- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 2
Betriebssport
Es ist wieder mal soweit. Ende dieser Woche soll eine gemeinsame „Betriebssport Veranstaltung“ stattfinden. Dieses Mal ist es Fußball. Kollegen von verschiedenen Abteilungen wurden eingeladen an der Veranstaltung teilzunehmen.
Zuerst wollte ich das absagen, ich mag meine Kollegen auch so nicht wirklich, es fehlte mir auch noch, mit denen freiwillig irgendwelche Aktivitäten zu unternehmen. Doch plötzlich ist mir eine geniale Idee in den Sinn gekommen.
Es ist eine ganz tolle Möglichkeit mich an denen zu rächen, die schon immer so gemein zu mir waren. Nachdem ich die Anmeldeliste ausführlich studiert hatte, um herauszufinden, wer tatsächlich nun spielen wollte, habe ich meine eigene Liste erstellt, an wen ich mich alles rächen wollte. Nachdem meine Liste mehrmals überarbeitet wurde, habe ich mit Entsetzen feststellen müssen, dass ich mich an allen Kollegen rächen wollte, bei einigen sogar doppelt. Es wurden sogar Kollegen aufgenommen, die sich nur als Zuschauer angemeldet hatten.
Es war wohl ganz einfach, auf meine „Opferliste“ zu landen.
Die Gründe dafür waren ganz unterschiedlich. Ein Kollege zum Beispiel kam auf die Liste, weil er mich ständig während Besprechungen unterbrach, der andere weil er einen Schnurrbart hatte, noch einer weil er sich ein neues Auto gekauft hatte.
Am meisten hasste ich aber einen Kollegen, der links neben mir saß; wofür ich ihn so hasste, konnte ich mich leider nicht mehr erinnern, das war auch eigentlich nicht so wichtig.
Da ich ein relativ sportlicher junger Mann bin und des Öfteren in meiner Jugend Fußball gespielt hatte, werde ich mit Sicherheit ein gutes Bild abgeben. Zugegeben in der Zeit habe ich vielleicht etwas zugenommen, aber trotzdem mit 1,60 Größe und 95 Kilo Gewicht wird es bestimmt noch möglich sein, den einen oder anderen ansehnlichen Fallrückzieher hin zu bekommen. Abgesehen davon habe ich mir jahrelang Bundesliga Spiele angesehen und wusste ganz genau, wie man richtig Tore schießen kann. Somit müsste ich mir kaum Sorgen machen, mich auf die eine oder andere Weise zu blamieren.
Doch um ganz sicher zu gehen, dass ich bestens vorbereitet bin, habe ich mich entschlossen, mich kurzfristig in Form zu bringen. Einmal um den Block zu laufen dürfte dafür völlig ausreichend sein, dachte ich mir. Als erstes musste ich meine Sportkleidung finden, was sich doch als schwieriger erwies, als ich mir vorgestellt hatte. Nach stundenlanger Suche ist mir eingefallen, dass ich vor ein paar Jahren meine Sportsachen in den Keller gebracht hatte, da ich meine Sportaktivitäten auch ohne Sportbekleidung ausüben konnte.
Zum Glück habe ich tatsächlich dort eine Sporthose und ein T-Shirt finden können.
Ohne lange zu überlegen, habe ich versucht die Sachen anzuziehen. Das gestaltete sich auch nicht so einfach. Nach 20 Minuten ziehen und würgen und Schweiß gebadet, habe ich mich doch noch in meine Sportkleidung reinzwängen können.
Alles saß ganz schön eng, ich konnte mich kaum bewegen und bekam kaum noch Luft, das konnte aber auch daran gelegen haben, dass diese „sportliche Aktivität“ für mich relativ anstrengend gewesen ist. Nach einer kleinen Pause habe versucht, mich in Richtung Ausgang vor zu kämpfen, um mit meinen Laufübungen den anstrengenden Tag zu beenden.
An dem Hauseingang kam mir ein Nachbar entgegen, er blieb stehen schaute mich von oben nach unten ganz entsetzt an und fragte, ob ich vor hätte, im Ballett aufzutreten und wenn ja, sollte ich mir lieber doch ein anderes Hobby zulegen. Ich wollte ihm was witziges antworten, da ich aber mit meinen Luftnot-Problemen zu kämpfen hatte, habe ich mich nur auf kurzes nicken beschränkt, soweit wie mein zu eng sitzendes T-Shirt das zuließ. Nach weiteren paar Schritten, hatte meine Hose dem Druck nicht mehr standgehalten und ich hörte unangenehme zerreiß Geräusche. Einerseits enttäuscht und zugleich erleichtert, dass ich für mich selbst eine gute Ausrede hatte, heute nicht mehr zu laufen zu müssen, habe ich beschlossen am nächsten Tag neue Sportkleidung zu kaufen.
Schließlich setze ich mich auf die Couch, mit einer Tüte Chips und einer Flasche Bier in der Hand, schaltete den Fernseher an und schaute mir „The biggest loser“ bis ich einschlief.
