Belinda und Dori
Es geschah an einem sonnigen Freitagnachmittag im Mai, als Dori über Belindas Picknickkorb stolperte. Sie hatte einige Frust- und andere Einkäufe in der Fußgängerzone getätigt und schlenderte nun gedankenverloren die Abkürzung über den Schlossplatz und dessen Parkanlage ihrer Wohnung entgegen.
Heute Abend wollte sie gut aussehen, weshalb sie sich bei H&M ein neues T-Shirt und bei Karstadt eine neue Hose gegönnt hatte. Um 20 Uhr hatte sie ein Blind Date mit "Sternenprinzessin", die sie auf ihre Kontaktanzeige im Internet "kennengelernt" hatte. Sie sei gut gebaut, intelligent und gebildet. Mehr Informationen hatte die Sternenprinzessin in ihrem Profil nicht preisgegeben. Fotos wollte sie nicht austauschen und Dori musste sich darauf beschränken, den nicht vorhandenen äußerlichen Eindruck mit Mutmaßungen aus ihrer E-Mail-Korrespondenz zu kompensieren. Lohnte sich ein Treffen mit dieser Frau überhaupt?
Vermutlich hatte sie raumfüllende Maße, oder, was weit schlimmer wäre, einen rasierten
Kopf, in dem unzählige Piercings als "Körperschmuck" steckten. Der Hardcore-Lesbentyp, der Anfang 20 seine rebellische Phase nach außen trägt und manchmal noch mit 30 das
Geklimper im Gesicht präsentiert – das war nicht Doris Fall. Sie fühlte sich eher von Prinzessinnen angezogen, die nicht verleugnen, dass sie eine Frau sind. Eigentlich das komplette Gegenstück zu Doris eher burschikosem, manchmal etwas trampeligem Auftreten. Doch wer fühlt sich schon von seinem Ebenbild angezogen? Höchstens Gott, und so weit reichte Doris Ego eher nicht.
Jäh wurde sie von diesen Gedanken fortgerissen, als sie eine Berührung auf ihrer linken
Schulter spürte. Ein kurzer Blick darauf verriet ihr, dass eine Taube ihre Notdurft auf Doris T-Shirt verrichtet hatte. Schnell hob sie noch im Gehen den Kopf, um den Übeltäter bei einer möglichen späteren Gegenüberstellung als den verantwortlichen Schmutzfinken identifizieren zu können.
Den Blick gen Himmel gerichtet, spürte sie beim Gehen einen leichten Widerstand am linken Fuß, geriet aus dem Tritt und konnte gerade noch rechtzeitig einen unkontrollierten Sturz auf eine in der Wiese ausgebreitete Decke verhindern, deren augenscheinliche Besitzerin mit weit aufgerissenen Augen, wie ein Kaninchen vor der Schlange, das mögliche Unglück gebannt verfolgte. Wieder im Gleichgewicht, sah Dori sich das Durcheinander an, das sie angerichtet hatte.
Großartig! Sie hatte es geschafft, mit nur einer Berührung den Inhalt eines Korbes mit Trauben, Erdbeeren, einem Apfel und einer Flasche Wasser auf der leuchtend gelben Decke zu verteilen und gleichzeitig einen großen Becher Starbuck-Kaffee umzustoßen, dessen Inhalt nun das gesunde Picknick samt Decke durchtränkte.
"Dämlicher Vogel“, dachte sie bei sich, während sie sich unbeholfen bei der Besitzerin dieses heillosen Durcheinanders entschuldigte. "Sorry, ich meine, entschuldigen sie vielmals", sprudelte sie drauflos, "mir hat so eine dämliche Taube aufs T-Shirt geschissen und da hab ich mich nach dem Mistvieh umgesehen. Tut mir leid, dass ich so eine Sauerei angerichtet habe."
Erst jetzt, nachdem sie diese Worte losgepoltert hatte, bemerkte sie, dass die Frau auf der Decke, die nun ebenfalls aufgestanden war, um sich vor den sich immer weiter ausbreitenden Kaffeemassen zu retten, Ende 20 und ausgesprochen attraktiv war und viel zu elegant gekleidet, als dass sie mit diesen einfachen Worten zu beschwichtigen gewesen wäre. Sie machte denn auch keinerlei Anstalten, das Unglück zu verzeihen, schüttelte nur den Kopf und quittierte Doris Entschuldigung mit der lapidaren Feststellung: "So ein Mist."
