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Beckys Zimmer

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07.07.2015
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Beckys Zimmer

Beckys Zimmer - oder: Selbstbewusstwerden

Tom erwacht auf einer Couch, die mit ihrem schäbigen 70er-Jahre-Grün und den durchgesessenen Polstern in einem großen ziemlich leeren und nur schwach beleuchteten Raum steht. Die Vorhänge sind zugezogen und das Licht gedimmt. Er richtet sich auf und fühlt sich erquickt aber auch verwirrt. Sein Mund ist trocken, ein flaues Gefühl in seinem Magen. Hinter einem großen wuchtigen Schreibtisch aus dunklem Holz sitzt ihm ein älterer freundlich und schrullig wirkender Mann gegenüber. Über seinen Lippen thront ein gewaltiger grauer Schnurrbart, der in der Mitte von Nikotin gelblich gefärbt ist.
„Sie werden durstig sein, trinken Sie einen Schluck“, sagt der Mann mit einem kratzigen sonoren Bariton und deutet auf eine Karaffe mit Wasser, die auf dem sonst ziemlich leeren Couchtisch steht. Tom bedankt sich und trinkt.
„Was meinen Sie“, fragt der Mann, nachdem Tom sein Glas geleert hat, „hat es Ihnen geholfen? Haben Sie einen Zugang zu ihren Emotionen gefunden?“
Tom lässt einige Augenblicke verstreichen, um sich zu sammeln, bevor er antwortet. „Ja ich denke schon. Danke Doktor.“ Der Mann lächelt, wobei seine Mundwinkel unter seinem Schnurrbart verschwanden.
„Erzählen Sie mir, was Sie …“ Er rang nach dem richtigen Wort „sagen wir, 'erlebt' haben.“ Tom blickte auf die Karaffe mit dem Wasser, um sich zu sammeln. Er hoffte, dass seine Stimme nicht allzu sehr zitterte, als er zu erzählen begann.
Tom saß in einem Bus, ohne den Hauch einer Ahnung wie er hinein gekommen war oder wohin er fuhr. Es schien bereits spät in der Nacht zu sein, denn außer ihm gab es nicht einen Fahrgast. In seiner Hand fand er einen Zettel. Erkenntnisstr. 17, Haltestelle Antonius-Kirche stand dort geschrieben. Die Adresse sagte ihm nichts, er glaubte nicht, dass dort jemand wohnte, den er kannte. Er sah aus dem Fenster. Es war eine klare, laue Sommernacht. „Antonius-Kirche“, tönte eine Computerstimme aus dem Lautsprecher. Tom drückte auf den Stop-Knopf und stand auf, der Bus hielt und er stieg aus, orientierte sich kurz und hatte bald das Straßenschild gefunden, das er gesucht hatte. Er ging los und mit jedem Schritt wurde ihm klarer, was er zu tun hatte. Klar, ist ja auch die Erkenntnisstraße, dachte er schmunzelnd bei sich.
Vor dem Haus mit der Nummer siebzehn angekommen, sah er sich um. Es war eine ruhige Gegend nicht auffällig auf irgendeine Art und Weise. Eine von den Ecken in der Stadt, die sich problemlos auch in jeder anderen westlich geprägten Stadt befinden könnte, ohne dass sich irgendjemand darüber gewundert hätte. Es schienen viele Studenten hier zu wohnen, denn Tom sah viele Fahrräder an Hauswänden lehnen aber nur wenige und alte, verbeulte Autos am Straßenrand. Er sah noch einmal zu der Hausnummer hinauf und drückte sich dann seitlich am Haus vorbei und schlich sich in den Garten. Er befand sich nun an der Rückseite des Hauses der Erkenntnisstr. 17 und blickte durch seine großen Terassentüren in einen hell erleuchteten Raum, in dem sich fünf junge Menschen befanden. Vermutlich allesamt Studenten. Trotzdem schien die Truppe nicht recht zueinander zu passen. Da gab es eine junge Frau mit zotteligen Haaren, die unter ihrem Strohhut hervorsahen und oben ausdemselben wild abstanden; anscheinend hatte sie den Deckel herausgeschnitten. Sie war nicht geschminkt, trug einen farbenfrohen Rock, darunter schwarze Leggins und ein ihr viel zu weites blassrotes Hemd. Sie schien ganz aufgeregt zu sein, konnte kaum stillsitzen, redete heftig und pausenlos auf ihre Nachbarin ein, die ihr krasser Gegenentwurf war. Sie war vollkommen in grau gekleidet, ziemlich dünn und hatte die dunkelblonden Haare im Nacken sorgsam zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie saß mit dem Rücken zu Tom, sodass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Allerdings schien sie ganz im Gegensatz zu ihrer Nachbarin überhaupt nicht aufgeregt sondern eher ängstlich zu sein. Sie hatte die Beine überschlagen und vermutlich ihre Hände darin vergraben und fühlte sich offensichtlich unwohl. Ein dritter saß den beiden gegenüber und starrte sie missbilligend an. Er war leichenblass und trug im starken Kontrast dazu schwarz, auch seine Haare waren dunkel gefärbt. Er hatte kleine, eng beieinander sitzende Augen von einem giftigen Grün. Er war ein wahrer Hüne und Tom dachte sich, dass mit diesem jungen Herrn nicht zu spaßen war. Die letzten beiden der fünf jungen Menschen waren offensichtlich ein Pärchen, das sich um die anderen nicht groß zu scheren schien. Beide waren über die Maße attraktiv, groß und schlank und waren modisch aber unauffällig gekleidet.
