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Barfuß

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09.06.2013
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Barfuß

Die Schuhe ließ Paula im Auto, nahm nur das große Handtuch, sonst nichts.
Sie ging den Feldweg zur alten Badestelle hinunter. Die Hitze des Tages hing noch zwischen den Bäumen. Es roch nach Staub und nach Wald. Die Grillen zirpten.
Die Steine auf dem Weg drückten unangenehm unter ihren nackten Füßen. Sie versuchte, auf dem Mittelstreifen zu laufen, aber das ausgedörrte Gras pikste wie tausend Nadeln. Der Weg war weiter, als Paula es in Erinnerung hatte. Den See konnte sie noch nicht sehen.
Die letzten Badegäste kamen ihr entgegen, Familien mit Kindern, Teenager, die freundlich grüßten, das hatte sich nicht geändert. Paula kannte keinen von ihnen.
Der Weg endete auf einer kleinen Wiese. Dahinter lag der See, umgeben von hügeligen Feldern und einigen Bäumen, die am gegenüberliegenden Ufer bereits lange Schatten auf das Wasser warfen.
Paula ging über die Wiese. Hier war das Gras weich und kühl. Sie atmete tief ein und empfand ein verlorenes Gefühl von Freiheit. Kindheitserinnerungen stiegen in ihr auf, als sie in das flache Wasser trat und der feine Sand zwischen ihren Zehen hervorquoll. Sie konnte die Stichlinge sehen, die sich in Ufernähe tummelten, und überlegte kurz, ob sie versuchen sollte, ie zu fangen, wie damals. Lächelnd ging sie im Wasser hin und her, es war angenehm, nicht kalt.
Paula verließ das flache Wasser und betrat den Steg, der weit in den See hineinführte. Das Holz war noch warm. Der Geruch des Holzschutzmittels hing schwer in der noch immer warmen Luft, eine Welle von Erinnerungen verband sich damit.
Am Ende des Stegs blieb Paula stehen und dachte an einen Abend vor dreißig Jahren.
Ein Abend wie dieser. Die Erinnerung prickelte auf ihrer Haut. Sie zog ihr Kleid aus und warf es auf den Steg.
Dann sprang sie kopfüber in den See. Sie schwamm mit kräftigen Zügen und fühlte sich unglaublich jung.

Paula und Kathrin. Kathrin und Paula.
Freundinnen seit Kindertagen. Schulfreundinnen. Busenfreudinnen.
Sie standen auf dem Steg in der Abendsonne und kicherten.
„Stell dich nicht so an!“, sagte Kathrin und versuchte, an der Schleife von Paulas Bikini zu ziehen.
„Lass das! Wenn uns jemand sieht!“, schimpfte Paula lachend.
„Wer soll uns sehen? Sie sind alle auf dem Fest.“
„Das kannst du gar nicht wissen!“
„Wohl kann ich das. Sie sind immer alle da. Das war noch nie anders“
„Wir sind doch auch nicht da“
„Wir“, sagte Kathrin und rollte theatralisch mit den Augen, „sind ja auch etwas Besonderes!“
Sie hatte ihr Oberteil bereits ausgezogen und zu ihren anderen Sachen auf den Steg geworfen. Aber Paula wollte sich nicht überreden lassen. Kathrin gab es auf. Stattdessen schubste sie ihre Freundin lachend ins Wasser und sprang mit einem Kopfsprung hinterher. Die beiden Mädchen lieferten sich eine Wasserschlacht, bis Kathrin nach Luft japsend um Gnade flehte und Paula von ihr abließ.
„Heute lasse ich dich am Leben!“, lachte Paula.
„Was machst du da?“, fragte sie dann.
Statt einer Antwort warf Kathrin ihre Bikinihose, die sie unter Wasser ausgezogen hatte, auf den Steg.
„Ich nehme mir die Freiheit“, sagte sie. „Du weißt gar nicht, was das ist.“
Kathrin schnipste Paula mit dem Zeigefinger ein paar Tropfen Wasser ins Gesicht.
„Feigling“, sagte sie lächelnd, drehte sich um und schwamm auf den See hinaus.