"Es tut mir wirklich sehr leid," begann Dori von neuem, die Schöne zu
beschwichtigen. "Wie kann ich das wieder gut machen? Wenn sie möchten, bezahle ich die Reinigung der Decke und ersetze das ertränkte Obst und den versickerten Kaffee."
Doch auch dieser Versuch schlug fehl, denn die Frau schüttelte weiter ihren Kopf. "Nein. Ist jetzt auch schon egal. Ich habe eine Waschmaschine und auch keine Lust mehr auf Früchte. Es reicht, wenn sie mir aus dem Weg gehen." Das war eine klare Ansage. Dori fluchte innerlich ob ihrer Unbeholfenheit gegenüber schönen Frauen und ihrem oft so entschlossenen Auftreten. Doch so leicht wollte sie sich nicht mit ihrer Rolle als tolpatschiger Trottel zufrieden geben.
Sie richtete ein kurzes "Bin gleich wieder da" an die Frau, drehte sich um und steuerte entschlossen einen Eisverkäufer an, der an der Bücherei seinen Wagen postiert hatte, und ließ sich zwei große Eisbecher geben, die teuersten und fruchtigsten die er im Sortiment hatte. Sie eilte zu der noch immer mit der Rettung der Decke beschäftigten Schönheit zurück.
"Ich hoffe sie mögen Eis?" fragte sie, während sie ihr einen Becher und den Versuch eines versöhnlichen Lächelns entgegenhielt. "Der Eismann hatte nicht die ganz grosse Auswahl und ich weiß ja auch nicht, welche Sorte sie am liebsten mögen. Ich hab halt einfach mal was ansprechendes genommen. Seien sie mir nicht mehr böse. Okay?"
Die Schöne zögerte einen Moment. Dann umspielte ein leichtes Lächeln ihre Lippen und sie nahm das Friedensangebot an. "Schon in Ordnung", sagte sie und setzte sich auf einen trockenen Fleck ihrer Decke. Am Eis schleckend, signalisierte sie Dori, sich neben sie zu setzen. "Zu viel Kaffee ist sowieso ungesund. Das macht auch das Obst nicht wett." Still genießend saßen die beiden nun nebeneinander.
Dori war immer faszinierter von der Grazie – sie fand kein besseres Wort - der unbekannten Frau und versuchte, sie nicht zu sehr anzustarren, was ihr gewisse Schwierigkeiten bereitete. Sie hatte schöne braune Haare, deren Locken ihr leicht ins Gesicht fielen, dunkle Augen und einen zauberhaften Mund. Wenn sie lächelte, strahlte ihr ganzes Gesicht, und das verführerische Wesen ihrer sinnlichen Ausstrahlung war unwiderstehlich und perfekt.
Wehmütig machte sich Dori bewusst, dass dieser Typ Frau der Männerwelt vorbehalten war, und sie, die tolpatschige Lesbe, deren Leben von einem Durcheinander nach dem anderen bestimmt wurde, nicht die geringste Chance bei diesem Schlag Frau hatte. Oder vielleicht doch einen Hauch? Welchen Leitsatz versuchte sie sich in letzter Zeit zu verinnerlichen: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
"Ich habe mich dir gar nicht vorgestellt", begann sie. "Ich heiße Dori. Zumindest nennen mich alle so. Liegt wohl an dem Film. Darf ich fragen wie du heißt?"
"Belinda", war deren knappe Antwort.
Super, dachte Dori, eine echte Steilvorlage für ein tiefgreifendes Gespräch. Doch so leicht wollte sie sich nicht geschlagen geben.
"Bist du öfter hier? Ich meine im Park, so beim Picknick?" versuchte sie ein
Gespräch anzuleiern.
"Naja, eigentlich nicht, doch heute Mittag habe ich mir frei genommen. Ein bisschen Sonne tanken und entspannen."
