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Bank
Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.
Der Weg will einfach kein Ende nehmen. Der Regen löst das letzte bisschen Haargel aus meinen Haaren, ab und zu bleibt ein nasses Blatt an meinem Schuh kleben.
Ein Auto nach dem anderen. Stau. Ich bin fast am durchdrehen.
Die Bevölkerung, der graue Himmel, die leeren Bäume, einfach alles kotzt mich heute so richtig an.
An einer Bank bleib ich stehen, durchsuche die Taschen meiner Jacke nach meinem Drehzeug. Hole ein Pape raus, öffne die Tabaktasche und lege etwas Tabak rauf, ich drehe und drehe, dann fällt mir wieder ein, dass ich beinahe ja den Filter vergessen hätte, wie so oft auch, also nehm ich die fast fertige Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger, fass mit der anderen Hand in die Tasche und hole noch schnell einen Filter raus.
Fertig. Ich bleibe stehen, durchsuche Jacken- und Hosentaschen nach einem Feuerzeug.
Mir fällt ein, dass ich es vorhin weggeschmissen habe, da das Gas leer war.
Also lauf ich weiter, angepisst von mir und der Welt.
Ich spreche ein paar Passanten an, die hektisch den Bürgersteig langlaufen.
Endlich! Jemand ist so großzügig und leiht mir für einen Moment sein Feuerzeug aus.
„Danke!“ sag ich, drück ihn das Feuerzeug in die Hand und laufe weiter.
In Gedanken bin ich bei den alten Zeiten, wo es mir gut ging, wo ich das hatte was ich brauchte.
Ich denke an die frühe Sommerzeit zurück, wo ich oft mit meiner besten Freundin zu irgeneinem Fluss gefahren bin, wir uns dort ins Gras warfen und einfach nur rumfantasierten.
Wir stiegen in alte Häuser ein, suchten dort nach etwas, was es gar nicht gab.
Aber wir hatten Spaß, das war die Hauptsache.
Wir gaben einen Mist auf alles und jeden, wir hatten uns und unsere anderen Freunde, die die für uns in wirklich schweren Zeiten da waren.
„Kling! Kling!“ Ich wich zur Seite aus.
Ein Fahrradfahrer fuhr an mir vorbei, er schaute noch einmal kurz, aber grimmig zu mir nach hinten und bewegte seine Lippen.
Ich verstand aber nichts, zum Glück auch, sonst würde ich mich wahrscheinlich noch die ganze Zeit über seine Worte aufregen. Ich richte die Stöpsel im Ohr und laufe weiter.
„Ein Bäcker! Geb ich Geld für ein Käsebrötchen aus oder lass ich es lieber bleiben?
Ich meine du hast heute den ganzen Tag nichts gegessen! Gönnst du es dir? Neeee! Das Geld kann ich noch für einen anderen Zweck gebrauchen.“ Denke ich mir und laufe an dem nach frisch gebackenen Brötchen schnuppernden Eingang lang.
Jetzt endlich höre ich mal dem Lied zu, was sich die ganze Zeit wiederholt, weil ich diese dämliche Wiederholtaste nicht gedrückt bekomme! Scheiß Smartphone!
Der Text macht mich nachdenklich. Klar! Sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht auf meinem Handy. Ich muss mich zusammenreißen nicht zu heulen. Ist mir peinlich hier in der Öffentlichkeit.
Ich merke, wie ich schneller werde, förmlich vor meinen Problemen wegrennen will.
Mich hält gerade nichts. Ich komme an einem kleinen Weg an. Matsch! Egal! Ich laufe einfach über den Rasen.
Wieder bleiben die ollen vertrockneten Blätter an meinem Schuh kleben.
„Jetzt machst du keinen Schritt mehr, du schlitterst jetzt nur noch über den Rasen!“ befehle ich mir in Gedanken.
Angekommen! Ich habe endlich die Bank erreicht.
Sie ist nass, dabei setzte ich mich so gerne auf die Lehne.
Ach, scheiß drauf! Ich setzte mich hin, hole wieder mein Drehzeug raus und dreh mir eine Zigarette.
Ziemlich verkrüppelt, sieht aus wie 'ne Tüte.
Es macht Klick! Tüte! Gras!
Ich hasse Gras! Ich hasse Drogen. Ein neues Thema was mich wieder komplett zum nachdenken bringt.
Ich versuche mich abzulenken und höre dem Lied weiter zu, greife im Unterbewusstsein in meine Jackentasche, suche wieder nach einem Feuer. "Ah Mist!" denke ich mir. Ich schaue in meinem Rucksack. Ein Feuerzeug! Na bitte, geht doch! Wieder konzentriere ich mich auf die Musik, die gefühlte 2000 mal schon rauf und runter läuft.
Jetzt kann ich mich nicht mehr zurück halten. Eine träne tropft auf meine hellgraue Hose und das wird nicht die einzige gewesen sein.
Ich bekomm einen halben Heulanfall. Lasse das raus, was mich heute besonders angekotzt hat.
Ein schlimmer Konflikt mit meiner Lehrerin! Du bist nichts und wirst nie was sein!
Der Mensch der dir die ganze Zeit so fehlt. Das Wetter!
Nein! Ich bin es selber! Ich heule wegen mir! Ich weiß nicht wer ich bin.
Ich habe mich verloren. Sitze in einem Vakuom, vegetiere Tag zu Tag nur noch hin.
Was will ich eigentlich? Hab ich nicht alles, was ich brauche?
Habe ich! Ich will aber das, was ich nicht bekommen kann.
Jeder Mensch will das.
Ich schreibe eine SMS, warte aud jemanden mit dem ich mich treffen wollte.
Steck mein Handy wieder in die Tasche. Hole es wieder raus.
Drücke auf Facebook, scrolle rum.
Drücke auf Instagram, scrolle dort tum, like ein paar Bilder.
Eine SMS! Ich öffne sie.
Mir war klar, dass es wieder nach hinten los geht.
Umsonst der ganze Weg.
Jetzt sitze ich hier auf einer Bank, mein Bauch knurrt, die Tränen laufen mir übers Gesicht.
Ich fühle mich alleine. Was will man mehr an einem grauen, dunklem Herbsttag?