Was ist neu

Besuch

Mitglied
Beitritt
15.05.2013
Beiträge
12
Zuletzt bearbeitet:

Besuch

Besuch ist erwünscht

„Vera!“ Aus den Augenwinkeln sieht sie ihn auf sich zu eilen. Er schlägt den Kragen seines Mantels hoch, als würde ihn frösteln. Dabei ist es gar nicht kalt. Es scheint sogar die Sonne.
„Vera, ich bin’s doch!“ Sie runzelt die Stirn. Jetzt lacht er. Gequält.
„Was ist denn so lustig?“ Sie sieht ihn fragend an.
Er hört auf. Jetzt sieht er ernst aus. “Nichts. Nichts ist lustig.“ Sie sieht sein Unbehagen.
„Aber du hast doch gelacht?“ Sie wird unsicher. Auf einmal ist er es, der die Stirn runzelt.
„Vera, ich will nicht, dass du so etwas machst.“
Sie zuckt zusammen. „Ja, klar.“
„Vera?“
„Geh weg.“ Sie schaut auf ihre Füße.
„Vera, das ist wichtig.“
„Ich weiß nicht…“
„Ja. Du weißt es nie.“ Das hört sich vorwurfsvoll an. Unerträglich. Sie will weg.
„Vera. Vera, bleib hier.“ Sie dreht sich um. Bleibt stehen. Wie immer ganz die brave kleine Schwester.
„Ich will aber weg.“ Ein schwaches Argument. Das lässt er ihr nicht gelten. Sie weiß es.
„Nein. Das hatten wir schon einmal. Du darfst nicht weg.“ Er sieht gar nicht ärgerlich aus. Letztes Mal sah er ärgerlich aus.
„Es geht nicht, dass ich jede Woche herkommen muss, weil du wieder weggelaufen bist.“ Er sieht vorwurfsvoll aus.
„Es tut mir leid.“
„Es tut dir leid?“
„Ja.“ Sie blinzelt. „Ich will dir nicht zur Last fallen.“
„Ich weiß, Vera.“
Sie schweigt. Sie weiß, dass sie ihm zur Last fällt.
„Wir müssen zurück. Sie machen sich bestimmt schon Sorgen.“
„Bestimmt.“
Er seufzt. „Ach, Vera.“
Sie steigt in sein Auto und er fährt los. Er scheint es eilig zu haben. Es ist nicht mehr weit. Wenn sie jetzt nichts sagt, dann wird sie es wieder nicht sagen. Dann wird er wieder gehen. Ohne ein Wort.
„Weißt du, du kommst sonst nie. Du kommst nie, nur wenn ich weglaufe.“ Sie linst zu ihm herüber.
Jetzt sieht er wütend aus. „Ich sorge für dich. Weißt du das nicht? Dein Heim kostet viel Geld, weißt du?“
Sie zieht die Schultern hoch. „Doch.“ Flüstert sie. „Doch, das weiß ich.“
Er schweigt.
„Wenn ich nicht mehr weglaufe, wenn ich dort bleibe, kommst du mich dann bald besuchen?“ Ihre Finger zeichnen Luftschlösser in den Himmel. Er blickt kurz zu ihr herüber.
„Natürlich, Vera. Natürlich komme ich.“ Er fühlt sich unwohl.
„Und du kommst auch ganz bestimmt? Bitte. Bitte, komm wieder, Matty“ Sie wünscht es sich so sehr. Sie fühlt sich so alleine.
Er sieht sie an. Als sie ihn das letzte Mal beim Namen nannte, standen sie am Grab ihrer beider Eltern. Damals waren sie noch jung. „Matty “, hatte sie gesagt. „Matty, was machen wir jetzt?“ Für sie war immer klar gewesen, dass sie zusammen bleiben würden.
„Versprochen, Vera. Ich komme dich besuchen.“ Er sieht, wie sie strahlt. Er sieht, wie sehr sie es sich wünscht.
Außer ihm hat sie niemanden mehr. Aber so ist das mit dem alt werden. Die Freunde sterben. Eigentlich ist es ein Wunder, dass er noch lebt. Schließlich ist er der Ältere. Sie weiß, dass sie Glück hat mit ihm. Dass er es sich leisten kann, ihr das Altenheim zu zahlen. Obwohl sie es hasst. Das Altenheim. Damals hatte er gemeint, dass es eine gute Lösung wäre, dass es vieles einfacher machen würde. Und sie hatte ihm geglaubt. Jetzt kam er sie nicht mal mehr zu Weihnachten besuchen. Die Familie, meint er immer, die möchte das nicht. Klar, so ist das eben. Das kann sie verstehen. Welche Familie möchte Weihnachten schon im Altenheim verbringen. Trotzdem. Sie würde sie schon gern mal kennenlernen, die Familie.
„Komm.“ Er steigt aus dem Auto. Die weiße Fassade des Altenheims verdeckt die Sonne als sie näher kommen. Ein Pfleger öffnet die Tür. Im Zimmer angelangt, schauen sie sich an. Die Stille hängt wie ein Damoklesschwert über ihnen.
Er dreht sich um.
Sie hebt die Hand. Zaghaft.
Er geht.
Er wird nicht wieder kommen.

