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Beckys Zimmer
Beckys Zimmer - oder: Selbstbewusstwerden
Tom erwacht auf einer Couch, die mit ihrem schäbigen 70er-Jahre-Grün und den durchgesessenen Polstern in einem großen ziemlich leeren und nur schwach beleuchteten Raum steht. Die Vorhänge sind zugezogen und das Licht gedimmt. Er richtet sich auf und fühlt sich erquickt aber auch verwirrt. Sein Mund ist trocken, ein flaues Gefühl in seinem Magen. Hinter einem großen wuchtigen Schreibtisch aus dunklem Holz sitzt ihm ein älterer freundlich und schrullig wirkender Mann gegenüber. Über seinen Lippen thront ein gewaltiger grauer Schnurrbart, der in der Mitte von Nikotin gelblich gefärbt ist.
„Sie werden durstig sein, trinken Sie einen Schluck“, sagt der Mann mit einem kratzigen sonoren Bariton und deutet auf eine Karaffe mit Wasser, die auf dem sonst ziemlich leeren Couchtisch steht. Tom bedankt sich und trinkt.
„Was meinen Sie“, fragt der Mann, nachdem Tom sein Glas geleert hat, „hat es Ihnen geholfen? Haben Sie einen Zugang zu ihren Emotionen gefunden?“
Tom lässt einige Augenblicke verstreichen, um sich zu sammeln, bevor er antwortet. „Ja ich denke schon. Danke Doktor.“ Der Mann lächelt, wobei seine Mundwinkel unter seinem Schnurrbart verschwanden.
„Erzählen Sie mir, was Sie …“ Er rang nach dem richtigen Wort „sagen wir, 'erlebt' haben.“ Tom blickte auf die Karaffe mit dem Wasser, um sich zu sammeln. Er hoffte, dass seine Stimme nicht allzu sehr zitterte, als er zu erzählen begann.
Tom saß in einem Bus, ohne den Hauch einer Ahnung wie er hinein gekommen war oder wohin er fuhr. Es schien bereits spät in der Nacht zu sein, denn außer ihm gab es nicht einen Fahrgast. In seiner Hand fand er einen Zettel. Erkenntnisstr. 17, Haltestelle Antonius-Kirche stand dort geschrieben. Die Adresse sagte ihm nichts, er glaubte nicht, dass dort jemand wohnte, den er kannte. Er sah aus dem Fenster. Es war eine klare, laue Sommernacht. „Antonius-Kirche“, tönte eine Computerstimme aus dem Lautsprecher. Tom drückte auf den Stop-Knopf und stand auf, der Bus hielt und er stieg aus, orientierte sich kurz und hatte bald das Straßenschild gefunden, das er gesucht hatte. Er ging los und mit jedem Schritt wurde ihm klarer, was er zu tun hatte. Klar, ist ja auch die Erkenntnisstraße, dachte er schmunzelnd bei sich.
