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Begegnungen

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06.01.2013
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Begegnungen

Das Rasiermesser lag auf ihrer Kehle, dort wo ihr sich beschleunigender Puls über die Klinge auf die Hand, die den Griff des Rasiermessers mit fest umklammert hielt, dann bis über das Handgelenk, hoch zu seiner Schulter und schließlich zu seinem eigenen Herzen geleitet wurde, wie kurze, regelmäßige Stromstösse, die sein Herz am Leben erhielten; eine Verbindung zwischen ihnen herstellte, die es zuvor nicht gegeben hatte. So als wären ihre Nervenstränge miteinander verflochten, als atmen sie dieselbe Luft in dieselben Lunge, dächten die gleichen Gedanken, fühlten die gleichen Gefühle. Als wären ihre Körper für diesen Moment miteinander verschmolzen. Ihr Blick war starr geradeaus auf die kühlen weißen Kacheln des Badezimmers gerichtet, ihr Haar noch feucht von der Dusche. Winzige Wassertropfen perlten sich auf ihrer gebräunten, makellosen Haut. Sie hatte nicht die Zeit gehabt, sich ganz abzutrocknen. Er hatte sie ihr nicht gewährt, hatte sie aus dem tranceartigen Wohlgefühl der belebenden und gleichzeitig entspannenden Dusche gezerrt, so als risse man ihr das Herz mit der bloßen Hand aus dem Brustkorb.
Eine sehr schmerzhafte Prozedur, mitleidlos, brutal. Sie wagte es nicht, sich zu rühren, Widerstand zu leisten, er konnte nichts dergleichen spüren. Eine Hand drückte er ihr auf den flachen Bauch, so dass sie den Bauchnabel zudeckte, und das auf eine so liebevolle, zutrauliche Art, als sei er schon seit Jahren ihr Partner und dürfe es, ohne sie um Erlaubnis zu bitten.
Sie wartete, kämpfte wahrscheinlich mit ihrem Atem, wartete auf das, was gleich geschehen würde, auf die rasche Bewegung, die ihr mit einem Schlag das Leben nehmen konnnte. Er bewegte die Hand langsam über ihre noch immer feuchte Haut nach oben zu ihren Brüsten hoch, doch bevor er sie erreichte, hielt er plötzlich inne. Er spürte, wie ihr Brustkorb sich mit aller Kraft gegen seine Hand stemmte, so als versuche er sie dadurch loszuwerden. Vermutlich spürte sie, wie sich nun etwas anderes gegen sie drückte, unter den groben Stoff seiner Jeans. Vielleicht nahm sie sogar seinen leicht nach Minze riechenden Atem wahr. Spürte, dass er sich erhöht hatte, stoßweise und leicht gepresst war. Als stünde er unter Spannung.
Bis auf die wenigen Male, an denen sie sich fast zufällig begegnet waren, waren die vielen anderen keine Zufälle gewesen. Zum Beispiel wenn er plötzlich hinter ihr in der Schlange im Supermarkt aufgetaucht war, nur einen Schritt von ihr entfernt, den Duft ihres Haares einsog, sich jeden Zentimeter ihrer nackten Haut einprägte. Auch nicht, wenn er sich in der Tram an sie vorbeizwängte und sich für einen kurzen Moment ihre beiden Körper wie die von zwei Verliebten berührten. Sein Handrücken den ihren berührte, kurz, flüchtig und dennoch intensiv. Ihre erste Begegnung war in einem Supermarkt gewesen, fast gleichzeitig hatten sie nach ein und demselben letzten Produkt im Supermarktregal gegriffen und dabei hatten sich ihre Finger das erste Mal berührt und verlegen hatten sie im nächsten Moment die Finger wieder zurückgezogen, als hätte sie beide zur selben Zeit ein elektrischer Schlag getroffen. Sie hatte gelächelt und wollte ihm das gewünschte Produkt überlassen, doch er hatte sich geweigert.

