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Benji muss weg

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21.11.2012
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Benji muss weg

Dass Thierry wirklich an alles gedacht hatte, wurde Saskia erst eine oder zwei Wochen später klar, als sie sich nach und nach an mehr Einzelheiten erinnerte und ihr langsam klar wurde, dass sie festsaß.

Dass es mit Thierry und Benji nicht lange gut gehen konnte, war schnell klar gewesen. Benji war kein Kind, das viel schlief. Abends tauchte er immer wieder heulend in der Wohnzimmertür auf, rieb sich mit dem Fäustchen die Augen, hatte den Schnulli verloren oder sonstwas. Und jeden Morgen kam er um halb sechs angetrottet, mit kiloschwerer Windel und nass bis unter die Arme. Als Saskia noch alleine war, hatte Benjis Gesellschaft sie nicht so gestört. Sie hatten sich wohl beide daran gewöhnt, dass er abends warm in Mamas Arm und eine Decke eingemummelt auf dem Sofa lag. Das Fernsehen störte ihn überhaupt nicht beim Einschlafen, und Saskia fand es schön, gelegentlich auf sein rosiges Schlafgesichtchen hinunter zu schauen.
Aber jetzt wollte sie lieber mit Thierry schmusen, ohne Benji. Thierry meinte, sie hätte Benji zu sehr verwöhnt, und es sei unnatürlich, dass ein Kind immer bei der Mutter schlafen wolle. Aber Benji ließ sich nicht so leicht umerziehen. Er wollte nicht in seinem Bettchen bleiben, und weil er schon über die Stäbe klettern konnte, war nichts zu machen.
„Schon wieder!“ schnaubte Thierry, rückte von Saskia ab und zog seinen Reissverschluss hoch. „Überhaupt keine Privatsphäre hier!“
Saskia sprang vom Sofa und hob den greinenden Benji hoch. Sie roch seinen vertrauten Duft und spürte, wie sein kleiner Körper sich an sie schmiegte.
„Was soll ich denn machen?“ jammerte sie. „Ich kann ihn doch nicht im Bett anbinden!“
„Dann schließ einfach mal die Zimmertür zu. Der muss das doch mal lernen, dass abends für ihn Schluss ist.“
Aber Benji begann hinter der Tür so zu schreien, dass Saskia Angst vor den Nachbarn bekam und wieder aufschloss. Der schöne Abend mit Thierry war durch das ganze Theater natürlich völlig ruiniert.
Und Benji ruinierte überhaupt vieles. Es war unmöglich, an den Wochenenden Zeit für beide, Thierry und Benji, zu finden. Jetzt, da sie wieder einen Freund hatte, wäre sie gern mal mit ihm ausgegangen und hätte seine Freunde kennengelernt. Sie hätte sich auch gerne mit Thierry bei ihren eigenen Freunden gezeigt, so weit sie nach den zwei Jahren mit Benji überhaupt noch Freunde hatte. Aber statt dessen saß sie wie angenagelt in der Wohnung!
„Komm doch mit, ein bisschen im Park spazieren.“ schlug sie Thierry schüchtern vor.
„Nee, das mach mal alleine.“ wehrte er ab. „Ich geh in der Zeit nach meiner Wohnung gucken.“
Seit er bei Saskia wohnte, ließ er ein paar Kumpels in seiner eigenen Wohnung schlafen und hatte dadurch ganz schöne Einnahmen. Jetzt bekam Saskia Angst, er könne die Freunde wieder aus der Wohnung werfen und bei Saskia ausziehen. Die Stimmung war schlecht. An dem Morgen, als es gerade im Bett schön geworden war, war wieder Benji angetrottelt gekommen, den Teddy im Arm: „Mama...“. Saskia war wie ein geölter Blitz aus dem Bett gesprungen, hatte Benji gegriffen – „Warte, Thierry, ich bin gleich wieder da!“ hatte sie gefleht – hatte Benji eine trockene Windel angezogen und ihn mit einem warmen Milchfläschchen und all seinem Lieblingsspielzeug wieder in sein Bettchen gelegt – „Komm, lass die Mama noch ein bisschen in Ruhe, sei lieb!“ – und war wieder zu Thierry ins Bett geschlüpft. Aber nichts war mehr gegangen. Die Enttäuschung hatte sie zum Weinen gebracht.