Vor dem Haus mit der Nummer siebzehn angekommen, sah er sich um. Es war eine ruhige Gegend nicht auffällig auf irgendeine Art und Weise. Eine von den Ecken in der Stadt, die sich problemlos auch in jeder anderen westlich geprägten Stadt befinden könnte, ohne dass sich irgendjemand darüber gewundert hätte. Es schienen viele Studenten hier zu wohnen, denn Tom sah viele Fahrräder an Hauswänden lehnen aber nur wenige und alte, verbeulte Autos am Straßenrand. Er sah noch einmal zu der Hausnummer hinauf und drückte sich dann seitlich am Haus vorbei und schlich sich in den Garten. Er befand sich nun an der Rückseite des Hauses der Erkenntnisstr. 17 und blickte durch seine großen Terassentüren in einen hell erleuchteten Raum, in dem sich fünf junge Menschen befanden. Vermutlich allesamt Studenten. Trotzdem schien die Truppe nicht recht zueinander zu passen. Da gab es eine junge Frau mit zotteligen Haaren, die unter ihrem Strohhut hervorsahen und oben ausdemselben wild abstanden; anscheinend hatte sie den Deckel herausgeschnitten. Sie war nicht geschminkt, trug einen farbenfrohen Rock, darunter schwarze Leggins und ein ihr viel zu weites blassrotes Hemd. Sie schien ganz aufgeregt zu sein, konnte kaum stillsitzen, redete heftig und pausenlos auf ihre Nachbarin ein, die ihr krasser Gegenentwurf war. Sie war vollkommen in grau gekleidet, ziemlich dünn und hatte die dunkelblonden Haare im Nacken sorgsam zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie saß mit dem Rücken zu Tom, sodass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Allerdings schien sie ganz im Gegensatz zu ihrer Nachbarin überhaupt nicht aufgeregt sondern eher ängstlich zu sein. Sie hatte die Beine überschlagen und vermutlich ihre Hände darin vergraben und fühlte sich offensichtlich unwohl. Ein dritter saß den beiden gegenüber und starrte sie missbilligend an. Er war leichenblass und trug im starken Kontrast dazu schwarz, auch seine Haare waren dunkel gefärbt. Er hatte kleine, eng beieinander sitzende Augen von einem giftigen Grün. Er war ein wahrer Hüne und Tom dachte sich, dass mit diesem jungen Herrn nicht zu spaßen war. Die letzten beiden der fünf jungen Menschen waren offensichtlich ein Pärchen, das sich um die anderen nicht groß zu scheren schien. Beide waren über die Maße attraktiv, groß und schlank und waren modisch aber unauffällig gekleidet.
Eindeutig eine ziemlich merkwürdige Versammlung. Wenn Tom herausfinden wollte, und er wusste, dass er dafür hier war, musste er näher an das Fenster heran, um ihre Gespräche belauschen zu können. Gedacht, getan. Gerade auf seinem neuen Posten angekommen und hinter einem Buchsbaum verschanzt, kam Bewegung in die Truppe, denn die Tür öffnete sich und ein blasser, schmächtiger Mann mit Brille und kindlichen Zügen meldete. „Sorry, wollte euch nicht stören. Aber Becky hat eben angerufen. Sie kommt vielleicht gleich noch vorbei. Und macht doch mal ein Fenster auf. Es stinkt höllisch.“ Die Graue stand auf und stellte ein Fenster auf Kipp. Der junge Mann tippte sich zum Gruße mit zwei Fingern an die Schläfe und ging wortlos wieder aus dem Zimmer.
Drinnen klatschte die mit dem Strohhut, die wie Tom inzwischen vernommen hatte, Bea hieß, aufgeregt ihre Hände aneinander.
„Au ja. Die wollte ich schon lange kennen lernen ihr nicht auch?“ Der finstere Hüne, der mit Alex angesprochen wurde, blickte sie drohend aus seinen grünen Augen heraus an und machte den Anschein, als wolle er sie erwürgen, zuckte aber nur mit den Achseln. Das junge Pärchen, Jule und Felix, dagegen war ebenfalls davon angetan Beckys Bekanntschaft zu machen und äußerte dies lautstark. Die schüchterne Graue, die Sylvia hieß, wiederum sagte:
„Ich weiß nicht recht. Ich mein‘, wir kennen sie doch alle nicht, was, wenn sie sich nicht wohl fühlt?“
„Also wenn man Leute nicht einlädt und mit ihnen redet, kann man sie auch nicht kennenlernen“, antwortete Bea energisch. Und Felix sagte lachend „Hört, hört.“
„Wisst ihr was? Ich glaube wir sollten ihr was schenken“, schlug Bea vor. Jule zeigte sich begeistert, auch Felix war durchaus angetan. Sylvia sorgte sich mit zittriger Stimme, dass das Geschenk Becky nicht gefallen könnte und dann wäre das doch eine peinliche Situation. Bea wischte die Bedenken lässig mit der Hand beiseite und stand auf.
„Ich jedenfalls gehe jetzt und bastle irgendetwas.“ Die anderen schauten einander verdutzt an. „Aber wir können doch hier nicht raus. Max würde uns nicht lassen“, belehrte Felix. Max, so dachte Tom, war vermutlich der Blasse mit der Brille, der eben in der Tür gestanden hatte. „Euch vielleicht nicht. Mich schon“, triumphierte Bea mit erhobenem Zeigefinger.
