Nee Spaß, klar, da kann ich noch nachlegen, allgemein diese Beziehung zu Verena, warum sie kaputt gegangen ist, wie lang sie sich kennen etc., da kann ich was rausholen, ich werde bei Gelegenheit da nochmal nachlegen, glaube ich, zumindest hab ich geade bisschen Bock drauf. Muss halt auch schauen, dass ich in diesem Sprachflow von 2012 wieder reinkomme, aber ich denke, das geht schon.

Tja - dann die Szene in der Hütte. Echt krass. Ich weiß nicht, ob das jemand echt so bringen könnte.
Ich meine - das Krasse ist, dass er ihn ja wahrscheinlich tatsächlich nicht hätte retten können bzw. beim Versuch draufgegangen wäre.
Sein Gedankengang bzw. seine Rechtfertigung sich selbst gegenüber, finde ich da schon nachvollziehbar. Aber der Punkt ist ja, dass er nicht einmal darüber nachgedacht hat. Ich finde, das muss man als Leser auch erst mal verdauen. Bis dato wirkt er ja irgendwie noch ganz nett.
Ja ... aber irgendwie hat es für dich funktioniert, lese ich gerade so zwischen den Zeilen heraus. Klar, das ist die schockende Szene, der Part, in dem der Prot auf die Probe gestellt wird und sich verändert - die ist schon gewagt, die Szene, aber irgendwie denke ich mir, das könnte schon passieren, und wenn es wirklich mal heißt: Ich oder du - dann ist der Mensch ein Wolf. So aus dem Affekt heraus. Vor allem, wenn der Gegenüber ziemlich unsympathisch ist.

Tja, umso bitterer ist es dann für ihn, dass Verena ihm offenbart, dass sie zu ihm zurück will. Dass sie vermutlich auch ohne diesen Unfall zurück gekommen wäre. Aber sein Handeln wird jetzt immer zwischen ihnen stehen und er würde sich wahrscheinlich ohnehin immer fragen, ob sie ihn auch dann gewollt hätte, wenn es diesen Unfall gar nicht gegeben hätte.
Und am Ende stellt sich heraus, das Sven den Brand ausgelöst hat. Ich denke mal im ersten Moment wird das eine Erleichterung für Kurt gewesen sein - es nimmt ja erst einmal die Schuld von ihm. Aber eigentlich scheint das auch nur auf den ersten Blick so - egal wer oder was diesen Brand ausgelöst hat: Es ändert ja nichts am Verhalten deines Protagonisten.
Ja, das sehe ich auch so, und es freut mich gerade, dass das für dich so geklappt hat, dieser innere Konflikt im Prot.

Was mir auch gefehlt hat, war die Erwähnung von Polizei. Ich nehme mal an, dass die normalerweise alle Anwesenden vernehmen würden. Allein schon aus versicherungsrechtlichen Gründen. Du müsstest das auch gar nicht groß ausbauen, eben nur erwähnen, dass da irgendeine Untersuchung läuft.
Ha, du hast recht. Da dachte ich irgendwie gar nicht dran. Könnte ich rein schreiben.

Hm ... hört sich jetzt negativer an, als ich es empfunden habe. Mir hat´s wirklich gut gefallen und ich hab mich gut unterhalten gefühlt. Mit dem ein oder anderen Schliff könnte die Story aber mE sehr gewinnen.
Danke für das tolle Feedback und für's Lesen und so, Bella, auch wenn die Geschichte etwas älter ist und so, irgendwie liegt mir trotzdem was an ihr - und ich glaube, ich werde die Tage mal drüberarbeiten, und da werden deine Vorschläge und Anmerkungen sicherlich reinfließen.

Grüße

 

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