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Barbarische Zustände im Pfarrhaus

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27.06.2001
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Barbarische Zustände im Pfarrhaus

„Oiso Resl, etz hör amoi dei Greina auf und erzeih mia warum du den arma Kerl erschlogn host!“, verlangte der Gendarmerievorsteher Vitus Habermeier, der trotz des grausamen Vorfalles, der sich vor kurzer Zeit im Pfarrhaus des kleines Ortes Pichl zugetragen hatte, ruhig und gelassen an seiner Pfeife saugte.
„Ja woast, Vitus“, versuchte Resi Bergmoser unter Tränen mit ihrer Erklärung zu beginnen, „ma hod ois Bedienstete in an gottesfürchtigen Haus doch drauf aufzupassen, dass ois a so laft wia Gott es vorgsehng hot.“
„Aufpassen?“ schrie Zenzi Gruber empört auf. „Du host net aufpasst, du host meim Wiggerl grausam den Schädl obgschlogn. Mit dem Hackl!“ Die entsetzte Frau hielt bei diesen Worten dem Gendarmerievorsteher eine blutverschmierte Axt unter die Nase, der immer noch ruhig und gelassen das Werkzeug zur Seite schob.
„Oba meine Damen!“, sagte er ohne seine Pfeife aus dem Mundwinkel zu nehmen, „etz bleibts amoi ruhig, wos soi denn unser Kini Ludwig von eich denka, wenn er mein Bericht lest?“
Die beiden Frauen warfen einen ängstlichen und ehrfürchtigen Blick auf das Gemälde, das über dem Kopf Habermeiers trohnte und wurden sofort still.
Mit einem Lächeln fuhr der Polizist mit seinem Verhör fort:
„Etz erzeih amoi weiter Resl!“
„Wia i scho gsagt hob, is des mei Pflicht aufzupassen, dass alles wos im und um dem Pfarrhaus passiert auch Gottes Willen is. Wos dat den unser gnädiger Herr Hochwürden song, wenn er vo de barbarischen Zuständ hörn tat, de derer ihr Wiggerl in unserm Garten triebn hot?“
„Nix dat er song!“, warf Zenzi wütend ein. „Weil mei Wiggerl koane babarischen Zuständ triebn hot. Des wos du doa host war barbarisch, du Mörderin!“
„Dia gib i glei a Mörderin, du Dorfratschn, du elendige!“, schrie die Pfarrersköchin auf und wollte sich mit ihrem Regenschirm auf die Kreszentia Gruber stürzen.
„Host des ghört Vitus?“, stotterte die Angegriffene verstört. „De hot mi beleidigt! De Zoag i o, de Matz de greisliche!“
"A Ruah is etz!", schrie Habermeier wütend. „A So kemma wia nia weida! Zenz du hoitst etz die Mei, damit Resl sogn ko, warum sie an Wiggerl erschlogn hot.“
„Füa unsern Herr Pfarrer gibt’s nix wichtigers ois Zucht und Ordnung in unserm Ort“, fuhr die Bergmoserin in ihrem Bericht fort. „Do passt der scho auf, seit i den Mo kenn. Bei uns gibt’s koane Techtl Mechtl und a koane Gotteslästereien. Und do muas as Pfarrhaus a guats Beispiel sei. Und dass des a so is, is mei Aufgab. Wos hät i denn doa soin, ois i gseng hob wia der Wiggerl über den Gartenzaun gsprunga is und sie an mei Traudl rogmacht hot?“
„Aha!“, grunzte Habermeier. „Der Gruberin ihr Wiggerl hot sie oiso an die Traudl rogmacht. Stimmt des, Zenz?“
„Schmarrn!“, antwortete die immer noch wütende Frau. „Mei Wiggerl hot an Stolz ghabt und hätt sie nie an Oane vo Dera do ro gmacht!“
„Pass auf wos du sogst!“, schrie die Resl auf. „Sunst kriagst vo mia a Watschn dass die drahst wia a Karussell!“
„Host des ghert, Vitus? Jetz hots mi a no bedroht, des kimmt alles in mei Anzeig mit eine!“
„I hob goa nix ghert!“, knurrte Habermeier, dessen Ruhe und Gelassenheit langsam aber sicher zur Neige gingen.
„Oba warum host du dem Wiggerl dann glei an Schädel obgschlogn, es hot doch glangt, wenn du den Kerl wieder über den Zaun gjogt häst“, wollte der Polizist von der Pfarrerköchin wissen.
„Mei Vitus!“, antwortete die Resl und schlug die Hände über den Kopf. „Wos glaubst wia oft i des scho gmacht hob. Jeden Tog hob i den verdorbnen Kerl do hi gjogt wo er her kemma is. Oba ghoifa hots nix. Kurz drauf war er wieda do und hot sie an mei Traudl ro gmacht. Und heit war des mia einfach zvui. Do hob i des Hackl gnuma und zua gschlogn.“
„Etz host as ghert, Vitus!“, rief Kreszentia Gruber aus. „De Giftspritzn gibt den Mord a no zua! Eigsperrt ghert de. De muast sofort verhaftn, sunst bringts no wen anders um!“
„Nix muas i!“, antwortete der Gendarmerievorsteher und entfachte seine Pfeife. „Bis jetz woas i imma no net, warum de Resl des gmacht hot. Wos is denn scho dabei, wenn si der Wiggerl an die Traudl romacht?“
Die Resl Bergmoser verdrehte genervt die Augen.
„Oba des erklär i dia doch scho de ganze Zeit Vitus. Im Pfarrhaus herrscht as Zölibat, und des guit fürn Garten genau so wia füa mei Schlofzimma!“
„Davo vasteh i nix“, sagte Vitus und kratzte sich an der Stirn. „I gib des an unsern Richta weita, der werd sie dann scho bei eich riahn. Bis dohi kennts i zwoa hoam geh. Oba wenn i oa Streiterei mit kriag, dann sperr i eich alle zwoa ei. Hobts mi?“
„Is scho guat!“, antwortete Resl Bergmoser.
„Wenns sei muas!“, gab auch Kreszentia Gruber nach. „Oba wer zoiht etz mein Wiggerl? Der Gockl hot mia immerhin fünf Markl kost!“