„Siehst du.“ sagte Thierry. „So unglücklich ist mein Sternchen jetzt. Das würde Benji gar nicht wollen, dass seine Mama so unglücklich ist.“
Und er hatte Saskia auf die Stirn geküsst und traurig angesehen.
Später in dieser Woche machte ein Kumpel Thierry ein gutes Angebot, und er kaufte sich einen richtig schönen, dunkelblauen Audi mit allen Schikanen. Saskia stand mit Benji auf der Hüfte neben dem Auto auf der Straße und staunte.
„Auko.“ sagte Benji mit dem Schnuller im Mund.
„Toll, ne?“ strahlte sie ihn an.
Thierry strich um den Wagen herum und schien nach Staubkörnchen auf der Karosserie zu suchen. Saskia spähte ins Innere.
„Dann brauchen wir bloß noch einen Kindersitz.“ sagte sie.
„Wie, Kindersitz? Da kommt mir kein Kindersitz rein!“ schnappte Thierry. „Ich lass mir doch die Ledersitze nicht vollkotzen!“
Saskia schluckte erschrocken. „Aber – “, wandte sie schließlich ein, „dann können wir ja nie zusammen irgendwo hin fahren.“
„Das machen wir schon.“ sagte Thierry. „Mir fällt schon was ein.“
In der Nacht machten sie eine Spritztour, als Benji endlich eingeschlafen war. Thierry ließ es sogar zu, dass er auf dem Sofa bei Mama lag, bis er richtig fest schlief, dann trug Saskia ihn vorsichtig in sein Bettchen und sie warteten atemlos noch zehn Minuten, ob er wirklich nicht wieder aufwachte. Bevor sie gingen, schloss Saskia zur Sicherheit seine Zimmertür doppelt zu.
Und dann fuhren sie in die Augustnacht, zuerst durch die die bunterleuchtete Stadt, dann ein kurzes Stück richtig schnell über die Autobahn, und dann am Rhein entlang zurück. Auf einem dunklen Parkplatz am Ufer hielt Thierry an, sie stiegen aus und beobachteten eine Zeitlang die erleuchteten Frachtschiffe, die auf dem schwarzen Wasser flussauf und flussab stampften.
„Ich bin schon ewig nicht mehr nachts draussen gewesen.“ sagte Saskia verträumt.
„Schade um dein Leben.“ antwortete Thierry. „Du hättest so viele Chancen, du mit deiner Model-Figur! Ich wollte eigentlich mal ein paar Aufnahmen von dir machen, so für eine Agentur. Ich weiss genau, dass du einen Vertrag bekommen könntest.“
„Echt?“ Sie saugte das Kompliment wie ein Lebenselixier in sich auf.
„Hundert Pro.“ sagte Thierry. Dann lachte er leise und nahm ihre Hand. „Komm, wir probieren mal aus, ob die Rückbank bequem ist.“
Es war der schönste Abend seit hundert Jahren.
Aber dann kam alles zusammen. Thierry fand es sinnlos, Probeaufnahmen von Saskia zu machen.
„Es ist vollkommen unrealistisch für eine Frau mit Kind.“
Hätte er doch lieber nie davon gesprochen!
Und dann sagte der Kinderarzt, Benji spräche nicht genug für sein Alter.
„Und es klang so, als wäre das meine Schuld!“ erzählte Saskia Thierry empört. „Ob ich denn genug Bücher mit ihm anguckte und immer viel mit ihm spräche, bla, bla. Was soll ich denn machen? Immer wollen alle was von mir!“
Thierry schloss sie in die Arme und gab tröstende Geräusche von sich. „Es ist nicht deine Schuld!“ versicherte er ihr. „Mit dir ist alles in Ordnung. – Er ist aber schon ein bisschen langsam in allem, findest du nicht?“