Sie hatte sich bedankt und sich von ihm verabschiedet, ohne sich ein weiteres Mal zu ihm umzudrehen. Er hatte sie an dem Tag bis zu ihrer Haustür verfolgt, obwohl seine Zweizimmerwohnung in entgegengesetzter Richtung lag. Sie hatte ihn nicht bemerkt, war zu sehr mit ihren Einkauftüten beschäftigt, die schwer aussahen. Und seit dem verbrachte er viel Zeit damit, ihr zufällig zu begegnen, er hatte herausgefunden, wo sie arbeitete, wannn und wo sie joggen ging, dass sie fast regelmäßig wöchentlich für sich einkaufte und auch viel Zeit in einem nahegelegenen Park verbrachte, während sie auf einer Bank ein Taschenbuch las. Er hatte ebenfalls herausgefunden, dass sie keinen Freund oder Partner hatte. Ihre Einkäufe bestanden hauptsächlich aus Hygieneartikel für Frauen und dem, das man so zum Leben brauchte.

Da er sehr unauffällig in seinem Äußeren war, nahm sie ihn scheinbar nicht wahr. Vermutlich hatte sie ihre erste Begegnung längst wieder vergessen. Diese Erkenntnis hatte ihn sauer gemacht und so hatte er damit angefangen, sie beide in Situationen zu bringen, wo sie einander berühren mussten, so wie in der Tram oder in einem engen Gang im Supermarkt, oder während sie an der Kasse anstanden. Doch all seine Bemühungen wurden von ihrer Seite immer als zufällig abgetan und deswegen waren sie für sie scheinbar vollkommen bedeutungslos, vermutete er, was ihn wiederum noch wütender machte. So dass er die Berührungen häufiger geschehen und sich auch nicht davor zurückschrecken ließ, ihr seinen Handrücken an den Arsch zu drücken, während er sich an ihr vorbeizwängte, doch er wagte es nicht, sie nach dieser Berührung anzusehen, sondern ging einfach weiter. Aber er konnte spüren, wie sie ihm noch eine Zeit lang hinterherstarrte. Doch all seine Bemühungen hatten nicht den gewünschten Effekt, waren fruchtlose Anstregungen, ihre Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen. Er schien keinen Eindruck auf sie zu hinterlassen. Wenn er dann nachts alleine in seinem Bett lag und an sie dachte, war gleichzeitig von ihr erregt sowie verärgert.
Wie konnte sie ihn nur so ignorieren?
Spürte sie denn nicht, wie wichtig sie ihm war?
Vor Wut schäumend, war er dann ziellos durch seine zwei Zimmer getigert. Hätte am liebsten alles kurz und klein geschlagen. Oft fand er dann kleinen Schlaf, wälzte sich im Bett hin und her, wie ein an einem Krankenbett fixierter Wahsinniger in einer geschlossenen Anstalt.
Doch jetzt war er ihr so nah wie noch nie zuvor und dazu war sie noch nackt und feucht von der Dusche, so wie er es sich immer in seiner Fantasie ausgemalt hatte. Wie er es sich gewünscht hatte. Sie konnte seine Erregung spüren, das wusste er und er spürte ihre Angst, ihre Verzweiflung. Er hatte sich darüber gewundert, dass sie die Haustür nicht geschlossen hatte, so als erwartete sie ihn. Er hätte sonst nicht in das Haus eindringen können.
Wollte sie, dass er ihr folgte?
Er konnte es sich nicht vorstellen, vermutlich war sie einfach nur nachlässig gewesen.
Seine Erregung steigerte sich. Er wollte sie jetzt gleich hier.
Er war durch ihr kleines Haus geschlichen, sie war direkt ins Badezimmer gegangen, hatte ihre Kleidung abgelegt und war dann unter die Dusche gegangen. Er war auf Zehenspitzen durch ihr Haus geschlichen, hatte gewartet, bis er das Geräusch der Brause hörte. Auf einem Regal hatte er dann das Rasiermesser vorgefunden, was ihn sehr gewundert hatte, da sie mit keinem Mann zusammenlebte. Vermutlich hatte ein Exfreund es zurückgelassen, nachdem sie sich voneinander getrennt hatten. Er hatte das Rasiermesser ansich genommen und war dann wieder aus dem Badezimmer geschlüpft. Als die Brause verstummte und er hörte, wie sie sich abtrocknete, war er hinter sie getreten und hatte ihr die Klinge des Rasiermessers an die Halsschlagader gelegt.
Sie hatte große feste Brüste mit kleinen rosafarbenen Brustwarzen. Ihr blondes Haar war dunkel durch die Nässe. Er hatte nichts gesagt. Sie hatte ebenfalls nichts gesagt oder geschrien, sie war in dem Moment, wo sie die Klinge auf ihrer Haut spürte, erstarrt. Sie hatte nicht gebetttelt, zitterte nicht einmal. Das kam ihn allmählich seltsam vor, jede andere würde um ihr Leben betteln. Doch sie tat nichts dergleichen, sie gab sich ihm fast widerstandlos hin. Aber vermutlich wurde sie einfach durch ihre Angst gelähmt. Seine Hand ruhte noch immer knapp unter ihren schweren Brüsten und sein Daumen berührte ihre linke Brust leicht, wenn er ihn ein wenig bewegte.
Er hatte die Schritte nicht kommen hören, auch die Anwesenheit einer weiteren Person bemerkte er erst, als sich etwas Metallisch-kühles in seinen Nacken bohrte.
»So, und nun nimmst du ganz langsam das Messer von ihrer Kehle. Aber keine falsche Bewegung, Junge«, sagte eine kratzige Männerstimme. Er spürte die Präsenz eines großen Mannes, wagte es aber nicht, sich um zudrehen, sondern nahm mit einer langsamen Bewegung das Messer von ihrem Hals, im nächsten Moment wurde es ihm aus der Hand gerissen.