 

Ne, ich find, daß es dann eben nicht mehr logisch wäre...

Henna, i hob gschmunzlt, dea Gschicht is luschtig wora!
Erst kurz vor Ende hat mir gedämmert, daß es sich beim Wiggerl und em Traudl um Tiere handeln muß, aber ich bin ja auch von Haus aus begriffstutzig. :D

Fein gemacht, Hühnerbein!

 

Hey Henna!

Beim letzten Absatz überlegte ich mir, ob ich die "Pointe" irgendwie überlesen habe und war etwas entäuscht. Aber dann kam ja noch die Auflösung, und da ich vorher wirklich keinen Verdacht hatte, war ich sehr angenehm überrascht. :thumbsup:
Allerdings hab ich mich während dem Lesen gewundert, warum der Polizist so ruhig auf einen Mord reagiert. Vielleicht könntest Du erwähnen, dass der Wiggerl im Dorf sowieso unbeliebt war, weil er öfters über die "jungen Hühner" drübergerutscht ist oder so und man nie recht nachweisen konnte, ob das mit oder gegen deren Einverständnis geschah.
Achja, ist Wiggerl ein Name?

Zwei Sachen sind mir gerade noch aufgefallen:

Wos dat den unser gnädiger Herr Hochwürden song, wenn er vo de barbarischen Zuständ hörn tat, de derer ihr Wiggerl in unserm Garten triebn hot.“
Den letzten Punkt würde ich durch ein Fragezeichen ersetzen.
Der Gockl hot mia immerhin fünf Markl kost?“
Und hier würde ich das Fragezeichen durch ein Ausrufezeichen ersetzen. :D

Gut gemacht, Henna!

 

Bib: Wiggerl ist die Abkürzung von Ludwig.

Aber sowas mußt Du als Saupreiß ned wissen. :D

 

Hi Hennaboindl

deine Geschichte lässt sich, für mich als Nicht-Bayer, sehr schwer lesen. Durch das ständige nochmal-Lesen einzelner Sätze wird sie leider zerrissen, mir fehlt der Lesefluß. Glaube allerdings dass Hochdeutsch die Wirkung schmälern würde. Da hast du wohl ein Problem :) und ich keine Lösung :(.

Die Idee hingegen gefällt mir sehr gut. Auch der Aufbau, bis hin zur Lösung, auf die ich nicht gekommen bin. Vermutet habe ich schon irgendwas, da der Polizist sehr gelassen an das Thema ran ging.

gruß vom querkopp

 

@Bib:

Allerdings hab ich mich während dem Lesen gewundert, warum der Polizist so ruhig auf einen Mord reagiert.
Das ist die bayerische Gemühtlichkeit ;)

@Henna:
Es ist mal wieder alles von meinen Vorrednern (vorallem von Bib) gesagt worden.
Aber in einem kann ich mich nur anschließen:

Gut gemacht, Henna!
:thumbsup:

 
Zuletzt bearbeitet:

Bin echt gerührt! *gegentränenankämpf*
Mit so guten Kritiken hätte ich nie gerechnet. Vor allem deswegen, weil die Geschichte für Nichtbayern schwer lesbar sein muss.
Habe zur Zeit ein kleines Steckenpferd, ich lese momentan Bücher über Bayern im 19. Jahrhundert.
Dass ich dann auch Geschichten über diese Zeit schreibe ist auch logisch.
Das Problem mit dem Dialekt werde und kann ich nicht ändern. Sie würde den Flair der Geschichte zerstören.
Und ausserdem, warum soll ich mir darüber Gedanken machen? Ich versteh, was ich geschrieben habe. :D
Bedanken möchte ich mich zun hundertsten male bei Bib.
Was wäre ich bloß ohne meine süsse Hessin? :kuss:

 

Hallo Henna.

