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Beat Shit
Das Spektrum deiner Möglichkeiten ist zweierlei Begrenzungen unterworfen, wobei die offensichtlichere, die nicht beeinflussbaren, physikalisch/biologischen Gesetzmäßigkeiten, welche dein Handeln einschränken den weitaus leichter verständlichen Teil ausmacht. Individuelles Potential lässt sich am effektivsten durch unterbewusst angeeignete Erfahrungswerte verschwenden, welche nur schwer erkenn- und kontrollierbar sind, und dir suggerieren, bereits erlebte und/oder überdachte Ereignisse/Möglichkeiten, welche unter nicht vergleichbaren Umständen stattfanden, seien auch weiterhin als aussichtslos/nicht zum Erfolg führend zu bewerten. Neulich habe wir die Mülltonnen im Stadtpark nach Spritzen durchsucht, um die vertrockneten Reste dadrinnen mit Alkohol zu lösen, zusammenzuschütten und zu injizieren. Wir tun dies inzwischen jeden Mittwoch. Die fest vorgegebene Zeitspanne vom eigentlichen Ereignis bis zur Wahrnehmung eben dieses (hier nicht als die Sinneswahrnehmung gemeint sondern die eigentliche, im Bewusstsein stattfindende) ist ein entscheidender Faktor für die Möglichkeit einer vom Subjekt ausgehenden Reaktion. Ich existiere in dem Teil deines Verstandes, in den du dich nicht traust, hineinzuschauen. Ein Alptraum jenseits allem, was du für möglich gehalten hast, weltbilderschütternd, alles, woran du glaubst infragestellend. Würdest ich dir auf der Strasse begegnen, oder ich sonst wo deinen Weg kreuzen, so würdest du mich nur eines kurzen Blickes würdigen, dein Geist mich simplifizieren, oberflächlich in eine selbstangelegte Kategorie einordnet und dadurch scheinbar begreifbar machen. Wie auch immer. Meine Krankheit gehört nur MIR allein, und du kannst nichts davon abhaben! Ich teile sie mit niemanden, nicht einen verdammten Erreger kann ich entbehren! Aktion, Reaktion, das universelle Prinzip von Ursache und Wirkung, vielleicht das einzige Naturgesetz, dessen man sich wirklich sicher sein kann, ist trotz alledem eine vom menschlichen Geist erdachte Krücke für eine nicht zu erkennende Realität. Die Begrenzung unseres Wortschatzes basiert nicht auf dem mangelnden sprachlichen Erfindungsgeist, sondern massiv auf der Uneinheit von Bewusstsein und linguistischem Zentrum. Welche Sprache ist es, die unabhängig von Worten die bewußteste Ebene des Seins durchströmt? Wo liegt die Problematik der Umsetzung ihrer Begriffe in fassbare Wörter? Mein Kumpel kriecht nachts über Spielplätze, auf der Suche nach benutzen Nadeln, welche ich dann nach Resten ablecke. Seine Belohnung besteht aus dem Strahlen meiner Augen, wenn meine Zunge vom Lebenssirup tiefschwarz gefärbt in der Sonne glänzt. Vor einigen Monaten durchstreiften Tommy, Jack und ich die Flure des Bahnhofstoilettentracktes. Den Kloneger bestachen wir mit zwei Schachteln Lucky Strike, er kannte uns bereits. Jack baumelte in halbleerem Zustand von Tommys rechter Hand runter, während ich eine Fährte aufnehmend über die uringetränkten Bodenfließen robbte, meine Nase nur wenige Millimeter über den Pfützen voranschiebend. Ich hatte Witterung aufgenommen, und Tommy wusste es. Ein Mensch mit einem Ziel vor Augen unterscheidet sich nur rudimentär von seinen orientierungslosen Artgenossen. Er ergötzt sich an einem rein fiktiven, in seinem Geist erträumten Zustand der Realität, dessen Eintreffen er versucht, durch die ihm gegebenen Möglichkeiten wahrscheinlicher zu machen. Damit differenziert er sich prinzipiell nur in der Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Wunschzustandes zu verändern. Ziele sind somit primär abhängig vom Bestehen von Möglichkeiten, oder zumindest der Illusion eben dieses! Jack war noch bevor wir den Bahnhof überhaupt betreten hatten bereits tief in mich eingedrungen, und nun drückte sein Ethanol-Phallus mit aller Gewalt auf meine Blase. Ich ließ mich jedoch davon nicht in meinem Unterfangen behindern und kroch bluturinierend voran. Penibel versucht man, einen Unterschied zu erschaffen, um eine Alternative zum Unausweichlichen vorzugeben. Würde es irgendjemanden wirklich noch wundern, wenn neuste Erkenntnisse belegen würden, dass jegliche Existenz auf einem binären System basiert? Das Hauptproblem ist und bleibt die Unbeweisbarkeit IRGENDEINER Idee oder Vorstellung. Oder, auf abstrakte Begriffe wie Moral und Schuld übertragen, das Fehlen einer höheren Instanz, welche eine Unterteilung in Richtig oder Falsch, Gleich oder Ungleich, Eins oder Null vornimmt. Die Kabinentür war verschlossen, doch der Spalt zwischen Tür und Fußboden war toilettenüblich groß, so dass man die Füße der Frau sehen konnte. Ihre runtergelassene Hose bedeckte den Großteil ihrer Turnschuhe. Tommy und ich sahen uns zustimmend an. Wir hatten schon lange keinen warmen Sonnenschein mehr gehabt. Die Tür war schnell geöffnet, und offenbarte uns die gesamte Pracht der toten Fixerin. Wir rempelten uns gegenseitig fast um, als wir nach der noch immer im bleichen Oberschenkel steckenden Spritze griffen. Ihr selbst brachten wir nicht das geringste bisschen Aufmerksamkeit entgegen, da dass uns ewig verfolgende Problem mal wieder offenbar wurde. Wir hatten immer noch keinen Arzt gefunden, der nicht-siamesische Zwillinge zusammennäht, damit diese sich Nadel- und Venensparend einen einzigen Blutkreislauf teilen können. Jede moralische Anmaßung basiert auf einer von Wunschdenken geleiteten Vorstellung einer übermenschlichen/übernatürlichen Gesetzgebung jenseits der zumindest empirisch beweisbaren Naturgesetze. Fortschritt ist nur möglich, solange existierende Konflikte zwischen der Manipulationsfähigkeit der öffentlichen Meinung und der Wirtschaftlichkeit überbrückt werden. Das Individuum ist dabei der ersetzbarste Faktor jeder Gleichung.
Wieder einmal zelebrierten wir unser tägliches Ritual. Wahres spirituelle Einheit ist nur durch die gemeinsame Nutzung der selben Nadel erreichbar. Ich streckte den aus der Todesspritze gewonnenen Rest mit etwas Toilettenwasser und lauwarmen Fixerblut, bevor wir es uns nacheinander in die Leiste schossen. Revitalisiert wankten wir daraufhin Arm in Arm zum Ausgang, schlurfend, doch voll Zuversicht.