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Betrachtungsweise

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30.12.2002
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Betrachtungsweise

Sehen Sie die Blutspur? Sie führt sowohl zum Täter als auch zum Opfer.
Es kommt immer auf die Betrachtungsweise an. Oben ist oben, aber nur,
solange Sie nicht auf dem Kopf stehen. Heben Sie gar die Schwerkraft auf,
verschwinden auch noch Links und Rechts, Hinten und Vorne.
Groß und Klein? Es
kommt auf die Größe des Individuums an, welches Groß oder Klein beurteilen soll. Ist
es sehr groß, ist Groß klein. Ist es eher klein, ist Klein groß und Groß ist weg, weil es zu
groß ist, um gesehen zu werden. Und darum ist Groß manchmal winzig klein, ja nahezu
unsichtbar, weil es zu groß ist, um vom Kleinen wahrgenommen zu werden. Das
bedeutet wiederum, Oben ist Unten, Gut ist Böse, Arm ist Reich, Links ist Rechts . . .
Merken Sie etwas? Die Welt ist verkehrt. Nichts ist so, wie es scheint, es bleibt alles
anders. Regeln sind da, um gebrochen zu werden, wir brauchen ein ganzes, langes
Leben - nur um zu sterben. Zum Sterben sind wir da, zu nichts anderem, das ist unsere
Bestimmung in dieser falschen Welt. Also, sehen Sie sich die Blutspur an, sie führt zum
Opfer und zum Täter, wählen Sie Ihren eigenen Weg, und fallen Sie nicht nach oben,
dann könnte auffallen, dass Sie alles durchschaut haben. Und das wird nicht geduldet,
weil der Mensch an sich dumm zu sein hat! Denken ist nicht erwünscht, das war schon
immer so und wird auch so bleiben, bis die Erde sich mit einem zweiten Urknall in die
Atmosphäre schleudert, zerfallend in blau leuchtenden Staub ungeahnten Ausmaßes,
aus dem dann vielleicht einmal etwas Richtiges entsteht, später, wenn die Narben, die
die Menschheit in den Kosmos geschlagen hat, verblasst sind.
Solange orientieren Sie sich bitte an der Blutspur, und ich rate Ihnen, verstoßen Sie
weiterhin gegen die Regeln, sonst verarmen Sie an Geist und Seele, auf dem Weg zum
Tod!

 

Moin Barkai.

Jo... ganz amüsant.
Schönes Gedankenspiel.
Die Darreichungsform ist allerdings gewöhnungsbedürftig.
Was stört: Der Mensch konnte dem KOSMOS keine Narben zufügen... nur dem Planeten... und wenn der Explodiert, dann verteilt er sich nicht in die Atmosphäre, sondern ins All... ansonsten find ichs ganz ok.

mfg. Lord

 

Hallo barkai,

ob es sich bei Deinem Text um eine Geschichte handelt, will ich nicht weiter diskutieren. Die Idee an sich, die Darstellung von Subjektivität und deren Anwendung auf Erkenntnis hat mir schon gefallen.
Am Anfang stört mich das „und umgekehrt“, es ist eigentlich in „sowohl“ enthalten, außerdem „heben sie die Schwerelosigkeit auf“ - wahrscheinlich ist die Schwerkraft gemeint. „Groß“ ist eigentlich nicht weg - gut, es ist halt nicht in seiner Gesamtheit zu sehen.
„Regeln sind da, um gebrochen zu werden“ – das wird oft gesagt (als Legitimation von vielen Verhaltensweisen), man muß aber bedenken, daß diese Feststellung über Regeln auch auf die Regel selbst angewandt werden kann.
Am Schluß wird vor dem Auffallen gewarnt (welches durch Denken hervorgerufen werden kann), aber dann zum Bruch von Regeln aufgerufen, was ja denken voraussetzt.
Die Warnung nicht an „Geist“ und „Seele“ zu verarmen (trotz der Todesgewißheit) halte ich für eine treffende und wichtige Aussage.

Alles Gute,

tschüß

 

Vielen Dank für die Kritiken, ich habe auch sofort einiges angenommen und geändert.
Ich wünsche euch ein gutes, neues Jahr und weiterhin viel Spass auf diesen KG-Seiten.
Barkai

 

Hallo Barbara,

Du hast sehr deutlich geschildert, wie sehr es im Leben immer auf den jeweiligen Standpunkt ankommt. Das war interessant zu lesen, obwohl ich zu Anfang etwas Probleme mit den unterschiedlichen Zeilenenden hatte.
Ziemlich lange habe ich gerätselt, ob es eine tiefere Bedeutung hat, dass die fünfte Zeile nur vier Worte enthält. Ich fand keine Lösung, da gab ich auf.

Anders als Woltochinon möchte ich aber doch eine Bemerkung zu der Frage machen, ob Dein Text eine Kurzgeschichte ist. Ich halte sie eher für eine Art Kolumne, Glosse oder eine ganz kurze Abhandlung, aber eine Kurzgeschichte im engen Sinn ist es wohl nicht.... :)

Nichts für ungut und liebe Grüße
Barbara

 

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