Ich hab's normalerweise nicht so mit Dialekt-Stories, aber hier hat's Spaß gemacht zu lesen.

Zur Aufgabenstellung gibt's nur Folgendes zu sagen: erfüllt! Direkt eingestiegen, Ziel (Aufklärung) von Anfang an bekannt.

Zwei Erbsen:

Hier

„Oba des erklär i dia doch scho de ganze Zeit Vitus. Im Pfarrhaus herrscht as Zölibat, und des guit fürn Garten genau so wia für mei Schlafzimmer!“
„Davo vasteh i nix“, sagte Vitus und kratzte sich an der Stirn. „I gib des an unsern Richter weita, der wird sie dann scho bei eich riahn.

hat mE der Bayernslang ein bisschen nachgelassen. Vielleicht kannst du aus 'ganze' noch 'goanze' (oder so ähnlich :D), aus 'Schlafzimmer' 'Schloafzimma' usw. basteln.

Recht- und Groß/Kleinschreibung ist mir noch ein paar Mal aufgefallen. Ich mail dir ne Korrektur, wenn du möchtest.

Grüße,
San

 

Danke San für deine Kritik.
Ich bin vor allem froh, dass ich die Aufgabe erfüllt habe.
Um ehrlich zu sein, habe ich bis zu deinem Posting gar nicht genau gewusst was man nun zu erfüllen hat. :D
Mit dem "Bayernslang" hast du recht und ich werde es gleich editieren. Man möchte nicht glauben, wie schwer es ist im Dialekt zu schreiben obwohl man ihn tagtäglich spricht und auch so denkt.
Bib hat mir zwar schon eine Korrektur geschickt, nach der ich die Geschichte auch geändert habe. Aber Bib ist auch nur ein Mensch und nicht unfehlbar, das macht sie ja auch so sympathisch. Wenn dir noch was auffällt kannst du es mir natürlich schreiben. Mein Dank sei dir dafür gewährt. :D

 

Hallo Hennaboindel,

trotz der Kürze sind die `Dorfpersönlichkeiten´ deutlich beschrieben. Der Wiggerl ist eigentlich der Focus für Spannungen zwischen den Leuten, der „hot an Stolz ghabt und hätt sie nie an Oane vo Dera ro gmacht“. Über allem steht Zucht und Ordnung, zumindest, was man dafür hält, personifiziert durch den Pfarrer als Über-Ich.
Eine schön aufgebaute Geschichte zum schmunzeln.

Tschüß... Woltochinon

 

Hi Henna.
Gelungen!
Ich fand mich in eine Szene des Königlich-Bayrischen Amtsgerichts versetzt... biete das ganze mal dem tegernseer Volkstheater an. Ich kann da vermitteln.
Lord:D :D ;)

 

Danke Lord für deine Kritik.
Auch dein Vorschlag ist interessant.
Hennaboindl als Theaterautor!
Liest sich nicht schlecht.
Kannst du mir mal die Adresse mailen, dann schicke ich die Story dorthin.
Vieleicht gibts ja wirklich eine Möglichkeit sie aufzuführen.

 

jo mai, wasn schmarrn, versteh kaum was. unterm strich gefällt mir wahrscheinlich die geschichte deswegen nicht so recht. auf ´normalem´ hochdeutsch würde sie bestimmt viel besser rüberkommen, denn die idee ist nicht schlecht.

mag sein, dass die challengevorgaben erfüllt sind (bestimt sogar), stand ja nirgends, dass die geschichte auf deutsch zu schreiben ist :dozey: weiß nicht warum, aber ich hatte es vorausgesetzt.

cu bigmica

 

hallo Henna!

ich kann mich den positiven Worten nur anschließen.Du hälts den Dialekt auch recht konsequent durch, und die Geschichte würde im Hochdeutschen sicher verlieren... spassig geschrieben, gut gemacht! Eins nur:

wos soi denn unser Kini Ludwig von eich denka, wenn er mein Bericht lest
der König ist ja bloß aufm Bild, kanns also net lesen. Die Anspielung funktioniert nicht so ganz, meine Meinung.
Aber ansonsten: super! :)

schöne Grüße
Anne

 

