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Begegnung

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09.03.2003
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Begegnung

Sie muss mal sehr hübsch gewesen sein, irgendwann. Die junge Frau, der ich gegenübersitze, seit etwa fünf Minuten. Ich starre sie an, und sie starrt zurück. Sie ist nicht mehr hübsch. Sie hat tiefe Ringe unter den großen dunklen Augen, die seltsam stumpf und alt geworden sind. Sie hat Narben im Gesicht. Über die geplatzte Lippe hat sie Makeup geschmiert, es sieht lächerlich aus.
"Hat dir schonmal jemand gesagt, dass du beschissen aussiehst?", frage ich sie. Sie grinst ein hässliches Grinsen, idiotisch breit und gleichzeitig freudlos.
"Weiß ich auch so."
"Warum tust du das?"
Sie sieht jetzt aus wie eine dieser miserablen Vorabendserienschauspieler, die mühsam ihre beiden zur Verfügung stehenden Gesichtsausdrücke in jeder passenden und nicht passenden Situation aufsetzen müssen. Sie kann auch nur zwei - wütend und traurig, und hinter beiden lacht mir die Angst geradezu ins Gesicht. Sie weiß gar nicht, wie durchschaubar sie ist. Ich durchschaue sie schon lange.
"Ich weiß es nicht.", flüstert sie.
Sie schafft zwei Tränchen. In diesem Moment hasse ich sie so sehr. Dafür, dass sie so schwach geworden ist. Dabei habe ich sie mal für stark gehalten.
"Du bist jämmerlich."
Noch ein Tränchen. Sie tut mir nicht leid. Ich hasse sie.
Sie starrt mich an, schüttelt langsam den Kopf.
"Ich kann nichts dafür."
Doch, kannst du. Ich sehe sie nur an, sie weiß auch so, was ich denke.
Sie schüttelt wieder den Kopf.
Du musst nur die Tür hinter dir zuschmeißen, du Flasche, warum kannst du es nicht?, denke ich. Warum kriechst du hier herum wie ein Insekt, das immer noch nicht kapiert hat, dass es gleich zertreten wird? Wie ein halbtoter Hund, der noch immer angewinselt kommt in der Hoffnung, geliebt zu werden? Ich sage es ihr.
"Er liebt mich.", sagt dieses hässliche Gesicht tonlos zu mir, und ich schlage mitten hinein, mit aller Kraft, sodass die Splitter durchs Bad fliegen.

 

das hatte ich vor, sobald ich weiß, dass ich mir kritik überhaupt erlauben darf *g*

 

Hallo vanille!
Erst einmal ein herzliches Willkommen von mir! :)

Ich versteh dich, man weiß am Anfang nicht genau, wie man eine Kritik schreiben soll. Man traut sich nicht so recht, aber das wird mit der zeit immer einfacher. Und wenn du fleißig andere Geschichten kommentierst, dann bekommst du auch eher, wie schon Bib sagte, Feedback auf deine Geschichten.

So, jetzt zur Geschichte:
Ich finde deine erste Geschichte hier auf kg.de nicht schlecht. Eigentlicgh finde ich sie ziemlich gelungen.
Meiner Meinung nach regt sie zum Nachdenken an.
Ich hab am Anfang etwas gestockt, denn dein Prot und die Frau scheinen sich ziemlich gut zu kennen und doch bleibst du in der Beschreibung unpersönlich. Aber später wird ja klar, dass dein Prot sich im Spiegel anguckt.

Irgendwie überlief mich ein Schauer, als ich zu Ende gelesen habe, denn wenn eine Frau von ihrem Mann misshandelt wird, aber dennoch denkt (oder sich das einredet), dass er sie liebt.

Eine Sache ist mir aufgefallen:

Sie hat tiefe Ringe unter den großen dunklen Augen, die seltsam stumpf und alt geworden sind.
tiefe Ringe? Ich würde eher 'dunkle Ringe' oder so ähnlich sagen.

bye und tschö

 

Hallo vanille01,
die Verwirrung, die man während des Lesens hat, schlägt mit dem letzten Satz in ein schmerzliches Erkennen. Richtig lähmend. Gefällt mir gut, dein Text. Könnte in einer Ausstellung über "Gewalt gegen Frauen" hängen, zwischen verwirrenden Fotos.
Grüße
Winnie

 

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