 

Hallo Jascha und herzlich Willkommen hier auf kg.de,

dein Text ist sehr dünn. Die Handlung ist auf einen Satz zu komprimieren:
Vera läuft aus dem Heim weg, damit Matty auf Besuch kommt.
Leider erfährt man überhaupt nichts von den Protagonisten, so dass man mit einem Schulterzucken zurückbleibt.

Ich schmeiße mal ein paar Fragen in den Raum, die du mir beantworten kannst, indem du die Antworten im Text verarbeitest, dann wird es vielleicht auch eine Kurzgeschichte. Die haben wir in der Form meiner Ansicht nach noch nicht so wirklich, das ist mehr ein Fragment. Ich denke, du wirst es auch nicht schaffen, nur durch Dialog diese komplexen Zusammenhänge aufzuzeigen, ohne dass es gestellt wirken würde.

- Warum ist Vera im Heim?
- Was für ein Heim ist das?
- Wie alt ist sie ungefähr?
- Wer ist Matty?
- Wer bezahlt das Heim?
- Warum bekommt Vera auch von niemand anderem Besuch?

Das sind mal die für mich wichtigsten Fragen.

Dann mal ran :).

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo, Jascha,

auch von mir ein Willkommen in der Gruppe der Schreibenden. Ist gut, dass Du das machst.
Dein Text ist sehr wortkarg. Hat beinahe etwas von einem Drehbuch.
Die beiden Personen leiden unter "Sprachlosigkeit" und Kommunikationshemmung und bleiben damit auf ihren Gefühle "sitzen". Das kommt schon rüber.
Sicher müsste man die Situation anreichern, dem Leser verständlicher machen, veranschaulichen.
Allerdings denke ich mir auch, dass so die Wirklichkeit bei manchen Menschen aussieht.
Schreiben, das ist das Schöne und Schwierige daran, zwingt einen, diese realistische Darstellung zu durchdenken, um einen tieferen Einblick in solche Menschen und ihre Situation zu bekommen. Das ist ein schönes Abenteuer.
Geh diesen Weg, es lohnt sich. Wie kann man das Schreiben lernen? Schreiben, schreiben, schreiben.
"Ohne zu schreiben, kann man nicht denken, jedenfalls nicht in anspruchsvoller, anschlussfähiger Weise."
(Niklas Luhmann, berühmter Soziologe)
Also, auf den Weg!
Herzliche Grüße
Wilhelm

 

Meine Vorredner haben ja schon Kritik geübt.

So erlaube ich es mir, einfach mal das Positive zu nennen:

Ich finde du hast da eine Situation sehr schön und eindrucksvoll mit Worten gemalt. Ich konnte mich in den Moment reinfühlen. Also ein Ansatz ist nicht zu leugnen, du kannst was :)

es (be)grüßt Dich, Eine wie Alaska

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kritiker,

zunächst einmal möchte ich mich für die Kritik bedanken, auch wenn diese wohl nicht ganz so positiv ausgefallen ist, wie ich gehofft hatte. Aber hier geht es ja auch nicht nur darum, sich gegenseitig Honig um den Mund zu schmieren, sondern darum, sich zu verbessern.
Das war mein erster Text und ich denke, dass ich es schaffen werde, mich noch zu verbessern. Denn wie Wilhelm Berliner geschrieben hat: Schreiben lernt man durchs schreiben.

@ Eine wie Alaska:

Danke für das Lob. :) Es hat mich schon ein wenig demotiviert, das in den ersten beiden Kritiken nur schlechte Dinge standen.


