Was ist neu

Beziehung – Mal intensiv, meist oberflächlich

Mitglied
Beitritt
10.07.2002
Beiträge
9
Zuletzt bearbeitet:

Beziehung – Mal intensiv, meist oberflächlich

David hat gerade eben mit ihr telefoniert. Anna heißt sie, seit mehreren Monaten sind sie zusammen. Er hat mit ihr geredet, eigentlich hat er so eine Art Kreuzworträtsel mit ihr gespielt; indem sie ihm Begriffe, Gedankenfetzen hingeworfen hat. Er sollte sie sich dann zusammensetzen. Wie schon so oft, traurigerweise... Ein Puzzle ohne wirklich passende Teile, er kann es drehen und wenden, wie er will, ohne dass das herauskommt, was sie tatsächlich damit gemeint hat, sagen wollte. Er glaubt dann immer nur, was sie damit gemeint haben könnte. Sie ist ihm ein Rätsel, ein Irrgarten, in dem er sich einmal verlaufen hat, immer wieder denkt, herausgefunden zu haben, ohne dass er wirklich am Ausgang ist. Eigentlich möchte er sie loslassen, sich von ihr lösen, doch kann er es nicht, weil sie ihn in gewisser Weise ebenso gefangen hält, unbewusst wahrscheinlich, sie will es vielleicht gar nicht.

Sie lässt ihn mit ihren undurchsichtigen Worten im Dunklen tappen. Er hat so viele ungesagte Worte auf der Zunge, schluckt sie hinunter, glaubt Gefühle immer wieder unterdrücken zu müssen. Er hat Angst, panische Angst, sie zu verletzen, weil sie im Grunde genommen sehr sensibel ist, und sie weiß genau, dass er das weiß. Vielleicht macht es Anna Angst, vielleicht will sie deswegen lieber schweigen. Sie überspielt. David fragt sich; was ist mit ihren Augen, von denen er immer dachte, sie sprächen die Wahrheit? Sie lügen nicht, oder vielleicht doch? Er dachte immer, sie sprächen für sie, weil sie nicht sprechen kann, sie kann auch nicht ausdrücken, oder einfach nur fühlen lassen – fallen lassen. „To fall in love“, wie man in England so schön sagt... Über Gefühle, aber vor Allem über sich selbst und ihre Beziehung haben die beiden bis jetzt ganz selten gesprochen. Probleme werden unter den Tisch gekehrt, existieren nicht, dürfen nicht existieren. Wenn sie sich sehen, ist immer eine Distanz zwischen ihnen. David musste während der Zeit, in der sie jetzt zusammen sind, feststellen, dass seine Anna ihm zunehmend fremder wird. Aber wie kann er dieser Entfremdung Einhalt gebieten? Es erscheint ihm wie ein ungeschriebenes Gesetz zwischen ihnen. Fallen lassen, Freisein verboten? Aber warum? Bedingungslose Liebe, Gefühle muss man nicht erlernen. Oder doch? Das kommt von innen. Wenn Anna einen Anstoß von ihm bekommt, um Zärtlichkeiten und Gefühl zu zeigen, öffnet sie sich kurzzeitig. Aber warum nur dann? "Warum kommt nicht mal etwas von ihr?" fragt er sich, während er langsam seine Hand vom Telefon wegnimmt. Weiß Anna, was Sehnsucht und Zuneigung sind? David ist sich da nicht sicher. Liegt es alles nur an ihm? Selbstzweifel überkommen ihn. Was macht er nur falsch? Er weiß nicht mehr weiter, sie befinden sich in einer Sackgasse. Wo ist der Ausweg, fragt er sich, während er ein Blatt Papier zerknüllt, das ihm als Briefpapier für sie dienen sollte. Sie hätte auf den Brief sowieso nicht reagiert. „Keine Resonanz, keine Reaktion,“ denkt er traurig bei sich.

Meistens lässt Anna ihn das sagen, was sie hören will. David ist hilflos. Er möchte einmal nur SIE erleben, wie sie ohne jegliche Maske ist. Aber er hat so vieles mit seiner blinden Liebe erdrückt, mit seiner Ungeduld erstickt. Jetzt wartet er, bis die Wiese wieder grünt... Wenn sie bloß einmal klarstellen würde, was sie will! Keinen Schlussstrich, - was dann?? Dieses heutige Gespräch hat ihn wie eigentlich fast alle, etwas melancholisch gemacht. Trotzdem fühlt er sich jetzt warm und gereifter, klarsehender, einfach weil er nachdem er sich so viele Gedanken darüber gemacht hat; endlich einmal darüber zu stehen glaubt. Sie ist ihm immer noch wichtig, wird es immer bleiben, aber sie will offenbar gar nicht, dass sie es für ihn ist, sie ist stur und bockig, wie ein kleines Kind, das immer noch nicht dazugelernt hat, dazulernen will.