Paula blieb zurück und sah sich um. Es war wirklich niemand zu sehen. Sie waren alle auf dem Fest, wie immer. Hier änderte sich nie etwas, niemals. „Warum also nicht?“, fragte sie sich, streifte ihren Bikini ab und warf ihn ebenfalls auf den Steg. Dann folgte sie Kathrin.

Die Sonne stand inzwischen tief. Das Wasser lag unbewegt vor ihr, wie ein goldener Spiegel. Mücken tanzten über der Wasseroberfläche. Ein Wasserläufer kreuzte ihre Bahn. Paula konnte bis auf den Grund des Wassers sehen. Sie hielt an, um auf der Stelle zu treten, und blickte an ihren Körper hinab. Sie fühlte sich leicht. Und frei, wie Kathrin gesagt hatte. Paula drehte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Die letzten Sonnenstrahlen schienen ihr ins Gesicht.
„Hab ich dir zu viel versprochen?“, fragte Kathrin leise, direkt neben ihrem Kopf. Paula erschrak.
„Was?“, fragte sie verwirrt.
„Ob ich dir zu viel versprochen habe?“, wiederholte Kathrin.
„Nein, hast du nicht“, flüsterte Paula. „Das ist wirklich ein tolles Gefühl“.
Paula sah Kathrin an. Wie schön sie war. Warum war ihr das noch nie aufgefallen? Sie versuchte im letzten Licht des Tages ihren Körper im Wasser zu betrachten. Sie wollte sie berühren, küssen. Aber das durfte sie nicht. Kathrin hatte einen Freund und sie, Paula, war die einzige, die davon wusste.

Kathrin schwamm auf sie zu, strich ihr das nasse Haar aus dem Gesicht und küsste sie auf den Mund. Paulas Lippen öffneten sich zögernd und sie erwiderte den Kuss und das Gefühl von Blitzen, die durch ihren Körper zuckten, nahm ihr den Atem. Sie glaubte unterzugehen.
Kathrin zog sie näher zu sich heran, die Hände auf ihren Hüften, und küsste sie wieder, während Paulas Hände Halt suchten im Wasser und nichts fanden, außer Kathrins Körper, an den sie sich klammerten.
„Unter dem Steg kann man stehen“, flüsterte Kathrin.
Paula sah sich um. Der Steg lag jetzt fast völlig im Dunkeln und schien unendlich weit weg zu sein. „Ich glaub‘ ich schaff‘ das nicht“, sagte sie.
„Ich kann dich schleppen“, sagte Kathrin zärtlich. Paula nickte. Sie schloss die Augen, ließ sich fallen und begab sich voller Vertrauen in Kathrins Hände, die sie mit geübtem Griff ans Ufer zurückbrachte.

Keuchend hielten sie sich am Steg fest. Mit einer Hand strich Kathrin über Paulas Rücken, über ihre Schulter, ihren Arm. Löste ihre Finger von dem Holz, um sie unter den Steg zu ziehen.
Aber Paula folgte ihr nicht.
„Was ist mit Kevin?“, fragte sie.
„Das ist etwas anderes“, antwortete Kathrin.
Paula gab nach und folgte ihr.
Mit festem Boden unter den Füßen wurden ihre Hände mutiger. Ihre Küsse fordernder.
Kathrin zog Paula durch das flacher werdende Wasser unter dem Steg bis zum Ende, an dem feiner, gelber Sand lag. Sie mussten die Köpfe einziehen und kicherten, während sie Hand in Hand unter dem Steg entlang krochen. Sie setzten sich in den Sand. Paula wich Kathrins Blick aus. Sie zitterte.
„Ist dir kalt?“
„Ja“
„Ich kann dich wärmen. Darf ich?“
„Ja“, flüsterte Paula.
Kathrin beugte sich über sie und begann, behutsam die Wassertropfen von ihrer Haut zu lecken.
„Ich habe gedacht, ich weiß alles über dich“
„Das habe ich auch nicht gewusst“, flüsterte Kathrin.