Mit freundlichen Grüßen,
Jascha

 

Es hat mich schon ein wenig demotiviert, das in den ersten beiden Kritiken nur schlechte Dinge standen.

ach komm, Jascha, wir haben doch konstruktive Kritik geäußert. Schlechte Dinge standen da sicher nicht, nur verbesserungswürdige ;).

 

Hallo Jascha,
auch ich mag meinen Senf mal beitragen zu deiner Geschichte.
Aber zunächst mal: Herzlich Willkommen hier.
Und: Der Anfang ist oft nicht ganz leicht, aber spring über deinen Schatten, du wirst merken, dass die Schreiberei viel Spaß macht, auch wenn man Kritik einstecken muss, aber sieh es mal so, Lob bringt einen ein Stück weiter, weil man weiß, was man gut gemacht hat. Wenn man aber am Anfang (oder schon zehn Jahre geschrieben hat) macht man halt auch viel falsch. Und da ist es viel viel wichtiger, die Punkte genannt zu bekommen, die noch nicht gut sind. Man tritt sonst auf der Stelle.

Du wirst mich hassen, aber ich kann das, was bernadette und Wilhelm geschrieben haben, leider nur unterstreichen.
Ich les deine Dialoge, krieg auch ein Gefühl dafür, was du ausdrücken willst, Vera scheint nur durch Erpressung (Drohung mit dem Weglaufen) ein wenig Zuwendung zu erhalten, aber sie merkt das selbst und leidet darunter, dass sie gleichzeitig weiß, dass es nicht funktioniert. Da wird einem schon kalt.
Spüren tut man das also schon in deiner Geschichte. Und gleichzeitig dringt man als Leser wirklich nicht genug durch zu Vera und Matty. Man weiß und erfährt gar nichts über die beiden Figuren. Ich wüsste noch nicht mal, was die beiden überhaupt miteinander zu tun haben. Was löst die Situation in Vera aus, wie ist sie eigentlich dahin gekommen, sich so zu verhalten. Du musst ja nicht ihre ganze Lebensgeschichte erzählen. Aber der Leser bleibt so doch sehr unversorgt.
Das liegt daran, dass du dich nur auf die Dialoge verlässt. Da müssen diese Gespräche alles an Beziehung zeigen, was die beiden verbindet. Und das ist schon ganz schön schwer für den Anfang.
Ich würde dir und uns wünschen, dass du ein Mehr aus deiner Geschichte machst, denn die Art, wie du dich an die Dialoge herangewagt hast, das zeigt Mut und die Chuzpe, die Situation zeigen zu wollen und nicht einfach nur zu berichten, was ja keine Selbstverständlichkeit ist.
Ein Tipp noch am Rande: Geh mal los und lausch mal, ob die Leute so oft den Namen des Gesprächspartners verwenden, wenn sie miteinander sprechen. Ich hab von den Schreibkollegen hier mal den Tipp gekriegt, dass das künstlich wirkt. Ich hab es dann selbst mal überprüft. Und wirklich, die Leute reden nicht so. In deinen Dialogen fällt mir das Anredelastige ziemlich stark auf, da würde ich auf jeden Fall schon mal rangehen und einige Veras aus dem Text schnicken. Mir ist auch oft gar nicht klar gewesen, obwohl das nur zwei Leute sind, wer da jetzt gerade am Sprechen ist. Auch das könntest du verdeutlichen.
Ein bisserl liegt das auch an deiner Formatierung. Auch da würd ich rangehen.
Außerdem würde ich mir einen Raum/Ort überlegen, wo die beiden eigentlich sind, würde diesen Ort greifbar machen. Und dann würde ich mich ganz fest in Vera hineinversetzen und mir klar machen, was sie bewegt. Wie sie aussieht, welche Hobbies sie hat, wie sie spricht und was sie von sonstwas hält. Selbst wenn du dann nur ein Zehntel von dem in die Geschichte einbringst, was du dir alles zu ihr gedacht hast, wird die Person Vera ein größeres Eigenleben entwickeln.
Ja, mal so viel zu deiner Geschichte.