Am nächsten Tag war ich fix und fertig, trotz Muskelschmerzen in allen Körperteilen, machte ich mich auf den Weg zu einem Sportgeschäft, um mir eine neue passende Kleidung zu kaufen. Irgendwann fand ich so ein Geschäft. Mir kam ein sehr sportlicher junger Mann entgegen und fragte mich ganz höflich, ob er mir helfen könne. Ich sagte, dass ich auf der Suche nach Sportbekleidung sei, die zum Fußball spielen geeignet wäre. Er schaute mich an und fragte, welche Größe denn mein Sohn hätte. Als ich ihm antwortete, dass die Kleidung für mich sei, lächelte er; nach einer Pause als er merkte, dass ich gar nicht zurück lächelte, sagte er dann: „Ohh, das war gar kein Witz...“ und mit dem Satz „ein Moment bitte, ich bin gleich wieder da“, verschwand er in einem Nebenraum. Nach einigen Minuten kam er mit einigen Kleidungsstücken aus dem Raum.
Zufrieden mit meinem Kauf, fuhr ich nach Hause, fest entschlossen doch noch etwas zu vor dem großen Tag zu trainieren. Vor Verlassen des Hauses habe ich noch ganz kurz die Fernsehzeitschrift durchgeblättert. Das hätte ich doch lieber nicht machen sollen. Ausgerechnet heute Abend lief im Fernsehen ein sehr spannendes Fußballspiel, worauf ich mich seit Wochen gefreut hatte. Die Entscheidung war nicht so einfach, entweder noch etwas zu laufen oder die neusten Tricks des Fußballspielens sich anzuschauen. Meine Entscheidung war wohl klar...
Endlich war es soweit. Ich wachte früh auf, zog meine neue ultra-moderne Sportkleidung an und machte mich auf den Weg zu der Sporthalle. So aufgeregt war ich noch nie. Die Sporthalle war nicht so weit, sodass ich innerhalb kurzer Zeit dort eintraf. Ich war nicht als Erster da, einige Kollegen waren bereits da und warteten auf den Anpfiff.
Was danach passierte, kann ich mich nicht mehr erinnern, es ist so, als ob der Tag komplett aus meinem Gedächtnis gelöscht worden wäre. Ich stand auf und fuhr zu Arbeit, während der Fahrt versuchte ich mich an irgendwas zu erinnern, vor allem interessierte mich brennend, ob meine Pläne umgesetzt werden konnten. Irgendwann kam ich in mein Büro rein; was mir sofort auffiel, dass es ungewöhnlich leer war, normalerweise ist um diese Zeit viel mehr los, dachte ich mir. Als erster kam mir mein Chef entgegen, irgendwas war heute an ihm anders. Ach ja, heute bewegte er sich viel langsamer und humpelte sehr stark.
„Was ist denn passiert, wo haben Sie sich denn verletzt?“ fragte ich.
„Genau darüber wollte ich mit Ihnen sprechen“ antwortete er etwas genervt.
„Kommen Sie bitte in mein Büro“ fuhr er fort. Er setze sich in seinen Sessel, da ihm Stehen -so wie es aussah- etwas schwer fiel.
"Sagen Sie mal was war gestern mit Ihnen los?", fragte er mich.
"Was meinen Sie genau?"
"Ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass heute kaum einer auf der Arbeit erschienen ist? Und wissen Sie warum?"
"Weil vielleicht heute ein Feiertag ist und Sie und ich habe das vergessen?"
"Nein, leider nicht. Weil fast alle verletzt sind, selbst die, die nicht mal gespielt haben. Und nur aus dem Grund, weil Sie so brutal waren. So kenne ich Sie gar nicht."
"Brutal?!...Sie sagten doch man muss immer alles geben."
"Ja das stimmt, das habe ich gesagt, das haben Sie wörtlich genommen; die ersten Kollegen wurden von Ihnen verletzt, noch bevor sie die Umkleidekabine verlassen konnten."
"Man muss sich ja irgendwie warm machen."
"Indem man in einem Kollegen rein grätscht, der noch unter der Dusche steht???"
"Da wollte ich nur schauen, ob meine Schuhe richtig zugebunden waren."
"Was Sie auf dem Spielfeld veranstaltet haben, darüber würde ich am liebsten gar nicht reden."
"Ich habe doch Ihnen gesagt, dass ich ein sehr guter Spieler bin. Und viele Tore schießen werde."
Er schaute mich ganz verwirrt an und sagte:
"Was meinen Sie damit? Sie mussten schon nach Luft schnappen, bevor das Spiel überhaupt anfing. Die einzigen Tore von Ihnen, waren Eigentore und nur weil Sie versucht haben, den eigenen Torwart zu treffen. Unser Bereichsleiter war auch nicht sehr begeistert, dass Sie die ganze Zeit versuchten, ihn und seine Frau mit dem Ball zu treffen. Was Ihnen auch tatsächlich gelungen ist, sie haben ihn mit dem Ball getroffen und seine Frau mit Ihrem Schuh auf den Kopf, dabei saßen die beide nur auf der Tribüne."
"Und warum sind Sie verletzt, das war wohl nicht ich, oder?"
"Leider schon, Sie haben mich nach dem Spiel mit Ihren Auto verfolgt, so dass ich mit
dem Fahrrad gegen einen Baum gefahren bin."
Nach einer Pause sagte er dann:
"Reißen Sie sich zusammen! Nächste Woche haben wir „American football“ im Programm, so etwas möchte ich nicht noch mal erleben..."