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Bei Oma fallen keine Bomben

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09.06.2015
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Bei Oma fallen keine Bomben

In den Großstädten wurde das Leben immer gefährlicher. Anfang des Jahres 1943 mussten alle Kinder die Stadt Nürnberg verlassen, die Volksschule wurde geschlossen. Lange Züge transportierten die Jungen und Mädchen in ruhige Gebiete Deutschlands, um dort den Krieg gefahrlos zu überstehen.

Meine Eltern beschlossen, dass ich in Landau, bei meiner Großmutter, der Mutter meiner Mutter, wohnen und in die Schule gehen sollten.
Ein Vertreter der Weinhandlung meiner Onkel, der zufällig in Nürnberg war, begleitete mich auf der Fahrt mit dem Zug nach Landau. Mutter gab mir ein Köfferchen mit einigen Kleidungsstücken mit, in das sie auch eine Tüte mit Gebäck legte.
„Für die lange Bahnfahrt“, sagte sie. „Vergiss nicht, Herrn Weiß auch etwas anzubieten.“
Schließlich saß ich im Zug und schaute zum Fenster hinaus. Häuser, Bäume, Wälder und Felder flogen vorüber. Als mir langweilig wurde, erinnerte ich mich an die Tüte mit den Plätzchen.
„Würden Sie mir bitte meinen Koffer herunter holen?“, bat ich meinen Begleiter, der sich in eine Lektüre vertieft hatte.
„Möchten Sie auch ein Plätzchen?“ Ich hielt ihm die Tüte hin.
Er wollte nicht. Also nahm ich mir selbst einen Keks, legte die Tüte in den Koffer zurück und bat den netten Herrn, ihn wieder ins Gepäcknetz zu befördern.
Während der nächsten halben Stunde beobachtete ich die fliegenden Wolken am Himmel und immer wieder Wälder und Dörfer. Ich verspürte Lust auf einen weiteren Keks.
„Würden Sie mir den Koffer noch einmal runter holen, bitte?“
Schon lag das Gepäckstück auf meinem Sitz. Ich nahm die Tüte heraus, fragte, ob Herr Weiß ein Plätzchen wolle, er verneinte, ich nahm mir eines und der Koffer landete wieder über meinem Kopf, an seinem alten Platz. Der Gedanke an meine Gepäcktüte unterbrach die langweilige Fahrt, denn jede halbe Stunde wiederholte ich meine Bitte, mir den Koffer herunter zu holen. Nach dem fünften Mal hatte mein Begleiter eine Idee.
Schmunzelnd meinte er, ob ich die Tüte nicht lieber neben mich auf das Polster legen wolle. „Ja, klar!“, dass ich daran nicht früher gedacht hatte. So passierte es, dass die Tüte leer war, noch bevor wir in Landau angekommen waren.

Oma holte mich am Bahnhof ab. Sie trug ein schwarzes Kleid und um den Hals ein ebensolches Samtband, das mit Perlen bestickt war. Oma war sehr schlank, beinahe ein wenig dünn. Ihre schneeweißen Haare schauten schön frisiert unter einem eleganten Hut hervor. Großmutter begrüßte mich herzlich und dankte Herrn Weiß für die Begleitung. Ob er ein Taxi besorgen solle, fragte der freundliche Herr, doch Oma verneinte. „Wir haben ja nicht weit.“ „Zu Hause nehmen wir immer ein Taxi!“, verkündete ich forsch. Oma überhörte meinen Einwand und verabschiedete sich förmlich. Ich machte einen Knicks und folgte Großmutter, die sich mit dem Koffer in der Hand bereits auf den Weg gemacht hatte.
Gegenüber vom Stadtpark erreichten wir Omas Anwesen, ein schmuckes Zweifamilienhaus mit einem großen Hinterhof, in dem sich die Weinkellerei meiner beiden Onkel befand.

Oma hatte einen Kuchen gebacken und den Tisch gedeckt. Munter plaudernd saßen wir beisammen, ein großes Bild von meinem verstorbenen Großvater schaute von der Wand auf uns herab. Opa war schon lange tot. Er war nur fünfzig Jahre alt geworden.


Ein Sonnenstrahl stahl sich durch einen Spalt des Vorhangs und malte Kringel auf den Parkettboden. Ich lag in einem großen Bett und betrachtete die beiden Engelsköpfe, die mich von der gegenüberliegenden Wand anschauten. Die Tür war ins Schloss gefallen. Oma ist auf dem Weg zur Kirche, überlegte ich.

Gestern erst war ich in Landau, bei Oma, angekommen. Eine lange Bahnfahrt lag zwischen meinem Elternhaus und der kleinen Stadt, in der ich jetzt zur Schule gehen sollte. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen.
„Bei Oma fallen keine Bomben“, hatte Mutti gesagt. „Bei Oma ist es lustig, da wird es dir gefallen.“
Lustig? Ich überlegte angestrengt. Was hatte Mutti wohl mit lustig gemeint?
„Deine Röcke sind zu kurz, Kind“, hatte Oma bemerkt, als sie den Koffer ausgepackt hatte. „Deine Röcke sind viel zu kurz. Lässt dich deine Mutter so herumlaufen?“
„Aber Oma, wir können doch nichts Neues kaufen. Es gibt keine Stoffe“, hatte ich erwidert. Doch die Großmutter hatte nur den Kopf geschüttelt. „In die Kirche kann ich dich so nicht mitnehmen.“
„In die Kirche, Oma?“
„Das fragst du? Kind, willst du denn nicht in den Himmel kommen?“
„In den Himmel, Oma? Du meinst, wenn wir sterben müssen?“
„Ganz richtig. Man muss vorbereitet sein.“
„Aber Oma, Mutti hat gesagt, in Landau fallen keine Bomben.“
„Sterben kann man immer“, hatte Oma geantwortet und war in die Küche gelaufen, um das Abendessen vorzubereiten.


Mit beiden Beinen gleichzeitig sprang ich aus dem Bett. Ich lief zum Fenster, zog den Vorhang zurück, sah auf die Straße und beobachtete den Park, gleich gegenüber. Kein Mensch weit und breit. Still war es da draußen und still in der Wohnung. Papa wird jetzt Hexe spazieren führen, fiel mir ein. Als ich an unseren Dackel dachte, spürte ich ein Kratzen im Hals. Ob man mich zu Hause vermissen würde?
Auf nackten Füßen machte ich mich auf den Weg, Großmutters Wohnung zu erkunden. In Omas Schlafzimmer war das Fenster weit geöffnet, das Bett und die Kopfkissen zum Lüften über das Fensterbrett ausgelegt. Die frühe Morgensonne spiegelte sich in den Fotos, die in silbernen Bilderrahmen auf einem Schränkchen standen. Bilder von meinem längst verstorbenen Großvater neben Fotos von Omas vielen Enkelkindern. Meine Cousinen, beide mit riesig großen Haarschleifen, entdeckte ich neben dem Hochzeitsfoto meiner Oma. Wie ernst sie aussieht, dachte ich. Lange betrachtete ich das silberne Kreuz auf Omas Nachtschränkchen. „Das legt man mir in den Sarg, wenn ich einmal sterbe“, hatte mir Oma gestern erklärt. Der Gedanke an den Tod machte mir Angst. In einem Sarg zu liegen wollte ich mir nicht vorstellen. Schnell lief ich weiter durch das große Wohnzimmer zum Esszimmer am Ende des langen Korridors. Vor der Vitrine machte ich Halt. Oma hatte genauso viele und kostbare Nippes wie Mutti. Mutti! Ich spürte ein komisches Gefühl in mir aufsteigen, ein Gefühl, das fremd war und ein Loch in meinen Bauch zu bohren schien. Meine Augen wurden feucht, der Mohr in der Vitrine verschwand hinter einem Schleier. Doofer Mohr, ich zog die Nase hoch und legte meine Hand auf das Glas der Vitrinentür. In der Diele gongte die Standuhr. Meine Hand zuckte zurück.
Ich lief in den Flur und beobachtete den metallenen Perpendikel, der sich gleichmäßig hin und her bewegte. Hin, her, hin, her. So vergeht die Zeit, hatte mir Mutti erklärt. Ich stieß ihn ein wenig an, da kam er aus dem Takt und bewegte sich schneller. Je fester ich ihn anschubste, umso weiter flog er rechts und links aus dem Gehäuse heraus. Das Spiel faszinierte mich, doch das bohrende Gefühl in meinem Bauch wurde heftiger, auch fing ich zu frieren an. Kalt, mir war plötzlich eiskalt. Ich werde krank werden, ich fühlte es ganz deutlich. Wenn Oma von der Kirche zurück war, musste sie mich ganz schnell wieder nach Hause schicken.

Mein Köfferchen lag oben auf dem Schrank, ich kletterte auf einen Stuhl und angelte es herunter. Die wenigen Kleidungsstücke waren schnell eingepackt. Geschwind zog ich mich an, schnürte meine Schuhe zu und als Oma die Tür aufschloss, stand ich, mit dem Koffer in der Diele, fertig zum Abmarsch bereit.
Oma betrachtete mich schweigend, dann schaute sie auf die Zeiger der Uhr. Sie bewegten sich nicht mehr, genauso wenig wie der Perpendikel.
„Die Uhr ist kaputt!“, sagte sie, nahm meinen Koffer und schickte mich ins Badezimmer. „Kämm dir die Haare, Kind, gleich gibt es Frühstück!“

 

Hallo Amelie!

Auch dir einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Zu deiner Geschichte: Ich finde sie ehrlich gesagt ziemlich unspektakulär und relativ nichtssagend. Deine Einleitung mit der Kinderlandverschickung und den Schrecken des zweiten Weltkriegs ist natürlich schlimm, aber wenn du als Setting schon ein Kriegsweihnachten wählst, warum gehst du denn dann in deiner Geschichte nicht darauf ein?
In dieser Form jedenfalls war die Rahmenhandlung vollkommen austauschbar - es gab, mit Ausnahme des Heimwehs vielleicht, leider keinerlei Aspekte, die jetzt Betroffenheit, die Tragik dieser Epoche oder sonstige tiefere Emotionalität bei mit wecken konnten.
Deine Bilder über Tod und Sterben, verrinnende Zeit, usw. hatten auch keinen näheren Bezug zum Krieg oder eine andere Dramatik.
Müsste ich deine Geschichte zusammenfassen, dann würde es sich wohl auf den lapidaren Satz beschränken: Ein Mädchen, dass Weihnachten bei der Oma verbringt, vermisst seine Eltern.
Und nun??

Dein Stil ist ja wirklich nicht schlecht und du kannst die Bilder deiner Geschichte gut beschreiben, aber die Handlung an sich ist zumindest in meinen Augen wirklich sehr mager. Dabei hätten schon ein paar feine Andeutungen bzgl. des Krieges sicher gereicht, um deine Geschichte wesentlich eindrucksvoller zu gestalten.

Sprachlich habe ich noch eine kleine Anmerkung:

der schwarze Moor

Erstens meinst du (glaube ich jedenfalls) wohl den "Mohr", und nicht das "Moor"; und zweitens ist das eine Tautologie: Mohren haben die Eigenschaft, schwarz zu sein;)

Aber nichts für ungut, andere Leser können deine Geschichte ja auch mit anderen Augen sehen als ich!

Viele Grüße,
Eisenmann

 

Liebe Amelie, mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Sehr bildhaft und gerade das Unaufgeregte gefällt mir sehr gut!
Nur die Einleitung für den Schluss finde ich ein wenig abrupt.
Aber das ist sicher Geschmackssache.

Auch dir einen guten Rutsch in ein erfolgreiches Jahr 2016!

LG Sig

 
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Hallo Eisenmann, auch wenn dir meine Geschichte nicht gefallen hat, bedanke ich mich fürs Lesen und für deinen Kommentar! Es ist ja keine Kurzgeschichte im eigentlichen Sinne, es handelt sich um eine Biografie. Und Anfang des Jahres 1943 ist Weihnachten schon lange vorbei. Der Mohr ist korrigiert. Danke!

Auch dir ein Dankeschön, Sig, für dein Interesse an meinem Text. Dass dich meine Geschichte erreicht hat, freut mich sehr!

Die Einleitung ist jetzt erweitert, ich habe ein paar Seiten zurück geblättert. Es handelt sich um einen Auszug aus meiner Biografie, in der ich 170 Seiten lang von meiner Kindheit im Zweiten Weltkrieg erzähle.


Nochmals Danke und ein frohes Neues Jahr!
Amelie

 

Hallo AmelieS!

Interessante Umkehrung: In Landau, wo das Mädchen Zuflucht vor der Todesgefahr durch Bomben findet, wird sie mit dem Tod, zumindest mit Endlichkeit, konfrontiert: das silberne Kreuz, das zur Großmutter in den Sarg gelegt werden wird, ihre Kirchgänge, mit denen sie sich auf den Tod vorbereitet. Auf die Oma, die ja in Landau Ersatzmutter für das Mädchen wird, fällt der Schatten des Todes - dabei halten wir Menschen, solange wir noch unbeschwerte Kinder sind, unsere Eltern für unsterblich! So etwas wird einem Kind unheimlich und sie möchte fliehen, und zwar ausgerechnet nach Nürnberg, wo der Tod durch Bomben wartet.

Wie schön wäre es doch, wenn man zaubern könnte, um sich aus solch einer unheimlichen Situation zu befreien! Sie versucht es, gibt dem Perpendikel der Standuhr Schwung, damit die Zeit, die sie von den Eltern getrennt verbringen muss, schneller verfließe. Doch sie erreicht das Gegenteil: Der Perpendikel steht still. Das wird wohl ein längerer Aufenthalt in Landau.

Im Märchen erscheint einem Kind, das in eine unheimliche Situation geraten ist, oft ein wohlwollender Helfer. Solch ein Helfer war auf der Fahrt Herr Weiß, der ihr den Koffer mit den Keksen herunterholte. Solch einen Helfer hätte sie auch im unheimlichen Haus der Großmutter gerne, als in ihrem Inneren die Absicht zu fliehen keimt. Es könnte der Mohr sein, für ein Kind damals eine exotische Figur aus der Märchenwelt: Doch er wird es nicht, was sie enttäuscht und wütend macht ("Doofer Mohr") - ihren Koffer muss sie selbst herunterholen. So wird sie zugleich weniger kindlich und reifer.

Deine Geschichte hat Tiefe!
Grüße
gerthans

 

Hallo gerthans, dein Kommentar ist so schön und einmalig, dass ich gerade andächtig davor gesessen habe. Du hast eine wunderbare Gabe, dich in einen Text zu vertiefen, dass ich dir herzlich danken möchte, dass du meine Erinnerung so nahe an dich heran gelassen hast. Ich freue mich!

Ein glückliches Neues Jahr!
Amelie

 

@ AmelieS

Ich habe deine guten Wünsche aus der Geschichte rauskopiert und stelle sie hier nun rein, weil unter Geschichten bitte nichts stehen soll.

Ich wünsche Euch allen ein glückliches Neues Jahr!

 

Hallo AmelieS,

Ich höre gerne zu, wenn jemand aus seinem Leben erzählt und ich lese gerne Biografien.
Auch Deine Geschichte habe ich gerne gelesen, weil sie wie ein Streiflicht aus Deinem Leben ist.

Die Szene im Zug mit den Keksen haben mich zum Lachen gebracht. Da muss ich Herrn Weiss direkt ein Kränzchen dafür winden, wie er Deinen Koffer immer wieder hinauf und hinunter beförderte.

In die Gefühle der heimwehkranken Amelie konnte ich mich gut hineinversetzen, da ich selber auch Heimweh hatte, wenn ich von den Eltern getrennt war.

Auch Oma konnte ich mir gut vorstellen. Es war für sie und sicher auch für Deine Mutter nicht einfach, als Opa so früh starb. Mein einziger Bruder starb auch mit 50 Jahren. Das war hart.

Amelie, Du kannst sehr bildhaft schreiben. Das finde ich schön.

Ich wünsche Dir ein glückliches Neues Jahr mit vielen frohen Momenten.

Marai

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo AmelieS,

Ich höre gerne zu, wenn jemand aus seinem Leben erzählt und ich lese gerne Biografien.
Auch Deine Geschichte habe ich gerne gelesen, weil sie wie ein Streiflicht aus Deinem Leben ist.

Die Szene im Zug mit den Keksen hat mich zum Lachen gebracht. Da muss ich Herrn Weiss direkt ein Kränzchen dafür winden, dass er geduldig Deinen Koffer immer wieder hinauf und hinunter beförderte.

In die Gefühle der heimwehkranken Amelie konnte ich mich gut hineinversetzen, da ich selber auch starkes Heimweh hatte, wenn ich von den Eltern getrennt war.

Auch Oma konnte ich mir gut vorstellen. Es war für sie und sicher auch für Deine Mutter nicht einfach, als Opa so früh starb. Mein einziger Bruder starb auch mit 50 Jahren. Das war hart.

Amelie, Du kannst sehr bildhaft schreiben. Das finde ich schön.

Ich wünsche Dir ein glückliches Neues Jahr mit vielen frohen Momenten.

Marai

 

Danke, Marai, für deinen liebenswürdigen Kommentar, über den ich mich sehr gefreut habe! Und ich danke dir auch ganz besonders für die guten Wünsche zum Neuen Jahr. Ich habe mir viel vorgenommen, dafür benötige ein Quäntchen Glück.

Meinen Großvater habe ich nicht in Erinnerung. Er ist ja viel zu früh gestorben. Oma hatte fünf Kinder, zwei Jungens und drei Mädchen. Sie ist über 90 Jahre alt geworden, eine starke Persönlichkeit.

Viele gute Wünsche auch für dich, Marai!
Amelie

 

Der Gedanke an den Tod machte mir Angst. In einem Sarg zu liegen wollte ich mir nicht vorstellen.

Gottfried Keller hat seine Gedanken über den Tod in einem elend langen Gedicht ("Lebendig begraben") in jungen Jahren niedergeschrieben, und daran erinnert mich das Zitat. Während des Lesens,

liebe Amelie,

dachte ich mir, dass aufgrund der einfachen Erzählweise, die sich eng an die Schulgrammatik hält, Du Deinen Enkeln (D)eine Geschichte aus Deiner Kindheit erzählst und eine Reise - womöglich die erste überhaupt allein mit der Eisenbahn, sehn wir mal vom guten Geist des Herrn Weiß ab - bedeutet für jedes Kind Aufregung und Spannung genug, die tatsächlich kurz nach Stalingrad eine besondere Note erhält. Wenn einer eine Reise macht ... Gerthans hat schon einiges gesagt, dem eigentlich nur noch zuzufügen ist, dass Zeit und Raum zusammengehören, Veränderung (= Bewegung) Zeit kostet und ist. Wer keine Zeit hat, sei tot, heißt es, wofür die Uhr stehen mag.

Noch ein paar Kleinigkeiten, wie hier die Frage nach dem Fragezeichen!

„Ja, klar!“, dass ich daran nicht früher gedacht hatte?
und'n paar Kommas
„Zu Hause nehmen wir immer ein Taxi!“[,] verkündete ich forsch.
„In den Himmel, Oma? Du meinst[,] wenn wir sterben müssen?“

Gern gelesen vom

Friedel,
der noch ein gutes neues Jahr wünscht (340 Tage vor Toresschluss darf man das noch)

 

Hallo AmelieS,

Ich nehme an, dass du ziemlich genau deine Erinnerungen wiedergegeben hast. Da mag man es nicht so gerne, wenn man aus literarischen Gründen Bezüge herstellen soll, die es nun mal nicht gegeben hat. Sonst hätte man dir vielleicht eine Reisebegleitung geben können, die irgendwie den Aufenthalt bei der Großmutter thematisiert. Und erst recht wäre der Tod deiner Großmutter - ein schrecklicher Gedanke - ein wirkungsvoller Kontrapunkt geworden. Aber wie gesagt, ich gehe davon aus, dass es sich um einen Auschnitt aus deiner Biografie handelt, und da gelten andere Regeln.

Zwei Anmerkungen noch:
Du wechselst zwischen Oma und Großmutter , wobei mir außer der Vermeidung von unschönen Wiederholungen kein stichhaltiger Grund einfällt.
...hatte Oma geantwortet und war in die Küche gelaufen, um...
Also die Oma hat doch sicher nichts anbrennen lassen, dass sie es so eilig hatte:lol:

Mir gefällt dein Geschichte sehr gut. Sie erinnert mich im Duktus an eigene Erlebnisse.
Es wäre schön, wenn es den Tag "Zeitgeschichte" gäbe, "Historik" ist einfach zu pauschal.
Gruß wieselmaus
,

 
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Hallo lieber Friedel, ich freue mich, dass du meine Geschichte gelesen hast. Herzlichen Dank für die positive Kritik! Wieder einige Kommas, die aus dem Text gepurzelt sind. Ich werde sie schnell an Ort und Stelle einfügen. Danke!

Liebe wieselmaus, Danke auch dir fürs Lesen und für deine Gedanken zu meinem Text.

Oma oder Großmutter, ja, darüber habe ich mir bis jetzt keine Gedanken gemacht. Vermeidung unschöner Wiederholungen dürfte der Grund sein.
Hat denn "laufen", etwas mit Eile zu tun? Bei dem Gedanken an Eile würde ich rennen verwenden. "laufen, irgendwohin", kann man ersetzen durch: sich begeben, hinbegeben, wenden, wegbegeben, gehen. (Sag es Treffender. A:M: Textor)

Dass dir meine Geschichte gefallen hat, freut mich!

Die Erzählung ist meiner Biografie entnommen, die ich gerade, in Form eines Buches, veröffentliche.
220 Seiten Erinnerungen an meine Kindheit im Zweiten Weltkrieg.
Meine Oma ist über 90 Jahre alt geworden. Ich widme ihr mehrere Kapitel in meinem Buch.

Liebe Grüße an dich, wieselmaus und an dich, Friedel!
Amelie

 

Hallo AmelieS,

eine melancholische Geschichte. Es ist ein Stück Erinnerung aus deinem Leben, mir ist es Gott sei dank erspart geblieben, die Wirren des Krieges mitzuerleben.
Die Situation, die du beschreibst, hat sich wahrscheinlich in vielen Familien abgespielt. Aber ein Garant war das Land auch nicht immer. In unserem Dorf hatte ein Bomber seine Last abgeworfen, weil er einen Motorschaden hatte. Ich kann mich gut erinnern, dass einige ältere Jungs den Propeller aus einem Dorfteich geborgen hatten. Nach so vielen Jahren. Die Bomben hatte Häuser beschädigt und große Trichter hinterlassen. Verletzt wurde glücklicherweise niemand dabei, nur der Pilot ist ums Leben gekommen.

Mit dem Schluss deiner Geschichte hadere ich ein wenig. Ich habe jetzt noch keine Kommentare gelesen, weiß also nicht, ob da schon diskutiert wurde. Ich möchte nur meinen Eindruck schildern.

Ich sehe eine schlimme Ahnung in deiner Protagonistin hochsteigen, zu Hause in Nürnberg sind Bomben gefallen und die Mutter lebt nicht mehr, oder ist verwundet. Du verstärkst das mit dem Stehenbleiben der Uhr. Bei der Oma kommen nicht solche Gedanken. Sie denkt, die Uhr ist kaputt, was ja auch wahrscheinlich ist, nachdem die Kleine mit dem Perpendikel so rumgespielt hat. Der Schluss bringt den Rhythmus der Geschichte durcheinander. Kann aber auch sein, das ist gewollt. Auf mich hat’s störend gewirkt.

Bilder von meinem längst verstorbenen Großvater neben Fotos von Omas vielen Enkelkindern.

Ich hätte hier nicht noch mal betont, dass der Großvater längst verstorben ist. Das hast du weiter vorn schon erwähnt. Das hat mich hier bisschen aus dem Lesefluss gehauen.

Aber sonst hat mir die Geschichte gefallen. Gut geschrieben, gut erzählt.

Schönen Gruß
khnebel

 

Lieber khnebel, du hast meine Geschichte gelesen und dir einige Gedanken dazu gemacht.
Kinderlandverschickung war keine freiwillige Entscheidung. Hitler hatte angeordnet, dass alle Kinder die Großstädte verlassen müssen. Wer keine Verwandten hatte, wurde in fremden Familien untergebracht.

Der Schluss: Bis jetzt hat noch keiner meiner Kritiker zu dem Schluss etwas geschrieben. Ich dachte, es wäre verständlich, dass ich heftiges Heimweh bekam. Und das Spiel mit der Uhr hat tatsächlich so stattgefunden.
Nein, es sind keine Bomben auf das Haus gefallen, in dem wir wohnten. Kurze Zeit später kamen meine Mutter, meine Schwester und der Dackel auch zu Oma nach Landau.

Die Geschichte ist meiner Biografie entnommen, die ich gerade veröffentliche. Es kann nicht mehr lange dauern, bis man das Buch bei Amazon kaufen kann.

Ein Verlag schrieb mir auf meine Anfrage: "Es ist eine wichtige Geschichte, die heutigen Kindern klarmachen kann, wie die ganz normalen Kinder damals den Krieg erlebt haben.
Insofern ist es natürlich ein Buch, das sich lohnt, veröffentlicht zu werden."

Ich habe mich entschlossen, selbst zu veröffentlichen. Das ist für eine Biografie, so man nicht Prominent ist, die beste und preiswerteste Lösung. Und die meisten meiner Bücher werde ich verschenken.

Danke, khnebel, für dein Interesse.
Liebe Grüße!
Amelie

 

Liebe Amelie,

Hitler hatte angeordnet, dass alle Kinder die Großstädte verlassen müssen.

Ich bin Jahrgang 1951, da war das, Gott sei dank, alles vorbei. Auf dem Dorf haben da bestimmt meine Eltern nichts mitgekriegt. Mein Vater war im Krieg, meine Mutter lebte auf dem elterlichen Kleinbauernhof und Verwandte in Großstädten hatten wir nicht.

Der Schluss: Bis jetzt hat noch keiner meiner Kritiker zu dem Schluss etwas geschrieben. Ich dachte, es wäre verständlich, dass ich heftiges Heimweh bekam. Und das Spiel mit der Uhr hat tatsächlich so stattgefunden.

Ich habe es schon verstanden, dass da heftiges Heimweh da war, aber der Text hat einen schönen Rhythmus, der am Schluss durchbrochen wird. Es war eine Empfindung meinerseits.
Dass es aus deiner Biografie entnommen ist, konnte ich natürlich nicht wissen, und dass der Text für dich eine ganz besondere Wichtung hat, ist auch verständlich.

Ich freue mich für dich, dass dein Buch erscheint. Gib doch mal ein Zeichen, wenn es bei Amazon verfügbar ist.

Schönen Gruß
khnebel

 

Hallo Amelie,

Ich fand die Geschichte interessant.
Nur gehen mir bei der Protagonistin, die vermutlich ein zehnjähriges Mädchen ist die Gefühle ab. Ich fide es stilistisch gut, wie das Heimweh am Ende beschreiben wurde, nur denke ich, dass es für eine zehnjährige glaubwürdiger ist, wenn sie sich voer gewisse Dinge ausmahlt, und dass sie durchaus auch ihre Sorgen benennt. Hier könnt stilistisch die Erzählung in der Dritten Person Abhilfe schaffen.
Vom Aufbau her fand ich es gut, 2 Szenen, wobei für mich am Ende die Eigenart der Großmutter und vermutlich auch die Enttäuschung des Kindes ausbauwürdig wären.

„Bei Oma ist es lustig, da wird es dir gefallen.“
Lustig? Ich überlegte angestrengt. Was hatte Mutti wohl mit lustig gemeint?
„Deine Röcke sind zu kurz, Kind“, hatte Oma bemerkt, als sie den Koffer ausgepackt hatte. „Deine Röcke sind viel zu kurz. Lässt dich deine Mutter so herumlaufen?“
Das klingt mir recht abstrakt. Und vorher wurden doch Cousinen erwähnt. Sind die nicht im Haus?

„Sterben kann man immer“, hatte Oma geantwortet und war in die Küche gelaufen, um das Abendessen vorzubereiten.
ich würde laufen durch gehen ersetzen.

lg
Bernhard

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo khnebel, wieder einmal komme ich viel zu spät, um mich für deinen Kommentar zu bedanken. Ich freue mich, über dein Interesse an meiner Biografie!

Hallo Bernhard, herzlichen Dank, dass du meine Geschichte noch einmal hervor geholt hast. Danke auch für deinen Kommentar!
Bei meiner Erzählung handelt es sich um ein Kapitel aus meiner Biografie. Erinnerungsfetzen, wie ich es gerne nenne. Ja, ich war damals zehn Jahre alt. Meine Cousinen wohnten in Hambach, sie kommen erst einige Kapitel weiter zu Besuch. Bei Oma steht nur ein Foto von ihnen.

Dass ich meine Biografie auch in der dritten Person schreiben könnte, ist mir bis jetzt nicht eingefallen. Eine interessante Idee!

Laufen oder gehen? In Bayern sagt man laufen, auch wenn man langsam geht. In Norddeutschland bedeutet laufen wohl rennen? Ich weiß es nicht. Laufen lernen, oder heißt das gehen lernen?

Herzlichen Dank fürs Lesen und für die Gedanken zu meinem Text!

Liebe Grüße an khnebel und an dich, Bernhard!
Amelie

 

Hallo Amelie,
Laufen wird umgangssprachlich für gehen in manchen Teilen Deutschlands verwendet. In Österreich, wo ich herkomme, und vermutlich auch in Norddeuschland, nicht. Daher ist es für die Leser von dort verwirrend ;)

lg
Bernhard

 

Danke dir, Bernhard, Nein, verwirren will ich dich nicht. Vielen Dank noch einmal.

Für solche Fälle liegt auf meinem Schreibtisch ein ziemlich gescheites Buch: "Sag es treffender"
Ein Handbuch mit über 57000 Verweisen auf sinnverwandte Wörter und Ausdrücke für den täglichen Gebrauch. Da werde ich mich jetzt gleich schlau machen. Die Oma wird sicher nicht in die Küche gerannt sein, da muss ich dir recht geben.

Liebe Grüße!
Amelie

 

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