 
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Guten Abend Eraserhead :)

Nunja, was soll ich zu dieser Geschichte sagen? Sprachlich kannst du das vermutlich noch besser!

Das Rasiermesser lag auf ihrer Kehle, dort wo ihr sich beschleunigender Puls über die Klinge auf die Hand, die den Griff des Rasiermessers mit fest umklammert hielt, dann bis über das Handgelenk, hoch zu seiner Schulter und schließlich zu seinem eigenen Herzen geleitet wurde, wie kurze, regelmäßige Stromstösse, die sein Herz am Leben erhielten; eine Verbindung zwischen ihnen herstellte, die es zuvor nicht gegeben hatte.

Puh, du machst Heinrich von Kleist Konkurrenz. Der hat sich in "Michael Kohlhaas" mit nicht enden wollenden Sätzen, die sich teilweise über Seiten hinstrecken, bei uns Abiturienten damals sehr beliebt gemacht ;) Bei Kleist würde das natürlich niiiiiie jemand kritisieren, denn es ist ja ein gekonntes Stilmittel. Aber ganz ehrlich: bei Eraserhead nimmt es einfach die ganze Spannung aus der Geschichte ;) Verdammt mühsam zu lesen!

So liest sich das gleich ganz anders: "Das Rasiermesser lag auf ihrer Kehle. Seine Hand hielt den Griff fest umklammert. Er konnte ihren Puls spüren, der über seinen Handgelenk direkt zu seinem herzen geleitet wurde" usw....

Ist nicht die einzige Stelle!

Ihre erste Begegnung war in einem Supermarkt gewesen, fast gleichzeitig hatten sie nach ein und demselben letzten Produkt im Supermarktregal gegriffen und dabei hatten sich ihre Finger das erste Mal berührt und verlegen hatten sie im nächsten Moment die Finger wieder zurückgezogen, als hätte sie beide zur selben Zeit ein elektrischer Schlag getroffen. Sie hatte gelächelt und wollte ihm das gewünschte Produkt überlassen, doch er hatte sich geweigert.
Um nur noch ein Beispiel zu nennen. Meine Empfehlung: den ganzen Text noch einmal auf "Schachtelsätze" á la Kleist untersuchen und bitte, bitte ändern :)

Eine sehr schmerzhafte Prozedur, mitleidlos, brutal.
also ich kannte das Wort "mitleidlos" nicht... Es existiert, ich habe es geprüft. Aber ob es schön ist? Ich finde das nicht unbedingt. Gefühllos, gefühlskalt, ohne Mitleid etc. gefällt mir persönlich besser ;)

Sie wagte es nicht, sich zu rühren, Widerstand zu leisten, er konnte nichts dergleichen spüren.
"er konnte nichts dergleichen spüren" würde ich streichen. Entweder: Sie wagte es nicht, sich zu rühren, Widerstand zu leisten. Oder vielleicht etwas wie: Er konnte keinen Widerstand ihrerseits spüren.

fast gleichzeitig hatten sie nach ein und demselben letzten Produkt im Supermarktregal gegriffen
Wenn es das letzte Produkt ist, dann ist es zwangsläufig ein und das selbe..