Eindeutig eine ziemlich merkwürdige Versammlung. Wenn Tom herausfinden wollte, und er wusste, dass er dafür hier war, musste er näher an das Fenster heran, um ihre Gespräche belauschen zu können. Gedacht, getan. Gerade auf seinem neuen Posten angekommen und hinter einem Buchsbaum verschanzt, kam Bewegung in die Truppe, denn die Tür öffnete sich und ein blasser, schmächtiger Mann mit Brille und kindlichen Zügen meldete. „Sorry, wollte euch nicht stören. Aber Becky hat eben angerufen. Sie kommt vielleicht gleich noch vorbei. Und macht doch mal ein Fenster auf. Es stinkt höllisch.“ Die Graue stand auf und stellte ein Fenster auf Kipp. Der junge Mann tippte sich zum Gruße mit zwei Fingern an die Schläfe und ging wortlos wieder aus dem Zimmer.
Drinnen klatschte die mit dem Strohhut, die wie Tom inzwischen vernommen hatte, Bea hieß, aufgeregt ihre Hände aneinander.
„Au ja. Die wollte ich schon lange kennen lernen ihr nicht auch?“ Der finstere Hüne, der mit Alex angesprochen wurde, blickte sie drohend aus seinen grünen Augen heraus an und machte den Anschein, als wolle er sie erwürgen, zuckte aber nur mit den Achseln. Das junge Pärchen, Jule und Felix, dagegen war ebenfalls davon angetan Beckys Bekanntschaft zu machen und äußerte dies lautstark. Die schüchterne Graue, die Sylvia hieß, wiederum sagte:
„Ich weiß nicht recht. Ich mein‘, wir kennen sie doch alle nicht, was, wenn sie sich nicht wohl fühlt?“
„Also wenn man Leute nicht einlädt und mit ihnen redet, kann man sie auch nicht kennenlernen“, antwortete Bea energisch. Und Felix sagte lachend „Hört, hört.“
„Wisst ihr was? Ich glaube wir sollten ihr was schenken“, schlug Bea vor. Jule zeigte sich begeistert, auch Felix war durchaus angetan. Sylvia sorgte sich mit zittriger Stimme, dass das Geschenk Becky nicht gefallen könnte und dann wäre das doch eine peinliche Situation. Bea wischte die Bedenken lässig mit der Hand beiseite und stand auf.
„Ich jedenfalls gehe jetzt und bastle irgendetwas.“ Die anderen schauten einander verdutzt an. „Aber wir können doch hier nicht raus. Max würde uns nicht lassen“, belehrte Felix. Max, so dachte Tom, war vermutlich der Blasse mit der Brille, der eben in der Tür gestanden hatte. „Euch vielleicht nicht. Mich schon“, triumphierte Bea mit erhobenem Zeigefinger.
„Ich helfe ihm oft.“
„Wobei?“, wollte Jule wissen.
„Ach dies und das, eben.“ Bea lachte verlegen. Dann stand sie auf und ging in Richtung Tür. Sylvia, die den letzten Sätzen zunehmend erregt gelauscht hatte, kreischte nun hysterisch auf, „Nein. Nicht. Du wirst uns alle ruinieren.“ Alex, die ganze Zeit schon sichtlich wütend auf Sylvia, hieb mit seiner mächtigen Faust zornig auf den Tisch. Diesem Schlag folgte betretenes Schweigen, das Bea nutzte, um durch die Tür zu verschwinden.
Die anderen saßen nach wie vor still verteilt im Zimmer. Nach einer Weile begann Sylvia, die eine Zeit lang schon mit den Tränen gekämpft hatte, leise zu weinen. Felix und Jule versuchten sie zu beruhigen, während Alex, der die Hände in die Lehne des Sessels, auf dem er saß, krallte und der Situation schweigend aber zunehmend aufgebracht folgte. Felix und Jule schielten immer wieder besorgt zu ihm herüber, aber dann war es ihnen gelungen, Sylvia zu besänftigen und die Lage entspannte sich sichtlich. Alle warteten nun gespannt auf Beas Rückkehr. Sylvia kaute nervös an ihren Fingernägeln, Alex hielt den Blick auf sie geheftet, während Jule und Felix sich wieder einander zuwandten, um leise und gehemmt zu kichern. Plötzlich drang ein lautes Schluchzen an Toms Ohr. Er konnte es nicht verorten, aber die vier Personen im Zimmer hielten inne und blickten auf den großen Wandschrank. „Was war das?“, fragte Sylvia, ihre Stimme bebte vor Angst. Alex setzte sich das erste Mal in Bewegung und Tom war beinahe erstaunt, dass er sich tatsächlich bewegen konnte. Entschlossen ging er zum Schrank hieb mit der Faust dreimal kräftig gegen die Tür und schrie: „Ruhe da drin!“