"Ich würde das auch gerne mal wieder machen, aber alleine kann ich mich nie dazu aufraffen. Das gehört, glaube ich, zu den Dingen, die ich am liebsten mit einer Partnerin gemeinsam machen würde. Ein Sonnenbad im Trubel der Stadt."
Erst jetzt, als die Worte schon bei Belinda angekommen waren, wurde Dori bewusst, wie
offensiv sie sie eben angegraben hatte. Im Geist nahm sie sich vor, sich später mindestens fünf mal auf den Kopf zu hauen für so viel offensichtliche Dummheit.
"Mein Leben funktioniert auch ohne Beziehung recht gut. Ich will mich nicht von einer Partnerschaft abhängig machen. Deshalb ist es mir wichtig, auch eigenständig meine Freizeit gestalten zu können", erwiderte Belinda, die Doris Anspielung zumindest dem Anschein nach überhört hatte.
"Tut mir leid Dori, aber ich muss jetzt los", sagte sie, stand auf und begann ihre Sachen einzupacken.
"Hast du Lust, mal mit mir einen Kaffe trinken zu gehen? Ich habe heute nichts vor. So als Wiedergutmachung? Den sollte ich ja noch ersetzen", sprudelte es aus Doris Mund, die nun endgültig alle Register zog, um diese Frau wieder zu sehen. Belinda sah sie lange an. "Heute nicht. Vielleicht ein andermal. Wenn du willst, kannst du mir deine Telefonnummer geben und ich ruf dich an, wenn ich mal Zeit habe."
Super. Diese vagen Aussagen waren im Grunde als klare Absage zu betrachten. Ihre Enttäuschung verbergend, schrieb Dori die Nummer auf einen Papierfetzen.
"Wäre schön wenn du dich meldest."
"Klar. Wir sehen uns dann", sagte Belinda und ging Richtung Bahnhof davon. Dori blickte ihr noch einige Zeit nach, schlug sich die aufgeschobenen fünf Mal auf die Stirn und setzte dann frustriert ihren Weg fort.
Großartig. Wie könnte unter diesen Umständen das heutige Date positiv verlaufen? Sie war im Grunde nicht mehr in der Stimmung auf ein Treffen. Sicher würde sie den ganzen Abend an Belinda und deren bezauberndes Lächeln denken, während vor ihr ein lesbisches Ungetüm auf Liebe hoffte. Wieder daheim, bereitete sie sich unbegeistert auf die Verabredung vor, denn irgendwie konnte es ja kaum noch schlimmer werden.
Sie zog das neu erworbene Shirt und ihre „Wohlfühljeans“ an, die, wie sie fand, super ihren Hintern betonten, sowie einen modischen Silberring. Später würde sie vermutlich auf Kaffee verzichten und den aufkommenden Frust direkt mit Bier betäuben. Mit diesem Notfallplan im Gepäck verließ sie pünktlich ihre Wohnung, um frühzeitig vor dem verabredeten Szenelokal auf ihre Abendgesellschaft - die Katze im Sack, wie sie sie nunmehr im Stillen bezeichnete - zu warten.
Sie wartete noch nicht lange, da bemerkte sie aus einiger Entfernung Belinda auf sich zu kommen. Der Tag versprach immer schlechter zu werden. Einerseits freute sie sich, die Schöne wiederzusehen, und ihr Herz pochte immer aufgeregter, je näher sie kam. Andererseits könnte jeden Moment ihre Verabredung um die Ecke kommen. Was sollte sie tun? Darauf hoffen, von der Unbekannten nicht angesprochen zu werden, während sie mit Belinda ein Wiedersehensgespräch führte, oder beflissentlich auf den Boden schauen und hoffen, dass Belinda, die die schönste Frau der Welt und definitiv nicht an ihr interessiert war, sie gar nicht ansprechen und einfach an ihr vorbeiziehen würde wie der letzte Hauch von Glück.