Paula riss sich aus ihren Gedanken und blickte zum Steg zurück.
Dort saß jemand. Sie wusste, wer es war, bevor sie ihn deutlich erkennen konnte.
Langsam schwamm sie auf ihn zu, eine Zeitreise zurück zu diesem Tag, der alles verändert hatte.

„Ich hab‘ schon gehört, dass du wieder da bist!“, sagte er mit rauer Stimme. Vertraut, immer noch.
Karsten Dietzel, Sohn des Bürgermeisters, Schwarm aller Mädchen und der erste im Dorf, der ein Mofa hatte.
„Bist du jetzt hier der Bademeister oder willst du wieder meine Sachen klauen?“ fragte Paula und wunderte sich, dass sie immer noch wütend war.
„Das war ich nicht“
„Du lügst!“
„Nein! Es war Kevins Idee“
„Aber du warst dabei!“, Paula schrie fast, „gib es doch wenigstens zu!“
„Du kannst froh sein, dass ich dabei war. Sonst hättet ihr eure Sachen nie gefunden. Ihr hättet nackt ins Dorf laufen müssen!“
„Aber warum?“
„Tu doch nicht so scheinheilig!“, sagte Karsten hart.
„ Ihr wart nicht auf dem Fest. Wir haben euch gesucht. Überall. Und wir haben euch gefunden. Genau hier!“ Karsten schlug mit der flachen Hand auf den Steg.
Paula schluckte. Also doch.
„Kevin ist ausgerastet. Ich konnte ihn kaum beruhigen. Du weißt, wie er war. Und ich kam mir selbst so bescheuert vor. Wie der letzte Trottel. Mein Mädchen! Lässt sich von dieser … dieser Tussi befummeln!“
„Ich war nie dein Mädchen…“
„Nein, warst du nicht. Aber wir waren so kurz davor. So kurz“, sagte er und hielt zur Verdeutlichung seiner Worte seine Hände in minimalem Abstand von einander in die Höhe.
„So kurz“, wiederholte er leise. „Jeder wusste das. Ich wollte dich an dem Abend auf dem Fest fragen. Aber du warst nicht da. Warum nicht?“
Paula konnte nicht antworten.
„Ich hatte einen Ring für dich. Ich habe ihn immer noch“, sagte er und nestelte etwas aus seiner Hosentasche. „Hier!“ Er zeigte ihr den Ring. „Es ist eine Gravur drin. Paula und Karsten für immer.“
Paulas Augen füllten sich mit Tränen.
„ Es war nur dieses eine Mal. Ich weiß nicht warum. Es war … irgendwie … ein Abschied. Ich habe es damals auch nicht verstanden“, sagte sie. „Ich wollte mit dir reden, aber du hast nie wieder mit mir gesprochen!“
„Du hast nicht mit mir gesprochen!“
„Du hast mich nackt durch den Wald laufen lassen!“
„Das hattest du verdient!“
„Das hatte ich nicht! Niemand verdient das!“, schrie Paula, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen.
„Ich weiß“, sagte Karsten leise. „Heute weiß ich das. Aber damals…“
„Willst du nicht langsam mal aus dem Wasser kommen?“, fragte Karsten nach einer Weile. „Dir muss kalt sein“
„Ja, mir ist kalt“, sagte Paula zitternd. „Hilfst du mir raus?“, fragte sie und reichte ihm die Hand.
Karsten nahm ihre Hand und bemerkte ihre Absicht einen Wimpernschlag zu spät.
Paula zog ihn mit einem kräftigen Ruck ins Wasser.
„Ah, verdammt!“, fluchte Karsten. „Das hätte ich wissen müssen! Das hast du immer so gemacht!“
Er wischte sich das Wasser aus den Augen.
Paula lachte leise. „Das hast du verdient!“, sagte sie und spritzte ihm eine Handvoll Wasser ins Gesicht.
„Kannst du mir denn nicht verzeihen?“, fragte Karsten. „Sogar Mord verjährt nach dreißig Jahren!“
Paula legte ihre Hände auf seine Schultern. Er war größer, als sie es in Erinnerung hatte. Sie wischte ihm das nasse Haar aus dem Gesicht und küsste ihn auf den Mund.
„Unter dem Steg kann man stehen“, flüsterte sie.
„Ich weiß“, antwortete Karsten.