Noch ein kleiner Rat dazu:

Es hat mich schon ein wenig demotiviert, das in den ersten beiden Kritiken nur schlechte Dinge standen.
Ich weiß, dass es manchmal sehr schwer ist, mit Kritik umzugehen. Glaub mir, keiner freut sich, wenn eine Geschichte nicht gut wird und die anderen sagen einem das. Aber denk mal weiter! Wer sagt dir schon so klar und deutlich, was falsch läuft? Das tut heute so leicht keiner mehr. Überall regiert Heuchelei und diese blöde Mitarbeitergesprächsführungsvorschrift: Immer erst was Positives, dann das Negative. Mensch, wenn man das einmal durchschaut hat, dann glaubt man das Positive doch sowieso nicht mehr, weil diese moralische Vorschrift ja auch gar nicht ehrlich gemeint ist.
Und in bernadettes und Wilhelms Fall waren die Kommentare sehr liebevoll und zugewandt und im besten Sinne konstruktiv.
Ich halte solch eine Art von Kritik für ein echtes Geschenk.
Ich würd mich da an deiner Stelle zu den Kommentaren ganz anders stellen. Erstens: nichts persönlich nehmen. Die Geschichte ist gemeint. Nicht du als Mensch. Zweitens: Sahn ab von den Kritiken, was geht. Die finden einen wunden Punkt? Frag nach, lass dir erklären, was du nicht verstehst. Setz um, was dir einleuchtet. Und hol für dich aus den Kommentaren raus, was geht. Wozu sonst bist du hier, wenn nicht wegen deines Hobbies?
Das war mein erster Text und ich denke, dass ich es schaffen werde, mich noch zu verbessern.
Da bin ich mir sicher. Liebe Jascha, ich wünsch dir hier eine Menge Spaß.
Viele Grüße von Novak

 

Hallo Jascha,

vielleicht habe ich zu neutral geschrieben, aber es war in meiner Kritik viel Positives.

Dein Text ist sehr wortkarg.
Das ist eine Feststellung, die richtig ist, einfach nur ein Fakt. Gerade wortkarge Texte sind gefühlsintensiv. Diese Intensität muss auf den Leser überspringen.
Hat beinahe etwas von einem Drehbuch.
Auch das ist nichts Negatives, sogar eher positiv. Stell Dir vor, welche Leistungen Schauspieler bringen müssten, wenn sie diesen Dialog aufführten. Genau das müsstest Du als Schriftstellerin machen. Der Dialog ist schon gut.

Die beiden Personen leiden unter "Sprachlosigkeit" und Kommunikationshemmung und bleiben damit auf ihren Gefühlen "sitzen". Das kommt schon rüber.
Das ist doch sicher ein Lob. Dies scheint ja Dein Grundanliegen zu sein. Du hast Erfahrungen damit gemacht und willst sie darstellen: Du hast etwas zu sagen. Das spürt man. Dann sag es!

Sicher müsste man die Situation anreichern, dem Leser verständlicher machen, veranschaulichen.
Dies ist ein Hinweis auf eine Verbesserungsmöglichkeit (s. o.).

Allerdings denke ich mir auch, dass so die Wirklichkeit bei manchen Menschen aussieht.
Auch das schätzt den Text ja positiv ein: Gerade dies hast Du aus der Realität gut erfasst. Aber Literatur ist nicht wörtliche Übernahme der Realität, sondern eine Bearbeitung und Verarbeitung von dieser zu bestimmten Zwecken.
Für eine erste Übung hast du sehr gute Rückmeldungen bekommen, die Dich ermutigen sollten, weiter zu schreiben.
Viele Ratschläge möchte man Dir geben.
Vielleicht nur einen; Schreibe eine Biografie der beiden Figuren.
Bleib dabei!
Herzliche Grüße
Wilhelm
schreibenschreibenschreiben

 

Servus Jascha,

ich find’s toll, wie ambitioniert du deinen Text überarbeitet hast. Ich hab auch die Erstfassung gelesen, die ging aber, muss ich sagen, ohne großen Eindruck zu hinterlassen an mir vorüber, die war mir zu nebulös, da stand zu viel ausschließlich zwischen den Zeilen, bzw. blieb in deinem Kopf.
So gefällt mir das jetzt viel besser. Mit nur ein paar Sätzen mehr gelingt es dir, die Figuren so zu charakterisieren, dass ich sie mir vorstellen kann.

