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Bernhard und die Zeit

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08.11.2001
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Bernhard und die Zeit

Bernhard und die Zeit

In diesen Tagen, denkt Bernhard, wäre es schön, nur so ganz für sich, wenn er die Zeit ein bisschen kontrollieren könnte. Ein alltäglicher Wunsch von Allmacht. Er dreht die Worte in seinem Kopf. Ein allmächtiger Wunsch des Alltags.
Sie anhalten, nur für einen winzigen Augenblick. Weil das Kind gelächelt hat, in dem Auto, das vorbeifuhr. Ihn vermutlich nicht gesehen, hinter den verschmierten Scheiben der Straßenbahn. Vielleicht aber doch. Diesen Moment noch eine Sekunde festzuhalten. Das wäre schön.
Bernhard ist schon immer Straßenbahn gefahren. Schon als Kind. Das wird er auch weiterhin tun, bis seine Knochen ihn nicht mehr tragen. Bald wird das sein. Zu bald und auch nicht bald genug.
Bei jedem Blick aus seinem Wohnzimmerfenster, auf den Park gegenüber, fragt er sich, warum er auch diesen Herbst erlebt. Sein vierundachtzigster. Ereignislos spektakulär verfärbte Blätter, und niemand, dem er sie zeigen kann.
Ein Lächeln quält sich auf seine Lippen, wenn er daran denkt. Kein Lächeln voll Freude, sondern eines, das verrät, wieso ein Leben verläuft, verrinnt und niemand es aufhält. Noch ein weiterer Herbst. Und dann der Winter. Dann, vielleicht, wenn alles so geht, wie immer, auch wieder das Frühjahr. Sein fünfundachtzigstes. Und das alles, ohne noch ein Ziel.

Ja, wenn er Kinder hätte, und Enkel! Dann würde er wollen, dass sie es besser haben. Würde er wollen, dass sie lachen und die Blätter sehen. Dann würde er wollen, dass sie im Auto sitzen und lächeln. Auch, wenn sie groß sind. Es eben besser haben.
Aber soweit ist es nicht gekommen mit Bernhard. Einmal, wohl bald, wird die Zeit für diesen winzigen Moment stehen bleiben. Für diesen einen Moment vor der Unendlichkeit. Und dann, denkt Bernhard, wäre es schön, wenn ein Kind gerade lächelt. In einem Leben, in dem es ihm besser geht.

 
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Tach, Frauke!

Das da oben ist kurz. Und recht traurig. Aber irgendwie nicht schlecht. So als Prosa-Skizze, mein ich. Eine richtige Geschichte würde ich es jetzt nicht unbedingt nennen - eher so ne Art schriftlichen Gefühlsausbruch... viel Melancholie mit Blättern im Herbst und so, persönliche Endzeitstimmung eines Menschen, der zu spät feststellt, dass er sein Leben verpasst hat...

Als Text an sich recht schön und sehr gut geschrieben - aber hier fehlt mir die Intensität ein bißchen, die mich eine Handlung nicht vermissen ließe. Es ist also gut - aber halt etwas... dünn. ;)
Wieso nutzt du solche starken Gefühle und deren zweifellos sehr gelungene Schilderung nicht als Bestandteil oder Basis einer richtigen Erzählung? Das fänd ich klasse!

Aber dafür gibt's zumindest noch nen ganz kleinen Keks! *ganz kleinen Keks schenk* :D

Ach ja:

Lächeln voll Freunde
Ich glaub, da ist ein "n" zuviel drin... :susp: (außerdem muss es dann glaub ich "voller Freude" heissen, oder?)

Gruß,
Markus

 
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hi Horni!
ja, jetzt ist Deine Kritik fast so lang, wie die KG.

Die Stimmung ist also rübergekommen. Ich wollte eigentlich auch gar keine große Handlung einbauen, weil es ja in seinem Leben nicht mehr viel Handlung gibt. Sehen, Denken, Zeit beachten. Weiter eben nichts mehr. Also eine Art verzögertes Warten....

Vielleicht brauche ich das nochmal in einer längeren Erzählung. Aber dann sicher nicht diesen Text, sondern nur die Stimmung, oder Situation. Eigentlich wollte ich es ja noch ein wenig kürzer fassen, aber Du kennst mich ja.

Den Fehler hab ich natürlich rausgenommen. Obwohl Freunde wohl wirklich das wären, was er braucht.
Ich hab das "voll" aber erstmal gelassen. ich finde, es geht beides, oder?

*ganz kleinen Keks eß* *möglichst viel krümel*

vielleicht fällt mir ja noch was ein, wie ich es ein wenig weniger dünn kriege.

Lieben Gruß,

Frauke

PS: im Rahmen einer etwas längeren Geschichte hab ich das mal in "Wände sprechen" verarbeitet. Das Thema "Alt-Werden/Alt-Sein" an sich. Wenn auch von einem etwas anderen Standpunkt aus...