 

Hallo Karakum,

ich bin an deiner Geschichte hängen geblieben, weil ich deinen flüssigen Schreibstil mag. Mir gefällt es immer gut, wenn sich etwas locker-flockig liest und dabei aber doch nicht banal wirkt. Deine bildlichen Beschreibungen finde ich auch gelungen, sie haben mich selber mitsehen und mitfühlen lassen. Zum Beispiel hier:

Dahinter lag der See, umgeben von hügeligen Feldern und einigen Bäumen, die am gegenüberliegenden Ufer bereits lange Schatten auf das Wasser warfen.Paula ging über die Wiese. Hier war das Gras weich und kühl. Sie atmete tief ein und empfand ein verlorenes Gefühl von Freiheit. Kindheitserinnerungen stiegen in ihr auf, als sie in das flache Wasser trat und der feine Sand zwischen ihren Zehen hervorquoll.

Gefällt mir gut. Nur an dem Ausdruck "ein verlorenes Gefühl von Freiheit" stoße ich mich etwas. Kann man das so sagen? Ich meine, es müsste eher " ein verloren geglaubtes Gefühl..." heißen.

Ein paar Flüchtigkeitsfehlerchen sind mir aufgefallen, wo am Satzende ein Buchstabe fehlt oder diese vertauscht sind. Auch fehlt bei der wörtliche Rede am Ende manchmal das Satzzeichen. Hier nur als Beispiele:

Kathrin schnipste Paula mit dem Zeigefinge ein paar Tropfen Wasser ins Gesicht.*

Zeigefinger

„Wer soll uns sehen? Sie sind alle auf dem Fest“

Hier fehlt der Punkt am Satzende.

Sind noch mehrere drinnen, hab nur zwei rausgesucht.

Zum Inhalt der Geschichte:
Wie schon gesagt, ich finde es gut geschrieben und ich konnte auch noch alles nachvollziehen. Bis dann am Ende Karsten auftauchte. Also mir fehlt hier irgendwie etwas. Vorher ist sie überwältigt von so einem starken Gefühl für ihre Freundin, dass sie deswegen fast ertrinkt und dann ist es aber doch ein Mann, auf den sie sich schlussendlich - wenn auch erst 30 Jahre später - einlässt. Was war dazwischen? Hatte sie geglaubt, auf Frauen zu stehen? Oder sogar bisexuell zu sein? Warum war sie von diesem gleichgeschlechtlichen Kuss so hin und weg, wenn sie dann doch hetero zu sein scheint? Das versteh ich nicht ganz. Dieses Ende hat ein paar Fragezeichen bei mir hinterlassen, aber ansonsten liest es sich gut.

Grüße,
rehla

 

Hallo Karakum!

ACh, ich finde, es ist eine süße Geschichte. Ich hätte mir auch eine etwas geordnetere, chronologische Abfolge gewünscht. Wie lange haben sie sich jetzt nicht gesehen?
Zudem schreibst Du, es sei eine Art Abschied von Kathrin gewesen. Warum so plötzlich?
Und eins noch: wenn Paula und Karsten kein Paar waren, warum hatte er dann einen gravierten Ring??? Oder spricht erst von "mein Mädchen", wenn verheiratet oder verlobt ist? Das fand ich ein wenig verwirrend.

Aber die Idee, die ich hinter Deiner Geschichte zu erkennen vermag, finde ich romantisch. Und Du schreibst sehr malerisch und flüssig.

„Du hast mich nackt durch den Wald laufen lassen!“
„Das hattest du verdient!“
„Das hatte ich nicht! Niemand verdient das!“, schrie Paula, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen.