Saskia prallte zurück. „Langsam?“ hauchte sie. „Benji?“
Thierry zögerte. „Ist ja süß von dir, dass du das nicht so merkst. Bist halt seine Mama. Vielleicht hat er wirklich hier nicht die besten Chancen. Sei doch mal ehrlich, was hat er denn schon vom Leben? Vielleicht braucht er wirklich bloß ein bisschen mehr Förderung.“
Allmählich wurde Saskia klar, wie sehr sie sich über ihre Beziehung zu Benji getäuscht hatte. Natürlich war sie, vor Thierry, oft einsam gewesen, aber es war ihr als löbliches Opfer um Benjis Willen erschienen. Sie wollte immer für ihn da sein, wie es sich für eine Mutter gehörte. Aber Thierry sagte, sie habe ihn damit nur verzärtelt, in seiner Selbständigkeit eingeschränkt und seine Entwicklung behindert.
„Du hast dich damals allein gefühlt, das ist klar.“ sagte er. „Du hast ihn aber in der Zeit zu eng an dich gebunden. Und dein eigenes Leben ist dabei auch den Bach runter gegangen.“
Und auch ihre eigene Beziehung zueinander, Thierrys und Saskias, sei gefährdet, sagte er. „Du bist viel zu sehr auf dein Kind fixiert, du schadest nicht nur ihm, sondern vor allem auch dir und mir.“ Und er schloss sie in die Arme und flüsterte: „Du musst auch mal an uns denken. Ich liebe dich doch.“
Saskia ließ Benji jetzt immer länger hinter der zugeschlossenen Zimmertür schreien. „Einmal muss er das doch lernen.“ seufzte Thierry. „Halt das jetzt mal durch, Saskia.“
Ein paar Tage später hörte sie ihn im Treppenhaus mit der Nachbarin sprechen.
„Ja, wir wissen auch, dass er viel schreit. Es geht ihm im Moment hier nicht so gut. Wir geben ihn sowieso wahrscheinlich bald zu Saskias Schwester, die hat selber Kinder, da wäre es viel besser für ihn. So als Einzelkind, das ist doch nichts. Und dann kann Saskia auch wieder arbeiten, und fällt nicht mehr dem Steuerzahler zur Last.“
Sie stand hinter der Tür und lauschte verblüfft auf das unverständliche, aber zustimmend klingende Gemurmel der Nachbarin.
„Ich habe doch überhaupt keine Schwester!“ rief sie aus, als Thierry die Wohnungstür hinter sich geschlossen hatte. „Warum sagst du denn so was?“
„Damit sie Ruhe gibt.“
„Und das mit dem Steuerzahler, was sollte das denn heissen?“
Er winkte ungeduldig ab. „Das hab’ ich doch nur für die die blöde alte Kuh gesagt. – Aber es wär doch schon gut, wenn du ein bisschen Geld verdienen könntest, oder? Dann könnten wir uns auch mal was leisten, mal mit dem Auto raus fahren, vielleicht sogar übers Wochenende...“
Ein paar Abende später standen sie beide in Tränen aufgelöst an der gleichen Stelle hinter der Wohnungstür. Benji brüllte hinter der Kinderzimmertür, und Thierry hatte nach langem Hin und Her wutentbrannt seine Schuhe angezogen und angekündigt, er werde im Auto ‚oder sonstwo’ schlafen. Saskia hatte ihn nicht gehen lassen, geschluchzt und sich an ihn geklammert, ihn angefleht, sie nicht im Stich zu lassen.
„Wir müssen eine Lösung finden.“ sagte Thierry, dem das alles auch nahe ging. „Mensch, Saskia, Sternchen, denk doch mal nach! Das hier macht uns doch alle drei kaputt! Wegen Benji gehen drei Leute drauf! Unsere Liebe...“
Und so hatte Saskia schließlich seinem Plan zugestimmt.