„Alex …“ Setzte Jule empört an und wollte weitere Vorwürfe in dessen Richtung schicken, verstummte aber unter dem Blick, den er ihr zuwarf.
Etwas später schienen fast alle Beteiligten das Schluchzen aus dem Schrank wieder vergessen zu haben. Jule und Felix waren wieder miteinander beschäftigt, während Alex weiterhin Sylvia mit seinen Blicken durchbohrte. Nur letztere schaute hin und wieder ängstlich zum Schrank. Es waren kurze, schnelle Seitenblicke, aus Furcht Alex könnte sie bemerken. Die Atmosphäre in dem Zimmer musste grauenhaft angespannt sein, dachte Tom.
In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen und Bea stürmte hinein, in der Hand ein längliches in Paketpapier gehülltes Geschenk für Becky. Sylvia schreckte auf und stieß einen erleichterten Seufzer aus, als sie sah, dass es nur Bea war.
„Hey da bist du ja wieder“, das war die Stimme von Felix.
„Und wie war’s?“, ließ sich seine Freundin vernehmen.
„Oh, ich glaub‘ das wird total super. Wir geben ihr das auf jeden Fall, wenn sie kommt“, gab Bea sichtlich aufgewühlt Auskunft.
„Was ist es denn?“, fragte Felix.
„Das wird noch nicht verraten.“ Bea grinste breit. Alex schüttelte resigniert den Kopf und Sylvia begann wimmernd hin und her zu wippen.
„Ey, mach mal Musik an“, sagte Bea an Felix gerichtet, „ich will tanzen!“ Die Musik wummerte selbst draußen vor dem Fenster noch gewaltig in Toms Ohren. Keine Chance mehr zu verstehen, was drinnen gesagt wurde. Aber offensichtlich wurde sowieso nicht allzu viel gesprochen. Bea, Jule und Felix tanzten wild im Zimmer umher. Vor allem Bea schien in ihrem Element zu sein. Sie warf Arme und Beine von sich und machte Verrenkungen, für die Tom den menschlichen Körper nicht geeignet gehalten hätte. Sogar Sylvia entspannte sich sichtlich und begann nach einer gewissen Zeit, mit den Beinen im Takt zu wippen. Nur Alex, stoisch auf den ersten Blick und zornig hinter der Fassade, bewegte sich keinen Millimeter.
Da stand mit einem Mal wieder der Blassgesichtige im Zimmer. Er riss den Mund weit auf und schrie offensichtlich irgendetwas, aber Tom konnte ihn nicht verstehen. Aber was es auch war, es schien seine Wirkung nicht verfehlt zu haben. Alle blieben wie angewurzelt stehen, die Musik wurde ausgestellt.
„Was?!“ Betroffenheit und Ungläubigkeit bei Jule.
„Becky. Sie kommt nicht. Denke ich jedenfalls. Sie lief eben am Haus vorbei und hat nicht mal rüber geguckt“, sagte Max. Die Stimmung war im Eimer. Felix ließ sich wortlos in einen Sessel fallen und starrte trübe ins Leere. Bea schien furchtbar enttäuscht und kämpfte mit den Tränen. Sylvia dagegen kreischte:
„Bloßgestellt. Wir sind alle bloßgestellt.“ Sie fing wieder an zu weinen. Dann zeigte sie mit ausgestrecktem Finger auf Bea und beschuldigte sie wortreich, während ihre Stimme sich in ihrer Hysterie überschlug und stellenweise quietschte wie eine schlecht geölte Türangel. Jule redete heftig auf sie ein: „Sei still. Sylvia, werd' doch vernünftig. Du machst es nur noch schlimmer“, und wandte sich hilfesuchend an Felix, der allerdings völlig geistesabwesend in seinem Sessel hing. Aber Sylvia war nicht zu beruhigen und das rief Alex auf den Plan, der augenscheinlich mit sich rang. Bea hatte ihre Enttäuschung überwunden und wurde zornig auf Sylvia. Sie verteidigte sich vehement und stieß dabei üble Flüche aus. Jule hatte sich inzwischen zu Felix gesetzt und verfolgte die Szenerie mit wachsender Panik und Hilflosigkeit. Alex platzte beim Wortgefecht der beiden Frauen nun endgültig der Kragen. „Ruhe! Ruhe! Ich halt das nicht aus!“. Er schrie. Sylvia die bis jetzt gesessen hatte, sprang auf, um etwas zu erwidern, erstarrte aber in der Bewegung, denn auch Alex hatte sich in seiner vollen Größe aufgebaut und war wahrlich respekteinflößend. Er schrie sich immer mehr in Rage. Jule begann zu weinen und Felix hatte, aus seiner Erstarrung erwacht, schützend die Arme um sie gelegt, doch auch ihm stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Bea versuchte der Szene zu entkommen und sprang in Richtung Tür. Doch Alex, mittlerweile völlig außer sich, packte sie an den Haaren und zerrte sie zurück. Sie schrie auf vor Schmerz.