Das Wort "schreien" ist ein sehr ausdrucksstarkes Verb, finde ich. Es muss ihr also noch ziemlich nahe gegangen sein!? Hier hat mir wieder die Information gefehlt, wie lange dieser Vorfall her ist oder was für eine Beziehung die beiden zueinander hatten, dass es sie nach so langer Zeit noch so sehr belastet, bzw. berührt.

Aber ganz gern gelesen, freue mich auf Deine nächste Geschichte.

Meraviglia

 

Hallo rehla !
Hallo Merviglia !

Vielen Dank für Eure Kommentare zu meiner Geschichte.
Es ist auch erst meine dritte hier und daher freue ich mich sehr, dass Ihr beide meinen Schreibstil lobt.

Zitat von rehla:

ich bin an deiner Geschichte hängen geblieben, weil ich deinen flüssigen Schreibstil mag. Mir gefällt es immer gut, wenn sich etwas locker-flockig liest und dabei aber doch nicht banal wirkt. Deine bildlichen Beschreibungen finde ich auch gelungen, sie haben mich selber mitsehen und mitfühlen lassen.

Zitat von Merviglia:

Und Du schreibst sehr malerisch und flüssig.

Eure Korrekturvörschläge habe ich umgesetzt.

Inhaltlich scheint Einiges unklar geblieben zu sein, allerdings für jede von Euch andere Punkte.
Ich habe mir die Geschichte noch mal durchgelesen, aber ich finde auch keine Lösung.

Liebe Grüße
Karakum

 

Herzlich willkommen hierorts,

liebe Karakum!,
schließlich begegnen wir uns das erste Mal.

Ich bin nun nicht hier gestrandet, um die Männerquote zu der Geschichte zu heben, sondern weil sie mir durchaus gefällt - egal, was gleich noch kommen mag, alles halb so wild - erzählstu doch unaufgeregt, dass man auch im fünften (und durchaus auch den folgenden) Jahrzehnt(en) seines Lebens einen Neuanfang wagen kann, ohne über die verlorenen Chancen der Jugendzeit schwermütig zu werden. Wenn dann jemand, der mutmaßlich zwanzig Jahre jünger ist als man selber, barfuß bis zum Hals vors Auge tritt, gerät manch anderes an den Rand, um gnädig zu verschwinden – wie etwa die Zeichensetzung.

Daran hapert’s auffällig – besonders nach der wörtlichen Rede, dass ich schon fast davon ausgeh, dass Du da einer eigenen Regelung folgst. Nehmen wir zwei Beispiele (sinnigerweise das erste und das letzte):

Frage-/Ausrufezeichen schließen die wörtl. Rede ab, wenn aber nach der wörtl. Rede der Begleitsatz folgt bzw. weitergeführt wird, steht nach dem abschl. Gänsefüßchen in jedem Fall ein Komma:

„Stell dich nicht so an!“[,] sagte Kathrin …

„*Hilfst du mir raus?“[,] fragte sie und reichte ihm die Hand.
(* Hier wäre der Anfang der wörtl. Rede direkt hinterm Gänsefüßchen – Leerstelle also weg …)

„Das ist etwas anderes“[,] antwortete Kathrin.
Beim Aussagesatz der wörtl. Rede wird in diesem Fall richtigerweise kein Punkt gesetzt, wohl aber wie zuvor das Komma. Der abschließende Punkt steht hinter Kathrin.

Hier kann dann mal der abschl. Punkt wegfallen und durch ein Komma NACH den Gänsefüßchen ergänzt werden.

„Ich hatte einen Ring für dich. Ich habe ihn immer noch.“ sagte er

Hier fehlt am Ende der wörtl. Rede (und ohne Begleitsatz) das Satzzeichen (Punkt, tipp ich mal).
„Wer soll uns sehen? Sie sind alle auf dem Fest“

„Bist du jetzt hier der Bademeister[…] oder willst du wieder meine Sachen klauen?“[,] fragte Paula …
Die Konjunktion oder ersetzt das Komma …

Gelegentlich wäre ein Komma der Infinitivgruppe nachzureichen (wenn die etwa von einem Substantiv abhängig ist):

Sie versuchte[,] auf dem Mittelstreifen zu laufen, aber das ausgedörrte Gras piekte* wie tausend Nadeln.
* Ganz was anderes: Ist „piek…“ nicht etwas anderes als „pik(s)en“, nämlich neben dem Seemannstau (als Substantiv) eine Vorsilbe für „besonders“, etwa in piekfein, oder passend zum Staubwischen „pieksauber“? Besser piken oder piksen!