Diese zwei kurzen Sätze gleich zu Beginn z.B. finde ich klasse:

Er schlägt den Kragen seines Mantels hoch, so als würde ihn frösteln. Dabei ist es gar nicht kalt.
Damit kannst du mir schon mal ganz viel von der Situation und dem Mann vermitteln.
(das so braucht‘s für mein Gefühl hier nicht, der Satz klänge auch rhytmischer, wenn du es weglässt)

Überhaupt komme ich mit deinem Stil recht gut zurande, diese kurzen, zum Teil elliptischen Sätze passen sehr gut zur Geschichte, finde ich, sie unterstreichen gewissermaßen die Sprachlosigkeit, die zwischen den beiden alten Geschwistern herrscht.
Deinem Profil nach bist du noch sehr jung, umso erstaunlicher finde ich es, wie eindringlich du von der Vereinsamung im Alter zu erzählen verstehst. Ja, mich konntest du mit deiner Geschichte wirklich berühren.

Ich bin gespannt auf weitere Sachen von dir.

offshore

 

Hallo Jascha,

ich kann mich ernst offhore nur anschließen. Die Frische Deines Stils gefällt mir, ist modern und realitätsnah. Er passt auch zu der Unbarmherzigkeit des Inhalts. Schön, dass Du Dich nicht hast entmutigen lassen. So freue ich mich auf Dein nächstes Angebot.
Herzliche Grüße
Wilhelm

 

Hallo Jascha,

das finde ich klasse, dass du dich so mit der Geschichte auseinandergesetzt hast. Oft ist es auch so, dass neue Mitglieder einen Text posten, sich einige dazu äußern und manchmal nicht wenig Zeit in einen Kommentar stecken - und nichts passiert. Anders du. Dann hat man auch Lust dazu, noch weiter an dem Text zu feilen.
Also: Was du hier geändert hast, verbessert die Geschichte um vieles. Aber trotzdem gibt es noch einige Punkte, die ich gerne ansprechen würde, damit sie noch besser werden könnte. Du hast dir eine Thematik ausgesucht, in der du wahrscheinlich nicht ganz daheim bist wie z.B. bei einem Thema, was Jugendliche umtreibt, so wie Liebeskummer, Alkoholprobleme, Stress mit den Eltern oder so.

Mir wird in der Anfangssituation nicht klar, wo Matty Vera trifft. Ist das dann immer am gleichen Ort, an den sie geht, wenn sie ausbüchst?

Das lässt mich denken, ich hätte es mit einer Minderjähringe zu tun, denn:
Wenn Vera, wie es später aufgelöst wird, schon eine alte Dame ist, dann wird sie nicht gleich die Woche drauf die Möglichkeit haben, abzuhauen. Das fand ich dann ganz komisch, als mir klar wurde, dass Vera eine alte Frau sein soll.
Die würden sie dann im Heim so "verwahren", dass das nicht mehr so schnell und auch öfters passieren kann.
Wäre das ein Kind, wäre es für meine Begriffe einfacher zu verstehen, dass es abhauen könnte. Es muss ja in die Schule, zum Sport oder so.

Also an der Szene würde ich noch überlegen, ob die so stattfinden kann. Oder du musst sie mir plausibler machen, wieso Matty da immer wieder hin muss. Denn er ist eigentlich nicht dafür verantwortlich, dass Vera wieder ins Heim zurück kommt.

Also: Du schilderst es so, als müsste Matty Vera von einem bestimmten Ort abholen. Den würden aber die Pfleger beim zweiten Mal auch kennen und selber erst nachsehen - denn der Matty zahlt ja viel Geld dafür, dass Vera gut untergebracht ist, das bedeutet auch, dass das Heim die Verantwortung hat.

Dann kommt noch eine Szene, die ich nicht einordnen kann:

Er sieht sie an. Als sie ihn das letzte Mal beim Namen nannte, standen sie am Grab ihrer beider Eltern. Damals waren sie noch jung. „Matty “, hatte sie gesagt. „Matty, was machen wir jetzt?“ Für sie war immer klar gewesen, dass sie zusammen bleiben würden.
Überleg mal: Vera und Matty müssen doch mindestens über 70 sein. Und als sie jung waren, also das müssen mindestens 50 Jahre her sein, hat sie ihn zum letzten Mal beim Namen genannt?

Nun noch ein paar Details

„Vera, ich will nicht, dass du so etwas machst.“

Vera hat das ja schon zum zweiten Mal getrieben, dann kann das auch so ausgedrückt werden, vielleicht wie: Jetzt reichts mal, ich habe keine Lust, jedesmal hier aufzutauchen ...