Sie hatte gelächelt und wollte ihm das gewünschte Produkt überlassen
irgendwie könnte man die Situation für den Leser realer machen, wenn man nicht im Beamtenstil "Das gewünschte Produkt" schreiben würde. Wie wärs mit einem konkreten Produkt, z.B. Rasierklingen :P
Auch nicht, wenn er sich in der Tram an sie vorbeizwängte
an ihr vorbeizwängte

sie beide in Situationen zu bringen, wo sie einander berühren mussten,
dieses "wo" ist sprachlich nicht unbedingt elegant: Situationen, in denen sie einander berühren mussten

Er schien keinen Eindruck auf sie zu hinterlassen
keinen Eindruck bei ihr zu hinterlassen.

Er war durch ihr kleines Haus geschlichen, sie war direkt ins Badezimmer gegangen, hatte ihre Kleidung abgelegt und war dann unter die Dusche gegangen.
zweimal "gegangen" in einem Satz ist ein wenig holprig...

Er hatte die Schritte nicht kommen hören, auch die Anwesenheit einer weiteren Person bemerkte er erst, als sich etwas Metallisch-kühles in seinen Nacken bohrte.
Das "auch" solltest du streichen. Metallisch schreibt man hier klein.

Zum Inhalt: Irgendwie wirft die Geschichte bei mir viele Fragen auf. Das ist erstmal nicht unbedingt schlecht :) Fragen können auch die Spannung steigern. Aber hier geht das so weit, dass die Handlung für mich nicht mehr stimmig ist:
Es treffen sich also der Prot. und die hübsche, braungebrannte Blondine im Supermarkt. Die Blondine gefällt ihm. Er "stalkt" sie. Hier werden mir zu wenig Gründe gegeben, warum er sie nicht einfach mal anspricht und z.B. auf einen Kaffee einlädt, wie das andere Männer wohl tun würden. Weiter gehts: er verfolgt sie wochenlang und wird von ihr nicht wahrgenommen. Das kann sein. Aber dann provoziert er aus einer Wut heraus Berührungen. Und auch da wird sie nicht auf ihn aufmerksam? Oder etwa doch?! Denn nun verstehe ich die Welt garnicht mehr: Er stalkt die Hübsche wochenlang und kommt zu der Feststellung: Sie hat keinen Freund. Nun wird sie aber am Ende von einem starken Mann gerettet. Hat sich der Prot. also so geirrt, wie kann DAS denn sein? Oder hat die Hübsche ihn bemerkt und diese ganze Situation inszeniert (weshalb sie sich auch nicht wehrt)... Das sind mir ein bisschen zu viele offene Fragen.

Generell finde ich das Konzept "Messerszene" - Rückblick - "Messerszene" - Pointe als Spannungsbogen sehr geschickt gewählt! Wenn du am Satzbau arbeitest kannst du meiner Meinung nach mit dieser Geschichte wunderbaren Nervenkitzel erzeugen. Bleibt nur am Ende die Frage: Was willst du mit deiner Geschichte aussagen? Was ist da der Kernpunkt? Mir gehen die Gedanken des Prots noch zu wenig in die Tiefe.

Viel Erfolg beim umschreiben :) Ich Kleistgeplagtes Wesen freue mich schon ganz arg auf die Kurz-Satz-Version!!!

Es grüßt Dich Eine wie Alaska

 

Hallo Eraserhead

Dieses Motiv unter Alltag beunruhigte mich etwas. Es klingt nach einer Macho-Fantasie. Aber du hast recht, die Welt ist nicht einfach heil, wie es unsere Gesellschaftsordnung vorsehen würde. Bei den Figurenzeichnungen wirkt der Protagonist mir in seinen Fantasien weitgehend glaubhaft, wie sie sich steigern und manisch zu einer unüberlegten Handlung führt. Wenig plausibel ist mir seine Annahme, sie habe seine Gegenwart, seine zufälligen Berührungen nie wahrgenommen. So etwas entgeht einer Frau nicht, keinem Menschen. Auch wenn er eine farblose Erscheinung ist, als Mann, geringe Attraktivität ausstrahlt, hat er doch eine Persönlichkeit. Das miserable Selbstwertgefühl ist dabei ein Faktor unter anderem.