Auch Tom wurde auf seinem Beobachterposten zunehmend unruhig. Aber noch war es nicht an der Zeit, einzuschreiten. Alex spann weiter seine Hasstirade und als ihm irgendwann nichts mehr einfiel, machte er sich in seiner rasenden Wut daran, das Mobiliar des Zimmers zu verwüsten. Er riss Poster von den Wänden und zerschlug eine Schreibtischlampe an der Wand. Bea gelang es aus dem Zimmer zu fliehen. Alex gab tierische Laute von sich und war durch nichts zu bändigen. Jule und Felix hatten sich unters Bett verzogen und Sylvia stand noch immer in der Mitte des Zimmers, während Alex um sie herum wütete. Doch nun war seine Zerstörungssucht leise und systematisch und dadurch noch furchteinflößender. Schweigend zerhieb er einen Tisch Stück für Stück zu kleinsten Holzpartikeln und verwendete dafür nichts als seine bloßen Fäuste, die inzwischen bluteten.
Es ist an der Zeit, dachte sich Tom. Hastig verließ er seinen Posten und öffnete geschickt die Haustür mit einem Dietrich. Als er den Flur betrat, in dem sich das Zimmer befand, sah er, dass Max vor dem Schlüsselloch kniete und vergeblich versuchte, einen Blick ins Innere zu erhaschen. Bea saß neben ihm an der Wand, hatte die Knie angezogen und mit ihren Armen umschlungen und wimmerte leise vor sich hin. Max bemerkte Tom,
„Was machst du hier? Wer bist du? Verschwinde. Ich lasse dich nicht in das Zimmer.“
„Ist ja gut“, sagte Tom beschwichtigend, „aber es ist mein Zimmer.“ Max, der sich bereits wieder dem Schlüsselloch zugewandt hatte, sah verdutzt auf. „Na wenn das so ist“, murmelte er. Tom bedeutete ihm Platz zu machen und sah nun seinerseits durch das Schlüsselloch.
Alex' Wut hatte sich nun, da das Zimmer komplett zerstört war auf Sylvia gerichtet. Er jagte sie durchs Zimmer und bekam sie zu fassen, warf sie auf das Bett. Sylvia kreischte laut und wehrte sich nach Kräften, aber Alex war ihr hoffnungslos überlegen. Er setzte sich auf sie und hielt ihr mit einer seiner Pranken den Mund zu. Die andere hob er, um zuzuschlagen. „Greif' ein!“, befahl Tom Max. Dieser zögerte nicht eine Sekunde und stieß die Tür auf.“ Aufhören! Sofort!“, rief er gebieterisch. Er war hinreichend autoritär um zu bewirken, dass Alex seine Bewegung nicht zu Ende führte und die Hand sinken ließ. Doch dann umspielte ein höhnisches Grinsen seine Lippen. „Was willst du schon tun? Du kannst nicht mal in dieses Zimmer!“ Er wendete sich wieder Sylvia zu.
Auf diesen Moment hatte Tom gewartet. Den Moment, in dem sein Auftritt die größtmögliche Wirkung entfaltete. Er trat an Max vorbei ins Zimmer und lächelte sanft. „Abend zusammen, ich bin Tom. Mir gehört dieses Zimmer.“, sagte er feierlich und das verfehlte seine Wirkung nicht. Jule und Felix sahen neugierig unter dem Bett hervor, Bea war mit geöffnetem Mund neben Max in die Tür getreten und Alex war endgültig der Wind aus den Segeln genommen und er ließ Sylvia los. Tom sah ihnen der Reihe nach schweigend und ergründend in die Augen. Dann ging er zum Schrank und schob entschlossen die Tür auf. Er half einem Mädchen heraus, deutlich jünger als alle anderen. Es hatte vom Weinen gerötete Augen und blickte Tom durch einen Schleier aus Tränen heraus an. Er fasste sie sanft an den Schultern und sah ihr offen in die Augen. Mit einem Kloß im Hals, der seine Stimme brüchig klingen ließ, sagte er, „Es tut mir so unendlich leid, dass ich dich solange eingesperrt hab.“ Er schloss sie in die Arme und nach einer Weile erwiderte sie seine Umarmung und vergoss ein paar stille Tränen. Dann ließ Tom von ihr ab und blickte in die Runde. „Kommt setzt euch, ich möchte mit euch reden“, sagte er und die sichtlich aufgewühlte Gesellschaft folgte dieser Aufforderung kommentarlos. Bis auf Max, der unschlüssig im Türrahmen stand. Tom wendete sich an ihn. „Du weißt, dass du hier nicht rein kannst. Warte draußen auf mich. Mit dir habe ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen.“ Max gehorchte wortlos und zog die Tür zu.
Tom erwacht auf einer Couch, die mit ihrem schäbigen 70er-Jahre-Grün und den durchgesessenen Polstern in einem großen ziemlich leeren und nur schwach beleuchteten Raum steht. Die Vorhänge sind zugezogen und das Licht gedimmt. Er richtet sich auf und fühlt sich erquickt aber auch verwirrt. Sein Mund ist trocken, ein flaues Gefühl in seinem Magen.