„Ich helfe ihm oft.“
„Wobei?“, wollte Jule wissen.
„Ach dies und das, eben.“ Bea lachte verlegen. Dann stand sie auf und ging in Richtung Tür. Sylvia, die den letzten Sätzen zunehmend erregt gelauscht hatte, kreischte nun hysterisch auf, „Nein. Nicht. Du wirst uns alle ruinieren.“ Alex, die ganze Zeit schon sichtlich wütend auf Sylvia, hieb mit seiner mächtigen Faust zornig auf den Tisch. Diesem Schlag folgte betretenes Schweigen, das Bea nutzte, um durch die Tür zu verschwinden.
Die anderen saßen nach wie vor still verteilt im Zimmer. Nach einer Weile begann Sylvia, die eine Zeit lang schon mit den Tränen gekämpft hatte, leise zu weinen. Felix und Jule versuchten sie zu beruhigen, während Alex, der die Hände in die Lehne des Sessels, auf dem er saß, krallte und der Situation schweigend aber zunehmend aufgebracht folgte. Felix und Jule schielten immer wieder besorgt zu ihm herüber, aber dann war es ihnen gelungen, Sylvia zu besänftigen und die Lage entspannte sich sichtlich. Alle warteten nun gespannt auf Beas Rückkehr. Sylvia kaute nervös an ihren Fingernägeln, Alex hielt den Blick auf sie geheftet, während Jule und Felix sich wieder einander zuwandten, um leise und gehemmt zu kichern. Plötzlich drang ein lautes Schluchzen an Toms Ohr. Er konnte es nicht verorten, aber die vier Personen im Zimmer hielten inne und blickten auf den großen Wandschrank. „Was war das?“, fragte Sylvia, ihre Stimme bebte vor Angst. Alex setzte sich das erste Mal in Bewegung und Tom war beinahe erstaunt, dass er sich tatsächlich bewegen konnte. Entschlossen ging er zum Schrank hieb mit der Faust dreimal kräftig gegen die Tür und schrie: „Ruhe da drin!“
„Alex …“ Setzte Jule empört an und wollte weitere Vorwürfe in dessen Richtung schicken, verstummte aber unter dem Blick, den er ihr zuwarf.
Etwas später schienen fast alle Beteiligten das Schluchzen aus dem Schrank wieder vergessen zu haben. Jule und Felix waren wieder miteinander beschäftigt, während Alex weiterhin Sylvia mit seinen Blicken durchbohrte. Nur letztere schaute hin und wieder ängstlich zum Schrank. Es waren kurze, schnelle Seitenblicke, aus Furcht Alex könnte sie bemerken. Die Atmosphäre in dem Zimmer musste grauenhaft angespannt sein, dachte Tom.
In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen und Bea stürmte hinein, in der Hand ein längliches in Paketpapier gehülltes Geschenk für Becky. Sylvia schreckte auf und stieß einen erleichterten Seufzer aus, als sie sah, dass es nur Bea war.
„Hey da bist du ja wieder“, das war die Stimme von Felix.
„Und wie war’s?“, ließ sich seine Freundin vernehmen.
„Oh, ich glaub‘ das wird total super. Wir geben ihr das auf jeden Fall, wenn sie kommt“, gab Bea sichtlich aufgewühlt Auskunft.
„Was ist es denn?“, fragte Felix.
„Das wird noch nicht verraten.“ Bea grinste breit. Alex schüttelte resigniert den Kopf und Sylvia begann wimmernd hin und her zu wippen.
„Ey, mach mal Musik an“, sagte Bea an Felix gerichtet, „ich will tanzen!“ Die Musik wummerte selbst draußen vor dem Fenster noch gewaltig in Toms Ohren. Keine Chance mehr zu verstehen, was drinnen gesagt wurde. Aber offensichtlich wurde sowieso nicht allzu viel gesprochen. Bea, Jule und Felix tanzten wild im Zimmer umher. Vor allem Bea schien in ihrem Element zu sein. Sie warf Arme und Beine von sich und machte Verrenkungen, für die Tom den menschlichen Körper nicht geeignet gehalten hätte. Sogar Sylvia entspannte sich sichtlich und begann nach einer gewissen Zeit, mit den Beinen im Takt zu wippen. Nur Alex, stoisch auf den ersten Blick und zornig hinter der Fassade, bewegte sich keinen Millimeter.