Die Handlung war mir nicht direkt faszinierend, dennoch hatte ich sie mit wachem Interesse gelesen. Wie eine Verlegenheitslösung erscheint mir der Schluss, legt mir die Annahme nahe, dass dir da keine passable Wendung eingefallen ist. Wenn es etwa die Mutter der Frau gewesen wäre, die dem Täter mit einem Gegenstand eine überzieht oder dergleichen, hätte ich dir dies eher abgekauft. So meinte ich, du hättest dich da behelfsmässig an einer Szene aus einem Krimi orientiert.

Gleich in der Einleitung und nachfolgend noch an weiteren vier oder fünf Stellen hast du Sätze von einer unmöglichen Länge produziert. Schau mal im Roman, den du gerade liest, nach, aus wie vielen Worten die Längsten bestehen. Es sind wahrscheinlich höchstens dreizehn bis zwanzig, da es sonst für den Leser unangenehm wird.

Ich kam auch zum Eindruck, dass du dir nicht die Mühe machtest, die Geschichte nochmals sorgfältig auf Wortwahl und Rechtschreibung durchzusehen.

Nur so herausgegriffen fiel mir beim Lesen Folgendes auf:

So als wären ihre Nervenstränge miteinander verflochten, als atmen sie dieselbe Luft in dieselben Lunge, dächten die gleichen Gedanken, fühlten die gleichen Gefühle.

Hier stutzte ich, von was die Rede sein soll, da es mir erst nicht klar war, dass es sich um zwei nahe zusammenstehende Personen handelte. Dann wiederholt sich im Satz die Worte dieselbe/dieselben sowie gleichen und das Wort Lunge gehört hier in den Plural. Dies lässt sich insgesamt schöner darstellen.

Eine Hand drückte er ihr auf den flachen Bauch, so dass sie den Bauchnabel zudeckte, und das auf eine so liebevolle, zutrauliche Art, als sei er schon seit Jahren ihr Partner und dürfe es, ohne sie um Erlaubnis zu bitten.

Auch einer dieser monströs langen Sätze. Dass sie einen flachen Bauch hat, scheint mir hier nicht wesentlich, es bekäme eine etwas andere Betonung, durch eine kleine Drehung des flach. Eine Hand drückte er ihr flach auf den Bauch, … Das so dass entspricht nicht der Regel, entweder aneinander geschrieben oder das so durch ein Komma abgetrennt. Es ginge aber auch ohne das so, in Fortsetzung des obenstehenden Vorschlags: … dass sie den Bauchnabel zudeckte

Sie wartete, kämpfte wahrscheinlich mit ihrem Atem, wartete auf das, was gleich geschehen würde, auf die rasche Bewegung, die ihr mit einem Schlag das Leben nehmen konnnte.

konnte

Diese Erkenntnis hatte ihn sauer gemacht und so hatte er damit angefangen, sie beide in Situationen zu bringen, wo sie einander berühren mussten, so wie in der Tram oder in einem engen Gang im Supermarkt, oder während sie an der Kasse anstanden.

Da kommt man beim Lesen nicht nur in Atemnot, da der Satz nicht enden will, sondern zusätzlich noch bei der Wortwahl ins Schlingern. Das Schlusswort klingt wie Anstand, dadurch unfreiwillig komisch. Ich würde es umformulieren, z. B.: … oder beim Anstehen an der Kasse.

Doch all seine Bemühungen hatten nicht den gewünschten Effekt, waren fruchtlose Anstregungen, ihre Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen.

Anstrengungen

Oft fand er dann kleinen Schlaf, wälzte sich im Bett hin und her, wie ein an einem Krankenbett fixierter Wahsinniger in einer geschlossenen Anstalt.

keinen / Wahnsinniger

Er hatte das Rasiermesser ansich genommen und war dann wieder aus dem Badezimmer geschlüpft.

an sich

Mit etwas Überarbeitung kannst du durchaus mehr aus dieser Geschichte herausholen. Bringe etwas mehr Spannung ein, kürze Überflüssiges und bringe einen Schluss ein, der dem Leser eine Überraschung bereitet. Es würde sich lohnen.

Schöne Grüsse

Anakreon


PS: Ich sah eben, das es Überschneidungen zum Kommentar von Eine wie Alaska hat, die musst du halt rausschnippseln, da es mir für heute Nacht zu spät ist, es abzugleichen. :dozey:

 

Bevor myisraels Kommentar womöglich gar in einen eigenen Diskussionsthread verschoben wird, will ich mich noch ganz schnell mit ihm und seinen so leidenschaftlichen Worten solidarisieren.