 

Anmerkung:

Diesen Text habe ich zur Kurzgeschichte umgeschrieben. Ursprünglich war es mal ein Drehbuch für einen Kurzfilm im David-Lynch-Stil.
Besonders interessieren würde mich, ob es insgesamt zu kryptisch ist, um überhaupt auf Deutungsansätze zu kommen.

Vielen Dank im Voraus fürs Lesen und Kommentieren!

Arete

 
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Hallo Arete,

hast Du vielleicht bedingte Trennstriche in Deinem Text. Es stört jedenfalls sehr, wenn Worte eine unterwartete Trennung aufweisen.

wer-den
Karaf-fe
im ersten Absatz. Die weiteren Trennungen führe ich nicht mehr an
Der Mann lächelte,
. Ohne erkennbaren Grund wechselst Du die Zeit. (Vom Ende her ist dann deutlich, was das soll. Überhaupt ist diese ganze Geschichte erst vom Schluß her verständlicher und klarer. Man kann nur hoffen, dass Leser bis zum Nede durchhalten.)

„Erzählen Sie mir, was Sie…“ Er rang nach dem richtigen Wort „sagen wir, ‚erlebt‘ haben.“
Zwischen Sie und ... muss ein Leerzeichen stehen - Er groß oder den Einschub als solchen - z.B. in Parenthese - kennzeichnen.
Mit dem 'richtigen' Wort meinst Du ja wohl 'erlebt', dann gehört der Einschub auch vor dieses Wort und nicht irgendwohin.
Typographische Anführungszeichen (unten-oben) sollten deutlich von anderen Zeichen zu unterscheiden sein, sonst kommt so ein Bild wie , , erlebt'. Das kann den Lesefluss erheblich stören.


Inhaltlich habe ich den älteren Herrn für einen Psychoanalytiker oder ähnlichen Fachmenschen gehalten. Aber wenn er nach dem richtigen Wort für das Geschehene ringen muss, wird für mich seine Kompetenz sehr in Frage gestellt.

denn Tom sah kaum Autos am Straßenrand
und was ist mit den vielen Fahrrädern? Ich würde eher positiv formulieren, denn an den Hauswänden standen viele Fahrräder und am Straßenrand standen nur wenige (recht bejahrte) Autos.
Er erblickte einen hell erleuchteten Raum
zu wenig Ortsbeschreibung - wendet er sich im Garten wieder dem Haus zu, an dem er vorbeigegangen ist oder steht er vor einem anderen Haus? Dass sich der Raum im Erdgeschoss befindet, kann man vermuten.
vermutlich allesamt Studenten.
Wieso? Der Prot hielt sie für Studenten, dann wäre die subjektive Wertung deutlich. (Wobei ja auch am Ende klar wird, dass er eh alles weiß)
die Truppe
Absicht, um in eine bestimmte Richtung zu lenken?
die unter ihrem Strohhut hervorsahen und oben aus demselben wild abstanden
Ich versuche, mir das bildlich vorzustellen und lande bei eier Szene, in der ein Pferd einen Strohhut trägt, in den zwei Löcher geschnitten sind, damit die Ohren herausschauen können. Oder hat der Strohhut gar keinen Deckel und besteht nur aus einer Krempe - so als Haarband-Ersatz? Und as lcih das geschrieben habe, kommt die Lösung. Ich lasse den Komm dennoch stehen, ich denke, Du solltest den Nachsatz in den vorigen Satz einbauen.
trug einen farbenfrohen Rock[Komma] darunter schwarze Leggins und ein ihr viel zu weites blass-rotes Hemd.
Das ihr würde ich streichen, das ist selbstverständlich und blassrot würde ich zusammen schreiben.
Die beiden Frauen sitzen anscheinend nicht in der gleichen Richtung und dass der Prot alles erkennen kann, deutet auf minimales Mobiliar. Und nun kommt noch jemand, der beiden gegenüber sitzt. Ich glaub, ich versuch mal, ne Zeichnung anzufertigen. Oder sitzen die in einem Stuhlkreis?
auch seine Haare wa-ren dunkel gefärbt
Kann man erkennen, ob Haare dunkel gefärbt sind?
Er hatte kleine, eng beieinander sitzende Augen von einem giftigen Grün.
Wenige Sätze weiter muss sich der Prot näher an das Fenster heranpirschen. Da frage ich mich, wie er es geschafft hat, schon jetzt alle diese Einzelheiten zu erkennen? Fernglas? (Auch hier gibt das Ende die Lösung)
Eindeutig eine ziemlich merkwürdige Versammlung.
Das muss einem wirklich gesagt werden, denn von alleine wäre ich zu dieser Erkenntnis nicht gekommen. Aber vielleicht war ich auf zu vielen Studententreffen.
Wenn Tom herausfinden wollte, und er wusste, dass er dafür hier war,
Da fehlt doch das Wichtigste, nämlich, was er denn herausfinden wollte/sollte.
ein blasser, schmächtiger Mann mit Brille und kindlichen Zügen meldete. „Sorry, wollte euch nicht stören. Aber Becky hat eben angerufen. Sie kommt vielleicht gleich noch vorbei. Und macht doch mal ein Fenster auf. Es stinkt höllisch.“ Die Graue stand auf und stellte ein Fenster auf Kipp.
Der Prot muss ein Spitzen-Spizel sein, dass er diese Worte eines Menschen, der in der Tür steht, bei geschlossenen Fenstern deutlich verstehen kann.
die wie Tom inzwischen vernommen hatte, Bea hieß
Es folgen auch alle anderen Namen und ich stelle mir vor, dass der finstere Typ schnell noch mal die Anwesenheit abfragt.
Alex, die ganze Zeit schon sichtlich wütend auf Sylvia,
Diese Konstruktion scheint mir holperig und unschön.
Die anderen saßen nach wie vor still verteilt im Zimmer.
Ich hatte gedacht, bis eben hätten alle geredet.
während Alex, der die Hände in die Lehne des Sessels, auf dem er saß, krallte und der Situation schweigend aber zunehmend aufgebracht folgte.
Wahrscheilich wäre der Satz verständlicher, wenn das und wegfällt
und leise, gehemmt kicherten
Komma auf jeden Fall weg und vielleicht umstellen: gehemmt leise kicherten.
„Hallo, ist da jemand?“
Das ist doch eine unwahrscheinliche und absurde Frage. Was war das - Ist da jemand im Schrank eingesperrt oder ähnliches wäre sinnvoller.
Bis jetzt gibt es jedenfalls für mich keine verwertbaren Fingerzeige, was in diesem Zimmer oder in dem Haus vor sich geht.
Das wird noch nicht verraten.
Wenn Bea das sagt, sollte der Satz in wörtlicher Rede stehen. Und es ist sehr sinnvoll, zwischen den Aussagen verschiedener Personen Absätze/Zeilenumbrüche einzufügen.
stoisch auf den ersten Blick und zornig hinter der Fassade,
hmm - mit stoischem Blick, der seinen Zorn verbarg ?
und das rief Alex auf den Plan, der augenscheinlich mit sich rang.
Also wenn es ihn auf den Plan ruft, kann er nicht nur mit sich ringen. Das Ergebnis des Ringens ist zu weit entfernt beschrieben
Max[Komma] der sich bereits wieder dem Schlüsselloch zugewandt hatte,
Er war hinreichend autoritär
Zu Begiin wird Max so beschrieben:
ein blasser, schmächtiger Mann mit Brille und kindlichen Zügen
Schwierig zu vereinbaren, für mich scheint der Typ damit sehr gefährlich, weil so unscheinbar.
Du kannst nicht mal in dieses Zimmer!
Das ist mMn die erste Aussage, die auf Außergewöhnliches hinweist.
ergründend in die Augen.
häh - liest er ihre Gedanken durch die Augen?