Da stand mit einem Mal wieder der Blassgesichtige im Zimmer. Er riss den Mund weit auf und schrie offensichtlich irgendetwas, aber Tom konnte ihn nicht verstehen. Aber was es auch war, es schien seine Wirkung nicht verfehlt zu haben. Alle blieben wie angewurzelt stehen, die Musik wurde ausgestellt.
„Was?!“ Betroffenheit und Ungläubigkeit bei Jule.
„Becky. Sie kommt nicht. Denke ich jedenfalls. Sie lief eben am Haus vorbei und hat nicht mal rüber geguckt“, sagte Max. Die Stimmung war im Eimer. Felix ließ sich wortlos in einen Sessel fallen und starrte trübe ins Leere. Bea schien furchtbar enttäuscht und kämpfte mit den Tränen. Sylvia dagegen kreischte:
„Bloßgestellt. Wir sind alle bloßgestellt.“ Sie fing wieder an zu weinen. Dann zeigte sie mit ausgestrecktem Finger auf Bea und beschuldigte sie wortreich, während ihre Stimme sich in ihrer Hysterie überschlug und stellenweise quietschte wie eine schlecht geölte Türangel. Jule redete heftig auf sie ein: „Sei still. Sylvia, werd' doch vernünftig. Du machst es nur noch schlimmer“, und wandte sich hilfesuchend an Felix, der allerdings völlig geistesabwesend in seinem Sessel hing. Aber Sylvia war nicht zu beruhigen und das rief Alex auf den Plan, der augenscheinlich mit sich rang. Bea hatte ihre Enttäuschung überwunden und wurde zornig auf Sylvia. Sie verteidigte sich vehement und stieß dabei üble Flüche aus. Jule hatte sich inzwischen zu Felix gesetzt und verfolgte die Szenerie mit wachsender Panik und Hilflosigkeit. Alex platzte beim Wortgefecht der beiden Frauen nun endgültig der Kragen. „Ruhe! Ruhe! Ich halt das nicht aus!“. Er schrie. Sylvia die bis jetzt gesessen hatte, sprang auf, um etwas zu erwidern, erstarrte aber in der Bewegung, denn auch Alex hatte sich in seiner vollen Größe aufgebaut und war wahrlich respekteinflößend. Er schrie sich immer mehr in Rage. Jule begann zu weinen und Felix hatte, aus seiner Erstarrung erwacht, schützend die Arme um sie gelegt, doch auch ihm stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Bea versuchte der Szene zu entkommen und sprang in Richtung Tür. Doch Alex, mittlerweile völlig außer sich, packte sie an den Haaren und zerrte sie zurück. Sie schrie auf vor Schmerz.
Auch Tom wurde auf seinem Beobachterposten zunehmend unruhig. Aber noch war es nicht an der Zeit, einzuschreiten. Alex spann weiter seine Hasstirade und als ihm irgendwann nichts mehr einfiel, machte er sich in seiner rasenden Wut daran, das Mobiliar des Zimmers zu verwüsten. Er riss Poster von den Wänden und zerschlug eine Schreibtischlampe an der Wand. Bea gelang es aus dem Zimmer zu fliehen. Alex gab tierische Laute von sich und war durch nichts zu bändigen. Jule und Felix hatten sich unters Bett verzogen und Sylvia stand noch immer in der Mitte des Zimmers, während Alex um sie herum wütete. Doch nun war seine Zerstörungssucht leise und systematisch und dadurch noch furchteinflößender. Schweigend zerhieb er einen Tisch Stück für Stück zu kleinsten Holzpartikeln und verwendete dafür nichts als seine bloßen Fäuste, die inzwischen bluteten.
