- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 6
Beerendieb
„Wer war das? Wer hat meine Lieblingsbeeren weggenascht?“
Die Vögel verstummten, die Eichhörnchen kamen von ihren Bäumen herunter und der alte Schuhu klimperte verschlafen mit den Augen. Was war das für ein Radau im Wald? Normalerweise verschlief der gute Schuhu den ganzen Tag, aber bei diesem Krach konnte er einfach nicht schlafen. Von seinem Baum hinab suchte er mit großen Augen nach dem Störenfried.
Ungläubig rollte Schuhu mit den Augen, als er den kleinen Bären unter seinem Baum treten sah.
Der kleine Bär lief schmollend durch den Wald und machte seinem Ärger lauthals Luft: „Das waren meine Beeren, verdammicht noch eins, meine Lieblingsbeeren! Die darf doch keiner einfach so wegfuttern. Das ist gemein, gemein, gemein!“
Dabei stampfte der kleine Bär wütend auf den Boden.
„Wenn ich den erwische, der das war. Der wird was, wird was, ...ja, erleben wird der was. Mir einfach den Lieblingsbusch leer fressen. Stell dich du, du Beerendieb!“
Zuckend hoben sich zwei große Hasenohren aus dem Gras.
„Hase!“, rief der kleine Bär, „Bist du der gemeine Beerendieb?“
„Aber kleiner Bär,“ antwortete der Hase, während er sich streckte, „was sollte ich schon mit deinen Beeren anfangen? Klee ist etwas Feines, der ist saftig und grün, der schmeckt viel besser als deine Beeren. Außerdem, wie hätte ich denn an deine Beeren herankommen sollen? Ich komme doch gerade einmal bis an die untersten Zweige.“
„Hmm,“ sagte der kleine Bär, „Aber wenn du es nicht warst, dann hast du doch bestimmt gesehen, wer meinen Strauch geplündert hat.“
„Nein, tut mir leid, kleiner Bär,“ sagte der Hase und widmete sich wieder den Kleeblättern.
„Schade,“ brummte der kleine Bär und zog die Nase kraus. Wer konnte es dann gewesen sein? Wer hatte sich nur so unverschämt über seine Beeren her gemacht? Nachdenklich sah der kleine Bär in den Himmel. Dabei beobachtete er die Wolken und die Vögel, wie sie in den Wolken spielten.
Hui! Sie flogen Loopings und drehten große Kreise, dass dem kleinen Bären schon vom zusehen ganz schwindelig wurde. Ob es auch Vögel mit Höhenangst gab? überlegte der kleine Bär. Was aßen Vögel eigentlich, Beeren? Genau, Vögel aßen Beeren!
Also waren bestimmt die Schnabelpicker schuld an seinem leeren Busch! Oh diese bösen Federkrägen, denen wäre zuzutrauen, dass sie ihm einfach seinen Strauch leer pickten.
Wütend lief er über die Wiese in Richtung Waldrand, wo sie zu Dutzenden saßen und Lieder sangen.
„Piepmätze,“ brüllte der kleine Bär und sie verstummten überrascht, „Habt ihr mir etwa den Strauch ratzekahl leer gefressen?“
„Was den für einen Strauch?“, zwitscherten die Vögel munter.
„Meinen Lieblingsbeerenstrauch, den mit den dicken, roten Beeren!“
„Dicke rote Beeren, an einem Strauch gegenüber von deiner Höhle?“
„Genau den Strauch meine ich!“
„Nein, das waren wir nicht, wir kennen den Strauch ja gar nicht. Nein kennen wir nicht!“, sangen die Piepmätze im Chor.
„Hah!“, brüllte der kleine Bär, „Ihr lügt! Woher wisst ihr den das mein Lieblingsbusch vor meiner Höhle steht?“
„Geraten, geraten!“, piepsten die Langschnäbel im Chor.
„Ich glaub euch nicht!“, brummte der kleine Bär.
„Doch kleiner Bär,“ sangen die Vögel, „wir haben mit dem Verschwinden deiner Beeren nichts zu tun! Wir hatten heute Morgen ein großes Wurmfrühstück.“
„Hmm,“ machte der kleine Bär nachdenklich. Er glaubte den Zwitscherschnäbeln. Wenn man einen Haufen Würmer zum Frühstück hatte, hatte man danach bestimmt keinen Hunger mehr auf Beeren.
Grübelnd machte sich der kleine Bär wieder auf den Weg in den Wald.
Wenn er nur endlich diesen Beerendieb finden würde.
Wütend trat der kleine Bär gegen eine Haselnuss, die auf dem Weg lag. Sie flog hoch durch die Luft und landet in einem Busch.
„Uff! Hey, kannst du nicht aufpassen?“
Ein Eichhörnchen stolpert ihm etwas benommen vor die Füße und rieb sich den kleinen Kopf.
Verlegen sah der kleine Bär zu Boden.