Am Samstag kam Thierry aus der Stadt und hatte lauter brandneue Klamotten für Benji gekauft. Er schnitt alle Etiketten ab und verbrannte sie im Waschbecken. Saskia war wie gelähmt, aber immer, wenn sie Einwände vorzubringen begann, lächelte Thierry nur geduldig und sagte, er verstünde ihre Gefühle, aber sie müsse jetzt mal konsequent und nicht so kindisch sein. Sie solle ihm vertrauen und an die Zukunft denken.
An dem Abend brauchte Benji überhaupt nicht ins Bett zu gehen. Statt dessen zog Saskia ihm die neuen Sachen an, in denen ihn noch nie jemand gesehen hatte, und dann durfte er wieder auf dem Sofa schlafen. Kurz vor Mitternacht fuhren sie schon los. Sie fuhren auf der Sauerlandlinie immer weiter, Stunde um Stunde, Benji schlief auf der Rückbank, und Saskia saß zusammengesunken auf dem Beifahrersitz. Manchmal döste sie ein. Sie kamen in Gebiete, von denen Saskia nur vom Hörensagen wusste, Thüringen, Sachsen, Städte und Orte, deren Namen sie noch nie gehört hatte. Um sechs Uhr wachte Benji auf, und Saskia musste sich mit ihm nach hinten setzen, um ihn festzuhalten, weil kein Kindersitz da war. Einmal hielt Thierry an, und Saskia gab Benji ein paar Kekse zu essen und zog ihm eine frische Windel an.
Aber es war noch zu früh am Tag.
„Wie heisst du?“ fragte Thierry Benji.
„Benji“, zischelte der um den Schnuller herum. Es hätte auch Benny oder Danny heissen können.
„Und wie weiter?“
Keine Antwort. „Wie heisst du weiter?“ Benji guckte nur.
„Und wie heisst deine Mama?“
„Mama.“
„Und wo wohnst du?“
Keine Antwort.
„Wo ist dein Zuhause?“
„Suhause.“
Sie fuhren noch ein bisschen weiter, immer auf der Autobahn, bis es halb zehn war. Dann bog Thierry auf einen Rastplatz ab und hielt bei den anderen Autos an.
„Hier ist gut.“
„Thierry...“
„Sternchen, sei vernünftig. Jetzt sind wir so weit gekommen! Glaub mir, es ist besser so, es wird ihm viel besser gehen. Hast du doch selbst gesagt. So, komm, jetzt mach kein Quatsch. Setz ihn raus, der wird in zehn Minuten gefunden, hier sind genug Leute. Und mach voran, sonst fallen wir auf, und dann: bist du dran, das weisst du ja. Das ist 'ne Straftat.“
Saskia stieg mit Benji aus. Sie stellte ihn auf das Gras neben dem Auto. Thierry machte von innen die Beifahrertür auf. Saskia stieg ein. Sie fuhren los. Niemand guckte.
Saskia saß zusammengesunken neben Thierry, der beschleunigte und sich ruhig in den Autobahnverkehr einfädelte. Plötzlich fuhr sie herum und schaute zurück, aber sie konnte die kleine Gestalt auf dem Rastplatz schon nicht mehr sehen.
„Thierry, bitte fahr zurück!“ weinte sie auf.
„Quatsch. Ist schon in Ordnung so. Der kommt in eine Pflegefamilie, wo es ihm viel besser geht. Du weisst doch, dass er Förderung braucht. Kannst du ihm doch gar nicht geben. Ist das Beste, was du für ihn tun kannst. – Und für uns.“
Er streckte die Hand aus und streichelte ihr über den Oberschenkel. „Bist mein Sternchen.“
Ihr fiel etwas ein.
„Der ist doch bei mir gemeldet!“ sagte sie erschrocken. „Ich kriege doch Sozialhilfe für den!“
Thierry schüttelte den Kopf.
„Kein Problem“, sagte er. „Das regeln wir alles. Hauptsache, wir ziehen ein oder zwei Mal um, ehe er ins Schulalter käme. Bisschen die Spuren verwischen. Aber bis dahin sind wir schon ganz woanders, mein Sternchen. Ich mache dich reich, wart’s ab. Morgen machen wir ein paar Aufnahmen.“
Er hatte an alles gedacht.