@bigmica
ich hoffe dass du den Schmarrn nicht auf meine Geschichte bezogen hast, sondern nur mal was im Dialekt schreiben wolltest.
Im normalen Hochdeutsch wäre die Geschichte meiner Meinung nach Müll gewesen, denn zu Bayern im 19. Jahrhundert gehört eben der Dialekt. Und meiner Meinung nach macht eben auch der Dialekt die geschichte aus.
Kleine Kostprobe:
„De hot mi beleidigt! De Zoag i o, de Matz de greisliche!“

"Sie hat mich beleidigt! Die zeig ich an, die dumme Kuh (mir fällt für Matz keine bessere Übersetzung ein) die scheusliche."

Also für mich fehlt da einfach der humor. Die Damen sollen Bisgurn, also Giftspritzn sein. Kommt das im Hochdeutschen überhaupt rüber?


@Maus,
Danke für deine Kritik.
das mit dem Bericht an den König Ludwig soll wirklich eine Drohung sein. Immerhin waren die Menschen damals sehr ehrfürchtig und hatten vor Geistlichen und Adeligen horrenden Respekt.
Darum wirkte die Drohung auch.
Noch fragen?
Antworte gerne.

 

Guten Morgen Hennaboindl,

die Geschichte hat mir gut gefallen, obwohl ich manche Dialekt-Stellen nicht richtig verstanden und überlesen habe. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum die Zenzi Gruber zwar empört/ entsetzt/ wütend war, aber überhaupt nicht traurig darüber, dass ihr Wiggerl erschlagen wurde. Jetzt bin ich froh, dass die Ehe nicht hinüber, sondern nicht existent war.

Was mir noch aufgefallen ist:

Gemälde, dass über den Kopf Habermeiers trohnte
Gemälde, das über dem Kopf Habermeiers thronte
und schlug die Hände über den Kopf
eher "über dem Kopf zusammen", oder?

Ansonsten kann ich mich nur anschließen: :thumbsup:

Gruß,
Juliane

 

grüß dich henna,

schöne und teilweise wirklich amüsante kleine Episode! Herrlich fand ich neben der ziemlich skurrilen Handlung vor allem die verzeinzelten, typisch bayerischen Kraftausdrücke ("Giftspritzn", "Dorfratschn" u. ähnl.), die, wie du schon angesprochen hast, sicherlich niemals adäquat ins Hochdeutsche übersetzbar sind und deshalb im Original belassen werden müssen.

Den Ausgang der Geschichte hab ich übrigens (wie die meisten anderen hier) so auch nicht vorhergesehen. Spricht für dich! :)

Eine Sache kam mir noch etwas spanisch (und weniger bayerisch :D ) vor:

...wos soi denn unser Kini Ludwig von eich denka, wenn er mein Bericht lest?
Da Kini Ludwig persönlich liest (las) Gendarmarieberichte über Hühnerermordungen? Ist das nicht zu weit hergeholt?

 

Hi Henna,

ich hab sehr gelacht! Durch den Dialekt (als waschechte Norddeutsche mußte ich die story zweimal lesen, aber dann klappte es prima) werden die drei Hauptfiguren wunderbar lebendig - der gemütliche, Pfeife schmauchende Dorfpolizist und die beiden Schreckschrauben, die Bäuerinnen.

Eine Weile vermutete ich, der Pfarrer hätte sich vielleicht an ein Tier der Resl herangemacht (die Ziege oder die Katze) - du siehst, den Bewohnern eines Pfarrhaushaltes traue ich alles zu :)
- umso begeisterter war ich von dem Ende.

Ich glaube, obwohl ich keinerlei Erfahrung mit der Bewertung der challenge-Beiträge habe, dass Du die Bedingungen perfekt erfüllt hast!

Liebe Grüße
Barbara

 

Hallo,

ich fand die Geschichte sehr schwer zu lesen und das ist eigentlich auch schon meine Hauptkritik. Bis über die fünfte Zeile bin ich nämlich nicht hinausgekommen. Ich habe dann noch die letzten paar Zeilen bis zur Auflösung gelesen und denke mal, dass die Geschichte ziemlich lustig sein könnte, wenn ich mir beim lesen nix verknoten würde.
Ich würde mich freuen, wenn du mal ausprobieren würdest, wie sich die Geschichte in kompletten Hochdeutsch, oder in Hochdeutsch mit ein paar abgeschwächten Mundarteinflüssen, liest. Wenn dabei Dynamik und Stimmung nicht verloren gehen ist es vielleicht doch besser, die Geschichte für nicht-Bazis lesbar zu machen :D

Grüße
luna

 

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