Mein Hauptproblem ist, dass mir der Name David Lynch nichts sagt und ich meine Ignoranz eigentlich ganz gerne habe. Ich erwarte, dass eine Geschichte so geschrieben ist, dass Leser sie auch ohne spezifisches Wissen verstehen können.

In dieser Geschichte erkenne ich eine Art Zeitschleife. Der Prot durchlebt die gleiche Situation und erinneret sich jedenfalls nicht, dass er eine Widerholung erlebt. Es gibt keine Auflösung. Max bleibt vor der Tür und was Tom reden möchte, erfahren wir auch nicht. Dabei muss diese Zeitschleife ja irgendwann irgendwie angefangen haben. Und die zentrale Frage ist: Warum? Was soll erreicht oder verhindert werden?

Auch der freundlich und schrullig wirkende ältere Mann hört sich ja anscheinend die Erlebnisse des Prot immer wieder an. Bis der endlich wirklich seine Emotionen gefunden hat? Das Umarmen reicht noch nicht?

Soweit meine Gedanken. Habe da jetzt lange daran gesessen und bin recht müde. Ich bin meinen Text nochmal durchgegangen, weil ja vom Schluß her einiges klar wird. Deshalb weitere Anmerkungen in (). Ich hoffe, Du kannst trotzdem mit meinen Worten etwas anfangen.

Ganz allgemein:
Bitte mehr Absätze und bitte bei wörtlicher Rede die sprechenden Personen deutlich durch Absätze trennen.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo jobär!

Zunächst vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar.

hast Du vielleicht bedingte Trennstriche in Deinem Text. Es stört jedenfalls sehr, wenn Worte eine unterwartete Trennung aufweisen.

Die rühren daher, dass ich den Text im ursprünglichen Doc im Blocksatz gesetzt habe. Eigentlich bin ich vor dem Posten nochmal durchgegangen, aber anscheinend habe ich da einiges übersehen. Das wird korrigiert.

Inhaltlich habe ich den älteren Herrn für einen Psychoanalytiker oder ähnlichen Fachmenschen gehalten. Aber wenn er nach dem richtigen Wort für das Geschehene ringen muss, wird für mich seine Kompetenz sehr in Frage gestellt.

Die Kompetenz des guten Herren ist beabsichtigterweise infrage gestellt! Ich habe versucht noch mehr Hinweise auf die (potentielle) Inkompetenz zu streuen. Die Einrichtung des Behandlungszimmers beispielsweise. Eigentlich wäre es wichtig, dass der Raum ein Ort ist, an dem man sich wohlfühlen kann. Schäbige 70er-Jahre-Couches gehören für mich nicht dazu. Er ist ein Psychoanalytiker (oder etwas in der Art), der aber auch Hypnose anwendet. Das ganze Erleben von Tom ist ein hypnotisches.

Ich würde eher positiv formulieren, denn an den Hauswänden standen viele Fahrräder und am Straßenrand standen nur wenige (recht bejahrte) Autos.

Guter Vorschlag! Werde ich ändern.

Das ist doch eine unwahrscheinliche und absurde Frage. Was war das - Ist da jemand im Schrank eingesperrt oder ähnliches wäre sinnvoller.

AUch hier guter Vorschlag. Wird geändert.

Wenn Bea das sagt, sollte der Satz in wörtlicher Rede stehen. Und es ist sehr sinnvoll, zwischen den Aussagen verschiedener Personen Absätze/Zeilenumbrüche einzufügen.

Der Fehler rührt wohl daher, dass ich ursprünglich geplant hatte, den gesamten Text ohne Anführungszeichen zu schreiben (in etwa so wie Timm und Kehlmann das gelegentlich tun), um das Erleben etwas dichter und chaotischer erscheinen zu lassen. Habe mich dann für diese Mittellösung entschieden, die aber, wie ich jetzt erkenne, doch wenig elegant ist. Auch das werde ich ändern.

hmm - mit stoischem Blick, der seinen Zorn verbarg ?

