Hi Armin,
ein Gedankensplitter mit dem lapidaren Titel Berlin.
Einsortiert in Historik.
Also mutmaße ich, dass die kleine Geschichte 1989 spielt.
Das Coca-Cola Schild blinkt rot und schwarz in der Ferne.
Laute, hektische Großstadtgeräusche dringen durch das Fenster. Der Wind bläst eisig durch das nur spärlich reparierte Fenster. Ich sitze auf meinem alten klapprigen Holzstuhl in der Küche, esse einen nur ausreichend gewürzten Maissalat.
- 2x durch das
-
nur ausreichend klingt merkwürdig
Der Kumpel aus der Nachbarschaft kommt mit einer schlechten Wodka Kopie vorbei. Es ist ernüchternd. Beim zu Bett gehen geht die Schlafzimmertür nicht zu, das Schloss ist herausgefallen.
Am nächsten Morgen das gleiche Bild, kalte Herbstwinde, dunkle Wolken, auf den Strassen gähnende Leere, ein zwei anders uniformierte schmächtige Männer schlendern die Strasse entlang.
Was ist eine schlechte Wodkakopie? Schon klar: billig gebrannter Fusel von der Straße. Würde ich trotzdem anders bezeichnen.
- Was ist
ernüchternd? Dass der Schnaps schlecht schmeckt, nicht wirkt (weil anstatt Wodka bloß Leitungswasser in der Flasche enthalten ist), die ganze Trostlosigkeit des novembertrüben Alltags in (Ost-) Berlin? Hier solltest du mMn ein bisschen präziser formulieren.
- 2x gehen/ geht
- …Bild: (an dieser Stelle gehört eher ein Doppelpunkt denn ein Komma)
- Stra
ßen (zudem 2x hintereinander)
- Was sind
anders uniformierte schmächtige Männer? Weil die Sowjetsoldaten über Nacht in westdeutsche Polizisten ausgewechselt wurden? Ganz so schnell ging das damals dann doch nicht über die Bühne.
Beim Einkaufen auf dem Markt, der sich unter normalen, von der Redaktion des Duden bestätigten, Umständen nicht einmal als Markt nennen darf, bekomme ich gerade einmal das Essen für den Nachmittag.
- Was soll
von der Redaktion des Duden bestätigten Umständen bedeuten? M.E. überhaupt nichts. Du willst damit vermutlich ausdrücken, dass das Lebensmittelangebot so bescheiden ausfiel, dass der Euphemismus
Markt dafür eine maßlose Übertreibung darstellt. Falls ja, dann würde ich das in andere Worte kleiden.
-
ich bekomme ein Essen liest sich unschön.
Beim zu Bett gehen, diesmal hat der Wodka des Nachbarn mehr gewirkt, ist mir schwindelig; ich höre die Kirmes, das Riesenrad, fröhliche Leute.
- zum 2-ten Mal geht der Prota ins Bett. Ziemlich häufig für solch ein kurzes Produkt wie diese Story.
- Der Einschub mit dem Wodka gefällt mir stilistisch nicht. Den würde ich am Ende des Satzes positionieren.
- Weshalb wirkt der Fusel dieses Mal mehr: weil es „richtiger“ Schnaps ist, der Erzähler eine größere Menge davon trinkt etc.? Du bleibst viel zu ungenau für eine historische Szene.
- Ob die Berliner tatsächlich
Kirmes sagen, weiß ich nicht. Bei uns im Rheinland ist der Begriff auf jeden Fall geläufig.
- Von wo aus dringt der fröhliche Lärm in die Ohren des Protas: von der Westseite her?
Guter Schlusssatz. Bringt das Endzeitgefühl, das im Herbst 89 im Osten herrschte, treffend auf den Punkt.
Durchgängig im Präsens geschrieben. Eher nicht so mein Geschmack. Auf die Kürze der von dir gewählten Erzählstrecke ist es okay. Längere Texte würde ich jedoch nicht in der Jetztzeit präsentieren. Liest sich auf Dauer ermüdend.
Du solltest einige Sequenzen präziser beschreiben. Egal, ob die Story dadurch ein/ zwei Sätze verlängert wird. Sie ist ohnehin (zu?) knapp bemessen.
Überflüssige WWHen – zumal in einem Gedankensplitter – wirken so, als ob der Autor es sehr eilig beim Schreiben und Hochladen hatte (sprich – seinen eigenen Text nicht mehr Korrektur gelesen hat).
Inhalt
Schnell nacherzählt: trübe Novemberstimmung im verfallenden Ostberlin. Fenster schließen nicht richtig, Heizung funktioniert nicht, die Risse zwischen den Betonplatten werden von Tag zu Tag größer, der Holzstuhl in der Küche droht zusammenzubrechen, das Essen schmeckt fade. Straßenzüge leer und Grau in Grau, einige Uniformierte laufen Patrouille. In der Ferne (oder Nähe) locken Coca Cola und fröhlicher Kirmeslärm. Allerdings (noch) unerreichbar, da Erich und Margot eben die Ansicht vertreten, dass das Leben im (eingesperrten) Sozialismus schön sein muss. Klar, die wohnten in Wandlitz.
Die einzigen Vergnügungen bestanden darin, billigen Schnaps zu saufen und früh ins Bett zu gehen.
So weit, so „schön“. Eine (sehr) knappe Wiedergabe der damals trüben Atmosphäre. M.E. jedoch zu kurz und zu wenig historisch geraten. Kann deshalb mit der Story nicht so richtig warm werden. Der Tonfall passt allerdings ganz gut zur dunklen Stimmungslage im Spätherbst 89.
Vg sinuhe