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- 28.04.2002
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Bienenmenschen
Wir zerstörten die Welt.
Es war kein Spass, für keinen von uns, aber wir taten es auch nicht aus freien Stücken.
Die Glasur von geschmolzenem Asphalt und verlorenem Plastik das bei Tag zerrinnt und sich des nachts zu einer steinharten Kruste verhärtet, war unsere Heimat geworden.
Die rostig faltigen Wracks von lacklosen Autos und LKWs, die schief im schwarzen Teer versunken waren.
Umgeblasen und zerstreut wie gestrandete Walmißgeburten aus sandigem Metall.
So weit das Auge reicht war nichts anderes zu sehen, überall sah man nur die unendliche breite Spur der stummen Zerstörung.
Darüber spannte sich ein brausender Himmel, Wischer von verwaschener Farbe bewohnt von kaltfarbenen Wolken die im Halbschlaf versunken über die zerstörte Erde wanderten.
Trotzdem strahlte die Sonne heißer und boßhafter als jemals zuvor.
Ihr teuflisches Gesicht war wie ein glühendes, kreisrundes Loch inmitten eines gleichgültigen Himmels, und durch die Wolken die sich um sie sammelten, schlängelte sich purpurnes Licht, wie die Zacken und Hörner eines gesichtslosen Teufels.
Des Tages brannte sie über unseren Köpfen und des Nachts wandte sie sich anderen Dingen zu.
Ansonsten war alles an dieser Welt falsch.
Der Krieg war zulange durch die Welt gewirbelt, mit seinen kreischenden Stimmen, seinen brausenden Geschossen und seiner Vorliebe für Tod, alsdass irgendetwas hätte normal bleiben können.
Er wurde von peitschenden Reden und begeisterten Horden hochgezüchtet, mitten in eine Welt des einstigen Friedens war er geboren, um seine Arme um die Welt zu schlingen und alle Vorstellungen von glücklichem Leben zu ersticken.
Nun war der Tod überall.
Dort, nicht weit hinter unserem Lager, da war er in verbogenen Fässern aufgestapelt, dort wo der Regen sauer war und wo alle Menschen scheinbar mit schwarzen Gasmasken auf die Welt kamen.
Gasmasken, die aussahen wie breite Saugrüsseln.
Unter der Erde war der Tod, wo wahnsinnige Generäle synthetische Brutkästen aufgebaut hatten, lange Reihen von gläsernen Behältern, in denen nackte Hybriden und unfertige Menschenkörper heranwuchsen.
Das Heulen einer Sirene rennt einmal im Monat durch die Gänge, und schon spucken die züchtenden Brutkanister nasse Körper aus, schleimiges Weiß bedeckt ihre Münder und hängt von ihren Gliedmaßen.
Danach tut sich die Erde auf, und trampelnde Horden von künstlichen Kriegern strömen heraus- wie Wasser aus einem undichten Damm- und ergießen sich über die Oberfläche, um dem Horizont entlang zu rasen.
Danach kann man ihre Schreie hören, wie grelle Blitze am schwarzen Himmel.
Gezüchtet um zu leiden, geboren und zu sterben, so wie alle Menschen.
Dort wo Himmel und Erde sich vereinen, sieht man ein flackerndes Gewitter von unzähligen Mündungsfeuern, und wenn der Wind richtig steht, kann man, wenige Stunden darauf, den angenehmen Geruch von verbranntem Fleisch riechen.
Es riecht wunderbar.
Wir legen uns dann auf die verbrannte Erde, ohne die kleinen Haufen von Asche oder die nussbraunen Flecken von getrocknetem Blut auch nur zu beachten, und denken an den Geruch von einem Mittagessen, das serviert wurde, lange Zeit bevor der Tod über die Welt kam.
[ 28.04.2002, 15:52: Beitrag editiert von: Mathias L. ]