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Belanglos
Ein belangloser Tag im März 2003
Ich drücke meine fünfte Zigarette in den Aschenbecher und starre aus dem Fenster. Von dem Klingeln der Türglocke begleitet betritt Jan das Cafe. "Saukalt draußen", sagt er, als er sich auf die enge Bank quetscht. "Ich warte schon seit einer halben Stunde", sage ich.
"Ich war noch zu Hause."
Wir schweigen. Ich rühre mit dem Strohhalm in meiner Cola-light und überlege ob ich noch eine rauchen soll.
"Und?", frage ich.
"Was und?"
"Was hast Du da solange gemacht?"
"Ich hab gegessen. Meine Eltern haben mir 20 Euro gegeben."
Ich schweige wieder und denke an Sex mit Torsten. Aus dem Radio ertönt der Nachrichtensprecher, mit den neuesten Informationen zum Irak-Krieg.
"Was hältst Du davon?", fragt Jan.
"Wovon?"
"Vom Krieg."
"Keine Ahnung. Ist doch immer dasselbe. Ich habe Hunger."
„Dann bestell was.“
Ich blättere gelangweilt die Karte durch und lege sie wieder weg. „Gehst Du zur Demo?“
„Es ist kalt draußen“, antwortet Jan.
Ich höre wieder dem Nachrichtensprecher zu, der gerade von der möglichen Anzahl verletzter Menschen im Irak berichtet. Jan gähnt. Er sieht hässlich aus, wenn er gähnt. Ich frage mich, ob ich auch so aussehe, wenn ich gähne.
„Was denkst Du?“, fragt Jan.
„Nichts. Ich weiß nicht, was ich bestellen soll.“ Ich kaue auf meinem Strohhalm und schaue wieder aus dem Fenster. Ich überlege, ob ich Jan erzählen soll, dass ich mit Torsten geschlafen habe. Er sagt irgendwas und schaut mich fragend an. Ich habe nicht zugehört. „Ja“, sage ich. Er scheint beruhigt. Ich schaue auf die Strasse und beobachte einen Betrunkenen, der versucht mit seiner Bierbüchse zu telefonieren.
„Ich geh jetzt.“
„Wohin?“, fragt Jan.
„Nach Hause.“
„Okay, bis heut Abend.“
„Hm?“
„Na ja, wir wollen doch Video schauen. Du sagtest doch gerade ’Ja’“
Das war es also, denke ich. „Okay, bis heut Abend.“
Dann gehe ich zu Torsten und schlafe mit ihm. Wieder zu Hause bade ich und warte auf Jan. Später sitzen wir gemeinsam vor dem Fernseher, trinken Bier aus Flaschen und schauen uns einen Kriegsfilm an.