Es ist an der Zeit, dachte sich Tom. Hastig verließ er seinen Posten und öffnete geschickt die Haustür mit einem Dietrich. Als er den Flur betrat, in dem sich das Zimmer befand, sah er, dass Max vor dem Schlüsselloch kniete und vergeblich versuchte, einen Blick ins Innere zu erhaschen. Bea saß neben ihm an der Wand, hatte die Knie angezogen und mit ihren Armen umschlungen und wimmerte leise vor sich hin. Max bemerkte Tom,
„Was machst du hier? Wer bist du? Verschwinde. Ich lasse dich nicht in das Zimmer.“
„Ist ja gut“, sagte Tom beschwichtigend, „aber es ist mein Zimmer.“ Max, der sich bereits wieder dem Schlüsselloch zugewandt hatte, sah verdutzt auf. „Na wenn das so ist“, murmelte er. Tom bedeutete ihm Platz zu machen und sah nun seinerseits durch das Schlüsselloch.
Alex' Wut hatte sich nun, da das Zimmer komplett zerstört war auf Sylvia gerichtet. Er jagte sie durchs Zimmer und bekam sie zu fassen, warf sie auf das Bett. Sylvia kreischte laut und wehrte sich nach Kräften, aber Alex war ihr hoffnungslos überlegen. Er setzte sich auf sie und hielt ihr mit einer seiner Pranken den Mund zu. Die andere hob er, um zuzuschlagen. „Greif' ein!“, befahl Tom Max. Dieser zögerte nicht eine Sekunde und stieß die Tür auf.“ Aufhören! Sofort!“, rief er gebieterisch. Er war hinreichend autoritär um zu bewirken, dass Alex seine Bewegung nicht zu Ende führte und die Hand sinken ließ. Doch dann umspielte ein höhnisches Grinsen seine Lippen. „Was willst du schon tun? Du kannst nicht mal in dieses Zimmer!“ Er wendete sich wieder Sylvia zu.
Auf diesen Moment hatte Tom gewartet. Den Moment, in dem sein Auftritt die größtmögliche Wirkung entfaltete. Er trat an Max vorbei ins Zimmer und lächelte sanft. „Abend zusammen, ich bin Tom. Mir gehört dieses Zimmer.“, sagte er feierlich und das verfehlte seine Wirkung nicht. Jule und Felix sahen neugierig unter dem Bett hervor, Bea war mit geöffnetem Mund neben Max in die Tür getreten und Alex war endgültig der Wind aus den Segeln genommen und er ließ Sylvia los. Tom sah ihnen der Reihe nach schweigend und ergründend in die Augen. Dann ging er zum Schrank und schob entschlossen die Tür auf. Er half einem Mädchen heraus, deutlich jünger als alle anderen. Es hatte vom Weinen gerötete Augen und blickte Tom durch einen Schleier aus Tränen heraus an. Er fasste sie sanft an den Schultern und sah ihr offen in die Augen. Mit einem Kloß im Hals, der seine Stimme brüchig klingen ließ, sagte er, „Es tut mir so unendlich leid, dass ich dich solange eingesperrt hab.“ Er schloss sie in die Arme und nach einer Weile erwiderte sie seine Umarmung und vergoss ein paar stille Tränen. Dann ließ Tom von ihr ab und blickte in die Runde. „Kommt setzt euch, ich möchte mit euch reden“, sagte er und die sichtlich aufgewühlte Gesellschaft folgte dieser Aufforderung kommentarlos. Bis auf Max, der unschlüssig im Türrahmen stand. Tom wendete sich an ihn. „Du weißt, dass du hier nicht rein kannst. Warte draußen auf mich. Mit dir habe ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen.“ Max gehorchte wortlos und zog die Tür zu.
Tom erwacht auf einer Couch, die mit ihrem schäbigen 70er-Jahre-Grün und den durchgesessenen Polstern in einem großen ziemlich leeren und nur schwach beleuchteten Raum steht. Die Vorhänge sind zugezogen und das Licht gedimmt. Er richtet sich auf und fühlt sich erquickt aber auch verwirrt. Sein Mund ist trocken, ein flaues Gefühl in seinem Magen.