„Entschuldige! Ich hatte dich nicht gesehen“, brummelte er. „Eichhörnchen! Hast du etwas mit meinen verschwundenen Beeren zu tun?“
„Beeren?“, schrie das Eichhörnchen, „Wegen Beeren trittst du mir eine Nuss an den Kopf?“
„Nein, das mit der Nuss war ein Versehen und es tut mir leid, aber weißt du vielleicht trotzdem wer meine Beeren gestohlen hat?“
„Nein, weiß ich nicht!“, maulte das Eichhörnchen trotzig, „Ich war es jedenfalls nicht. Von mir aus können deine Beeren vergammeln. Ich gebe keine einzige Nuss für deine Beeren!“
„Du bist es also nicht gewesen?“, fragte der kleine Bär zögernd.
„Wenn ich es doch sage, Bär. Ich habe deine Beeren nicht angerührt! Wenn es Nüsse gewesen wären, dann vielleicht, aber ich mag keine Beeren“
„Hmm“, machte der kleine Bär.
Er würde den Dieb schon noch finden und ihm zeigen, dass man seinen Beerenstrauch nicht so einfach plündern durfte.
Grummelnd lief er zurück zu seiner Höhle. Der ganze schöne Morgen war kaputt, wegen diesem Beerendieb.
Wütend trat er auf die Lichtung auf der seine Höhle lag hinaus und blieb schlagartig stehen. Dort saß der Beerendieb und fraß auch noch die letzten Beeren von seinem Strauch.
„Das darf ja wohl nicht wahr sein!“, rief der kleine Bär, „Das sind meine Beeren!“
Der Beerendieb drehte sich zu ihm um.
„Hah!“ sagte der kleine Bär zufrieden; „Habe ich es doch gewusst. Ein Piepmatz ist der Dieb! Und mir wollten sie erzählen das sie Würmer zum Frühstück gehabt hatten. Ich wusste ja gleich, dass die Lügen.“
Der Vogel schaute ungerührt zu dem kleinen Bären hinab und pflückte seelenruhig eine Beere nach der Anderen.
„Du brauchst es gar nicht mehr zugeben. Ich habe dich ja beim Beerenklauen erwischt.“
„Aber kleiner Bär,“ krächzte der Vogel, „du bist doch kein alter Geizhals, oder?“
„Geizhals? Nein natürlich nicht ich meine...“
„Also hast du doch bestimmt nichts dagegen deine Beeren mit mir zu teilen?“
„Meine Lieblingsbeeren? Ich meine ja, ähh, nein, ich meine...“ verwirrt betrachtete der kleine Bär den Vogel. Er wusste das Teilen gut war und das man eigentlich abgeben sollte wenn man genügend von etwas hatte. Aber seine Lieblingsbeeren, musste er die auch teilen? Eine schwierige Frage. Wenn es um Nüsse oder Karotten gehen würde, dann hätte der kleine Bär nichts dagegen etwas abzugeben. Die mochte er aber auch nicht ganz so gerne wie die Beeren. Während er so grübelt sah er dem Vogel dabei zu wie der eine Beere nach der anderen pflückte und bemerkte das der Busch immer kahler wurde.
Er wurde das Gefühl nicht los, dass der Vogel ihn, trotz dem was er über das Teilen gesagt hatte, bestahl.
„Oh du gemeiner Federkragen!“, schrie der kleine Bär zornig, „ Erzählst mir was vom Teilen und klaust meine Beeren.“
„Aber ich klaue doch nicht! Ich teile mit dir !“, krächzte der Vogel.
„Nein, nein, nein! Du legst mich nicht noch mal rein. Wenn du teilen wolltest hättest du mich fragen können. Aber du klaust einfach meine Beeren und dann belügst du mich auch noch.“
„Belügen?“, der Vogel schielte zu dem kleinen Bären hinunter.
„Ja! Du hast doch vorhin auch bei den anderen Vögeln gesessen und hast wie die Anderen behauptet, dass du mit dem Beerendiebstahl nichts zu tun hast.“
„Hatte ich ja auch nicht...“
Der kleine Bär ließ den Vogel nicht weiter ausreden, „Vielleicht hast du vorhin wirklich noch nichts damit zu tun gehabt aber deswegen klaust du jetzt trotzdem einfach meine Beeren.“
„Ich teile“, versuchte sich der Vogel herauszureden.
„Du kannst meine Beeren gar nicht mit mir oder einem anderen teilen. Das sind meine Beeren, nur ich kann welche von ihnen abgeben.“
Der Vogel krächzte und versuchte davon zu fliegen. Aber sein kleiner Bauch war so voller Beeren, dass er nicht weit kam.
Schon nach wenigen Metern flatterte er auf die Erde weil er zu schwer war. Er krümmte sich und strich mit seinem Schnabel über seinen Bauch. Stöhnend lag der Vogel am Boden und strich sich den schmerzenden Bauch.
„Das kommt davon, wenn man zu viele Beeren frisst.“ Sagte der kleine Bär und trug den Vogel zu seinem Nest damit er seine Bauchschmerzen auskurieren konnte.