Schnell entschied sie sich für letzteres, denn sie wollte lieber hoffnungslos auf einen
Anruf von ihr warten, als reell vor den Kopf gestoßen zu werden. Sie senkte ihren Blick, anscheinend vertieft in Gedanken über ihre Schuhe, und versuchte, sich so klein und unscheinbar wie nur irgend möglich zu machen. Belindas klackernde Schritte, die von schicken Stiefeln herrührten, kamen immer näher, wurden langsamer, und schließlich blieb sie stehen.
"Hallo Dori! Das ist wirklich ein Zufall, gerade dich hier zu treffen. Bist du hier verabredet? Glaubst du an Schicksal?"
Langsam sah Dori auf. Belinda sah ihr prüfend ins Gesicht, nachdem sie die Frage gestellt hatte.
„Kommt darauf an,“ antwortete Dori. Sie war derart überrascht, dass sie nun auf Belindas Frage ungehemmt antwortete.
„Meine Mutter glaubt total an diesen esoterischen Kram. Sie rechtfertigt auch vieles, das sie nicht erklären kann mit: Es ist himmlisch gegeben. Sie glaubt felsenfest an Mystik. Zum Beispiel sagt sie: Wenn du deine Beine rasierst musst du darauf achten, dass abnehmender Mond ist. Die Haare werden nicht so schnell nachwachsen und auf Dauer, wenn du dich an die Regel hältst, weniger. Ich antworte auf diese himmlischen Mysterien dann meistens, dass ich auch bei Vollmond dreimal um den Kompost laufen und dabei wie ein Wolf heulen kann, damit mein Körperhaarwuchs sich verringert. Aber mal im Ernst. Der Glaube an Schicksal ist doch nur in einem positiven Zusammenhang angenehm.“
„Vielleicht hast Du Recht.“ Belinda war nun ganz Zuhörerin geworden und wartete gespannt auf die Fortsetzung von Doris Ausführungen, die nichts mit einem rauschenden Wasserfall gemein hatten, sondern eher klangen wie ein Bach, der in aller Ruhe dahinplätschert.
„Willst du an Schicksal glauben, wenn deine Waschmaschine zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt kaputt geht? Oder wenn du hörst, dass Kinder sterben? Wohl kaum. Aber wenn sich bei einem Missgeschick ein direkter positiver Kontext ergibt, nehmen wir unser Schicksal gerne an. Wie zum Beispiel die Taube. Der Vogel hat mich in den glücklichen Kreis der Auserwählten gehoben die es schaffen, trotz geringer Wahrscheinlichkeit getroffen zu werden. Ebenso gut hätte mich auch ein Dreier im Lotto erwischen können. Doch durch dieses Missgeschick, den schicksalhaften Treffer, wurde ich veranlasst nach oben zu sehen, stieß deinen Korb um und werde nun von dir, der Fügung entsprechend, wahrgenommen. Der positive Zusammenhang ist zeitnah ersichtlich. Da glaube ich dann gerne an Schicksal,“ grinste sie.
Belinda sah Dori eine gefühlte Ewigkeit lang schweigend an. „Wollen wir noch ein Stückchen spazieren gehen? Es ist noch mild und die Nacht klar. Hast du Lust?“ fragte sie.
Dori lächelte und wandte sich Richtung U-Bahn Haltestelle Schlossplatz. „Lass uns aber rausfahren. In der Stadt geht man im nächtlichen Wochenendtrubel unter. Im Freien können Gedanken weiter schweifen und werden nicht von den Häuserschluchten verschluckt.“
Belinda blieb abrupt stehen, sah Dori eindringlich an und setzte dann mit ihr den Weg zur
Haltestelle fort.
„Du bist eine seltsame Mischung aus Quatsch und Ernst.“ brach Belinda eine längere Schweigepause. Sie bestiegen die U-Bahn und fuhren aus der stickigen Stadt.