Danke, myisrael, du sprichst mir aus der Seele.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo myisrael, ernst offshore und Eraserhead

Ha! Ein Votum für Heinrich von Kleist, zwei Jahre nach dem Jubiläums-Jahr von 2011 zu seinem 200. Todestag! Aber besser spät als nie.
Doch, es geht hier ja gar nicht um Kleist, auch wenn für Eine wie Alaska, einzelne Passagen eine erinnernde Assoziation zu Kleist auslösten. Es ist keine Hommage, die ihm gewidmet wäre. Einzig eine Parallelität durch Satzlängen, die Kleist - in seine Zeit gebunden - in einigen Stücken durchaus zeigte. Oder ist eine analoge Performativität der betonenden Positionen in ihrer Aufführung gegeben? Ich denke dies hinkt nicht nur textanalytisch, sondern lässt sich auch nicht einfach so simpel vergleichen.

Vergleichsweise wurde Immanuel Kant von Heinrich Heine zu Lebzeiten(!) vorgeworfen, seine Sprache sei Packpapieren, da nicht zeitgemäss. Selbst schreibe ich auch eher in einem Stil, der die heutigen Stilkriterien der deutschen Sprache nicht in allem erfüllt, was mir verständlich nicht bei allen Lesern Anklang findet. Sollte ich mich deshalb auf Kant berufen? Es wäre wohl mehr als eine Unverfrorenheit, da ich die Tatsache kenne, eine irreführende und fehlleitende Beweisführung.

Auch wenn ich mit einem Lächeln dein Veto, myisrael, dem sich ernst offshore mit Enthusiasmus anschloss, las, denke ich, ihr überseht das Wesentlichste. Es geht nicht darum, dass Eraserhead hier vermeintlich und punktuell eine Affinität zu Kleists dichterischer Atemlosigkeit aufweist, sondern wie es auf den Leser allgemein wirkt. Wenn ich Kleist lese, ich könnte stattdessen auch den antiken Anakreon nehmen, erwarte ich keine moderne Sprache, es sind historische Autoren. Von Autoren der Gegenwart erhoffen die Leser (und die Verleger!, falls ein Autor zu Höherem strebt und nicht in alten philologischen Texten seine Berufung sieht) jedoch eine zeitnahe Sprache, die mit solchen Satzgefügen i. d. R. eben nicht gewährleistet ist. Dieses Forum will Autoren die Chance bieten, sich nach heute gültigen Kriterien weiterzuentwickeln.

Es geht hier auch nicht im Entferntesten um jene Leser, deren Alltag und Leseverständnis durch SMS-Botschaften und Facebook derart geprägt sind, dass sie eine geschädigte Wahrnehmung zeigen könnten. Dein theatralischer Ausruf, Frechheit, werte ich bei einer solchen Artikulation eher als kauzigen Auftritt. Dabei erkenne ich dahinter durchaus ein berechtigtes Anliegen, wäre es nur unaffektiert vorgetragen. Etwa, muss die Sprache eine Einbahnstrasse sein, die nur in der einen zeitgemässen Form auftreten darf. Das ist sie sicherlich nicht. Aber hier gilt es auch wieder zu unterscheiden, um welche Art von literarischer Darbietung es geht. Kunst und Unterhaltung verquicken sich nicht einfach willkürlich, wenn, dann schon durch gezielte Mittel, die auch im passenden Rahmen zur Entfaltung gelangen.

Ob Eraserhead seine Satzlängen als Stilmittel ansieht, bleibt ihm letztlich selbst überlassen. Ich kenne seine Motive nicht, welche ihn zu dieser eigenwilligen Präsentation veranlassten. Wenn einem Autor ernsthaft etwas an seinen Lesern liegt, wird er sich aber sehr wohl überlegen, wie er sie anspricht. Etwas Spielraum bleibt durchaus, und ich bin der Erste, der Kreativität und Persönlichkeit unterstützt. Doch denke ich, es geht erst mal darum, sein Können auch zu entwickeln, eine tragbare Basis zu schaffen.

Noch ein Wort direkt zu Eraserhead, es geht ja um deine Geschichte, und nicht um irgendwelche Eitelkeiten. Lasse dich von diesem kleinen Disput nicht verwirren, gehe deinen Weg und wähle dasjenige, das dir geeignet scheint deine Ziele zu erreichen. Viel Glück dazu!

Schöne Grüsse

Anakreon

 

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