Mitglied
- Beitritt
- 05.07.2003
- Beiträge
- 10
Berufs - un - wunsch
Keine Erholung!
Erholung ist etwas, dass nur Kinder und Erwachsene kennen. Aber keiner von ihnen denkt mal an meine Erholung.
Sie fordern nur. Alles wollen sie haben. So billig wie möglich, so einfach wie möglich und mit dem wenigsten Aufwand, den sie aufbringen müssen.
Wenn ich ihre Briefe bekomme, dann habe ich gar keine Lust mehr sie zu lesen. Diese Abkürzungen, ständigen Wortkürzel, Idiome und Anglizismen, wie man sie heutzutage ja nennt. Das macht mich wahnsinnig!
Wissen die eigentlich, wie alt ich bin? Können die sich auch nur im Geringsten vorstellen, was für Schwierigkeiten das alles mit sich bringt?
Ich muss nicht nur auf ihre Wünsche eingehen, sondern auch ständig auf der Höhe sein, was die eigentlich meinen. Wie soll ich denn ihre blöden Sprachveränderungen so schnell verstehen können? Jedes Jahr Neue, Andersartige!
Heißt dasselbe Ding in dem einen Jahr so, wird es im nächsten Jahr schon wieder völlig anders genannt, weil irgendein Idiot… Nein, ich bleibe ruhig und tue meine Arbeit, so wie ich sie immer tue. Ich werde sorgfältig sein, auf alle Wünsche eingehen und mich 355 Tage lang im Jahr mit diesen widerwärtigen Übersetzungen ihrer Wortneuschöpfungen abquälen. Um dann innerhalb der restlichen zehn Tage meine Arbeit verrichten zu können.
Es ist ja nicht so, dass ich nur eine Familie erfreuen muss. Nein, es ist so, dass ich die GANZE WELT erfreuen muss! Als ob dies in irgendeiner Weise von Interesse wäre!
Mir geht es wirklich schlecht. Und das schlimmste ist, ich bin ALLEIN! Millionen von Kinder, die darauf warten, dass ich auch alles richtig mache.
Und wenn ich dann immer diese Stimmen der Erwachsenen höre. „Na ich will ja nichts mehr.", "Irgendwann ist man doch zu alt für so was…“ (ein gönnerhaftes Lächeln) „Wenn man in einem gewissen Alter… blabla, erwartet man keine…blabla, das kostet ja auch so viel…blabla, nur für die Kinder reicht ja auch…
Arrrgh! Und ICH habe die Arbeit! Ich könnte schreien, wenn ich diese „geflügelten Worte“ der Erwachsenen höre! Ich weiß ganz genau, dass sie gerade, weil sie Erwachsene sind, sich etwas von mir wünschen. Ja, ja!
Das Schlimmste ist, dass sie mir nicht mal mehr heimlich Briefe schreiben. Angeblich macht ein Erwachsener so etwas nicht mehr. Also muss ich mich auch noch (habe ja nicht genug zu tun!) in eine mentale Lage versetzen, um ihre Wünsche aus ihren Gedanken herauszukitzeln.
Wenn die sich einbilden, dass ich den Braten nicht rieche, dann setzen sie auf die falsche Fährte!
Ich weiß, in einer speziellen Weise haben alle Menschen ein hartes Leben. Sie müssen alle hart arbeiten und die Schule ist für die Kinder auch kein Zuckerschlecken. Und dann die, die mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben, Jene, die mit Asozialität zu kämpfen haben, Solche, die mit Obdachlosigkeit zu kämpfen haben, sind am Schwersten dran. Wobei die Letzteren die einzigen Dankbaren sind, die erwarten nämlich nichts von mir.
Weil sie in gewisser Hinsicht so einsam sind wie ich. Unter vollkommen anderen Umständen natürlich!
Doch jedes Jahr unterschlage ich ein paar Geschenke, um diesen Leuten eine kleine ganz zufällige Freude zu bereiten, weil ich genau weiß, wie einsam sie sind, wie wenig sie erwarten und, dass meine Augen genau so glänzen würden wie ihre…(nur das ich im Gegensatz zuviel Arbeit habe, grmmm…)
Naja, man könnte jetzt behaupten, Geschenke zu unterschlagen ist nicht gerade legitim. Aber das Glänzen in den Augen der Obdachlosen, die auf einmal meine Überraschung finden, ist für mich der einzige Trost, den ich habe.
Ja ich weiß, gerade zu der Zeit, zu der ich meinen Dienst erfülle, ist es am Schönsten, am Gemütlichsten, am Wärmsten. All die Lichter und Kerzen, die die Welt schmücken und die ich in all ihrer Pracht von oben herab betrachten kann. Wunderschön!
Das Herz wird mir warm dabei. Und je moderner die Menschen werden, so moderner werden die Lichter, so vielfältiger, so einfallsreicher die Kerzen, so heller erscheint die Welt.
Das Traurige daran ist, das diese verdammten Ungeheuer mein Herz wegen dieser Lichter umso mehr erweichen und mich jedes Jahr dazu zwingen, meine Arbeit weiter zu führen.
Es ist für mich nicht mehr nur das Traurigste, sondern die abgrundtiefste Hölle!
Es bereitet mir keine Freude mehr, es ist für mich harte Arbeit geworden. Ich weiß nicht wie lange ich das noch durchhalte. Ich bin eigentlich jetzt schon am Ende. Frührente gibt es nicht in meinem Beruf, will ich da nur erwähnt haben!
Ja, ich weiß, es gibt viele Berufe, die so hart und schwer sind. Ich weiß auch, dass sehr viele alte Leute in harten Berufen arbeiten. Und es gibt so viele Jugendliche, die sich ihren wirklich harten Beruf nicht gewünscht haben.
Trotz allem, den Wunsch Weihnachtsmann zu werden, den redet eurer Jugend bitte aus!
(Obwooohl, Weihnachtsmanngehilfe? … ach nein, den Vorschlag mach ich lieber nicht…)