Da steht, dass Alex auf den ersten Blick stoisch wirkt. Das hinter dieser Maske aber Zorn tobt.

Du kannst nicht mal in dieses Zimmer!
Das ist mMn die erste Aussage, die auf Außergewöhnliches hinweist.

Weiter vorne im Text wird auch schon darauf hingewiesen, dass - mit Ausnahme von Bea - niemand aus diesem Zimmer gehen kann! Und was ist mit dem Schluchzen aus dem Schrank?

ergründend in die Augen.
häh - liest er ihre Gedanken durch die Augen?

Nee, nicht unbedingt. Gemeint ist einfach ein forschender, durchdringender Blick. So wie man Menschen in die Augen schaut, wenn man versucht zu ergründen, was in ihnen vorgeht.

Mein Hauptproblem ist, dass mir der Name David Lynch nichts sagt und ich meine Ignoranz eigentlich ganz gerne habe. Ich erwarte, dass eine Geschichte so geschrieben ist, dass Leser sie auch ohne spezifisches Wissen verstehen können.

Du hast recht. Die Geschichte sollte für sich selbst stehen. Und es ist beabsichtigt, dass sie das auch tut. Um ehrlich zu sein, versteh' ich im Nachhinein meinen Drang zur Selbsterklärung auch nicht mehr so recht. :)

Eine Zeitschleife ist eigentlich nicht vorgesehen. Das Ende soll nur noch einmal deutlich machen, dass sich das beschriebene Erleben während einer Hypnose abgespielt hat. Und damit den Leser ein bisschen auf die Spur bringen, bei evtl. Deutungsversuchen auch auf die psychologische Ebene zu gehen.

So, jetzt ist auch mein Kommentar recht lang geworden. Also nochmal: vielen, vielen Dank für's Lesen und kommentieren!

Liebe Grüße!
Arete

 

Hallo Arete,

ich merke, dass ich zu wenig meine Eindrücke wiedergegeben habe. Nach dem ersten Absatz habe ich den alten Herrn für einen "Hinterzimmerpsychologen" gehalten, der mit Hypnose arbeitet. Das ist also wohl gut zu erkennen. Auf die andere Fährte bin ich durch den Schluß gekommen, weil der den Anfang wiederholt. Viel interessanter wäre ja jetzt, welche Konsequenzen der Prot aus seinen Erlebissen unter Hypnose zieht: Tom erhob sich von der Couch und ??? eilte an den Ort des Geschehens - erinnerte sich an alles, was geschehen war - ging wieder seinen Alltagsgeschäften nach ... Lösungen sind das nicht.

Dass vier Personen das Zimmer nicht verlassen können, hatte ich auf die Anwesenheit von Max zurückgeführt (was Bea ja auch untermauert) und das Schluchzen im Schrank war für mich die Bestätigung, dass die Truppe sadistische oä Dinge im Visier hat und deshalb auch so betroffen ist, dass die Besucherin doch nicht kommt. Da habe ich gedacht, sie hätten sie gerne eingefangen und auch in den Schrank gesperrt.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo Jobär!

Erst einmal danke, dass du dir soviel Zeit nimmst.

Ich werde einfach mal meine eigene Geschichte deuten, um vielleicht etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen. Das alles ist das, was ich beim Schreiben in die Geschichte legen wollte. D.h. nicht, dass ich erwarte oder hoffe, dass der Leser all das errät (denn ein Erraten wäre es wohl). Der riesige Interpretationsspielraum und das große Fragezeichen das bleibt, sind beabsichtigt. Allerdings habe ich gehofft, dass vielleicht doch etwas mehr, zu erkennen gewesen wäre. Daher die Deutung meiner eigenen Geschichte. Vielleicht fällt ja jemanden etwas ein, an welcher Stelle oder wie ich noch weitere Brotkrumen hätte streuen können.

Tom hat irgendein psychisches Problem, mit dem er alleine nicht klar kommt, weil er nicht so genau ergründenden kann, was die Ursache dieses Problems ist. Daher sucht er den "Hinterzimmerpsychologen" auf, der ihn in Hypnose versetzt, um Licht in die Angelegenheit zu bringen.
Dabei steht alles, was Tom während der Hypnose erlebt, symbolisch für etwas anderes. In etwa so, wie es die frühen Psychoanalytiker bei Träumen vermutet haben.

Fangen wir an mit dem Haus. Es symbolisiert Tom selbst oder genauer sein inneres Erleben. Tom schleicht sich also in den Garten, um soz. von außen sich selbst zu beobachten.

Die einzelnen Personen:
Alex symbolisiert die Wut; Sylvia die Angst; Felix und Jule Freude und Liebe; Bea die Kreativität; Max den Verstand und das kleine Mädchen im Schrank die Trauer.
Der Raum, in dem sie sich befinden ist Toms Gefühlswelt. Aus diesem Grunde kann Max nicht in dieses Zimmer, sondern vermeldet immer nur, was 'draußen' passiert. Und die anderen können ebensowenig hinaus. Nur Bea (als die Kreativität) ist gewissermaßen das Bindeglied zwischen Emotionen und Verstand. Sie kann als einzige auf beiden 'Seiten' sein.

