Begegnung
Sie ist weg. Ich weiss nicht, ob sie tot ist, oder noch lebt. Mit ihr ging auch die Dürre.
Aber was sie hinterlassen hat, ist es nicht wert, zu bleiben. Ich ging gerne zur Arbeit, aber sie haben die Fabriken geschlossen. Ich habe ein Recht auf Arbeit, aber hier ist keine zu finden. Sie sagen, wir müssen bezahlen, was wir schuldig sind. Wir müssen ernten von den wenigen Samen, die gesät wurden. Und die Vögel auf den Drähten und den Polen können jederzeit davonfliegen, fliehen von diesem Ort. So wie sie.
Sie sagte, sie müsse vor ihrem Schicksal fliehen. Ich wusste nie genau, was sie damit gemeint hatte. Ich stand da und sah sie weggehen. Ich hätte ihr folgen können, aber etwas hat mich gehalten. Ich bereue es, dass ich meine Liebe habe gehen lassen.
Sie war so unberührbar und verschlossen. Doch ich wollte nie jemand anderes als sie. Sie sagte,meine Liebe zu ihr sei vergebens. Doch wenn meine Liebe vergebens war, weshalb war sie dann so stark? Ich versuchte mein Bestes, um jemand zu sein, der ihr nah war. Hand in hand durch die Strassen zu gehen, wie es für Verliebte üblich ist.
Während sie schlief, dachte ich, mein Herz würde zerbrechen. Ich küsste ihre Wange und fragte, was los sei. Ich sagte, dass ich sie beschützen würde vor der Dürre, würde sie fernhalten vom Zorn, der in diesen Strassen lebte. Denn ich hatte Verzweiflung in Flammen aufgehen sehen. Das wollte ich nicht noch einmal.
Aber sie sagte nur, dass es besser sei zu gehen.
Wir gingen gleichzeitig gemeinsame und getrennte Wege. Sie hielt Distanz und wenn wir uns liebten, weinte sie.
Sie duftete nach Rosen und schmeckte wie ein Pfirsich. Wir wuchsen in verschiedenen Strassen auf. Beide waren schmutzig. Doch es gibt so viele verschiedene Welten, so viele verschiedene Sonnen. Und wir hatten nur eine Welt, doch wir lebten nicht in derselben.
Sie wusste zuviel über ihre Zukunft. Wenn sie hier geblieben wäre, wäre sie an diesem Ort zerbrochen. Doch ich vermisse sie. Ich versuche, ohne sie weiter zu leben.
Ich konnte nichts tun, aber ich hätte alles für sie getan. Ich kann nichts tun, ausser sie zu lieben.
Während die Glocke ertönt, stehe ich draussen auf dem Turm in den Strahlen einer sterbenden Sonne. Ich habe meine ganze Zeit alleine verbracht. Schande über mich, dass ich meine Liebe habe gehen lassen.
Ich weiss nicht, wer sie nun küsst. Ich weiss nicht, wo sie ist. So weit weg von Zuhause. Hoffentlich denkt sie manchmal an mich und an unsere Begegnung. Ich sah sie in einem Ring von schreienden Gesichtern stehen. Doch nun sind diese Schreie verstummt.