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Ben

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08.01.2016
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Ben

Zwei Jahre war es nun schon her.
Zwei gottverdammte Jahre.
Klara wusste nicht, wie sie es so lange ausgehalten hatte, aber irgendwie schaffte es jeder über die Runden. Der eine besser und der andere schlechter. Klara gehörte Letzterem an. In den letzten zwei Jahren hatte sie zwei Einträge in ihr Vorstrafenregister bekommen. Ihre einzigen Einträge.
Sie zog sich die zerlaufenen Chucks von den geschwollenen Füßen. Der Sand war kalt. Ihre Zehen krallten sich in die kleinen Körner. Die Diebstähle mussten sein. Seit dem Vorfall hatte sie keinen Job länger als einen Monat halten können. Wie sollte man sich sonst ernähren?
Das entfernte Kreischen der Möwen, das sich mit dem Meeresrauschen vermischte, ließ Klara wieder zurückdenken. Es war dieselbe stürmische Kulisse und dieselbe Zeit gewesen: 4 Uhr in der Frühe. Ben hatte sich gewünscht seinen Geburtstag an seinem Lieblingsort zu feiern. Sogar der abnehende Mond war so hell wie an jenem Tag. Fast so, als wollte das Wetter ihr noch ein Mal Detail für Detail vor die Nase halten wollen, wie es gewesen war. Klara stand bis zu den Knöcheln im Wasser. Immer wieder zerschellte eine Welle an ihrem Körper. Bittere Tränen liefen ihr die Wange hinunter. Er fehlte ihr so sehr. Sie würde nicht erleben, wie Ben wuchs, in der Schulmannschaft zum Kapitän gewählt wurde oder wie er seine erste Freundin nach Hause mitbrachte. Klara schluchzte. Sie hätte so gern von sich behaupten können, noch ein Foto ihres Sohnes zu besitzen. Die kleinen, tapsigen Kinderhände, seine blauen Augen, in denen nichts Verletzliches lag. Und das süße, trotzige Gesicht. Das alles lag hier begraben. Wahrscheinlich nicht mehr als eine Düne. Hilfe hatte er geschrien. Doch Klara war zu fett gewesen. Bens verkrampftes Gesicht, das immer wieder von Wellen begraben wurde, war voller Verzweiflung gewesen. Klara wusste, dass er seine Mutter gekannt hatte, dass er sah, wie dick sie gewesen war. Wie schwer es ihr fiel, sich hochzuhiefen. Aber auch wie sie immer mehr Essen in sich hinein stopfte. Wie sollte eine solche Frau ihr Kind aus den Wellen retten, wenn sie schon an ein Paar Treppen gescheitert war? Als er von den Wellen umher gerissen wurde, hatte er seiner Mutter in die Augen gesehen. Sie angesehen und da hatte er begriffen.
Aufgegeben.
Er war erst sechs Jahre alt gewesen.

 

Danke für die Kritik. Ich werde die Geschichte noch einmal überarbeiten. Wenn ich sie mir jetzt so durchlese, fällt es mir auch auf, wie wenig ich auf den Charakter und die allgemeinen Umstände eingegangen bin. LG Kopf B deckung

 

Hallo,

ich finde deine Geschichte eigentlich gut und fantasiereich geschrieben. Den Sohn kann mich mir gut vorstellen. Sechs Jahre jung, blaue Augen, zierlich und hat sein ganzes Leben noch vor sich. Das hast du gut geschrieben und beschrieben.

Leider gibt es auch ein großes ABER:

Wie Maria schon geschrieben hat, erwähnst du zwar die Einträge im Vorstrafenregister und den Grund dafür und warum sie geklaut hat - ABER: Entweder lässt du die weg oder du gehst mehr darauf ein. Du spielst damit auf die wirtschaftliche Lage der Mutter und ihres Kindes an, das verstehe ich. Aber du gehst nicht darauf ein, warum sie in dieser schlechten Lage sind (Hartz 4, Vater ist abgehauen, Arbeit verloren oder schlecht bezahlt, etc.) Das musst du ein wenig mehr erklären, dann wird der Teil runder. Verstehst du?

Den Handlungsort, also den Strand kann ich mir gut vorstellen - ABER: Ich vermisse da ein paar Details. Ich asoziiere mit einem Strand mit Dingen wir Wind, Salzgeruch in der Luft und das Brechen der Wellen kurz vor dem Strand. Die Gischt, die sich dann bildet und sich die Wellen zurückziehen. Ich denke mal, dass du diese Sachen nicht im Kopf hattest. Wenn ich etwas schreibe, stelle ich mir vor, ich bin am Handlungsort und erlebe den Ort, als wäre ich selber da.