 

jetzt ist Deine Kritik fast so lang, wie die KG
Heisst das jetzt, ich laber zuviel, oder du schreibst zu wenig? :D

Aso, ich würde an dem hier eigentlich gar nix mehr rumdoktern... *Kekskrümel wegsaug*
Speicher einfach das Gefühl und den Gedankenfluß bei der Umsetzung - bei der nächsten "richtigen" Erzählung hast du's dann quasi parat. ;)

Und: Ja, Freunde hätte er wohl mindestens gebraucht, der arme Kerl. Ob das jetzt "voll" oder "voller" heisst, da bin ich mir halt nicht so sicher. Ich kenn es halt eher mit "voller", aber das andere klingt irgendwie auch richtig...ach egal... :whocares:

 

ja, der Vorschlag klingt nach meinem Geschmack. Ich behalte diese KG als Gefühlsarchiv ganz bestimmt im Auge. trotzdem hoffe ich, daß sie schon mehr ist, als nur das. Aber selbst, wenn nicht, dann schaffen es doch immerhin die paar Sätze, das Gefühl zu transportieren...

Du fragst: Heisst das jetzt, ich laber zuviel, oder du schreibst zu wenig --- naja, wie man's nimmt. Beim Schreiben laber ich wenigstens nicht. :D Irgendwann halte also auch ich mal die Klappe, kaum zu glauben! Und wie oft, das kann man in ganz vielen Rubriken nachlesen ;)

 

Aber selbst, wenn nicht, dann schaffen es doch immerhin die paar Sätze, das Gefühl zu transportieren...
Und darauf kommt es ja erstmal an.
*das letzte Wort hab* ;)

 

*das letzte Wort hab*
Jetzt nicht mehr. :p :D

Liebe Frauke!

Ich finde, Deine Geschichte liest sich etwas fragmentarisch (was aber nicht negativ, sondern nur feststellend gemeint ist), die Gefühle Deines Protagonisten und vor allem seine Einsamkeit kommen dabei gut rüber.

Der Schluß gefällt mir nicht so ganz, was er alles für seine Kinder und Enkel wollen würde. Ich kann aber nicht genau sagen, warum… ;)

Ein paar Sachen im Text möcht ich noch kritisieren:

»In diesen Tagen, denkt Bernhard, wäre es schön, nur so ganz für sich, wenn er die Zeit ein bisschen kontrollieren könnte.«
– ich hab das Gefühl, in dem Satz ist was durcheinander geraten – sollte es nicht heißen „…denkt Bernhard nur so ganz für sich, wäre es schön, …“? Oder „wenn er die Zeit nur so ganz für sich ein bisschen kontrollieren könnte“?

»Diesen Moment noch eine Sekunde festzuhalten. Das wäre schön.«
– da würd ich einen einzigen Satz draus machen

»Bei jedem Blick aus seinem Wohnzimmerfenster, auf den Park gegenüber, fragt er sich, …«
– die Beistriche vor und nach „auf den Park gegenüber“ könntest Du Dir sparen, liest sich dann meiner Meinung nach leichter

»Ereignislos spektakulär verfärbte Blätter«
– Ereignislos und spektakulär sind an sich Gegensätze, ist das hier Absicht? Wenn ja, dann hab ich wohl Verständnisprobleme und würde mir einen Hinweis wünschen. ;)

»Kein Lächeln voll Freude, sondern eines, das verrät, wieso ein Leben verläuft, verrinnt und niemand es aufhält.«
– was mir nicht klar ist, ist das „wieso“. Wie kann ein Lächeln die Gründe für das Verrinnen des Lebens und warum es niemand aufhält verraten?

»Dann, vielleicht, wenn alles so geht, wie immer, auch wieder das Frühjahr.«
– der Satz klingt irgendwie zusammengestoppelt, einfacherer Vorschlag: „Wenn alles (vielleicht) wie immer gut geht, dann auch wieder das Frühjahr.“ Das „vielleicht“ hab ich in Klammer geschrieben, weil es eigentlich nicht notwendig ist – durch das „Wenn“ wird schon gesagt, daß das noch nicht so sicher ist...

»Und das alles, ohne noch ein Ziel.«
– entweder würd ich nur schreiben „Und das alles ohne Ziel“, „ohne weiterem Ziel“, oder „ohne noch ein Ziel zu haben“, sonst klingt der Satz unvollständig

»Dann würde er wollen, dass sie es besser haben. Würde er wollen, dass sie lachen und die Blätter sehen. Dann würde er wollen, …«
– ich denke, die Satzteilwiederholungen sind Dir nicht passiert, sondern Du hast sie wohl bewußt gemacht? Ich kann mich damit nicht wirklich anfreunden, überleg Dir´s vielleicht noch einmal, ob Du sie nicht doch verschieden formulieren willst oder eventuell zu einem Satz zusammenfassen, bei dem es nur mehr am Anfang steht

»Auch, wenn sie groß sind. Es eben besser haben.«
– würd ich auch in einem Satz schreiben

Die Geschichte hat mir aber auf jeden Fall gefallen. :)

Liebe Grüße,
Susi

 

hi Häferl!

lieben Dank für Deine Kritik!