 

Hallo und willkommen,

knochentrocken, schmutzige Realität, leider, muss man sagen. Eben gelesen. Gut aufgebaut, allerdings muss ich sagen, die "Mutter" ist schon speziell naiv. Außerdem ist das Setting so relativ unwahrscheinlich - was ist mit dem Vater, mit dem Jugendamt, das bei Sozialhilfefällen sporadisch vorbeisieht? Kindergartenanmeldung? Solche Dinge. Das müsste konsequenter durchgezogen werden. Und die Nummer mit den: "Ich mach mal Photos", die ist halt eben ausgelutscht. Ich fände da etwas anderes viel sinniger: Klar machen, das sie eine junge Mutter ist, das sie Parties vermisst, das müsste klarer rausgestellt werden. Sie ist egoistisch und opfert ihr Kind dafür. Würde ich auch als Konflikt besser herausstellen, fehlt mir hier etwas. Thierry ist da sehr dominant, so nach dem Motto: Ich nehme dir das Gewissen ab.

Und etwas Klischee: Sozialhilfe. Unterschicht. Warum nicht eine junge Mutter, die aus 'nem guten Haus oder aus der Mittelschicht kommt? Da wäre Egoismus und den Willen, diesen durchzusetzen, ein viel dringlicheres Motiv. Ein richtig ekelhaftes.

Ansonsten; krass! Gut geschrieben, lese aber nochmal drüber, ist jetzt kein innovatives Stil-Feuerwerk, aber muss ja auch nicht sein, ich schreibe selber auch nicht postmodern oder so :D Thema ist wichtig, und im Kern ist das, wie ich finde, sehr sauber umgesetzt.

Nur meine 5 Cent,

Gruss Jimmy.

 

Hallo Anna,

und: wow.
Alter Schwede, was'n Thema.

Also ich finde, du hast das gut geschrieben.
Allerdings ist diese Mutter schon etwas naiv, finde ich. Der Freund macht einfach, was er will, so als existierte sie als Person gar nicht, besonders, je weiter die Geschichte fortschreitet. Und ihren so ziemlich einzigen hellen Gedanken, dass der Kleine bei ihr gemeldet sei, den fegt Thierry m.E. allzu leicht vom Tisch. Also an der Stelle war es mir ein bisschen zu einfach.
Aber sonst ... :thumbsup:

Vielleicht würde ich einen Absatz nach

„Siehst du.“ sagte Thierry. „So unglücklich ist mein Sternchen jetzt. Das würde Benji gar nicht wollen, dass seine Mama so unglücklich ist.“
Und er hatte Saskia auf die Stirn geküsst und traurig angesehen.
einfügen. Später vielleicht auch noch einen oder zwei, für die Lesbarkeit.

Mir gefällt es, wie du das erzählst, so kühl. An der Stelle mit den neuen Kleidern und den Fragen nach Namen und Zuhause hatte ich einen Kloß im Hals. Also richtig gut gemacht, finde ich.
Nur Thierry hat es ein bisschen zu einfach. Der Text ist sehr realistisch, nur Thierry eben, besonders gegen Ende, da geht die Glaubwürdigkeit flöten. Das ist zu krass, da ist zu wenig Gegenwehr der Mutter, die sich ja dann doch umdreht und zurück will.

Sehr gerne gelesen. Jetzt bin ich gespannt, was du uns als nächstes präsentierst.

Liebe Grüße,
PSS

 

Liebe/r jimmysalaryman, purersternenstaub und marai,
vielen Dank für eure schnellen Rückmeldungen. Alles, was ihr sagt, trifft den Nagel oder besser die Nägel auf den Kopf und ich kann zu meiner Verteidigung nur sagen, dass es ein bisschen ein Schnellschuss war, weil ich auf kurzgeschichte de mitmachen will und es nicht fair fand, ohne eigenen Beitrag an anderen "rumzumäkeln" :o).
Saskia ist eindeutig sehr oder auch zu naiv, aber ohne das funktioniert die ganze Geschichte natürlich gar nicht. Aber ihr habt recht, eine so isolierte Frau, ohne eine Familie etc die da ein bisschen moderiert, ist hoffentlich ziemlich unrealistisch. Hoffentlich! Aufs Sozialamt möcht ich mich allerdings ncht verlassen, die schauen eben nicht ab und zu mal vorbei, vor allem nicht, wenn nichts vorliegt, und bei Saskia und Benji liegt ja nichts vor.
Mich ärgert an meiner Geschichte viel mehr erstens: Wo soll diese isolierte Frau eigentlich den Thierry kennengelernt haben? Und zweitens, wie jimmysalaryman auch bemerkt, das mit den Fotos, das hätte ich besser bleiben lassen. Ziemlich unnötig und abgenudelt. Ich glaube, ich hatte beim Schreiben das Gefühl, Thierry brauche neben "du bist keine gute Mutter" und "Benji steht zwischen uns" noch mehr Munition. Statt dessen hätte ich ihn aber wohl besser diese beiden Angriffspunkte etwas subtiler bearbeiten lassen sollen.
Anyway, vielen Dank für eure Kommentare! Jedenfalls habe ich mich aufs Feld rausgewagt und hoffe, bei euch mitspielen zu dürfen.
Bis bald
Anna

 

Hallo Anna Lath,

willkommen auf kg.de.