Die Frau/Mutter hast du auch ein wenig schlecht dargestellt. Wenn sie wirklich so dick ist und kaum drei Stufen hochkommt, ohne nen Puls von 150 zu haben, wie schafft sie es dann durch den Sand bis zum Wasser. Wenn die Story im Sommer spielt, sogar durch den heißen Sand. Selbst ich habe dann schon mal Probleme, durch den Sand zu laufen. Geb ihr doch einfach ein anderes Handicap. Sie kann doch ihr Bein gebrochen haben, dass sie ihm nicht helfen konnte, obwohl sie wollte. Oder lass sie Parkinson oder MS haben. Ich denke nämlich, dass selbst eine Frau, rund wie eine Tonne, in der Lage ist ihrem Sohn zu helfen, wenn er in Gefahr ist.

Als Tipp vielleicht noch: Such dir in deiner Stadt oder der Umgebung eine VHS und guck, ob die sowas wie eine Schreibwerkstatt findest. Sowas hat mir auch geholfen, meine Stories besser und lebhafter zu schreiben.

Abschließend noch etwas Motivation: Ich sehe bei dir durchaus Potential, eine richtig gute (Kurz-)Geschichte zu schreiben, aber du musst Zeit und Geduld haben mit dir selbst. Du musst erstmal deinen Style finden (lustig, ernst, kindlich, erwachsen, dramatisch, etc.). Ich freue mich auf jeden Fall auf mehr von dir.

 

Vielen Dank für deine Kritik. Ich bin seit kurzem auch bei einer Schreibwerkstatt und es hilft wirklich. Was die Kritikpunkte angeht, stimme ich überall mit dir überein und ich mache ich auch direkt ans überarbeiten.
LG Kopf B

Achso und vielen Dank für die Motivation. Ich freu mich :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Kopf B deckung,

ich begrüße dich bei den Wortkriegern. Dein Text erinnert mich an einen meiner ersten Texte. Damals schrieb mir ein junges Mitglied: Dieser Text ist eindeutig zu kurz. Er hatte recht. Und auch dir möchte ich genau dies sagen. Aber warum ist das so? Du beschreibst, was geschehen ist, mehr nicht. maria.meerhaba und betzebub haben dir schon vieles dazu gesagt und ich sehe das genauso. Da ist doch etwas passiert, was sich viel anschaulicher darstellen ließe. Vielleicht nimmst du nur die Szene, als der Junge ertrinkt, eventuell noch, wie es dazu gekommen ist. Da hast du in deinem Text schon sehr gute Ansätze. Die Dramatik und Tragik dieses Geschehens schreit doch geradezu danach, das sehr viel ausführlicher zu beschreiben. Der Junge ertrinkt, weil die Mutter einen Moment nicht aufgepasst hat. Die Mutter ist zu dick, zu schwerfällig, vielleicht kann sie sogar nicht schwimmen, und muss miterleben, wie ihr Kind vor ihren eigenen Augen ertrinkt. Daraus kannst du eine sehr bewegende Szene machen. Da bedarf es mMn dieser ‚Vorbestraften’-Zutat nicht. Oder aber du gehst von dieser Sache aus und beleuchtest mit einem Rückblick das Geschehen als Ursache. Viele Möglichkeiten. Aber eine Geschichte muss den Leser packen, er muss mitfühlen und in deinem Fall eben auch mitleiden können. Setz dich ruhig noch einmal an diese Geschichte ran. Ich glaube, dass sie das Gerüst für einen sehr spannenden und anrührenden Inhalt bietet.

Ich habe ein paar kleinere Unebenheiten in deinem Text gefunden. Ich liste sie hier mal auf, wenn du die hier stehende Geschichte überarbeiten willst. Aber ich meine, du solltest noch einmal ganz von vorne an deine Geschichte herangehen und dich nur auf die Szene, als der Junge ertrinkt, konzentrieren, und dich in die Mutter hineinversetzen. Was macht sie? Was unternimmt sie? Wie scheitert sie? Was denkt und fühlt sie?

Klara gehörte Letzterem an.
Klara gehört zu den Letzteren.