Sie konnte die kleinen Stichlinge sehen, die sich in Ufernähe tummelten, und überlegte kurz, ob sie versuchen sollte[,] sie zu fangen, wie damals.

Kathrin beugte sich über sie und begann[,] behutsam die Wassertropfen von ihrer Haut zu lecken.

Hier wär ein Komma zwischen Aufzählung gleichrangiger Adjektive anzubringen
…, an dem feiner[,] gelber Sand lag.

Hier wäre das Komma nachzutragen, besser aber noch – so find ich – ein Gedankenstrich, der allemal eindringlicher ist als ein Komma.
Karsten nahm ihre Hand und bemerkte ihre Absicht[ - ]einen Wimpernschlag zu spät.

Hier wäre nun eine Leerstelle zwischen dem letzten Buchstaben des vorhergehenden Wortes und den Auslassungspunkten nachzutragen – die Bedeutung der Punkte ohne Leerstelle zum vorhergehenden Wort ist an sich, dass an dem Wort der/die letzte/n Buchstabe/n ausgelassen wird/werden (direkt danach nochmals …)
Lässt sich von dieser… dieser Tussi befummeln!“

Ein Flüchtigkeitsfehler
Busenfreu[n]dinnen.

Hier ist das Reflexivpronomen entbehrlich
…, während sie sich Hand in Hand unter dem Steg entlang krochen.

kurz noch Stilistisches, wobei wir wieder bei den Stichlingen anfangen:
Dreimal das gleiche Pronomen, davon zwomal für Paula und einmal für Stichlinge (sind die nicht immer kleine Süßwasserfische?, wäre das Adjektiv nicht eher entbehrlich?) Anbietet sich da der Name und auch mal ein schlichtes „die“, das sich dann auf die Stichlinge bezöge – etwa so
[Paula] konnte die (kleinen) Stichlinge sehen, die sich in Ufernähe tummelten, und überlegte kurz, ob sie versuchen sollte[, die] zu fangen, …

Ein besondere Problem, das schon am Anfang eigentlich auftaucht, wenn es heißt
Es roch nach Staub und nach Wald.
Haben die feinsten Teilchen, die oft im Sonnenlicht tanzen und die in ihrer großen Zahl „Staub“ - d. i. das Stiebende von seiner Bedeutung her – einen Eigengeruch? Ja gut, seine extremste Form stinkt buchstäblich als Smog (dem engl. smoke + fog = Rauch + Nebel nachgebildet), das ist aber Staub + Abgase wie etwa Stickoxiden und anderen chemischen Endprodukten (Schwefelwasserstoff z. B., auf dass die Gegend nach faulen Eiern dufte)

„Ich habe gedacht, ich weiß alles über dich“
Hier wäre an sich der Konjunktiv irrealis „wüsste“ angesagt, denn sie weiß es ja eben nicht …

Dennoch - siehe oben - gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Friedel,

vielen Dank für Deine zahlreichen Hinweise ...


die Zeichensetzung.

Daran hapert’s auffällig – besonders nach der wörtlichen Rede, dass ich schon fast davon ausgeh, dass Du da einer eigenen Regelung folgst.

Da hast Du mich kalt erwischt!
Ich habe mich bemüht, Deinen Angaben zu folgen und möglichst alles zu verbessern.

Zitat:
„Ich habe gedacht, ich weiß alles über dich“

Hier wäre an sich der Konjunktiv irrealis „wüsste“ angesagt, denn sie weiß es ja eben nicht …

Das habe ich so gelassen, weil ich denke, dass es für einen Teenager in wörtlicher Rede besser passt.


Vielen, vielen Dank

Bis zum nächsten mal

Karakum

 

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