Der Anfang deiner Geschichte wirkt etwas sperrig und kantig.

Zitat: Dass Thierry wirklich an alles gedacht hatte, wurde Saskia erst eine oder zwei Wochen später klar, als sie sich nach und nach an mehr Einzelheiten erinnerte und ihr langsam klar wurde, dass sie festsaß.

Dass es mit Thierry und Benji nicht lange gut gehen konnte, war schnell klar gewesen.

Ich hab Wortwiederholungen mal gefettet. "gewesen" würde ich eher durch "geworden" ersetzten,

Die Geschichte ist gut und flüssig geschrieben, und ich halte die Reaktion der jungen Mutter nicht für ausgeschlossen. Wobei das Kind allerdings schon älter ist, und dann ist die Beziehung Mutter/Kind doch schon sehr stark. Du beschreibst auch nichts, was dem widerspräche. Vielleicht solltest du den Typ der Frau anders anlegen, weniger naiv und mehr kalt und anfällig für Geld und Erfolg. Dann wäre es etwas glaubwürdiger, wenn sie den Plan ihres Freundes mitspielt.

Ich hatte damit gerechnet, dass der das Kind auf der Raststätte an irgendwelche düsteren Typen verkauft.

Ja, das ist thematisch ein ungewöhnlicher Stoff. Und Mütter sind ja beispielsweise auch fähig, eigene Kinder innerhalb von Pornoringen für Missbrauch zu vermieten oder dabei mitzumachen, also ist das, was deine Mutter macht, eigentlich noch human. So schlimm das auch klingen mag.

Die Geschichte könnte ein paar Zwischentöne im Verhältnis des Paares vertragen.

Die Grundidee ist aber wirklich gut, und es lohnte sich unbedingt, daran zu arbeiten und alles etwas auszufeilen!

Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anna,
ein herzliches Willkommen auch von mir. Ich freu mich sehr, dass du geschrieben hast, du hättest Lust, hier mitzumachen, klingt gut.

Also mir geht es wie Rick, ich finde deine Geschichte bis auf den Anfang gut geschrieben.
Und inhaltlich echt nicht schlecht bis auf die Sachen, die die anderen schon angemerkt haben. Ist eine tolle, ausbaufähige Idee.

Ich finde auch, dass das Verhalten der Mutter leider Gottes möglich ist. Ich habe manchmal mit Kindern zu tun, die aus verwahrlosten Familien stammen und was es da an furchtbarem Zeug gibt mit depressiven Müttern, die sich nicht gescheit um ihre Kinder kümmern. Oder die sogar den Hilfeplangesprächen und sonstigen Hilfen des Sozialamtes aus den verschiedensten Gründen aus dem Weg gehen können. Oder Familien, die sich aus Geldmangel oder eigener Verrohung nicht um ihre Kinder kümmern, das ist schon sehr übel. Und das sind absolut nicht die Fälle, die dann in der Zeitung stehen. Und das Sozialamt kann da nicht unbedingt so viel unternehmen. Da fällt tatsächlich oft viel unter den Tisch durch bloßes Umziehen von einem Stadtteil in den anderen. Das liegt an den Strukturen und daran, dass die Familienhilfe usw. ausgelagert ist an andere Anbieter und diese Firmen nach Geschäftskriterien funktionen sollen. Da widerspricht sich dann oft Zweck, Funktion und Struktur.
Beim Zahlen und wenn das Kind so einfach überhaupt weg ist, da könnte ich mir dann aber schon vorstellen, dass Behörden den beiden auf die Schliche kommen, da solltest du dir also was einfallen lassen.