Der Satz:

»In diesen Tagen, denkt Bernhard, wäre es schön, nur so ganz für sich, wenn er die Zeit ein bisschen kontrollieren könnte.«
ist mit Absicht so geschrieben, wie man ihn in einer mündlichen Erzählung schildern würde. Gemeint ist:
Bernhard denkt in diesen Tagen, daß es schön wäre, wenn er ( und zwar nur ganz für sich ) die Zeit unter einer gewissen Art von Kontrolle hat.
aber das hätte doch so prosaisch geklungen... :shy:

»Diesen Moment noch eine Sekunde festzuhalten. Das wäre schön.«
Da hst Du Recht. Wird gemacht. Ich neige manchmal dazu. Kurze Sätze zu machen. Zu häufig, zu kurz, zu splitternd :D

»Bei jedem Blick aus seinem Wohnzimmerfenster, auf den Park gegenüber, fragt er sich, …«
scho wieder erwischt!

Ereignislos und spektakulär sind an sich Gegensätze, ist das hier Absicht?
Oh ja! Es ist - objektiv - spektakulär. Aber es passiert doch jedes Jahr und er hat den Herbst schon so oft gesehen. Und deshalb ist es ereignislos, weil es eben genauso ist, wie immer.
Ich bin ja froh, daß jemandem auffällt, wenn ich sowas schreibe... ;)

was mir nicht klar ist, ist das „wieso“.
das ist ein Wortspiel... man denkt im ersten Moment: ein Leben verläuft ( auf eine Gewisse weise ), aber dann wollte ich es vergleichen mit der Formulierung "verrinnen" um zu implizieren, dass es eben einfach nur "verlaufen" ist, also weggeronnen, "ohne Bedeutung" ( wobei das natürlich zu krass wäre, denn jedes Leben hat Bedeutung )

„Wenn alles (vielleicht) wie immer gut geht,
ich werd mir den Satz nochmal vornehmen, aber ich denke, das "Gestoppelte" ist schon Absicht...
Vor allem habe ich den Ausdruck "gut verlaufen" mit Absicht nicht verwendet. Denn es ist sich nicht wirklich sicher, ob er es gut fände, noch ein Frühjahr zu erleben...

Wie wäre es mit:

Dann vielleicht, wenn alles weitergeht, auch wieder das Frühjahr.
wäre das besser?

»Und das alles, ohne noch ein Ziel.«
ich hatte den Satz mit Absicht ein wenig unvollständig und elyptisch gelassen...

die Satzwiederhlungen sind schon Absicht... auf sowas achte ich normalerweise sehr ... Stört es so sehr?

»Auch, wenn sie groß sind. Es eben besser haben.«
Ein Satz? Ja, klingt gut.


Vielen lieben dank für Deine Kritik! Hat mir echt weitergeholfen. Und schön natürlich, daß es Dir gefallen hat!

Frauke

 

Also bei mir kommt diese getrückte Stimmung auch an die der alte Herr empfindet, es ist gerade herbst und das bild, als der alte herr zum fenster auf den park schaut und die blätter sieht die villeicht so fallen wie sein verlorenes schlappes leben?
insgesamt fehlt noch bissle handlung, was aber sehr schön auch kommt diese bogen zwischen dem kind hinter der scheiben und seinen enkeln, aber das wollen doch die meisten omas, dass es ihren kindern und enkeln besser wie Ihnen geht:-)
Es klingt verückt wenn ein alter mann die zeit anhalten will, aber ich denke so lange es ihm gelingt das bild des lächelnden Kindes immer wieder zu sehen ob wirklich oder nur in seiner vorstellung so lange hält er diesen augenblick für sich wach, wenn auch nicht den lauf der zeit, der sich an der veränderung der jahreszeit und am altern des hernn zeigt.

 

hi bisaim!

Lieben Dank für Deine Kritik. Ja, Du hast den Text so aufgenommen, wie ich ihn gemeint habe - und das freut mich immer ;)
Daß er die Zeit anhalten möchte, denke ich, liegt daran, daß er die schönen Momente festhalten möchte und die Einsamkeit hinausschieben möchte ... bis dann die Zeit wirklich für einen Moment anhalten wird, ... bevor der Tunnel und das Licht kommen ....

Lieben Dank,

Frauke

 

Backst Du Dir gern neue Freunde? Wie ist das denn gemeint? :-)

Also ich habe die Geschichte so verstanden weil ich selber Oma und Opa habe, die sich eben so gern zurückerinnern und sagen ach die kindheit war so schön, auch wenn das ein ewiges lied der älteren ist, sie lügen nicht, ehrlich sind sie weil die kindheit nun mal das schönste ist und man diese schönen momenten eben anhalten und doppelt intensiver erleben möchte.

 

Backst Du Dir gern neue Freunde? Wie ist das denn gemeint? :-)

sehr mehrdeutig ist das gemeint..
ich lerne gerne neue Leute kennen und stehe mit vielen Leuten in Kontakt.
Außerdem schreibe ich gern - und da backe ich mir ziemlich wörtlich ein paar neue Freunde... ich schubs sie an und sie schreiben sich fast von selbst :D

ich fand einfach die Erklärung: "Ich lerne neue Leute kennen" recht banal und unzutreffend... ( weil zu wenig )

:p

Lieben Gruß,

Frauke

 

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