David sitzt unruhig in seinem Wohnzimmer, er findet nach ihrem Gespräch gerade noch keine Ruhe. Es ist drei Uhr Nachmittags. Zu viele Gedanken kreisen ihm durch den Kopf. Er denkt noch einmal über ihr Telefonat nach. Sie hatten viele Themen. So das Übliche halt. Nichts von Belang. Auch nach Wochen tauschen sie kaum Zärtlichkeiten aus. Es fehlt einfach viel zu viel an Kommunikation, denkt er so bei sich. David hat schon mal das Bedürfnis zu reden, bei Anna ist das vielleicht weniger der Fall, sie kann nicht verbalisieren oder will es vielleicht auch gar nicht. Schweigen erdrückt. Er kommt nicht an sie heran, Gespräche werden sofort abgeblockt. David möchte sie nicht verlieren, er liebt ihre infantile Ader, manchmal ihre Sorglosigkeit, aber auch eine gewisse Hilflosigkeit, mit der sie manchmal durch dieses Leben geht. Sie haben dennoch viele Gemeinsamkeiten. Ihre ganze Art scheint ihn magisch anzuziehen, er weiß selbst nicht genau, warum. Dennoch sieht er sich in vielen Dingen in ihr wieder, wie ein Spiegelbild der Seele. Wenn sie sich ihm bloß einmal öffnen würde. Aber warum lässt er sich auf dieses Abenteuer ein – ihr gemeinsames Abenteuer? Fragen, nichts als Fragen. Die schönsten Geschichten schreibt allerdings immer noch das Leben selbst.

Er entschließt sich an diesem regnerischen, kühlen Nachmittag noch etwas spazieren zu gehen, einfach um den Kopf frei zu bekommen, um Abstand zu gewinnen. Die Straßen liegen menschenleer und verlassen da, wie Pfade der Trübsal. Der Himmel über seiner Kleinstadt weint. Immer wieder Regen. David zieht sich die Kapuze ins Gesicht, geht vorbei an den Vorgärten. Das Laub der Bäume hängt schwer unter der Last der Regentropfen. Achtlos in Pfützen tretend geht er seines Weges, als ihm Anna wieder in den Sinn kommt. Er merkt, dass er nicht von ihr loskommt. Vielleicht geht es ihr ja genauso? Sie freut sich, wenn er bei ihr ist. Sie sehen sich fast jeden Tag und es wird ihnen nie langweilig. Es ist schön bei ihr. Aber da ist irgendetwas zwischen ihnen. Aber was? Küssen verboten? Das tut ihm sehr weh. Er fühlt sich hilflos, wie kann er ihr oder besser ihnen helfen? Immer diese verdammte Sehnsucht. Er will und darf sie zu nichts drängen, muss sich zurückhalten, um sie nicht zu verletzten oder gar zu verlieren. Unbewusst, vielleicht wissen sie beide nicht, warum. Ihre Liebe wird noch wachsen, hofft David insgeheim.
Oft malt er sich während seines Weges Situationen aus, die sie gemeinsam erlebt haben, es gab schöne und unschöne, dennoch auch vieles Erheiterndes. Anna hat keinerlei Vertrauen zu ihm, er aber wird sie niemals verletzen. Im Grunde genommen weiß sie das, aber sie kann es ihm nicht zeigen. David weiß, dass sie schlechte Erfahrungen in ihrer vorherigen Beziehung gemacht hat. „Warum kann sie nicht einfach akzeptieren, dass ich anders bin?“ denkt er traurig, „Ich werde ihr die Zeit lassen, die sie braucht, dafür liebe ich sie.“ Anna verbirgt ihre Ängste hinter einer rauen Schale. David verletzt das, ihr ist das nicht bewusst. Hilflosigkeit macht sich bei David breit, es scheint sich alles im Kreis zu drehen. Aber wo ist der Ausweg?