Also die Fotos würde ich auf jeden Fall lassen und die Mutter verändern. So ist sie nur naiv und will den Mann unbedingt halten.
Was ich sehr interessant fand, das war, dass Thierry bei ihr ja gerade an dem Förderungs- und Hilfegedanken ansetzt. Find ich eine noch einmal fiesere Sache, als dass sie nur auf Party aus ist, aber es geht so insgesamt für mich trotzdem nicht auf. Sie meint das ja ernst hier, ist so naiv, dass sie ihm glaubt. Und das nehme ich ihr dann nicht ab. Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausdrücke. Entweder sie nimmt den Gedanken, dass sie selbst keine gute Mutter ist, richtig ernst, aber dann setzt sie das Kind nicht einfach aus. Aber sie könnte ja anderes Zeug machen, es anderen Eltern überlassen. Dafür müsste Thierry dann noch ein bisschen hinterhältiger werden.
Oder sie macht es sich nur selbst vor, dass es für das Kind besser sei. Als Rechfertigung für ihr grausames Verhalten. Das muss man dann aber auch merken.

Die andern haben dir ja schon ein paar Vorschläge gemacht. Den Konflikt zwischen ihrer Freizeitgestaltung, Jugend, Partyleben usw. so verstärken, dass sie die Härte hat, das Kind dann auszusetzen, das ist die eine Möglichkeit.
Was du auch noch machen könntest, das ist ihre Abhängigkeit von diesem neuen Mann verstärken. Gründe dafür geben, warum sie so abhängig ist und diesen Kerl unbedingt braucht.
Also in die Richtung von Marais Frage hier gehen:

Was ist nur im Leben von Saskia schief gelaufen, dass sie so unterwürfig ist und sich nicht zur Wehr setzt?
Vielleicht könnte man ja auch da ansetzen. Natürlich nicht so, dass fünf Seiten über ihr vorheriges Leben vornedarn gepappt werden, aber so dass diese Erfahrungen in ihr Verhalten und ihre Gedanken einfließen.

Auf jeden Fall solltest du Thierry aber auf jeden Fall ein bisschen subtiler machen.

Da sind Stellen drin, da kriegt man das Gruseln , weil man mit dem armen Benji mitleidet.
Insgesamt finde ich das einen vielversprechenden Beginn.
Viel Spaß hier und auf weiteres Kommentieren und Lesen ... bis denn
Novak

 

Liebe Novak und lieber Rick,
danke für die freundlichen Anmerkungen und das ausführliche Feedback. Stimmt wohl alles, bloß dass die Geschichte natürlich in die Krimi-Abteilung gehört hätte, wenn Thierry den Benji an düstere Kerle verkauft hätte. Und ich will nicht in die Krimi-Abteilung! ;)
Zum Thema: vernachlässigte Kinder gibt es ja überall, hier in England hatten wir vor zwei Jahren den Fall von "Baby P.", ein süßer Zweijähriger, der sogar wiederholt im Krankenhaus war mit Knochenbrüchen und allem, und trotzdem hat keiner was gemerkt und er ist immer wieder nach Hause entlassen worden, bis er tot war. Die Mutter hatte einen Freund im Haus der schon wegen schwerer Körperverletzung verurteilt war. Da fragt man sich auch, was in der Frau vorgegangen ist. Das Kind soll aus dem Mülleimer gegessen haben. Aber einen Monat vor seinem Tod hatte die Mutter noch im Park mit ihrem Handy Filmaufnahmen gemacht, wie er läuft und sie anlacht. Entsetzen.
Aber eigentlich wollte ich das nicht von meiner Saskia. Die soll wirklich einfach blauäugig, lieb und ein bisschen doof sein und sich alles einreden lassen. Sobald Thierry andeutet, dass sie als Mutter versagt, sollen ihr gleich sämtliche Felle wegschwimmen.
Eine Sache, die ich üben muss, ist, komplexere Entwicklungen in der Kürze einer Kurzgeschichte darzustellen. Ich bin eine Frau vieler Worte, aber ich suche nach Möglichkeiten, mit dem einen scharfgeschnitzten Ausdruck das zu sagen, wofür ich lieber zwei Sätze schreiben würde!
Jedenfalls werde ich mich noch mal um Saskia und Thierry und Benji kümmern.
Viele Grüße
Anna

 

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