Was passiert?
Das erste, was Max vermeldet ist, das Becky zu Besuch kommen wird. Becky kann eine Reihe von Dingen symbolisieren. Sie kann eine konkrete Person sein, in die sich Tom verliebt hat. Oder sie kann generell für die Menschheit stehen. Wichtig ist die Reaktion der Leute im Zimmer. Jule, Felix und Bea wollen Becky unbedingt kennen leren. Das steht für die Sehnsucht Toms nach tiefen Beziehungen für die Mitmenschen. Alex lässt das Ganze recht kalt. Sylvia, die Angst, dagegen fürchtet sich vor der Begegnung und sorgt sich, man könne alles direkt versauen.
Als nächstes kommt das Schluchzen aus dem Schrank. Hier ist vor allem die Reaktionen Alex' und Sylvias von Bedeutung. Alex wird wütend und Sylvia hat Angst. Übertragen soll das bedeuten: Tom fürchtet sich vor seiner Trauer und ist gleichsam wütend darüber, dass er sie empfindet und möchte sie zum Schweigen bringen (Alex haut gegen den Schrank und befiehlt Ruhe).
Dann kommt Bea wieder und es wird Musik angemacht und getanzt. Übertragen: Es herrscht Aufregung Becky kennen zu lernen. Eine gewisse Sorglosigkeit ist da, denn sogar Sylvia wippt im Takt mit.
Etwas später ändert sich das aber rapide. Denn Max öffnet die Tür und vermeldet, dass Becky nicht kommt. Übertragen: Toms Liebe wird nicht erwiedert; oder er findet keine wirklichen intimen Beziehungen zu seinen Mitmenschen.
Wieder die Reaktionen: Bea, Jule und Felix sind enttäuscht. Ich denke, das bedarf keiner weiteren Erklärung.
Sylvia dagegen wird hysterisch. Übertragen: Die Angst vor Einsamkeit.
Alex wird wütend. Seine Wut richtet sich erst gegen das Zimmer - Toms Wut auf seine eigenen Gefühle. Danach auf Sylvia - Toms Wut auf seine Angst, da er unterbewusst schon ahnt, dass sie mit daran schuld ist, dass er nicht bekommt, wonach er sich sehnt.
Das Ganze eskaliert und Tom greift ein. Zunächst ist er im Flur vor dem Zimmer, wo Max und Bea sich aufhalten. Max guckt durch's Schlüsselloch --> Tom versucht mit seinem Verstand zu begreifen, was in seiner Gefühlswelt vor sich geht. Das gelingt durch die verengte Perspektive allerdings nicht. Max unternimmt nochmal den Versuch Ordnung in die Angelegenheit zu bringen, in dem er allen befiehlt aufzuhören. Das funktioniert aber nur bedingt --> der Verstand reicht an dem Punkt nicht mehr aus, um die Gefühle zu kontrollieren.
Also muss Tom selbst ins Zimmer. Er befreit seine weggesperrte Trauer (das Mädchen aus dem Schrank) und umarmt sie. Er erkennt in diesem Moment, dass seine schon lange sorgfältig weggeschobene Trauer das gesamte Gleichgewicht seiner Gefühlswelt gestört hat. In dem er mit ihr Frieden schließt, tut er den ersten Schritt der Bewältigung seiner Krise. Danach setzt er sich mit all seinen Gefühlen zusammen und auseinander.

Insofern war die Hypnose doch hilfreich. Tom hat sein eigenes Problem begriffen. Damit ist natürlich nur der allererste Schritt getan. Aber immerhin.

Grüße
Arete

 

Hallo Arete,

das mit der Vernüpfung der Personen mit bestimmten Gefühlen fand ich interessant. Ich kenne mich mit Psychologie und besonders Hypnose-/Traum-deutung nicht aus. Ein Fachmann hätte vielleicht schnell erkannt, worum es geht. Aber jetzt werde ich mir die Geschichte noch mal anschauen, ob Du irgendwo ein wenig feilen kannst.

Grüße

Jobär

 

Hallo Jobär!

Nochmal danke, dass du dir Zeit nimmst.

Also Hypnose-/Traumdeutung sind nun auch nicht gerade sehr präzise Wissenschaften, in denen es irgendwelche Gesetze gibt.
Aber es gibt die verbreitete Ansicht vor allem unter den Psychoanalytikern der alten Schule, dass in Träumen alle Personen, die vorkommen, einen Teil des Träumenden darstellen/symbolisieren. Diesen Gedanken hab ich mir hier zunutze gemacht.
Erst nach dem Schreiben habe ich dann einige interessante Dinge herausgefunden.
Z.B. ist ein Haus (in einem Traum) ein Archetyp für die aktuellen Lebensumstände und Trauer ist häufig ein weinendes Mädchen.
Allerdings gibt es auch ein paar Sachen, die nicht so ganz passen. So ist der Schrank wohl ein Archetypus für den Uterus:D.
Jedenfalls finde ich Traumdeutung spannend, ohne allerdings allzu viel von eindeutigen Deutungsmustern zu halten.

Liebe Grüße
Arete

 

Hallo Arete,

nachdem Jobär deine Geschichte so ausführlich kommentiert hat, werde ich nicht mehr ins Detail gehen :)
Deine Geschichte habe ich vor ein paar Wochen gelesen. Es war auch für mich vieles unverständlich am Anfang, und der Text liest sich nicht immer leicht, aber! ich muss zugeben, dass sie bei mir einen ziemlich großen Eindruck hinterlassen hat und das schafft nicht jede Geschichte. An der Form und Sprache kann man arbeiten, aber gute und interessante Ideen hat eben nicht jeder :)

 

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