Ben hatte sich gewünschtK seinen Geburtstag an seinem Lieblingsort zu feiern.
Sogar der abneh(m)ende Mond war so hell wie an jenem Tag. Fast so, als wollte das Wetter ihr noch ein Mal (einmal) Detail für Detail vor die Nase halten wollen,
das ‚wollen’ ist überflüssig

Immer wieder zerschellte eine Welle an ihrem Körper.
‚zerschellen’ ist mMn hier nicht das richtige Wort.

Die kleinen, tapsigen Kinderhände, seine blauen Augen, in denen nichts Verletzliches lag.
Was meinst du damit?

Die kleinen, tapsigen Kinderhände, seine blauen Augen, in denen nichts Verletzliches lag. Und das süße, trotzige Gesicht. Das alles lag hier begraben.
Das hört sich so an, als lägen nur die Kinderhände, die Augen und das Gesicht hier begraben.

Wahrscheinlich nicht mehr als eine Düne.
Was willst du hier sagen?

Klara wusste, dass er seine Mutter gekannt hatte, dass er sah, wie dick sie gewesen war.
Den Satz musst du noch mal gut überdenken: Dass er seine Mutter gekannt hat, ist doch klar. Und du sagst: Er sah, wie dick sie gewesen war. Ist sie nicht mehr dick?

Wie schwer es ihr fiel, sich hochzuhief(v)en. Aber auchK wie sie immer mehr Essen in sich hinein stopfte (hineinstopfte).
Als er von den Wellen umher gerissen wurde, hatte er seiner Mutter in die Augen gesehen. Sie angesehen und da hatte er begriffen.
Aufgegeben.
Diesen Absatz würde ich umformulieren, etwa so:
Als er von den Wellen umhergerissen wurde, hatte er seiner Mutter in die Augen gesehen, hatte begriffen – und aufgegeben.

Unterm Strich solltest du dir die Regeln der Zusammen- und Getrenntschreibung von Verben noch einmal ansehen. Ansonsten habe ich in deinem Text nicht so viele Rechtschreibfehler gefunden. Das Problem liegt in der Kürze deines Textes. Wie schon gesagt, es würde sich lohnen, diesen Text noch einmal neu zu gestalten, denn gut formulieren kannst du.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Ich muss leider noch etwas nachschieben.

Ich habe es auch gerade erst gemerkt und wollte es nochmal hinterher schießen.


Die kleinen, tapsigen Kinderhände, seine blauen Augen, in denen nichts Verletzliches lag.

Das Wort "tapsig" passt mMn nicht zu Händen. Das asoziiere ich eher mit Füßen. Da fällt dir doch bestimmt ein besseres, passenderes Wort ein. Ich denke da an "zierlich" oder "klein" oder "winzig" oder "zerbrechlich".

Außerdem fehlt mich noch eine Reaktion der Mutter, als sie ihr Kind ertrinken sieht. Das Trauern und die Angst kommen beim Rückblick gar nicht durch. Sie weint nicht und ruft auch nicht im Hilfe. Die Mutter sitzt ja die ganze Zeit in ihrem Stuhl oder auf dem Boden und sieht seelenruhig zu, wie Ben ertrinkt.

 

Hi "Mütze"!;) Wow - ein Kalauer zum Mitdenken!

Den Kommentaren meiner Vorredner kann man eigentlich nicht mehr viel hinzufügen, da sämtliche Punkte schon trefflich erwähnt wurden.
Gut gefällt mir die Präzisierung der Diebstähle - jetzt wird zumindest etwas klarer, warum sie geklaut hat. Obwohl es in meinen Augen bzw. Ohren immer noch zu dramatisch klingt. Stehlen muss (noch!) niemand hier, um zu überleben. Na ja, Detailfragen!
Was mir jedoch ebenfalls nicht so zusagt, ist die Sache mit der Fettleibigkeit. Das klingt wirklich zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Dick sein hin oder her - wenn das eigene Kind ertrinkt, würde die Mutter wahrscheinlich einen neuen 100-Meter-Rekord laufen. Stell dir die Situation doch mal vor! Es wäre etwas anderes, wenn eine große Welle kommt und der Kleine ist weg - bitte sehr, das kann ja passieren. Aber bei einem minutenlangen Kampf ums Überleben hätte sich die Mutter bestimmt mal so langsam hochgewuchtet!;)
Wenn du das noch etwas verfeinern würdest, würde das deiner Geschichte bestimmt nicht schaden.

Grüße vom Eisenmann

 

Vielen Dank für alle Antworten und Kritiken. Ich denke, dass ich den Text noch ein Mal neu schreiben werde. Ich habe mich über alle Anregungen und Verbesserungsvorschläge gefreut
LG Kopf B

 

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