„Vera. Vera, bleib hier.“ Sie dreht sich um. Bleibt stehen. Wie immer ganz die brave kleine Schwester.
Das ist gut, da erfährt man nebenbei, wie die zwei zueinander stehen.


Nein. Das hatten wir schon einmal. Du darfst nicht weg.“ Er sieht gar nicht ärgerlich aus. Letztes Mal sah er ärgerlich aus.
Das ist eine Wiederholung, die du vermeiden kannst, indem du z.B. verkürzt:
Er sieht gar nicht ärgerlich aus, anders als beim letzten Mal.

Sie würde sie schon gern mal kennenlernen, die Familie.

Das finde ich sehr weit hergeholt, wenn sie das ganze Leben lang die Familie nicht kennenlernen konnte. Die Ehefrau könnte ja einfach ein Drachen sein und die Schwester nicht mögen, egal wieso, das wäre, finde ich, glaubwürdiger.

Vielleicht kannst du meine Gedanken nachvollziehen und inhaltlich noch mal was nachlegen. Es würde sich lohnen, finde ich.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Kritiker,

Danke für die positive Rückmeldung. :)

@ bernadette:

Danke für die Kritik, an manche Aspekte hatte ich gar nicht gedacht.

Wenn Vera, wie es später aufgelöst wird, schon eine alte Dame ist, dann wird sie nicht gleich die Woche drauf die Möglichkeit haben, abzuhauen. Das fand ich dann ganz komisch, als mir klar wurde, dass Vera eine alte Frau sein soll.
Die würden sie dann im Heim so "verwahren", dass das nicht mehr so schnell und auch öfters passieren kann.

Da muss ich mich wohl auf jeden Fall noch mal dran setzten.

Damals waren sie noch jung.

Diese Aussage ist aus der Sicht von Matty gemeint. Für ihn heißt jung sein nicht Kind zu sein, sondern einfach noch in der Blüte seines Lebens zu stehen. Also so um die vierzig.

Ich werde mir über die KG auf jeden Fall noch mal Gedanken machen.

Liebe Grüße,
Jascha

 

Hallo Morphin,

danke für die Kritik. Ich habe sie gern gelesen. :)

Grüße,
Jascha

 

Uppsala –
das ist die ungewöhnlichste und komprimitierteste Ausreißergeschichte, die ich seit Tom Sawyer und Huckleberry Finn gelesen hab, nur, dass das eben junge Burschen waren und hier – soll der jeder selbst lesen von Vera und Matty, ihrem Bruder. Da hätte mancher den Weg zur Pointe nahezu endlos ausgewalzt, dass ich mit dem Wissen um Deinen Zweitling staune, wie Du Dich in andere Generationen hineinversetzen kannst und auf den Punkt kommst,

liebe Jascha,

und selbst, wenn Du die Namen nicht bewusst ausgewählt hast, schon die Wahl des Namens der Hauptperson – Vera, d. i. der Glaube i. S. von Vertrauen – ist bezeichnend, dass der Freiheitsdrang niemals versiegt, außer man wird selbst besiegt und das Herz oder auch nur das Rückgrat wird gebrochen.

Einmal widerfährt Dir ein kleiner Schnitzer in der Zeichensetzung (kann selbst mir altem Sack passieren)

Die weiße Fassade des Altenheims verdeckt die Sonne als sie näher kommen.
Besser mit Komma vorm „als“, da die vergleichende Konjunktion „als“ einen Nebensatz einleitet. Dass es ein vollständiger Satz ist, kannstu durch eine winzige Umstellung erkennen (ich vergleich’s gerne mit dem Möbelrücken im Wohnzimmer), weil der Nebensatz vollständig ist und tatsächlich für sich stehen könnte und die Rollen vertauschte. Das sähe dann so aus:
„Sie kommen näher, als die Sonne die weiße Fassade des …“

Aber ich muss auch noch mal auf die Bevorzugung von Aussagesätzen – wie an der o. g. Stelle – zurückkommen:

Ist

„Geh weg …“
nicht eher ein Wunsch, wenn nicht schon ein Befehl? Schon die Form zeigt den Imperativ an, wie auch beim
„Ich will aber weg.“
oder auch ein
„Komm.“

Das wär’s einstweilen vom

Friedel,
der neugierig auf Dein drittes Werk ist!

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom