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Behindert?
Die Nacht ist vorbei, es geht wieder daran seine alltägliche Pflicht zu tun, das für jeden Schüler allgegenwärtige Monster oder Engel Schule wartet. Die Schule, die vom Staat bezahlte Anstalt welche versucht uns Rohlinge zu etwas nützlichem zu Formen. Ich darf nach dem allmorgendlichen Ritual der Reinigung, mich wieder vor unserem Haus platzieren und auf den Sammeltransport warten. Dieses Ungetüm holt mich jeden Tag, ich kann nichts dagegen machen es kommt einfach. Dazu muss ich sagen, ich würde anders nicht zur Schule kommen. Mir ist es nicht möglich selbst zu laufen oder einfach in einen stinknormalen Bus zu steigen und dorthin zu fahren. Nachdem ich mal wieder viel zu früh unten war und viel zu lange auf das Ungetüm gewartet habe, der einsetzende Regen hat mich aufgeweicht, kommt auch schon das Ding um die Ecke gebogen. Und wirklich, in großen Lettern steht darauf „Behindertentransport“ , das hört sich für mich an wie „fahrbare Gaskammer“ da für mich das Gefühl was einen darin beschleicht dort nie mehr herauszukommen, zwar nicht in diesem Ausmaß aber im entfernten dem in eben dieser entspricht. Das was darauf folgt, die Fahrt an sich bringt mich auch fast um.
Ich weiß die Leute können nichts dafür das sie so sind, aber ich darf allmorgendlich mit einer Mischung aus Geisteskranken, Schwererziehbaren und Typen die einfach nicht still sitzen können und jedem Winken ob sie ihn kennen oder nicht, in diesem Ding sitzen. Das Brutale ist, die Scheiben sind nicht getönt und jeder sieht mich mit diesen Typen und glaubt das ich dazu gehöre. Am liebsten würde ich aussteigen und sagen: „Ich gehöre nicht zu denen!“. Auch wenn immer verlangt und als ideal angenommen wird, man soll tolerant sein, kann ich das einfach nicht. Wenn ich allmorgendlich mit den Typen zusammen sitze, halte ich mich doch für besser und möchte nichts mit denen zu tun haben obwohl ich auch unter dem großen Überbegriff „Behinderter“ stehe. Ich weiß das diese Ansichten sich wiedersprechen. Ich möchte nicht als Behinderter gesehen werden, sehe aber geistig Behinderte als eben diese. Mir gehen eben nur die Blicke der Autofahrer nah denen ich ansehe wie sie durch ihre Unwissenheit ein in allem Umfang eingeschränktes Wesen in ihren Köpfen kreieren. Es ist mir auch klar das man instinktiv einen Unterschied zwischen „normalen“ und Behinderten macht und es nicht möglich ist beide Seiten, so viel man sich anstrengen mag, gleich zu behandeln. Ich kann das auch nachvollziehen da ich gute 18 Jahre als „Läufer“ durchs Leben gegangen bin.
Wenn ich nicht mit den allmorgendlichen anderen Fahrgästen gleichgesetzt werden möchte, heißt das nicht das ich es verdränge Behindert zu sein. Nein, ich bin „nur“ Körperbehindert und möchte nur nicht, wie es mir oft genug passiert, als in allem Umfang eingeschränktes Wesen betrachtet werden. Meiner Meinung nach kann ich aber in meinem Leben der Gesellschaft, von dem was sie mir durch ihre Hilfe und Leistung gegeben haben, etwas zurück geben. Da ich mich nicht zu denen zähle, kann ich auch dieses in vielen Menschen verankerte denken nicht verstehen, das sagt: "Wenn einer im Rollstuhl sitzt ist er auch behindert und ich muss ihm andauernd helfen weil er ja bestimmt im Kopf auch nicht ganz klar ist!". Aber zum Glück gibt es auch ein Ende und die Schule kommt endlich in Sicht und ich bin froh endlich wieder in die Normalität abzutauchen und meinen Tag unter „normalen“ zu verbringen. Die mich auch im –höchst möglichen- Maße wie ihresgleichen behandeln. Der gehasste Wagen fährt davon und bringt die rest Anderen zu ihres gleichen und zu dem was sie als normal betrachten.