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Befriedigend
Die Tür aus Aluminium schließt sich neben Arthur, aber
„Ey Hallo, Kollege!“
ruft Biggi, kommt mit einer Freundin, weiße Jacke, H&M Einkaufstüte, und Arthur drückt mit einem Lächeln auf den Tür-Auf-Knopf.
Eine Wolke billigen Lebens dringt in die vier Kubikmeter, und plötzlich sind Arthurs schöne Gedanken trivial.
„So was, na! Noch ein Kollege!“,
scherzt Biggi, und auch der hagere Mann mit dem Adamsapfel darf in den Fahrstuhl springen, puh, war das knapp. Der hagere Mann mit dem Adamsapfel arbeitet nebenan, bei MC Communications, und glotzt aus dem Augenwinkel auf den Arsch von Biggis Freundin, deren schwarze Stretchhose keine Taschen hat und geil, man sieht ihre Fotze in scharfen Umrissen. Die Fahrstuhltüren sind noch mal aufgegangen, als sich der hagere Mann in den Fahrstuhl hineingeschämt hat, schweigend hoffen alle, dass sich die Türen schließen. Der Mann guckt nach unten, Biggis Freundin lächelt Biggi an, Biggi sieht auf ihr rotes Handy,
„Kein Empfang“
sagt Biggi zu ihrer Freundin, und grinst ohne dass etwas lustig ist.
Der hagere Mann mit dem Adamsapfel ist froh, dass ein Surren die peinliche Stille unterbricht und sieht noch mal auf den Arsch von Biggis Freundin; das muss bis Mittag reichen. Er verrenkt nur die Augen, dreht nicht den Kopf, und Arthur merkt, dass das der Grund ist, warum der hagere Mann so peinlich ist.
Surren, alle sehen nach unten, Biggi denkt
„Im Traxx spielt ein neuer DJ“, Biggis Freundin denkt
„61 Euro für Klamotten, Sasha braucht echt mehr Gehalt“, der hagere Mann denkt
„Geiler Arsch, Du hast einen Klugen wie mich verdient“, aber er hat das schon so oft gedacht, dass er seinen Gedanken nicht mehr zuhört.
Die Tür öffnet sich, die drei gehen zu MC Communications, der hagere Mann freut sich auf die Fun-Bilder auf www-humor24-de, denn Montags sind neue da, und Biggi und ihre Freundin freuen sich tatsächlich auf den Kaffee.
Arthur bleibt im Fahrstuhl zurück und fährt noch einen Stock höher. Er ist der, der bei Levis Jeans das Netzwerk kontrolliert.
Acht Jahre früher.
Arthur weiß nicht, warum irgendwo aus der Dunkelheit sechshundert Leute klatschen, denn er hat gerade seinem eigenen Weib den Kopf abgeschlagen, das Schwert blutet noch in seiner Hand. Arthurs Puls donnert, die Erde dreht sich viel zu schnell, er hat Angst, den Boden gleicht nicht mehr zu spüren.
Es riecht nach Schweiss und Holz, eine Pauke schlägt den Puls seines Weibes, das vor ihm verblutet. Langsam versteht er, dass er auf einer Bühne steht, er hat über seinen Mord gesungen, er ist zu Tode atemlos; der Puls jedes Einzelnen im Raum schlägt mit Tempo 88, Andante Lacrimoso, seinetwegen; man spürt es auf der Haut. Ihm fällt ein, dass er acht Jahre dafür geübt hat, seine Stimme hat den ganzen Raum zum Klingen gebracht, er ist so glücklich, dass seine Augen feucht werden.
Seine Abschlussnote ist „Befriedigend“, immerhin besser als der Durchschnitt.