An einer Weggablung bleibt David stehen. Er schaut zwei Katzen zu, die in einem Vorgarten herumtollen. Ihnen scheint das miese Wetter nichts anzuhaben, sie scheinen ihm einfach glücklich. Er wünscht sich unabhängig und frei zu sein, wie die Tiere es ihm vorleben. Warum macht er sich so viele Gedanken? Während seines langen Spazierganges erreicht er ein altes, verlassenes Fabrikgelände. Die alten Gebäude türmen sich vor ihm auf wie Ruinen, er assoziiert Tod, Vergänglichkeit, Verlassenheit, Vergessenheit und schließlich Einsamkeit. Nichts ist von Dauer, das wird ihm schmerzlich bewusst. Um ihn herum wird es zunehmend nebliger. Sein Weg führt ihn wieder aus dem Gelände, vorbei an Wiesen und Äckern über den Friedhof seiner kleinen Stadt. Ziellos und in Gedanken versunken schlendert David über den Friedhof. Er liest immer wieder Namen auf den Grabsteinen von Menschen die er mehr oder weniger gut gekannt hat. Er macht sich so seine Gedanken. Ist das schon alles, ist das das Leben – wozu? Es ist schwer zu begreifen, all diese Menschen, sie können doch nicht alle so einfach weg sein? Am Grab seiner Großeltern bleibt er stehen. Er erinnert sich sehr gut an sie, an vieles, was sie zusammen erlebt haben. Als Kind war er oft bei ihnen. Er erinnert sich, dass er mit ihnen im Sommer oft zu einem Tretbecken gefahren ist. Er hat sich immer sehr gefreut, auch wenn er bei ihnen übernachtet hat, ja das war immer das Größte. Er bekam von meiner Oma immer leckere Pannkuchen mit viel Zucker. Sie nannte es immer „Schweinchen“ und hat ihm während der Zubereitung Geschichten erzählt.

Sein Name wird irgendwann auch auf einem Grabstein stehen, vielleicht gibt es ja dann auch Menschen wie ihn, die sich dann an ihn erinnern. Vielleicht Anna? Dann, wenn aus ihm nur noch ein Name auf einem Grabstein geworden ist... Er verlässt den Friedhof und hört den Klang jener Kirchturmglocke, die den Menschen die Vergänglichkeit der Zeit vor Augen führt. Er nimmt an einer Weggablung den Weg zurück in die Siedung, wo er wohnt.

Auf dem Rückweg trifft David auf ein kleines Mädchen, das er aus der Nachbarschaft kennt. Es ist die kleine Lena, sie ist vier Jahre alt. Sie sieht ihn mit großen Augen an. "Aber David", sagt sie, „du siehst ja so traurig aus,“ und fast fängt auch sie an zu weinen. „Weißt du, ich bin auch sehr traurig, habe gerade meine Lotte in einem großen Loch verloren. Komm, komm, ich zeig’ es dir.“ Sie zerrt an seinem Arm. Lotte ist eine kleine Puppe, die sie zum Geburtstag bekommen hat. „Da, da, liegt sie!!“ ruft Lena ganz aufgeregt, „sieh doch!!“ David klopft der Kleinen beruhigend auf die Schulter: „Keine Angst, du bekommst sie wieder, ich helfe dir.“ Während David mit einem Stock versucht die Puppe den Rand der Baugrube heraufzuschieben, ruft Lena: „Ja, du schaffst es, du darfst niemals aufgeben, auch wenn es total schwer ist, sagt meine Mama auch immer.“ Und tatsächlich schafft David es, die Puppe wieder heraufzuholen. Lenas Augen leuchten vor Glück, als sie ihre Stoffpuppe wieder in den Händen hält. Vergnügt läuft Lena wieder zurück auf den Spielplatz, um mit den anderen Kindern zu spielen.

„Gib niemals auf“. Diese drei Worte des kleinen Mädchens hat David auf dem Nachhauseweg immer im Ohr. Es ist schon eigenartig, dass gerade eine Vierjährige ihm die Augen geöffnet hat. Nein, er wird Anna nicht aufgeben, da ist er sich sicher. Und er möchte der kleinen Lena danken, aber sie würde es sowieso nicht verstehen...
David weiß nach diesem Spaziergang , dass irgendwie immer was geht in Leben. Auch wenn es manchmal finster und ätzend ist, seine Anna und er kommen da durch. Mit dem Gedanken, dass am Ende eines langen Lebensweges kein konkretes Ziel steht, sondern lediglich der Lebensweg selbst das Ziel darstellt, geht er Abends zu Bett. Morgen wird er sie wiedersehen. Er freut sich wie am ersten Tag darauf, denn jeder Tag ist für sie beide ein Baustein auf ihrem gemeinsamen Weg durch dieses Leben.