Nach endlosen 20 Minuten im Zug, die sie damit verbrachten über Belanglosigkeiten zu sprechen, die einem nur in öffentlichen Verkehrsmitteln einfallen, gelangten sie an ihr Ziel. Der Scharnhauser Park. Dori kannte sich in dieser eher ländlichen Gegend gut aus und führte Belinda zum ehemaligen Gelände der Landesgartenschau, die hier vor Jahren stattgefunden hatte. Die große Fläche wurde häufig von passionierten Drachenfliegern genutzt, denn die Wiese lag auf einer Hochebene, die einen schönen Blick auf das im Tal befindliche Scharnhausen freigab. In ihrem Rücken die Lichter des perfekt von Stadtplanern errichteten Wohngebietes als sicheren Anker der Zivilisation wissend, schlenderten die beiden an Skulpturen vorbei, die in der Dunkelheit unwirklich erschienen. Aus weiter Ferne drangen nur die Geräusche der Autobahn zu ihnen, als Dori stehen blieb und sagte: „Pinguine bewegen sich genauso wie Robben, aber niemand würde sagen: sie hat sich rangepinguint. Das würde auch etwas kompliziert und komisch klingen.“
„Wie kommst du jetzt darauf?“ fragte Belinda.
„Nur so. Ich wollte das Eis brechen und hoffte, du lächelst.“
Belinda lächelte tatsächlich. Ihr Gesicht wandelte sich von skeptisch-fragend zu offenstrahlend.
Dori hatte das Eis gebrochen.
„Du bist wirklich bezaubernd wenn du lächelst. Ich hatte große Angst vor dem heutigen Abend. Ich wollte dich kennenlernen, deine Mails waren sehr interessant und du hast mich neugierig gemacht. Aber da du mir kein Foto schicken wolltest, dachte ich, du würdest dem Lesben-Klischee entsprechend uninteressant aussehen. Ich weiß, dass das ziemlich oberflächlich ist, aber ich kann mich halt auch nicht in jede Frau verlieben. Da sind die meisten chancenlos“, sagte sie. „Meine Erfahrung ist, dass die meisten
Frauen nur nach meinem Äußeren urteilen. Sie sehen ein Bild von mir und sind direkt verliebt. Oder, was noch schlimmer ist, sie wollen nur mit mir ins Bett. Eine Herausforderung für die Trophäensammlung. Ich hatte deine Mails gemocht und wollte wissen ob du wirklich an mir als Mensch interessiert bist.“
„Habe ich bestanden?“ fragte Dori. Belinda blieb stehen und blickte von Doris Gesicht zu deren Hand hinab. Ein schlichter Silberring zierte ihren linken Ringfinger. Sie sah wieder auf, lächelte, und fragte sich dabei, ob Dori ihr laut klopfendes Herz hören konnte. Ob sie ahnte, welche Schauer Belinda über den Rücken liefen. Sie dachte schon, dass ihr Blick fast flehend wirken musste, als Dori endlich ihre Hand nahm. Kurz erholten sich die zwei von der elektrisierenden Spannung, die in der Luft lag. Sie gingen ein Stück weiter, während sie gegenseitig ihre Finger streichelnd ertasteten, die sanfte Berührung genießend. Einen Moment Luft holend das Glück fassen.
Sie setzten sich auf einen Felsen am Wegesrand. Der große Findling wirkte deplatziert
in dieser Umgebung. Vermutlich war dies ebenso die Idee eines Landschaftsarchitekten wie die übermenschlich großen Tierskulpturen. Die Nachtluft erfrischte und die Sterne strahlten zu tausenden am Nachthimmel. Sie sahen beide hinauf.
„Glaubst du, dass man einen Wunsch frei hat wenn man eine Sternschnuppe sieht?“ fragte Dori.
„Ich glaube schon. Du darfst ihn nur nicht aussprechen.“
Lange saßen sie so mit dem Kopf im Nacken da, schweigend und genießend, als für einen kurzen Augenblick ein Feuerpfeil durch den Nachthimmel schoss. Mit unausgesprochenen Wünschen auf ihren Lippen sahen sie einander lange an, eine gefühlte Ewigkeit allen Mut zusammen nehmend, tapfer den Wunsch zu erfüllen und endlich die bebenden Lippen zu küssen.
Es war ein schüchterner erster Kuss. Sanft berührte Dori Belindas Mund mit ihren Lippen.
Küsste langsam, zitternd, fragend, bis Belinda langsam ihre Lippen ein wenig öffnete und ihre Zungen sich kurz berührten.