...für Nina...

 

Hallo tobi!

Deine Geschichte ist ganz gut geschrieben, zum Inhalt möchte ich aber erst mal nur ein großes "Oje" los werden...
Er tut mir leid, Dein Protagonist. Wenn Du die Gründe dafür wissen willst, sags, ich schreib sie Dir in ein PM. ;)

Einige Stellen solltest Du noch ändern, das kannst Du, indem Du auf den "Bearbeiten"-Button rechts unterhalb Deiner Geschichte klickst:

"Dennoch sieht er sich in vielen Dingen in ihr wieder, wie ein Spiegelbild der Seele. Wenn sie sich ihm bloß einmal öffnen würde. Aber warum lässt er sich auf dieses Abenteuer ein – ihr gemeinsames Abenteuer? Fragen, nichts als Fragen. Dennoch schreibt die schönsten ..."
- Wortwiederholung

"leckere Pannenkuchen"
- bestimmt bäckt auch öfter mal jemand einen Pannenkuchen, aber ich bin sicher, Du meinst den "Pfannkuchen", der bei uns, etwas dünner, Palatschinke heißt?

"Sein Name wird irgendwann auch auf einem Grabstein stehen, vielleicht gibt es ja dann auch Menschen wie er, die sich dann an einen erinnern."
- Der Satz paßt nicht... Müßte heißen: Sein Name wird irgendwann auch auf einem Grabstein stehen, vielleicht gibt es ja dann auch Menschen wie ihn, die sich dann an ihn erinnern.
Dann ist allerdings das "ihn" eine Wortwiederholung - vielleicht kannst Du ihn ganz umbauen?

"Er nimmt an einer Weggablung, den Weg zurück"
- ohne Beistrich (Komma)

"Aber David, sagt sie, „du siehst ja so traurig aus,“ und fast fängt auch sie an zu weinen."
- Bitte auch den ersten Teil der direkten Rede (Aber David) mit Anführungszeichen versehen.

"seine Anna und er kommen dadurch."
- kommen da durch.

Alles liebe,
Susi

 

Hi Tobi

Zuerstmal finde ich diese Beschreibung einer "Unmöglichen" Liebesbeziehung gelungen...Dem "Oje" von Häferl kann ich mich insofern anschliessen, dass es sich für den Protagonisten um eine Partnerschaft mit einer Borderlinerin zu handeln scheint...das ist eine grosse, fast nicht zu bewältigende Aufgabe, innerhalb derer es fast nie Erfolge, dafür aber immer Rückschläge gibt, und das nicht, weil es der Borderlinepartner es nicht wollte, sondern die seelische Grundlage in ihm dafür schlicht nicht gegeben ist ...

Wie dem auch sei, sprachlich gut dargebracht, nur etwas mehr Gliederung innerhalb der Geschichte, sprich: Absätze, hätte ich mir da noch gewünscht.

Vielleicht machst Du das ja noch ??

mfg.
Lord:)

 

Hallo Susi,

danke für deine Auseinandersetzung mit meiner Geschichte. Ich habe betreffende Textstellen noch einmal überarbeitet. Ansonsten freue ich mich auf deine PM!

Hallo Lord,

kann man das Unmögliche wahrmachen? Vielleicht gibt in einem solchen Fall ja auch Hoffnung. Alles kann sich entwickeln! - Vielleicht! Ich habe übrigens auch auf Susis Vorschlag hin noch Absätze eingefügt! Zum besseren Lesen!

Frohe Weihnachten an Euch!!!
Liebe Grüße
Tobi

 

Hallo Tobi!

Fand deine Geschichte sehr interessant - weil der Inhalt mir irgendwie bekannt vorkommt.Unmöglich ist nichts, aber ich denke Altlasten sind schwer in einer Beziehung zu bearbeiten, da sollte "Anna" vielleicht erst einmal selbst klar kommen, beovr sie dem Protagonisten weh tut. Und ich glaube nicht, das sie das wirklich will. Aber wenn auf einmal alles anders ist, Misstrauen aber immer noch alles beherrscht....

Zum Schreibstil: Finde deine Geschichte an manchen Stellen etwas zu langatmig.

liebe Grüße
M.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom