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Bahnhofsmarianne

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06.10.2017
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Bahnhofsmarianne

Die Bahnhofsmarianne erwischte mich jedes Mal.
Keine Ahnung, wie sie das machte – immer, wenn ich das Winnstädter Amtsblatt in ihren Briefkasten stecken und schnell weiterfahren wollte, stand sie schon hinter der Tür, kam rausgewatschelt und grinste ihr befremdliches Bahnhofsmariannengrinsen.
Ach, die Svenja!, sagte sie dann.

Die Bahnhofsmarianne gehörte zum gleichen Kaliber wie der Flaschensiggi und der Heck-Mann. So komische Leute halt, vor denen man als Kind Angst hat und über die man sich später lustig macht.
Von hinten sah sie ein bisschen aus wie ein Meerschweinchen, mit ihren breiten Hüften und dem wadenlangen Rock, aus dem zwei Stummelbeine hervorschauten, und von vorne, mit ihrem Damenbart und den runden Augen, erinnerte sie an eine verwirrte Kegelrobbe. Niemand nahm sie ernst, aber ihr Blick war extrem irritierend. Es war bizzar – man hatte den Eindruck, sie konnte damit in einen hineinsehen, an Stellen, von denen man selbst nicht wusste, was sich dort befand. Aber sie wusste es, und deshalb lächelte sie. Lächelte ganz leicht, wie jemand, der einen ertappt hat, aber es nicht verraten wird. Dabei war sie einfach nur schwachsinnig.
Jeder kannte sie. Sie saß oft auf dem Spielplatz herum und sang alte Schlager, manchmal ging sie in die Kirche, und an Marktagen stellte sie sich stundenlang neben den Gemüsestand vom Hermannshof, grinste allen Leuten von schräg unten ins Gesicht und sagte Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut?, und immer zog sie ihren Einkaufstrolley hinter sich her wie einen räudigen Hund. Ab und zu hob sie ein paar Kieselsteine auf, flüsterte etwas und stopfte sie da rein.
Manchmal saß sie mit dem Flaschensiggi, dem Ortsmeister im Saufen, auf der Bank vorm Bäcker und beide erzählten sich Unsinn.
Sie wohnte allein in diesem winzigen Haus neben dem stillgelegten Bahnhof. Das Haus mit den blinden Fenstern und den vergilbten Gardinen. Vor meiner Zeit war das, als dort noch Züge hielten. Danach waren die Leute alle weggezogen und nur die Bahnhofsmarianne übriggeblieben.

Ich stöpselte die Kopfhörer ein, wählte meine Lieblingsplaylist, und los ging‘s – ab durch die Straßen, überall dorthin, wo jemand dieses Heft abonniert hatte, dieses stinklangweilige Ortsblatt, in dem drin stand, dass die Senioren letzten Mittwoch zusammen Kaffee getrunken und die Herren vom TV Winnstädt 1895 im Kegeln gewonnen hatten. Ich machte den Job eigentlich ganz gerne, jedenfalls im Frühjahr und im Sommer, wenn schönes Wetter war. Es fühlte sich erwachsen an, wie richtig arbeiten. Nicht, dass ich mir für später vorstellte, so einen Beruf zu haben, aber für den Anfang war es gut und außerdem hoffte ich jedes Mal, Tim zu begegnen, dem Tim, der meine Atmung beschleunigte und der mich albern lachen ließ und in dessen Nähe sich meine Nase bewegte, Witterung aufnahm, als wäre ich irgendein Tier. Er machte einen ähnlichen Job wie ich und fuhr Medikamente aus für die Rathaus-Apotheke; vielleicht könnten wir irgendwann ein Stück nebeneinanderher fahren und ein bisschen quatschen und uns gemeinsam cool und erwachsen fühlen, wir hätten Wind in den Haaren und …
Ja.

Als ich das erste Mal am Haus der Bahnhofsmarianne hielt, um das Amtsblatt in ihren Briefkasten neben der Haustür einzuwerfen, bekam ich fast einen Herzstillstand vor Schreck, als ruckartig die Tür aufgerissen wurde, Gruftgeruch ins Freie waberte und sich mir dieses runde Grinsegesicht entgegenschob: „Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut?“
„Geht gut“, sagte ich, aber mein Herz schlug jetzt doppelt so schnell wie normal, versuchte, davonzugaloppieren, Heilige Scheiße – What the Fuck – verdammte Irre!, und ich sprang auf mein Rad und machte, dass ich fortkam.

*​

Sie hatten die Stühle vor das Eiscafé gestellt, obwohl es noch viel zu kalt war, um draußen zu sitzen, aber trotzdem freute ich mich, das zu sehen, und auch der kühle Fahrtwind schmeckte schon ein bisschen nach Frühling.
An der Apotheke fuhr ich immer ganz langsam vorbei, um Tim die Möglichkeit zu geben, mit seiner Ladung Medikamente genau in dem Moment dort herauszukommen, aber das klappte leider nie, und dieses Mal kam ausgerechnet der Heck-Mann aus der Tür und ich machte mich schnell aus dem Staub.
Der Heck-Mann war unberechenbar. Meistens sah er auf trügerische Weise fast aus wie ein beliebiger, langweiliger Kerl mit Stirnglatze, über die sich allerdings eine breite, rote Narbe zog – eine Naht, welche die Glatze zusammenhielt und alles einschloss, was auch immer darunter liegen mochte und ihn zum Heck-Mann gemacht hatte; und wenn er einem also ganz stinknormal entgegenkam, passierte es, dass er unvermittelt seinen Kopf zur Seite riss, als hätte er einen Schuss abbekommen, und ein lautes Heck! in die Luft brüllte, markerschütternd, und dann vielleicht noch eins: HECK! – als hätte er ein Megaphon im Kehlkopf implantiert, und wir erschraken jedes Mal wieder bis auf die Knochen, obwohl wir wussten, dass es kommen würde – nur eben nicht, wann.
Trotzdem war der Heck-Mann verheiratet – natürlich nicht mit einer normalen Frau, sondern mit der Schlampe von Winnstädt. Diesen Spitznamen hatten wir uns nicht ausgedacht, der war ihr bereits verliehen worden, lange bevor wir anfingen, solche Sachen zu registrieren. Sie hatten mindestens sechs mausgesichtige Kinder, von denen die kleineren entweder an ihrer Mutter klebten wie verrotzte Marshmallows, oder vom Heck-Mann durch die Gegend geschoben wurden, übereinandergestapelt in einem zerbeulten Kinderwagen, allesamt mit extravaganten Namen versehen wie Roxane, Romeo, Leander, Scarlett und so weiter, wahrscheinlich als Kontrapunkt zu ihrer tristen Existenz. Nur Romeo, der Älteste – eine Klasse über mir –, war völlig aus der Art geschlagen: viel zu hübsch für den Rest der Familie, mit intelligentem Gesicht und einem zornigen Blick in seinen dunklen Augen. Garantiert als Baby vertauscht, sagten manche, oder gestohlen. Er hatte keine Freunde und man sah ihn nie lächeln, und ich konnte das verstehen; ich fragte mich, wie sich das anfühlte, was für ein beschissenes Leben das sein musste, wenn man der Sohn vom Heck-Mann und der Schlampe von Winnstädt war.

Ich hatte den alten Bahnhof ans Ende meiner Tour gelegt, weil danach keine Häuser mehr kamen, nur noch der Feldweg zum See, und auch dieses Mal passierte es fast wieder, dass ich so schlimm erschrak. Ich war bereits im Feierabendmodus und summte den Song mit, den ich gerade hörte und überlegte, ob ich anschließend noch ein bisschen durch die Gegend fahren würde, einfach so, und ja: wegen Tim, und dass es sicher bald warm genug wäre, um im See … „Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut? Ach – die Svenja!“
Sie kannte meinen Namen …
Keine Ahnung, woher und warum. Wir hatten noch nie etwas miteinander zu tun gehabt. Gut, ich kannte ihren Namen auch, aber – ich meine: sie war die Bahnhofsmarianne.
„Kannst du mir helfen, Svenja? Helfen?“, fragte sie und blinzelte mich mit ihren Robbenzwinkeraugen an. „Komm rein, ja?“

Man tanzte nicht nackt durch die Straßen, man ritt nicht auf einem Schwein durch den Ort, und man ging auch nicht ins Haus der Bahnhofsmarianne.
Ich bewegte mich ja selbst auf dünnem Eis, mit meiner Mutter, die gerne ein Hippie geworden wäre, nur dass sie dafür mehrere Jahrzehnte zu spät auf die Welt gekommen war. Aber nun versuchte sie trotzdem, hier das Woodstock-Feeling am Leben zu erhalten. Deswegen hatte ich ja auch diesen Job angenommen, fuhr einmal in der Woche durch die Gegend und verteilte das öde Amtsblatt, um ein bisschen eigenes Geld zu verdienen, mit dem ich mir alltagstaugliche Sachen kaufen konnte, damit ich nicht länger dieses Zeug aus Mamas Dritte-Welt-Laden anziehen musste; vor allem sparte ich auf so ein Paar sauteure Nike Air Max. Wenn meine Mum das unbedingt durchziehen wollte, der letzte Hippie von Winnstädt zu sein, dann bitte ohne mich: ich musste hier zur Schule gehen und meine Jugend verbringen, und zwar unter Gleichaltrigen, die mit Rap groß wurden und in Nike-Turnschuhen und Klamotten von H&M.
Tim war natürlich immer cool gestylt, aber ich glaube, ich hätte ihn auch toll gefunden, wenn er in einen Sari gewickelt Polka getanzt hätte.

„Komm rein, ja?“

Ich fragte mich, was Miriam tun würde, wenn sie an meiner Stelle wäre, oder die anderen: Jana, oder Hannah Schilling, und die Antwort war eindeutig: nicht hineingehen – niemand würde das tun, aber dann – wie so oft – schob sich das gutherzige Gesicht meiner Mutter vor diese abweisenden Gedanken: Natürlich hilfst du der armen Frau!, sagte sie, im Hintergrund sangen die Beatles With a little help from my friends, und ein farbenfrohes Grüppchen von Mamas Freundinnen schwenkte ihre Batik-Ärmel im Takt.

Das Licht war anders – weniger irgendwie, gefiltert durch die engen Maschen der vergilbten Gardinen, die mich an das Hochzeitskleid einer lebendig begrabenen Braut erinnerten und deren Anblick mir die Luft abschnürte. Gerade hell genug, dass ich die Zeichnungen und das Radio sehen konnte und die vielen Pappkartons in den deckenhohen Regalen. Es war, als wäre das Licht aus einer anderen Zeit übriggeblieben, wie ein nachträglich colorierter Film, als wäre es jahrelang eingesperrt gewesen und verblichen wie alles hier, und die Welt da draußen hatte sich alleine weitergedreht – nur, dass ab und zu die Bahnhofsmarianne auf- und wieder zurückgesprungen war.
Es war kühl und roch nach Schlafzimmer, Keller und Gemüseeintopf. Ich glaubte, es irgendwo rascheln zu hören und ich dachte, Ratten können wenigstens fliehen.
An den Wänden hingen Bilder – solche, wie Kinder in der ersten Klasse sie mit Wasserfarben malen, auf einem flachen Tisch lag ein hoher Stapel von meinen Amtsblättern, und ich fragte mich, ob die Frau eigentlich lesen konnte.
Das Radio sah aus, als würde gleich Adolf Hitler daraus sprechen, aber sie hatte einen Schlagersender eingestellt, Ich traf sie irgendwo, allein in Mexiko, schmachtete jemand: Anita, antwortete die Bahnhofsmarianne. In einer Ecke lehnte der Einkaufstrolley, den sie immer dabei hatte, und einen kurzen, absurden Moment lang freute ich mich, ihn zu sehen.

Niemandem würde ich das hier erzählen, nicht einmal Miriam, deren Geht’s-noch-Gesicht ich schon vor mir sah, geschweige denn den anderen, und schon gar nicht meiner Mutter, die mit ihrer übergriffigen Präsenz in meinen Gedanken schließlich schuld daran war, dass ich in dieser Situation steckte.
Die Bahnhofsmarianne bat mich, ihr zwei der ganz weit oben liegenden Pappkartons herunterzuholen, weil sich darin etwas befand, was sie brauchte: „Grün und Gelb – ist ja Frühling!“
„Stimmt“, sagte ich mit trockenem Mund und kletterte auf einen Stuhl – logisch, dass sie mit ihren Meerschweinchenfüßen das nicht so gut hinbekam –, und nach einigem Balancieren und Umstapeln reichte ich ihr die gewünschten Kisten. Sie öffnete den Deckel des ersten Kartons wie ein selbstzufriedener Zauberer, der das obligatorische Kaninchen aus dem Zylinder zieht.
„Ah! Mein Grün! Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut?“, rief sie in den Karton, und ich sah, dass sich darin verschiedene Farbtuben und Flaschen befanden, ausschließlich Grüntöne, und ich war froh, dass es so etwas Harmloses war.
„Ich zeige dir meine Kinder, ja?“, sagte die Bahnhofsmarianne mit verschwörerischem Nicken und Wahnsinn in den Augen; ich musste an Gläser mit konservierten Embryos denken, die in einer trüben Flüssigkeit schwammen und sagte, ich müsste jetzt allerdings gehen. Zum Frisör. „Schöne Haare. Wie der Papa,“ sagte sie und nahm eine meiner Haarsträhnen zwischen ihre Finger. Sie hielt den Kopf schräg und stocherte mit ihrem Blick in meinem Inneren herum.

Ich kannte meinen Vater gar nicht.
Laut meiner Mutter war ich das Ergebnis einer Liaison mit einem schwedischen Klimaforscher, der kurz danach bei einer Polarexpedition ums Leben kam. Mehr bekam ich nicht raus. Ich war mir sicher, das war erfunden. Meine Oma vermutete einen verfilzten Althippie aus Matala, der selbstgebastelte Hanf-Armbänder verkaufte. Und was war das jetzt für Gerede?

Ich stieg auf mein Rad und fuhr zwei Runden um den See.

*​

„Ach, die Svenja! Kannst du mir helfen? Wieder helfen?“
Diesmal brauchte sie das Rot, und während ich auf dem Stuhl stand und mit den Kartons jonglierte, sangen die Bahnhofsmarianne und das Radio Ein Bett im Kornfeld.
Ich überlegte, ob ich sie fragen sollte, was sie gemeint hatte, mit Wie der Papa.
„Ah! Mein Rot!“, freute sie sich, „Geht’s gut?“, und als ich vom Stuhl gestiegen war grinste sie wieder auf ihre verschwörerische Art und zeigte mit ausladender Geste auf den Tisch. Er war vollgestellt mit kleinen Kartons, Streichholzschachteln und anderen Mini-Boxen, und die Bahnhofsmarianne stellte sich stolz daneben, als wäre sie ein Drogenfahnder, der eine LKW-Ladung Heroin hochgezogen hat. „Meine Kinder“, sagte sie, und mir stockte das Blut. Vorsichtig schob sie eine der Schachteln auf, hielt sie dicht unter ihr rechtes Auge, flüsterte etwas hinein, öffnete sie etwas weiter und legte sie direkt vor mir auf den Tisch.
„Michaela“, sagte die Bahnhofsmarianne und sah mich erwartungsvoll an.
Michaela war ein Kieselstein mit aufgemaltem Gesicht und angeklebten Haaren, grau, strohig und verfitzt. Sie stellte mir auch die anderen vor: Marlen, Johnny Blue, Anita, Theo, Santa Maria und so weiter; sie sahen alle ähnlich schlimm aus und ich glaube, es war das Armseligste und Traurigste, was ich jemals gesehen hatte.
„Cool“, sagte ich.

Im selben Moment, als ich aus der Tür trat und die Bahnhofsmarianne fröhlich Bis bald, Svenja! rief, kam Romeo auf seinem Rad vorbeigefahren, Anglerrucksack auf dem Rücken und eine Ladung bedauernswerter Fische auf dem Gepäckträger –, und wirklich: dieser unselige Hurensohn, der geklaute Balg vom Heck-Mann, drehte langsam den Kopf zur Seite, hob süffisant die Augenbrauen und grinste mir rotzfrech ins Gesicht.

*​

„Ich zeige dir die Eltern, ja? Ja?“, sagte die Bahnhofsmarianne, legte einen Finger an den Mund und lief auf Zehenspitzen zum Tisch, auf dem zwei Schuhkartons standen.
Ihr Museumsradio hatte sie diesmal auf einen anderen Sender eingestellt – der gleiche Rock- und Popsender, den ich zu Hause hörte, und ich kam mir vor wie eine Astronautin, die nach langer Zeit einen Funkspruch von der Erde empfängt.
„Weißt … du, wer mein Vater ist?“, platzte ich heraus. Ich hatte sie vorher noch nie persönlich angesprochen. Die Bahnhofsmarianne hielt den Kopf schräg, lächelte auf ihre seltsame Weise vor sich hin und sagte: „Das kann sein, kann schon sein, wenn es stimmt, aber die Väter sind immer schwierig – guck mal, Svenja, hier“, und dann zeigte sie auf die beiden Schuhkartons.
Ich betrachtete die Gesichter von Mama und Papa, zweier behaarter Steine, so groß wie Ratten, und im Radio spielten sie Legendary, meinen derzeitigen Lieblingshit. Natürlich sang ich jetzt nicht mit, aber trotzdem summte es ganz laut neben mir – ich rüttelte an meinen Ohren, wie, um nach dem Tauchen das Wasser rauszubekommen, doch es war echt: Mit ihrem brüchigen Altfrauenstimmchen und in Fake-Englisch sang die Bahnhofsmarianne den Refrain meines Lieblingssongs – Gurnebieläddschenns –, und die Melodie und der Rhythmus passten ganz gut. Ich starrte sie an und hörte zu, bis das Lied zu Ende war.
Sie grinste ihr Robbengrinsen.
„Schöne Musik“, sagte sie.
„Ja“, sagte ich.
*​

Ich hatte die Sonnenbrille aufgesetzt und Shorts angezogen – meine Beine blass wie Altarkerzen, aber durchtrainiert und gut in Form; es roch nach frisch gemähtem Gras und die Luft war so selbstverständlich warm, als hätte es nie Kälte und Regen gegeben, oder nur in der dunklen Fantasie eines Pessimisten. Aus den Autos hämmerten dumpfe Bässe, Rasenmäher brummten im Background Chor, Vögel und Handys tönten um die Wette, HECK!, Ping-Pong-Bälle ploppten, und auf dem Spielplatz kreischten Horden von kleinen Kindern so schrill, als wären ihre Stimmen den ganzen Winter lang in dunklen Kisten eingesperrt gewesen.
Ich musste nur noch zur Bahnhofsmarianne, dann war ich fertig und wollte mich mit Miriam und Jana vor dem Eiscafé treffen, um den Sommer einzuläuten.
Vielleicht würde ich es heute schaffen, ohne dass sie mich bemerkte, hoffentlich, dachte ich, und in dem Moment, kurz vor ihrem Haus, rief mich eine Stimme von hinten, und es war, als würden alle Geräusche ringsum schlagartig verstummen: „He, Svenja! Warte mal! Fährst du auch an den See?“
Tim …
„Yep“, sagte ich – egal, dass ich gar keine Badesachen dabei hatte und eigentlich verabredet war –, und ohne den Kopf zur Seite zu drehen, als würde dort niemand hinter dem Eingang stehen und auf mich warten, um mir seine Enkel zu zeigen oder Rocksongs zu trällern, fuhr ich mit Tim am alten Bahnhof vorbei und runter den Weg zum See. Aus den Augenwinkeln registrierte ich, wie die Tür geöffnet wurde, ich spürte, wie zwei runde Augen mir ungläubig hinterherschauten, wie die Blicke sich in meinen Rücken bohrten, hörte, wie es leise „Svenja!“ rief –, aber die Sommergeräusche waren lauter und Tim merkte es nicht, und ich dachte, so weit kommt es noch, dass ich mir von der Bahnhofsmarianne ein schlechtes Gewissen machen lasse!

Ich setzte mich zu Miriam und den anderen auf die Decke, und dann kam Tim dazu. Es war eng und lustig, wir blödelten herum, Tim saß neben mir, unsere Arme und Beine berührten sich und keiner rutschte zur Seite. Die anderen kicherten albern, nur ich war ganz still, und wenn ich doch etwas sagte, klang es rau und tief, als wäre ich eine Kettenraucherin. Es war schon richtig heiß und es ging nur ein ganz leichter Wind. Immer wieder hörte man es kreischen, platschen und spritzen, wenn jemand vom Bootsanleger ins Wasser sprang. Am liebsten hätte auch ich mich mit meinen Sachen einfach in den See geworfen.
„Ich muss dich mal was fragen - kommst du kurz mit rüber?“, sagte Tim und nickte in Richtung des Klamottenhaufens hinter uns. „Klar ... Kann ich machen“, sagte ich mit fremder Stimme, und dann gingen wir und setzten wir uns auf sein Handtuch.
Arschbombeeee! brüllte irgendwer. Neben uns wurde ein Delfin aufgepumpt. Mütter verscheuchten Wespen und beruhigten ihre quengeligen Kleinkinder mit Reiswaffeln und Apfelstücken aus Tupperdosen.
„Und, was eigentlich?“, fragte ich.
„Ach so“, sagte Tim. „Ja. Eigentlich wollte ich nur mal … Eigentlich nur so …“ Wir saßen beide mit den Gesichtern zum See, als wäre er eine Kinoleinwand, und gebannt sahen wir zu, wie die Leute ins Wasser sprangen. Romeo legte einen formvollendeten Kopfsprung hin. „Heck!“, sagte Tim, als Romeo untergetaucht war. Ich kicherte leise, aber dann rief ich ebenfalls „Heck!“, und wir fingen an zu lachen wie die Blöden, und wenn wir uns beruhigt hatten, machte wieder einer von uns Heck!, und wir kicherten erneut und taten so, als wäre es das Lustigste auf der Welt. „Schluss jetzt, aber!“, sagte Tim mit gespielter Strenge, und als ich immer noch nicht aufhörte, drückte er endlich seinen Mund auf meinen und brachte mich zum Schweigen.

Mitten in der Nacht fuhr ich noch einmal los und steckte das Amtsblatt bei der Bahnhofsmarianne in den Briefkasten – es war das erste Mal, dass sie mich nicht abpasste, gute Idee eigentlich, dachte ich, mache ich jetzt immer so.
Grillen zirpten, die Luft war noch warm, und der Mond stand über dem Ende der Straße wie ein chinesischer Gong.

Wir trafen uns jeden Tag am See. Winnstädt war der schönste Ort der Welt.
In der zweiten Woche, am Ende unserer Tour, die wir neuerdings zusammen fuhren, gingen wir in den Laden und kauften uns ein XXL-Strandtuch, jeder bezahlte die Hälfte; es war grün und flauschig, viel zu groß eigentlich, und es fühlte sich an wie unsere erste gemeinsame Wohnung.
Wir fuhren nebeneinander her, der warme Wind blies uns die Haare aus dem Gesicht und meine Haut kam mir vor wie ein neuentdeckter Körperteil, unverwundbar an allen Stellen, die Tim berührt hatte, und es war, als hätte jemand die Schutzfolie von meinen Lippen abgezogen und sie, frisch glänzend, ihrer wirklichen Bestimmung zugeführt, und für immer würde ich diesen krassen Duft in der Nase behalten, nach Seetang, Frottee, Bier, Sonnencreme und etwas anderem, was es vorher nicht gab.
Der Sommer war da, mein Leben hatte begonnen – unser Leben hatte begonnen, wir waren cool und erwachsen, und Yeah – we're gonna be legends!

*​

Anfang September fuhr niemand mehr zum Baden an den See, es regnete oft und wurde immer kälter.
Einmal war ich später gekommen und hatte Tim gesehen, wie er mit Hannah Schilling auf unserem Strandtuch herumknutschte – es wäre nichts, hatte er gesagt, wäre nur Spaß gewesen –, ich versuchte irgendwie, das zu glauben, aber bald darauf war trotzdem Schluss.
Vielleicht hatte es auch nie richtig angefangen, wer wusste das schon.
Egal.
Ich kam nur noch einmal zum See und saß wieder bei Miriam und den anderen, doch offensichtlich hockte Romeo jetzt öfter bei ihnen –, ab da hatte ich endgültig keine Lust mehr. Und dann begann sowieso das schlechte Wetter.

*​

Meine Tour war fast zu Ende. Das Winnstädter Amtsblatt war das gedruckte Eingeständnis der provinziellen Trostlosigkeit, und genauso öde war der Job, es zu verteilen, aber spätestens in drei Jahren würde ich hier weg sein. Es gab auch keinen Grund mehr, der Bahnhofsmarianne die Zeitung heimlich bei Nacht und Nebel vorbeizubringen –, sollte sie doch rauskommen – Ach, die Svenja! – das konnte sie gerne tun, Die Svenja hat keine Zeit, würde ich sagen, Die Svenja hat verdammt nochmal keine Zeit mehr! – und weg wäre ich: so einfach ging das.
„He, Blumenkind, besuchst du wieder deine Freundin?“, hörte ich es rufen, dann schob sich ein Fahrrad in mein Blickfeld, eine Junge mit braunen Haaren und einem dämlichen Anglerrucksack auf dem Rücken.
„Verpiss dich, Romeo!“, rief ich.

Ich steckte das Ortsblatt in den Briefkasten der Bahnhofsmarianne, ich musste ein bisschen nachschieben, damit es reinpasste, die Box war voll irgendwie, ich sah durch den Schlitz zwei ältere Amtsblätter darin liegen, vielleicht auch mehr, das war schwer zu erkennen. Ach, die Svenja! sagte niemand, die Tür ging nicht auf, obwohl ich jetzt richtig laut am Briefkasten herumrüttelte, um die Zeitung darin zu versenken, und ich wünschte, ich wäre mir wirklich sicher, es nicht schon vorher bemerkt zu haben.

*​

Viele waren nicht gekommen: jemand von der Gemeindeverwaltung, der Pfarrer, zwei Leute, die ich nicht kannte und der Flaschensiggi.
Ich lehnte in einiger Entfernung an der Mauer und lauschte dem Rascheln der trockenen Blätter über mir, sah ihnen zu, wie sie lautlos zu Boden fielen. Der Wind trug ein paar Wortfetzen herüber, das Gurren einer Taube und das Husten vom Flaschensiggi.
Es war noch einmal warm geworden, die Sonne gab alles und die Schatten der Zweige bewegten sich wie die Lamellen einer Jalousie, die man mit den Fingern auf und zu schiebt.
„ … aber Marianne Fürst hat in ihrem Leben …“, sagte der Pfarrer, und irgendwo bellte ein Hund.
Es war, als hörte ich diesen Nachnamen zum ersten Mal. Ich hatte ihn immer wieder an ihrer Tür gelesen, aber nie darüber nachgedacht, ihn nie wirklich in Zusammenhang mit der Bahnhofsmarianne gebracht, als wäre er nur eine in Buchstaben umgewandelte Hausnummer, als wäre er zu groß für sie; und nun stellte ich mir vor, es hatte hier einmal zwei junge, verliebte Leute mit Fünfziger-Jahre-Frisuren gegeben, die ganz glücklich waren über ihr neugeborenes Baby, auf dessen rosa Armbändchen Marianne Fürst stand – ein Name, mit dem man alles werden konnte: Filmschauspielerin oder Nobelpreisträgerin oder Schlagersängerin – aber das hatte sie komplett vermasselt, sie war hiergeblieben und einfach nur die Bahnhofsmarianne geworden.

Ich stöpselte die Kopfhörer ein und stieß mich von der Mauer ab,
über mir im Baum raschelten die Blätt…,
und deshalb werden wir Mari…,
und irgendwo bellte der Hun…,
WHAT WE'RE DOING HERE AIN'T JUST SCARY, IT’S ABOUT TO BE LEGANDARY – maximale Lautstärke –, und es war absurd, es konnte nicht sein: die Bahnhofsmarianne lag da vorne in diesem Sarg und war so tot wie der Dreck unter meinen neuen Nikes, und trotzdem spürte ich genau, wie ihre Blicke sich in meinen Rücken brannten, und ich wusste, dort würden sie für immer bleiben.

*​

Wir saßen vor dem Eiscafé, die Beine langgestreckt und die Gesichter in der Sonne. Vor mir stand ein riesiger Krokant-Eisbecher und Mama trank einen Latte Macchiato. Ich hatte sie eingeladen. Wir sprachen nicht viel – das war okay, aber irgendwann startete ich einen neuen Versuch: „Glaubst du nicht, ich bin inzwischen alt genug, um zu wissen, wer mein Vater ist?“. „Mille Grazie“, sagte der Kellner zu jemandem am Nachbartisch, als wäre er ein echter Italiener. Ich schob mir einen Löffel Eis in den Mund und überlegte, wie lange ich die Luft anhalten könnte. Mama rührte in ihrem Kaffee, strich sich eine Strähne aus der Stirn und ihr Blick sagte Eigentlich ja.
„Ich will auch ein Eis!“, rief ein kleines Mädchen, das an unserem Tisch vorbeigezogen wurde. „Heute nicht, Scarlett“, sagte Romeo, der es an der Hand hielt. Er sah mir kurz in die Augen, nickte, und ich nickte zurück, als wären wir ganz normale Menschen.

 

Hola Raindog,

alte Herren schlafen schlecht (wegen der anrüchigen Sachen, die sie in ihrem langen Leben getan haben. Außerdem genieße ich so das Recht der ersten Nacht:D). Ich hab also noch mal reingeguckt ins Forum und sehe Deine neue Geschichte!
Da kann ich das Lesen nicht aufschieben; Deine bisherigen Texte haben mir super gefallen. Ich habe den Reichtum an wirklich originellen Einfällen bewundert (was kümmert mich Dein Zettelkasten?), wie Du tausend Sachen mit Witz und einer beneidenswerten Leichtigkeit erzählst – da passte alles, das Lesen war das reine Vergnügen, Dein Humor ist großartig.
Und auch Deine Kommentare und Deine Antworten auf Dir zugedachte Kommentare waren immer lesenswert. Jetzt bin ich bei der Marianne vom Bahnhof.

Bei der ‚Bahnhofsmarianne’ von Raindog. Und da versteh’ ich gar nichts (mehr). Ich begreife nicht, wieso der Text mich völlig unberührt lässt. Der ist ja sehr lang, und deshalb lese ich weiter und weiter, in Erwartung von etwas Unvorhergesehenem, etwas Paradoxem vielleicht, was den langen geschwätzigen Anlauf rechtfertigen würde. Aber nein. Ich spüre, wie aus meiner Enttäuschung eine leichte Verärgerung entsteht.
Was passiert hier eigentlich? Verliebtes Herzklopfen, alte Schlager, Törn von Matala zum stillgelegten Bahnhof?
Ich kapiere nix. Hab auch nicht verstanden, was die Püppkes in den Kartons für eine Bedeutung haben.
Aber Raindog ist nicht blöd! Die will mir doch was erzählen! Bin ich zu blöd oder erzählt sie’s zu gedeckelt und zu hintergründig?

Jawohl, ich gebe es zu: Ich stehe auf dem Schlauch. Aber damit nicht genug – ich habe noch ein anderes Problem:
In diesem Text vermisse ich alles, was Deine Geschichten zuvor auszeichnete. Ganz schlimm, denn nach dem Scrollen weiß ich ja, wie viel ich lesen darf / in unserem Fall: zu lesen habe. Nachdem ich die Geschichte als langweilig (Pardon) empfand, wusste ich wirklich nicht, weswegen sie so lang ausgewalzt sein muss. Denn das, was tatsächlich passiert, wäre in Kürze erzählt.
Und wie ich das so tippe, frage ich mich, was denn nun passiert ist.
Also, ich könnte es nicht sagen – wohlgemerkt bei diesem sehr langen Text. Aber eine Katastrophe ist das nicht, nur hab ich keinen Lesespaß, weil mit der Text – ganz unüblich bei Raindog – furchtbar bemüht schien, dieses uralte ‚fishing for c.’ aus der Zeit der im Text aneinandergereihten Songs. Beispiel:

meine Beine blass wie der Bauch eines Pinguins
Ja, ha.
Liebe Raindog, ich fühle mich sauschlecht als der selbsternannte Miesmacher, aber wenn ich Deinen Nick lese, dann erwarte ich etwas! Solltest Du einige Korrekturen vornehmen, hätte ich noch paar Kleinigkeiten (wie gewohnt total subjektiv):

... grinste ihr debiles Bahnhofsmariannengrinsen.
Das sagt gar nichts. Kann mir darunter alles und nichts vorstellen – und bin gleich bei Isegrims ‚Quittenzitrusriesling’.
TV Soundso gegen den TV Blablabla
Unbefriedigend. Anderswo hast Du so tolle Ideen! Hier z. B.:
... hoffte ich jedes Mal, Tim zu begegnen, dem Tim, der meine Atmung beschleunigte und der mich albern lachen ließ
Original Raindog. Klasse.

Die Bahnhofsmarianne gehörte zum gleichen Kaliber wie der Flaschensiggi und der Heck-Mann.
Die beiden Typen treten die Geschichte breit, sind aber entbehrlich. Ich empfinde deren Beschreibung als störend im Text und hätte mir Deinen Fokus mehr auf den zentralen Plot gewünscht (nur wüsste ich nicht zu sagen, was der genau ist – vielleicht ... nein, kann auch nicht sein). Jedenfalls kommen mir Flaschensiggi und Heck-Mann vor wie gerade Deinem Zettelkasten entsprungen und müssen jetzt verarbeitet werden. Pack sie an’n Kragen und steck sie wieder da rein.
Und der Romeo? Wozu geistert der eigentlich durch den Text? Um die Prota eine Sekunde anzumachen? Raus damit.
Es gab Dinge, die waren viel zu abwegig, um einen Gedanken daran zu verschwenden – aber wäre ich aufgefordert worden, auf einer sehr langen Liste die drei unangenehmsten Situationen anzukreuzen, in die ich niemals geraten wollte, dann hätte ein Besuch bei der Bahnhofsmarianne mit Sicherheit dazugehört.
Klingt mir zu amerikanisch, uraltes Ding. Original Raindog ist (wäre) prägnanter.
Ich fragte mich, was Miriam tun würde, wenn sie an meiner Stelle wäre, oder die anderen: Jana, oder Hannah Schilling,...
Grüppchen von Mamas Freundinnen ...
Girls, Girls, Girls. Wozu?

wie ein nachträglich colorierter Film,...
Möglicherweise liege ich hier daneben, aber mir kommt das Alter der Prota und das Wissen um coloriertes Filmmaterial etwas seltsam vor.
Ebenfalls hier:
ich musste an Gläser mit konservierten Embryos denken,...
MMn ist die Prota zu jung dafür.
dass ich die Bilder ... ... sehen konnte...
An denn Wänden hingen Bilder...
Ich traf sie irgendwo, allein in Mexiko, sang eine Schmalzstimme: Anita, antwortete die Bahnhofsmarianne.
Raindog? Hallo? Nee, find’ ich nicht amüsant, eher daneben. Und so etwas verklebt mir dann auch die Sinne, um etwas ganz Raffiniertes wahrzunehmen, was mir der Autor eigentlich erzählen wollte – wenn er denn ...
In einer Ecke lehnte der Einkaufstrolley, den sie immer dabei hatte, und einen kurzen, absurden Moment lang freute ich mich, ihn zu sehen.
Warum erzählst Du das, wen interessiert das?
Niemanden würde ich das hier erzählen ...
Dativ
„Ah! Mein Gün! Hallo!...
‚Gün’ klingt türkisch. Eher Sprach- oder Druckfehler?
Und was war das jetzt für Gerede?
Gute Frage.
„Verpiss dich, Romeo!“, rief ich „Fick dich in dein verdammtes Knie!“
Kommt mir ein bisschen unlocker vor, um nicht zu sagen verkrampft. Jedenfalls nicht Raindog - da bin ich mir sicher.
... lauschte ... ... dem lautlosen Aufprall, ...
:hmm:
Wir kommen ins Finale:
... so tot wie der Dreck unter meinen neuen Nikes, ...
Raindog – nach all Deinen schönen Geschichten? Datt iss nix.

Rumms. Tut mir leid. Vielleicht hast Du Dich selber unter Druck gesetzt, nach den schnellen Erfolgen?
Verstehen könnt’ ich’s.
Die Abstände zwischen den Abschnitten sind theatralisch weit bemessen, die Hälfte tät’s auch.
Dieser Eindruck erscheint nebensächlich, doch durch die Ereignislosigkeit des Textes wirkt das doppelt unangemessen.
In dieser Geschichte fehlt mir Deine von allen bewunderte Entspanntheit, das tolle ‚macht-doch-nix-Gefühl’, das so herrlich positiv und aufbauend wirkt.

... spürte ich genau, wie ihre Blicke sich in meinen Rücken brannten, und ich wusste, dort würden sie für immer bleiben.
Herrgott mei, wie dramatisch! Mir erschließt sich das nicht. Ich habe den Kontakt, den elektrischen Lichtbogen zwischen den beiden nicht erfasst. Mir erscheint das eher an den Haaren herbeigezogen – oder ich versteh’ nicht, was ich lese.

Liebe Raindog, ich kann mein Maul nicht halten – aber es ist meine ehrliche Meinung. Hab mal was von einem Naturgesetz gehört, dass nach einigen Rekordernten auch mal ein weniger ertragreiches Jahr zu befürchten ist.

Fan bleibt Fan – ich bleib einer der Deinigen.
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Raindog,
ich habe deine letzte Geschichte nicht kommentiert, aber gelesen. Und mich sehr über sie gefreut.
Und über diese hier freue ich mich ähnlich. Sie erzählt mir die Geschichte einer verpassten Chance. Die nämlich, eine wunderliche alte Dame näher kennen zu lernen, dabei vielleicht sogar nach den Spuren des Vaters zu gründeln. Aber das Wahrnehmen von eigenartigen Chancen, die so gänzlich gegen den Mainstream sind, das ist ja auch schwierig in einer Zeit voller Wünsche und Anfänge und Orientierung.
Ja, so lese ich deine Geschichte und ich entdecke viel Zauber und Charme darin, um mich einnehmen zu lassen von dem Kapitel aus dem Leben einer süßen jungen Frau, die alles falsch macht und genauso gut gar nichts.
Dass man zur Legende wird, oder zumindest seine Spuren legt, das glauben die meisten, wenn sie jung sind. Aber ob sich das dann so ausgeht? Einen kleinen Abschnitt erzählst du hier jedenfalls, der die Legendenbildung ein wenig in Frage stellt.
Trotzdem sehe ich ähnlich wie josefelipe, der wie immer mit viel Leidenschaft kommentiert (Guten Morgen, jose, hoffentlich gut geschlafen) Überarbeitungsbedarf.

Ich wiederhole einfach mal, was ich ähnlich sehe.
1. Das sind zum ersten die recht prominent ausgeführten anderen beiden Außenseiter des Ortes. Die dienen zwar einerseits dazu, die Stellung der ausgeführten Bahnhofsmarianne zu kennzeichnen und die Angst des jungen Mädchens vor einem Kontakt mit Leuten zu zeigen, die nicht angesagt sind, die so ganz anders sind, die verlorene Chancen verkörpern. Aber brauchst du wirklich beide? Oder braucht man diese Ausführlichkeit? Eigentlich, um den Romeo einzuführen und das Außenseitertum in dem Ort zu zeigen, bräuchte man nur den Heckmann. Der Flaschensiggi könnte wegfallen oder recht knapp sein.
Ich weiß darauf keine Antwort. ich bin noch (nach Lesen und paar Gedanken - und überhaupt) vorsichtig, wenn ich eine Geschichte erst einmal gelesen habe, so ein Urteil abzugeben, aber ich würde es aus meiner Sicht trotzdem einfach mal prüfen. Ist so mein spontaner Eindruck.

2. Zum anderen gibt es lose Fäden. Zum Beispiel ist der Romeo noch ein loser Faden. ich lese die Geschichte so, dass ich einen Entwicklungsschritt Svenjas als Leserin begleite. Ein winziges Stückchen weg von dem Traum Tim und der Anpassung an die coolen Freundinnen hin zu echten Begegnungen und der Auseinandersetzung mit der Frage, wie das mit den verpassten Chancen wohl ist. Ich lese den Romeo so, dass der ein Neuanfang für Svenja sein könnte. Aber so ausgearbeitet ist das jetzt nicht. Von daher weiß ich nicht, wie du es meinst und ob der überhaupt so gemeint ist. Aber im Moment kommt der Romeo vor wie das berühmte Tschechowsche Gewehr. Nur dass es nicht abgefeuert wird. Und auch die Suche nach dem Vater ist ein loser Faden. Die Möglichkeit, was über ihn zu erfahren, erlischt mit dem Tod von Marianne. Bedauert sie das nicht?

3. Und der dritte Punkt ist der Stil. Der ist zum Teil echt klasse, wieder diese detailreichen liebevollen Beobachtungen im schnodddrigen Ton, wie man das von deinen Geschichten kennt.
Manchmal aber gehst du bei dem Versuch, diese freche Sicht zu versprachlichen, bissel zu weit. Oder vergaloppierst dich anderweitig. Zum Teil ist das natürlich Geschmackssache, aber manchmal sind Vergleiche oder Bilder, wenn sie nicht hundertprozentig sitzen, einfach zu viel oder gefährlich, weil sie aus dem sonstigen Stil herausfallen und unnatürlich wirken.
Aber das muss man eh im Detail klären und für sich selbst als Autor dann prüfen, was man und ob man überhaupt was davon übernehmen will.


Ich geh mal durch soweit ich komme.

Der Titel. Ich find den toll. Bahnhofsmarianne, genauso heißen die Außenseiter in den Dörfern, den kleinen Städten. Die größte Tratschtante in dem Dorf, aus dem ich komme, hieß Mempelgreta, weil sie und ihr Busen immer über der Fensterbank hingen, damit sie ja alles mitbekam und prompt weitergeben konnte.

Die Bahnhofsmarianne erwischte mich jedes Mal.
Der erste Satz ist cool, der erzeugt Spannung, aber was erzähle ich, das weißt du ja alles selbst.

Nur leider nimmst du die gesamte Spannung aus meiner Sicht mit dem zweiten Satz raus.
Wenn ich das Winnstädter Amtsblatt – diese Ortszeitung, in der stand, dass die Senioren letzten Mittwoch zusammen Kaffee getrunken hatten oder dass der TV Soundso gegen den TV Blablabla im Kegeln antrat – in ihren Briefkasten stecken und schnell weiterfahren wollte, stand sie immer schon hinter der Tür – keine Ahnung, wie sie das machte –, kam rausgewatschelt und grinste ihr debiles Bahnhofsmariannengrinsen.
Nicht nur, dass der völlig und auf ungute Weise verschachtelt ist. Er enthält zudem Infos, die redundant sind. Er trägt zum dritten dazu bei, dass Svenja einem unsympathisch wird. Das liegt an dem "debil". Damit bewertest du nicht nur, wie die Svenja auf Marianne schaut, sondern du bewertest Svenja als Autorin selbst, sie wirkt arrogant. Also - der Fokus geht weg von der eigentlichen Spannungserzeugung, wer diese Marianne ist und inwiefern die Icherzählerin von ihr erwischt wird, du baust auch eine sprachliche Sperre durch diese mehrfachen Einschübe. Der Fokus geht zur Zeitung, die aber eigentlich Nebensache ist. Und du machst die Erzählerin von vorneherein leicht arrogant.
Mir ist klar, dass du die S. über die Zeitung nachdenken lässt, damit du sie hier schon charakterisierst, als junges Mädchen, dem dieses Dorf und seine Biederkeit zu eng und zu klein ist, aber da würde ich einfach mal überarbeitungsmäßig durchgehen. Ich finde das einen sehr ungünstigen Beginn.

Danach fehlt mir, aber das müsste man auch genauer prüfen, eigentlich die Antwort darauf, was denn so furchtbar ist an der Marianne und ihrem Lächeln. Es kommt später, ich weiß, aber man könnte mal überlegen, ob man es nicht schon hier stärker andeutet.

Ich stöpselte die Kopfhörer ein, wählte meine Lieblingsplaylist, und los ging‘s – ab durch die Straßen, überall dort hin, wo jemand dieses Heft abonniert hatte –, ich machte den Job eigentlich ganz gerne, jedenfalls im Frühjahr und im Sommer, wenn schönes Wetter war.
Hier verschachtelst du auch, aber es fühlt sich viel besser an, der kann gern bleiben. Er dient nur als Beispiel für meine oben genannten Ausführungen. Der Grund ist, dass die eigentliche Information des Satzes im ersten Teil des Satzes steckt, die nachfolgenden Nebensätze ergänzen ihn nur, treiben jeweils voran und eine wirkliche Unterbrechung durch eingeschobene Sätze gibts nur einmal. Und du hast keine derartig ausgeprägte Verbklammer (ist keine echte, aber was du machst mit dem Auseinanderfallen von Subjekt und Prädikat ist ähnlich) wie im ersten Satz. Die verlangt richtig was von der Aufmerksamkeitsspanne des Lesers und ist deshalb ungut.

und der mich albern lachen ließ und in dessen Nähe sich meine Nasenlöcher bewegten, als wären sie Nüstern und ich irgendein Tier –, er machte einen ähnlichen Job wie ich und fuhr Medikamente aus für die Rathaus-Apotheke; vielleicht könnten wir irgendwann ein Stück nebeneinander her fahren und ein bisschen quatschen und uns gemeinsam cool und erwachsen fühlen, wir hätten Wind in den Haaren und …
Ja.
Du hast eine Tendenz zu langen Sätzen, ich mag das einerseits, aber ich würde trotzdem manchmal prüfen, ob nicht ein Punkt dem Leser ein gewisses Atemholen gönnt. Zum Beispiel nach dem Tier. Lass doch mal wirken, wie das ist, wenn sie ihren Körper nicht unter Kontrolle hat, weil sie Traumtim begegnet. Du redest durch die Satzstruktur über vieles so hinweg. Die Satzstruktur ist ein markenzeichen von dir, aber ich meine immer, man muss auch prüfen, ob die eigene Vorliebe immer so zum Inhalt oder der eigenen Intention passt.
Dann ist hier ein Vergleich, den ich ungeschickt finde.
Nasenlöcher sich bewegten, ich weiß nicht, find ich eh bisschen schräg, Nasenlöcher öffnet oder bläht man, aber das bewegen, als könnten die halt noch was anderes tun als sich öffnen und schließen, hmmm. Und wenn man Nüstern schreibt, weiß man doch schon, dass sie sich als Pferd sieht, wieso dann "irgendein" Tier. Ich empfinde das einfach als ungenau.
Schön finde ich das mit dem Wind in den Haaren. Du machst das ja gerne, mit Musik oder Werbesprüchen den Flair einer Zeit hochzuholen. Aufpassen (das ist jetzt keine Kritik, sondern nur ein Hinweis) würde ich allerdings schon, dass das nicht immer dein Markenzeichen ist, das greift sich halt auch ab.
Dann machst du das gerne mit dem nachgestellten betonenden Ausruf. Hier ist es "Ja". Finde ich sehr süß hier, weil es den leicht trotzigen, jugendlichen Ton zeigt. Später machst du das auch wieder. Und ich (das ist jetzt wieder keine Kritik) würde einfach mal solche Stellen prüfen. Sozusagen als mein persönliches Markenzeichen, das ich liebe, das aber vielleicht nicht immer passt oder durch Überbenutzung leidet. Übertreibe ich es damit? Sitzt es an der Stelle richtig? Welche Möglichkeiten gibt es noch, diese wunderbare leichte und rotzige Sicht auf die Welt zu zeigen? Das finde ich einfach superwichtig, sich sowas bewusst zu machen.

Als ich das erste Mal am Haus der Bahnhofsmarianne hielt, um das Amtsblatt in ihren Briefkasten neben der Haustür einzuwerfen, war ich wirklich kurz vorm Sterben, als ruckartig die Tür aufgerissen wurde und sich mir dieses runde Grinsegesicht entgegenschob: „Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut?“
Ja, jetzt zeigst du, wie dieses erwischt werden des ersten Satzes sich inhaltlich füllt. Trotzdem, ich empfinde das als viel zu knapp. Du sagst nur kurz, sie wäre kurz vor dem Sterben gewesen, aber wieso, weshalb? Ich merk da nichts. Du behauptest dieses Gefühl der Angst nur, zeigen tust du es nicht und du zeigst auch nicht, was an dem Grinsen der Marianne so eigenartig ist. Ich weiß natürlich, wovon du schreibst, aber es ist mir hier zuwenig deutlich gemacht, nicht gezeigt. Eben nur in der Behauptung mit dem Sterben steckend. Die Marianne als Angstobjekt ist mir einfach zu knapp charakterisiert. Später, wenn sich ihre Beziehung anbahnt, wenn man so will, da wird Marianne mit den Farben und den Steinen viel viel deutlicher.

In dem darauf folgenden Absatz wird Marianne ja beschreiben, aber da ist sie einfach wunderlich. Ich hab gar nichts gegen den Absatz, da wird mir die Marianne vorstellbar, sie ist wie gesagt wunderlich, komisch, vielleicht nervig. Aber wieso fühlt man sich ihr gegenüber wie zum Sterben? Oder so mit Angst besetzt? Hör mal, eine Frau halb Meerschweinchen halb Robbe ist mehr zum Rumlachen, klar, auch zum Abgrenzen, aber nicht zum Angst kriegen. Also da fehlt mir einfach was. Irgendein Halbsatz oder mehr, keine Ahnung, aber irgendwas, was dieses starke Gefühl "erklärt", damit meine ich einfach mehr verdeutlich. Nicht einfach nur schreiben, dass ihr zum Sterben ist, sondern zeigen, wie es ihr geht. Vielleicht einen Gedanken, den sie immer kriegt, wenn sie die M. sieht.

und auch beim zweiten Mal passierte es fast wieder, dass ich mich so schlimm erschrak
prüf zur Sicherheit noch mal: es muss glaub heißen ich erschreckte mich oder ich erschrak. Aber ich erschrak mich geht nicht.

Der Heck-Mann war unberechenbar. Meistens sah er auf trügerische Weise fast aus wie ein beliebiger, langweiliger Kerl mit Stirnglatze, über die sich allerdings eine breite, rote Narbe zog – eine Naht, welche die Glatze zusammenhielt und alles einschloss, was auch immer darunter liegen mochte und ihn zum Heck-Mann gemacht hatte
schön

und wenn er einem also ganz stinknormal entgegenkam, passierte es, dass er unvermittelt seinen Kopf zur Seite riss, als hätte er einen Schuss abbekommen, und ein lautes Heck! in die Luft brüllte, markerschütternd, und dann vielleicht noch eins: HECK! – als hätte er ein Megaphon im Kehlkopf implantiert, und wir erschraken jedes Mal wieder bis auf die Knochen, obwohl wir wussten, dass es kommen würde - nur eben nicht, wann.
Auch schön

Trotzdem war der Heck-Mann verheiratet – natürlich nicht mit einer normalen Frau, sondern mit der Schlampe von Winnstädt. Diesen Spitznamen hatten wir uns nicht ausgedacht, der war ihr bereits verliehen worden, lange bevor wir anfingen, solche Sachen zu registrieren – und allein auf ihr Äußeres bezogen passte er durchaus.
Gefällt mir auch bis auf den letzten Satz. Würd ich weglassen, diesen Satz. Hat bei mir nur Erwartungen erzeugt, dass die Frau wie eine Schlampe aussieht. Aber da kommt dann nix, sondern nur, dass sie offensichtlich klein und mäusig wie eine Maus ausschaut, sonst würde sie ja keine Mäusekinder haben.

Sie hatten mindestens sechs mausgesichtige Kinder, von denen die kleineren entweder an ihrer Mutter klebten wie verrotzte Marshmellows, oder vom Heck-Mann durch die Gegend geschoben wurden, übereinandergestapelt in einem zerbeulten Kinderwagen, allesamt mit extravaganten Namen versehen wie Roxane, Romeo, Leander, Scarlett und so weiter, wahrscheinlich als Kontrapunkt zu ihrer tristen Existenz.
verrotzte Marshmallows. Cool. Überhaupt der Absatz, ich krieg sofort ein Bild dieser Familie.

Es gab Dinge, die waren viel zu abwegig, um einen Gedanken daran zu verschwenden – aber wäre ich aufgefordert worden, auf einer sehr langen Liste die drei unangenehmsten Situationen anzukreuzen, in die ich niemals geraten wollte, dann hätte ein Besuch bei der Bahnhofsmarianne mit Sicherheit dazugehört.
Ja, das ist so eine Floskel, die ersetzt einfach nur die vielschichtigen Gefühle, die Svenja gegenüber dieser Frau hat. Da ist vielleicht Ekel, da ist viel Angst, da ist Abgrenzung, zum teil sehe ich das in dem, was du schreibst und die Svenja sehen lässt, vieles aber lege ich mir als Leserin so zurecht, sehen tu ich das aus meiner Sicht zu wenig. Klar, der Punkt, dass man als Jugendlicher nicht mit verschrobenen Menschen in Zusammenhang gebracht werden will, schon gleich, weil man selbst eine etwas brüchige Existenz am Rande des Außenseitertums lebt, das ist natürlich da im Text. Aber ich finde es halt einfach zu knapp, zu wenig gezeigt. Ich würde mal gucken, ob man solche Bemerkungen wie diese oder auch vorher wie die mit dem Sterben nicht rausnimmt und durch ein anderes Zeigen ersetzt, damit eben genau das deutlicher wird, worin die Svenja sich in ihrer Existenz durch solche Außenseiter bedroht sieht.

Ich fragte mich, was Miriam tun würde, wenn sie an meiner Stelle wäre, oder die anderen: Jana, oder Hannah Schilling, und die Antwort war eindeutig: nicht hineingehen – niemand würde das tun, aber dann – wie so oft – schob sich das gutherzige Gesicht meiner Mutter vor diese abweisenden Gedanken: Natürlich hilfst du der armen Frau!, sagte sie, im Hintergrund sangen die Beatles With a little help from my friends, und ein farbenfrohes Grüppchen von Mamas Freundinnen schwenkte ihre Batik-Ärmel im Takt.
Hier finde ich das gut gemacht.


So und jetzt muss ich mal endlich frühstücken. Wird Zeit.
Irgendwo fehlt einem Grün ein r und noch anderswo gibt es einen Tippfehler, der mir beim lesen aufgefallen war, aber ich find das Luder nicht mehr.

Machs gut, Raindog mit deiner schönen Geschichte und vielleicht kannst du ja was anfangen mit meinen Bemerkungen und bist nicht traurig, dass auch so viel Kritik kam.

Bis die Tage
Novak

 

Hallo Raindog,
in deiner Geschichte – in der du ganze Absätze, ohne für mich ersichtlichen Mehrwert, in Gedankenstriche einschließt – reihen sich die Beschreibungen von Stereotypen entlang der Zeitungsausteiltour. Leider sind die Figuren in ihrer Schrulligkeit wenig originell. Dennoch zerlegst und erklärst du ihre Eigenarten anschließend noch. Ich denke der Geschichte würde ohne Hippie-Mum, Heck-Mann und Flaschen-Siggi nichts fehlen. Fang doch nach kurzer Einleitung direkt bei die Bahnhofsmarianne an und bau das lieber aus. Auch cool wäre, wenn du ihre Eindrücke und Ängste absurder und subjektiver ausarbeiten würdest, als ob allein ihre Fantasie diese normalen Menschen zu Freaks machen würde.

Michaela war ein Kieselstein mit aufgemaltem Gesicht und angeklebten Haaren, grau, strohig und verfitzt. Sie stellte mir auch die anderen vor: Marlen, Johnny Blue, Anita, Theo, Santa Maria und so weiter; sie sahen alle ähnlich schlimm aus und ich glaube, es war das Armseligste und Traurigste, was ich jemals gesehen hatte.
„Cool“, sagte ich.
Ihr Museumsradio hatte sie diesmal auf einen anderen Sender eingestellt – der gleiche Rock- und Popsender, den ich zu Hause hörte, und ich kam mir vor wie eine Astronautin, die nach langer Zeit einen Funkspruch von der Erde empfängt.
Hihi. Die Stellen finde ich echt gut. Mehr davon. :)

Ach, die Svenja! sagte niemand, die Tür ging nicht auf, obwohl ich jetzt richtig laut am Briefkasten herumrüttelte, um die Zeitung darin zu versenken, und ich wünschte, ich wäre mir wirklich sicher, es nicht schon vorher bemerkt zu haben.
Sehr gute Stelle. Obwohl natürlich schon vorher klar war, dass Marianne stirbt, während sie am See ist. Überhaupt ist die ganze Geschichte leider ziemlich vorhersehbar.

von denen die kleineren entweder an ihrer Mutter klebten wie verrotzte Marshmellows,
Marshmallows

An denn Wänden hingen Bilder
den

Liebe Grüße
wegen

 
Zuletzt bearbeitet:

Laut meiner Mutter war ich das Ergebnis einer Liaison mit einem schwedischen Klimaforscher, der kurz danach bei einer Polarexpedition ums Leben kam. Ich war mir sicher, das war erfunden. Meine Oma vermutete einen verfilzten Althippie aus Matala, der selbstgebastelte Hanf-Armbänder verkaufte. Und was war das jetzt für Gerede?
Ich bewegte mich ja selbst auf dünnem Eis, mit meiner Mutter, die gerne ein Hippie gewesen wäre,

Hallo Svenja,

da musstu etwa so alt gewesen sein wie der kleine Friedel, da er mit seinem Herrn Vater die Familienkasse auffüllte durch Zeitschriften austragen und kassieren von Geldern - Du merkst schon, der alte Herr war bei den interessanten Dingen immer dabei und verdiente ein Zubrot zur Familienkasse, die für einen Chemiewerker (Anlernberuf, aber ein Fortschritt für einen Hilfsarbeiter aus der Schwerindustrie) nicht gerade üppig war. Aber Hippie hätt' ich nie werden wollen (Dylan wohnte 1969 in Woodstock und war nicht auf diesem Fest des alternativen frohsinnigen KOnsumenten ...). Beatles, Berlin und die APO waren dem Teenager viel näher ...

Aber zu Deiner Geschichte, die behutsam aufzeigt, wie das Verhältnis zur titelgebenden Person sich von der Kälte des Vorurteils - zumeist buchstäblich das, was es ausdrückt, eine Vorverurteilung - in Mitgefühl verwandelt - einfach durch Kontakt.

Einigemale verwendestu "gewesen", das ja nahe dabei ist zu verwesen. Hier z. B:

Das war vor meiner Zeit gewesen, dass dort noch Züge hielten –
wo doch "vor Deiner Zeit" schon verrät, dass es vorzeitig sei ... (weiter unten könntestu ein "gewesen" auf jeden Fall abändern der Art "die gerne ein Hippie gewesen:geworden wäre, ..." -
was sogar logischer ist, denn um Hippie zu sein, müsste man erst Hippie werden ...

Trivialitäten

... – ab durch die Straßen, überall dort hin, wo jemand dieses Heft abonniert hatte –,
"dorthin" besser zusammen

... vielleicht könnten wir irgendwann ein Stück nebeneinander her fahren und ...
hier dagegen sinnigerweise "nebeneinanderher"

und'n Flüchtigkeitsfehler

..., dann schob sich ein Fahrrad in mein Blickfeld, ein[...] Junge mir braunen Haaren ...

Gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber josefelipe,

Außerdem genieße ich so das Recht der ersten Nacht
Ist natürlich schade, dass die erste Nacht diesmal so gründlich danebengegangen ist! :sad:

wie Du tausend Sachen mit Witz und einer beneidenswerten Leichtigkeit erzählst – da passte alles, das Lesen war das reine Vergnügen, Dein Humor ist großartig.
Danke! Das hilft mir durch den Rest.

Ich spüre, wie aus meiner Enttäuschung eine leichte Verärgerung entsteht.
Das wollte ich nicht!

Ich kapiere nix. Hab auch nicht verstanden, was die Püppkes in den Kartons für eine Bedeutung haben.
Manchmal gibt es vielleicht auch gar nicht so viel zu verstehen. Die stümperhaft bebastelten Steine sollen die Marianne eigentlich nur in ihrer Wunderlichkeit zeigen.
Aber Raindog ist nicht blöd!
Manchmal bin ich mir nicht sicher, aber gut, wenn du’s sagst!

Bin ich zu blöd oder erzählt sie’s zu gedeckelt und zu hintergründig?
Blöd? Nein! Keine Ahnung, ob zu gedeckelt, aber ich glaube, die Vibrations, die ich mir vorgestellt habe, mit dem Text rüberzubringen, sind bei dir schonmal nicht angekommen wie gewünscht. Super hintergründig ist es sicher nicht, aber gänzlich hintergrundslos auch nicht.

Nachdem ich die Geschichte als langweilig (Pardon) empfand, wusste ich wirklich nicht, weswegen sie so lang ausgewalzt sein muss. Denn das, was tatsächlich passiert, wäre in Kürze erzählt
Ich werde sicher noch einmal rangehen und zumindest schon mal den Siggi eindampfen und mal schauen, wo noch - denke aber nicht, dass die Geschichte wesentlich kürzer wesentlich besser funktioniert, weil ich einige Sachen einfach glaube, zu brauchen, um das Umfeld von Svenja zu zeigen.

weil mit der Text – ganz unüblich bei Raindog – furchtbar bemüht schien, dieses uralte ‚fishing for c.’ aus der Zeit der im Text aneinandergereihten Songs. Beispiel: „meine Beine blass wie der Bauch eines Pinguins
Ich liebe solche Vergleiche, aber manchmal geht der Vergleichs-Gaul mit mir etwas durch - da muss ich noch einen Mittelweg finden. Dass der Vergleich vielleicht nicht passt oder übertrieben wirkt, ist für mich eine andere Geschichte - ‚Fishing for c.’ möchte ich das eigentlich nicht genannt haben, weil ich so schreibe, wie es m i r gefällt, aber letztlich wünschen wir doch wohl alle, das unsere Texte bei den Lesern gut ankommen.

Liebe Raindog, ich fühle mich sauschlecht als der selbsternannte Miesmacher
Musst du nicht, José! Ich halte das aus! :D Wenn man mithilfe der Kritiken einen neuen Blick auf sein Zeug bekommt, dann ist doch Sinn und Zweck des Forums erfüllt.

aber wenn ich Deinen Nick lese, dann erwarte ich etwas!
Aber setz mich verdammt nochmal nicht so unter Druck!:schiel:

“... grinste ihr debiles Bahnhofsmariannengrinsen.“
Das sagt gar nichts. Kann mir darunter alles und nichts vorstellen
Wenn ich mit Beantworten der Kommentare fertig bin, gehe ich da nochmal ran.

„TV Soundso gegen den TV Blablabla“ – da hängt mein Herzblut auch nicht dran

Jedenfalls kommen mir Flaschensiggi und Heck-Mann vor wie gerade Deinem Zettelkasten entsprungen und müssen jetzt verarbeitet werden. Pack sie an’n Kragen und steck sie wieder da rein.
Und der Romeo? Wozu geistert der eigentlich durch den Text? Um die Prota eine Sekunde anzumachen? Raus damit.
Der Zettelkasten ist wohl wieder etwas aufgesprungen in dieser Geschichte, da hast du recht. Einiges werde ich reduzieren, aber ein paar krumme Gestalten bleiben drin.

Es gab Dinge, die waren viel zu abwegig, um einen Gedanken daran zu verschwenden – aber wäre ich aufgefordert worden, auf einer sehr langen Liste die drei unangenehmsten Situationen anzukreuzen, in die ich niemals geraten wollte, dann hätte ein Besuch bei der Bahnhofsmarianne mit Sicherheit dazugehört.
Klingt mir zu amerikanisch, uraltes Ding. Original Raindog ist (wäre) prägnanter.
Hm - let me see …

Girls, Girls, Girls. Wozu?
Weil sie da sind ...?

Ich traf sie irgendwo, allein in Mexiko, sang eine Schmalzstimme: Anita, antwortete die Bahnhofsmarianne.
Raindog? Hallo? Nee, find’ ich nicht amüsant, eher daneben. Und so etwas verklebt mir dann auch die Sinne, um etwas ganz Raffiniertes wahrzunehmen, was mir der Autor eigentlich erzählen wollte – wenn er denn ...
Ja, was fange ich jetzt damit an … Die Bahnhofsmarianne ist so … Aber das ist es sicher nicht, was du meinst ...

In einer Ecke lehnte der Einkaufstrolley, den sie immer dabei hatte, und einen kurzen, absurden Moment lang freute ich mich, ihn zu sehen.
Warum erzählst Du das, wen interessiert das?
Sie gruselt sich bei der Marianne und findet den Einkaufstrolley absurderweise tröstlich, weil er eine Verbindung zur „wirklichen“ Welt darstellt. War mein Gedanke.

Möglicherweise liege ich hier daneben, aber mir kommt das Alter der Prota und das Wissen um coloriertes Filmmaterial etwas seltsam vor.
Sie kennt das, hat im Fernsehen schon solche nachcolorierten Aufnahmen gesehen.

Gläser mit Embryos kennt sie auch - die war mit ihrer Klasse im Senckenberg-Museum.

„... lauschte ... ... dem lautlosen Aufprall“ – das ist absolut so gewollt, ein wenig Poesie, und auch ein Sinnbild.

Rumms. Tut mir leid.
You’re welcome! Muss dir nicht leid tun! Nachdem ich heute früh deine vernichtende Kritik gelesen habe, hat mich auf dem (Rad)Weg zur Arbeit ein Gewitterguss gründlichst durchnässt – aber ich wäre doch kein(e) Raindog, wenn ich mit beidem nicht umgehen könnte! :D

Vielleicht hast Du Dich selber unter Druck gesetzt, nach den schnellen Erfolgen?
Ja und Nein. Ja: Ich habe mich selbst unter Druck gesetzt, weil ich möglichst vor dem Sommer (in welchem ich naturgemäß wohl weniger am Schreibtisch sitzen werde) eine fünfte Geschichte posten wollte, um die Foren-Kriterien zu erfüllen, am Copywrite-Spiel teilzunehmen, falls es irgendwann startet. Dafür braucht man ja fünf Geschichten. Was aber nicht heißt, das diese hier ein Schnellschuss war.
Nein: Die „schnellen Erfolge“ haben mich zwar sehr glücklich gemacht und motiviert, aber ich bin weit davon entfernt, zu glauben, dass das nun immer so bombastisch funktioniert wie bei meinen letzten beiden Geschichten. Ich stecke mit beiden Beinen ganz tief in der Erde.

Die Abstände zwischen den Abschnitten sind theatralisch weit bemessen,
Kein Problem, ich fand, es sah so gequetscht aus, aber Fishing for Theatralik war nicht meine Intention - deshalb habe ich sie wieder geschrumpft, danke! Und danke fürs Finden der andern Fehler!

Ich habe den Kontakt, den elektrischen Lichtbogen zwischen den beiden nicht erfasst. Mir erscheint das eher an den Haaren herbeigezogen – oder ich versteh’ nicht, was ich lese.
Hm, erklären möchte ich eigentlich nicht ... Ich nehme jetzt mal so hin, dass der Text für dich so gar nicht funktioniert und schaue, wie es andern vielleicht damit geht. Bei einigen Sachen bin ich von deiner Kritik absolut überzeugt und werde da nochmal rangehen. Wird wohl trotzdem nicht dein Lieblingstext werden.

Hab mal was von einem Naturgesetz gehört, dass nach einigen Rekordernten auch mal ein weniger ertragreiches Jahr zu befürchten ist.
Du sagst es!

Fan bleibt Fan – ich bleib einer der Deinigen.
Schwein gehabt!
Und ich habe dich auch immer noch lieb, José, :) und ich danke dir für deine ehrliche Meinung und den ausführlichen nächtlichen Kommentar!

Liebe Grüße von Raindog


Hallo Novak, wegen, Friedrichard Edit: bernadette – euch auch schon mal ganz lieben Dank für eure ebenfalls sehr hilfreichen und mich wieder aufrichtenden Komms :) – Antwort folgt nach und nach. Viele Grüße

 

Hallo Raindog,

da es noch wenige Kommentare zu dem Text gibt, habe ich sie durchgelesen und möchte mich in vielen Belangen an Novak anhängen. Die drei verschachtelten Sätze sind mir auch bezüglich des Leseflusses aufgefallen. Der Flaschensiggi und der Heckmann sind mir auch zu breit getreten.

Du hast mich aber mit der Geschichte komplett abgeholt - ich hatte in meiner Straße genau so eine Bahnhofsmarianne bzw. die lebt immer noch da. Unglaublich, ich dachte wirklich, du hast von ihr geschrieben. Da sind die Läden immer zu, ich weiß nicht, ob die jemals lüftet, drinne steht alles voll, sie selbst ist sehr, sehr einfach gestrickt und man denkt, man spricht mit einem Kind.

Sie als roten Faden für die Geschichte einer Jugendlichen, die den Traumjungen bekommt und doch enttäuscht wird und deren Lebensumfeld lesenswert erzählt wird.
Mir ging es bei Tim teilweise dann etwas zu schnell - das Hoffen (überall mit dem Fahrrad fahren, um ihn zu sehen) war für mich viel ansprechender erzählt als dann das Miteinander und das Auseinandergehen.

Das lief mir zu geschmiert, wie sie dann plötzlich ein Paar sind und es war mir zu distanziert, als er eine andere zum Knutschen hatte und der Traum ein Ende fand.

Ich hätte in der Geschichte noch spannender gefunden, wenn die Bahnhofsmarianne von Svenja explizit zu ihrem Vater gefragt worden wäre und eine vage Antwort, die aber nicht greifbar genug gewesen ist, erhalten hätte um dann doch mal noch ihre Hippie-Mutter in die Pflicht zu nehmen. Dann könnte ich Svenja mit ihren pubertären Problemen noch etwas ernster nehmen. Also die Beerdigung nicht als Ende (das wirkt dann so gewollt melodramatisch) setzen, sondern danach noch ein Gespräch mit der Mutter zeigen. Was dabei herauskommt? Das würde ich dir überlassen.

Deine Schreibe gefällt mir und ist an vielen Stellen sehr kreativ und frisch.

Aufgefallen ist mir:

Ich lehnte in einiger Entfernung an der Mauer und lauschte dem Rascheln der trockenen Blätter über mir, und dem lautlosen Aufprall, wenn sie zu Boden fielen.
Aufprall hat mich grinsen lassen - Blätter gleiten doch eher zu Boden.

Liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Novak,

das nenne ich aber mal Einsatz, schon vor dem Frühstück so einen ausführlichen Kommentar zu schreiben! Ich danke dir!

ich habe deine letzte Geschichte nicht kommentiert, aber gelesen. Und mich sehr über sie gefreut.
Danke, und ich freue mich darüber, dass du das sagst.

Und über diese hier freue ich mich ähnlich.
Und hier freue ich mich erst recht!

Aber das Wahrnehmen von eigenartigen Chancen, die so gänzlich gegen den Mainstream sind, das ist ja auch schwierig in einer Zeit voller Wünsche und Anfänge und Orientierung.
Ja, so lese ich deine Geschichte und ich entdecke viel Zauber und Charme darin, um mich einnehmen zu lassen von dem Kapitel aus dem Leben einer süßen jungen Frau, die alles falsch macht und genauso gut gar nichts.
Schön, dass das so rüberkommt, dass du es so liest.

die recht prominent ausgeführten anderen beiden Außenseiter des Ortes. Die dienen zwar einerseits dazu, die Stellung der ausgeführten Bahnhofsmarianne zu kennzeichnen und die Angst des jungen Mädchens vor einem Kontakt mit Leuten zu zeigen, die nicht angesagt sind, die so ganz anders sind, die verlorene Chancen verkörpern. Aber brauchst du wirklich beide? Oder braucht man diese Ausführlichkeit?
Nun, ich beginne auch daran zu zweifeln, dass es diese Ausführlichkeit braucht. Wenn ich die Kommentare beantwortet habe, werde ich mich nochmal ran setzen und den Siggi eindampfen und bei den anderen nochmal schauen.

Ich lese den Romeo so, dass der ein Neuanfang für Svenja sein könnte. Aber so ausgearbeitet ist das jetzt nicht. Von daher weiß ich nicht, wie du es meinst und ob der überhaupt so gemeint ist. Aber im Moment kommt der Romeo vor wie das berühmte Tschechowsche Gewehr. Nur dass es nicht abgefeuert wird. Und auch die Suche nach dem Vater ist ein loser Faden. Die Möglichkeit, was über ihn zu erfahren, erlischt mit dem Tod von Marianne. Bedauert sie das nicht?
Romeo ist von mir eher nicht so gemeint, wie du ihn gelesen hast.
Also kein Neuanfang, sondern ein Störfaktor, der Svenja bei ihren Freundinnen oder Tim in Misskredit bringen könnte, weil er gesehen hat, wie sie bei der Marianne aus dem Haus gekommen ist.

Und auch die Suche nach dem Vater ist ein loser Faden. Die Möglichkeit, was über ihn zu erfahren, erlischt mit dem Tod von Marianne. Bedauert sie das nicht?
Es bleibt unaufgelöst, ob die Marianne wirklich etwas wusste, oder ob sie mit „Papa“ nur diesen großen Stein gemeint hat, der ja auch mit Haaren beklebt ist. Ja, aber natürlich bedauert sie es, nichs Genaues zu wissen. Ich weiß, das kommt jetzt gar nicht raus. Mal sehen, was ich damit mache.

Manchmal aber gehst du bei dem Versuch, diese freche Sicht zu versprachlichen, bissel zu weit. Oder vergaloppierst dich anderweitig.
I know. Werde auch da nochmal in Ruhe durchgehen.

Bahnhofsmarianne, genauso heißen die Außenseiter in den Dörfern, den kleinen Städten. …Die größte Tratschtante in dem Dorf, aus dem ich komme, hieß Mempelgreta
Nicht wahr? Pate stand bei mir die Rathaus-Inge – Gott hab sie wahrscheinlich selig …

Der erste Satz ist cool, der erzeugt Spannung, aber was erzähle ich, das weißt du ja alles selbst.
Nur leider nimmst du die gesamte Spannung aus meiner Sicht mit dem zweiten Satz raus.
Habe schon etwas Schadensbegrenzung getrieben und den zweiten Satz geändert.

Er trägt zum dritten dazu bei, dass Svenja einem unsympathisch wird. Das liegt an dem "debil". Damit bewertest du nicht nur, wie die Svenja auf Marianne schaut, sondern du bewertest Svenja als Autorin selbst, sie wirkt arrogant.
„Debil“ ist weg. Svenja soll nicht wirklich arrogant rüberkommen - dass sie die Nase rümpft über die Marianne sollte aber schon deutlich sein.

Also, den Beginn habe ich mal geändert.

Danach fehlt mir, aber das müsste man auch genauer prüfen, eigentlich die Antwort darauf, was denn so furchtbar ist an der Marianne und ihrem Lächeln. Es kommt später, ich weiß, aber man könnte mal überlegen, ob man es nicht schon hier stärker andeutet.
Ich hatte hier an dieser Stelle, an der du das vermisst, anfänglich so einen elend langen Tell-Teil, das gefiel mir gar nicht, und ich dachte mir, ich lass das lieber so nach und nach einfließen. Aber anscheinend ist das zu wenig. Muss ich auch nochmal ran.

Du hast eine Tendenz zu langen Sätzen, ich mag das einerseits, aber ich würde trotzdem manchmal prüfen, ob nicht ein Punkt dem Leser ein gewisses Atemholen gönnt.
Werde ich prüfen

Dann ist hier ein Vergleich, den ich ungeschickt finde.
Nasenlöcher sich bewegten, ich weiß nicht, find ich eh bisschen schräg
Habe ich ein wenig abgeändert

Du machst das ja gerne, mit Musik oder Werbesprüchen den Flair einer Zeit hochzuholen. Aufpassen (das ist jetzt keine Kritik, sondern nur ein Hinweis) würde ich allerdings schon, dass das nicht immer dein Markenzeichen ist, das greift sich halt auch ab.
Ich neige dazu … Und ich werde deinen Hinweis im Auge behalten, ich verstehe das schon

Dann machst du das gerne mit dem nachgestellten betonenden Ausruf. Hier ist es "Ja". Finde ich sehr süß hier, weil es den leicht trotzigen, jugendlichen Ton zeigt. Später machst du das auch wieder. Und ich (das ist jetzt wieder keine Kritik) würde einfach mal solche Stellen prüfen.
Ja, das gleiche Problem. Muss mal schauen, wo ich das „später“ nochmal mache, weiß gerade gar nicht, wo …

Ja, jetzt zeigst du, wie dieses erwischt werden des ersten Satzes sich inhaltlich füllt. Trotzdem, ich empfinde das als viel zu knapp. Du sagst nur kurz, sie wäre kurz vor dem Sterben gewesen, aber wieso, weshalb? Ich merk da nichts. Du behauptest dieses Gefühl der Angst nur, zeigen tust du es nicht und du zeigst auch nicht, was an dem Grinsen der Marianne so eigenartig ist. Ich weiß natürlich, wovon du schreibst, aber es ist mir hier zuwenig deutlich gemacht, nicht gezeigt. Eben nur in der Behauptung mit dem Sterben steckend.
Habe jetzt nach „kurz vorm Sterben“ noch „aus Schreck“ drangehängt, aber ist schon klar: ich muss noch mehr zeigen

Aber wieso fühlt man sich ihr gegenüber wie zum Sterben?
Vielleicht habe ich das an der Stelle nicht geschickt formuliert, ich meinte einfach:
Sterben vor Schreck – weil sie so einen Riesenschreck bekommen hat als unvermittelt die Tür aufgerissen wird. Aber das ist eben das Bild in meinem Kopf und ich muss dafür sorgen, dass es in den anderen Köpfen auch funktioniert.
Wie gesagt: ich gehe da noch ran.

prüf zur Sicherheit noch mal: es muss glaub heißen ich erschreckte mich oder ich erschrak.
Ja, hab’s geändert.

Es gab Dinge, die waren viel zu abwegig, um einen Gedanken daran zu verschwenden …
Ich würde mal gucken, ob man solche Bemerkungen wie diese oder auch vorher wie die mit dem Sterben nicht rausnimmt und durch ein anderes Zeigen ersetzt, damit eben genau das deutlicher wird, worin die Svenja sich in ihrer Existenz durch solche Außenseiter bedroht sieht.
Siehe oben: da gehe ich nochmal in aller Ruhe dran

So und jetzt muss ich mal endlich frühstücken.
Das hast du dir redlich verdient. Ich spendiere dir eine Runde Kaffee! :)

Machs gut, Raindog mit deiner schönen Geschichte und vielleicht kannst du ja was anfangen mit meinen Bemerkungen und bist nicht traurig, dass auch so viel Kritik kam.
Machs gut, Novak, wie könnte ich traurig sein, wenn du „schöne Geschichte“ sagst, und wenn ich so viel Hilfe und Zeit geschenkt bekomme - und für die Kritik bin ich ja hier. Ich danke dir sehr für deinen Kommentar, einiges habe ich prompt erledigt, und wenn die Zeit es zulässt, werde ich mich ausführlich um die Feinüberarbeitung mit dem ganzen Gezeige kümmern.
Liebe Grüße

Hallo wegen,

schön, deine Gedanken zur Geschichte zu lesen. :)

in der du ganze Absätze, ohne für mich ersichtlichen Mehrwert, in Gedankenstriche einschließt – reihen sich die Beschreibungen von Stereotypen entlang der Zeitungsausteiltour. Leider sind die Figuren in ihrer Schrulligkeit wenig originell. Dennoch zerlegst und erklärst du ihre Eigenarten anschließend noch. Ich denke der Geschichte würde ohne Hippie-Mum, Heck-Mann und Flaschen-Siggi nichts fehlen. Fang doch nach kurzer Einleitung direkt bei die Bahnhofsmarianne an und bau das lieber aus. Auch cool wäre, wenn du ihre Eindrücke und Ängste absurder und subjektiver ausarbeiten würdest,

Diese Gedankenstrich-Angelegenheit ist gerade so eine Ding, was ich momentan sehr mag, aber natürlich darf es nicht nerven. Ich schaue nochmal, ob ich dem Leser ein paar mehr Punkte gönne. Ich werde die Marianne wieder mehr an den Anfang bringen, ursprünglich hatte ich das auch, aber nicht so schön, viel "Tell". Daraufhin hatte ich es etwas zerstückelt. Ich habe gerade an Novak geschrieben, dass ich da nochmal rangehe. Und ja, ich weiß, für die Eindrücke muss ich mir noch mehr Zeit nehmen – auch das ist angekommen. Mein Problem ist wahrscheinlich, dass ich selbst so ein genaues Bild im Kopf habe und immer voraussetzte, dass die anderen das dann auch so sehen – ist natürlich Quatsch.

Obwohl natürlich schon vorher klar war, dass Marianne stirbt, während sie am See ist. Überhaupt ist die ganze Geschichte leider ziemlich vorhersehbar.
Eine fette Pointe ist es sicher nicht, gebe ich dir Recht. Mir ging es auch mehr darum, eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Ist mir vielleicht nicht ganz gelungen. Aber ich werde dem Ganzen wie gesagt auch noch einige Überarbeitungen gönnen.

Danke, liebe wegen, für deinen Kommentar und fürs Aufspüren der Fehler!

Viele Grüße von Raindog

Edit: Ganz vergessen, darauf einzugehen, sorry: Ganz "ohne Hippie-Mum, Heck-Mann und Flaschen-Siggi " fände ich es langweiliger, und ich brauche solche Typen ja auch, um dieses Außenseitertum zu thematisieren. Aber kürzen werde ich es: Siggis Auftritt ist schon jetzt eingedampft.
LG

 

Lieber Friedel,

nett, dass du mich mit „Hallo Svenja“ angesprochen hast :), aber:
Die Personen und die Handlung der Geschichte sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

da musstu etwa so alt gewesen sein wie der kleine Friedel, da er mit seinem Herrn Vater die Familienkasse auffüllte durch Zeitschriften austragen und kassieren von Geldern - Du merkst schon, der alte Herr war bei den interessanten Dingen immer dabei und verdiente ein Zubrot zur Familienkasse … Berlin und die APO waren dem Teenager viel näher
Ja, ich denke, das war eine sehr spannende Zeit, um jung zu sein (Hippies hin oder her), gesellschaftspoltisch und musikszenenmäßig sowieso. Ich selbst war da noch viel zu jung (und im andern Teil Deutschlands lebend), um daran teilhaben zu können wie du. Und Svenjas Mutter auch: viel zu jung - sie wäre nur eben gerne ein Hippie geworden.
An dieser Stelle gleich Danke fürs Aufzeigen der gewesen-geworden-Angelegenheiten und der andern Flüchtigkeitsfehler.

Aber zu Deiner Geschichte, die behutsam aufzeigt, wie das Verhältnis zur titelgebenden Person sich von der Kälte des Vorurteils - zumeist buchstäblich das, was es ausdrückt, eine Vorverurteilung - in Mitgefühl verwandelt - einfach durch Kontakt
Danke fürs Lesen und Kommentieren, lieber Friedrichard, und vor allem für diesen Satz, der mir zeigt, dass deine Lesart so funktioniert, wie ich mir das ungefähr vorgestellt hatte.

Viele Grüße von Raindog


Liebe bernadette,

Die drei verschachtelten Sätze sind mir auch bezüglich des Leseflusses aufgefallen. Der Flaschensiggi und der Heckmann sind mir auch zu breit getreten.
An den Sätzen habe ich inzwischen schon etwas geändert, den Siggi eingedampft, beim Heck-Mann muss ich mal sehen – auf jeden Fall hilft mir das weiter, dass du es ähnlich siehst wie Novak. Bezüglich ellenlanger Sätze schaue ich da auch nochmal grundlegend durch.

Du hast mich aber mit der Geschichte komplett abgeholt
Das macht mich sehr froh! Nachdem mein erster Kritiker die Geschichte so gänzlich daneben fand, lese ich das natürlich besonders gerne.

ich hatte in meiner Straße genau so eine Bahnhofsmarianne bzw. die lebt immer noch da. Unglaublich, ich dachte wirklich, du hast von ihr geschrieben. Da sind die Läden immer zu, ich weiß nicht, ob die jemals lüftet, drinne steht alles voll, sie selbst ist sehr, sehr einfach gestrickt und man denkt, man spricht mit einem Kind.
Das klingt ja wirklich sehr nach ihr... Ich habe zwar gerade an Friedel geschrieben „Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig“ – aber Zufälle gibt’s …

Mir ging es bei Tim teilweise dann etwas zu schnell - das Hoffen (überall mit dem Fahrrad fahren, um ihn zu sehen) war für mich viel ansprechender erzählt als dann das Miteinander und das Auseinandergehen. …
Das lief mir zu geschmiert, wie sie dann plötzlich ein Paar sind und es war mir zu distanziert, als er eine andere zum Knutschen hatte und der Traum ein Ende fand.
Das ist interessant. Ich wollte diesen Strang gar nicht so auswalzen, aber vielleicht ist es ja doch sinnvoller, dort mehr zu bringen und an anderer Stelle einzudampfen. Ich denke darüber nach.

Ich hätte in der Geschichte noch spannender gefunden, wenn die Bahnhofsmarianne von Svenja explizit zu ihrem Vater gefragt worden wäre und eine vage Antwort, die aber nicht greifbar genug gewesen ist, erhalten hätte um dann doch mal noch ihre Hippie-Mutter in die Pflicht zu nehmen. Dann könnte ich Svenja mit ihren pubertären Problemen noch etwas ernster nehmen. Also die Beerdigung nicht als Ende (das wirkt dann so gewollt melodramatisch) setzen, sondern danach noch ein Gespräch mit der Mutter zeigen. Was dabei herauskommt? Das würde ich dir überlassen.
Auch hier: Ich denke darüber nach. Ursprünglich sollten der Tim und die Vater-Geschichte nur kleine Einsprengsel sein, um zu zeigen, welche Befindlichkeiten Svenja so umtreiben – aber mein Blick darauf ist dabei, sich zu ändern.

Deine Schreibe gefällt mir und ist an vielen Stellen sehr kreativ und frisch.
Danke! :)

Ich lehnte in einiger Entfernung an der Mauer und lauschte dem Rascheln der trockenen Blätter über mir, und dem lautlosen Aufprall, wenn sie zu Boden fielen.
Aufprall hat mich grinsen lassen - Blätter gleiten doch eher zu Boden.
Hm,:hmm: du bist nun schon die zweite, die das zum Grinsen findet … Ich hatte das bewusst als Stilmittel eingesetzt, ein Oxymoron, und als Sinnbild zum unbemerkten Tod der Bahnhofsmarianne. Ich lasse es vorerst mal noch so stehen und beobachte es aus der Ferne.

Ich danke dir sehr für deinen Kommentar, Bernadette!

Liebe Grüße
Raindog

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Raindog

Um 23 Uhr hast du am Sonntag diese Geschichte gepostet, um 23:03 Uhr habe ich sie gelesen, am nächsten Tag habe ich sie gleich noch zwei Mal gelesen, weil sie mir echt gut gefallen hat ... und erst jetzt komme ich zum Kommentieren. Meine Tage sind im Moment einfach viel zu schnell rum.

Also wie gesagt, mir hat die Geschichte gut gefallen. So wie sie am Anfang war, und so, wie sie jetzt ist. Ich mag deinen Schreibstil total gerne. Ich finde, du kannst wirklich gut Stimmung erzeugen, ich fiebere immer richtig mit und kann mir alles so detailgetreu vorstellen, als würde ich es selbst erleben. Großes Lob. Die meisten Kritikpunkte der anderen fand ich überhaupt nicht schlimm, zum Beispiel den Flaschensiggi und den Heck-Mann, die kurze Beziehung zu Tim oder die langen Sätze ... ich war einfach total drin in der Geschichte.

Beim fünften Lesen habe ich es endlich geschafft, mich auf die einzelnen Wörter und Satzzeichen zu konzentrieren, und habe noch ein paar winzige Sachen gefunden.

Es fühlte sich erwachsen an
Das fand ich irgendwie nicht ganz passend, denn nicht das Zeitungsaustragen fühlt sich erwachsen, sondern Svenja, und das drückst du durch das Wort an zwar schon irgendwie aus, aber ich fände es besser, wenn es ein bisschen abgeändert würde, und sie sich stattdessen erwachsen fühlen würde. Verstehst du, was ich meine?

Sie wohnte alleine in diesem winzigen Haus
Das ist jetzt kein richtiger Fehler, aber alleine ist umgangssprachlich, es heißt eigentlich allein.

dass es kommen würde - nur eben nicht wann
Hier musst du den Bindestrich durch einen Gedankenstrich ersetzen.

der geklaute Balg
Ich würde hier das als Artikel benutzen. Der geht zwar auch, aber ich finde, das passt dann eher zum Blasebalg oder so. Wenn man das Wort als abfällige Bemerkung verpackt, dann kenne ich es nur mit das, aber das ist vielleicht eher Geschmacks- oder Gewohnheitssache.

...aber Marianne Fürst hat in ihrem Leben...
Die drei Auslassungspunkte haben eigentlich gerne ihre Ruhe und wollen deswegen immer mit einem Leerzeichen vom vorstehenden und darauffolgenden Wort abgetrennt werden, es sei denn, das Wort wird direkt abgebrochen ... aber das weißt du doch sicher schon.

So. Und dann noch eine Sache. Das wurde schon angesprochen und du hast sogar schon daran rumgebastelt, aber trotzdem. Die Gedankenstriche. Unverbesserlich, wie ich bin, konnte ich es nicht lassen, beim fünften Lesen eine Strichliste zu führen. Ganze 55 Gedankenstriche habe ich gezählt, und das sind beim besten Willen zu viele für meinen Geschmack. (Kann sein, dass ich aus versehen ein oder zwei doppelt gezählt habe:Pfeif:) Aber wenn dein Herz dran hängt ...

Also, das wars dann auch schon wieder von, mir, weil ich es einfach nicht hinkriege, allzulange Texte zum Inhalt zu schreiben, auch wenn er mir super gefallen hat.

Viele Grüße,
Anna

 

Liebe annami,

Um 23 Uhr hast du am Sonntag diese Geschichte gepostet, um 23:03 Uhr habe ich sie gelesen, am nächsten Tag habe ich sie gleich noch zwei Mal gelesen, weil sie mir echt gut gefallen hat
Wow! Das freut mich aber wirklich riesig. Und jetzt wartest du aber bitte ein paar Tage, weil ich so nach und nach ein paar Überarbeitungen vornehme, wenn ich dazu komme. Wie gerade jetzt. Und lies es lieber dann nochmal. Ich hoffe, dir gefällt es dann immer noch.

Was mich besonders an deinem Kommentar freut, ist, dass du ja in einem ähnlichen Alter bist wie die Svenja. Und wenn sich die Geschichte also für dich nicht komplett falsch anfühlt, dann ist das fein.

Die meisten Kritikpunkte der anderen fand ich überhaupt nicht schlimm, zum Beispiel den Flaschensiggi und den Heck-Mann, die kurze Beziehung zu Tim oder die langen Sätze ... ich war einfach total drin in der Geschichte.
Auch schön, dass du das sagst. Ich glaube, ich versuche, einen Mittelweg hinzukriegen. Also, wenn mich die Kritik überzeugt und mehrmals geäußert wird, dann schraube ich da schon ein wenig dran rum – (Gedankenstrich ;)) trotzdem freue ich mich, wenn es für einige, wie dich, auch so funktioniert, wie es ursprünglich da stand/steht.

Es fühlte sich erwachsen an
Das fand ich irgendwie nicht ganz passend, denn nicht das Zeitungsaustragen fühlt sich erwachsen, sondern Svenja, und das drückst du durch das Wort an zwar schon irgendwie aus, aber ich fände es besser, wenn es ein bisschen abgeändert würde, und sie sich stattdessen erwachsen fühlen würde. Verstehst du, was ich meine?
Ja, ich verstehe, was du meinst, mein Gefühl meint aber, ich soll das so lassen …

aber alleine ist umgangssprachlich, es heißt eigentlich allein.
Danke, habe das e gekillt.

Zum Thema „der Balg“:

Ich würde hier das als Artikel benutzen. Der geht zwar auch, aber ich finde, dass passt dann eher zum Blasebalg oder so. Wenn man das Wort als abfällige Bemerkung verpackt, dann kenne ich es nur mit das, aber das ist vielleicht eher Geschmacks- oder Gewohnheitssache.
Vielleicht hast du recht, dass das besser ist, aber ich bin dann, wenn es mit „der“ auch erlaubt ist, wohl doch ein altes Gewohnheitstier und lasse das so. Trotzdem Danke! Und ich staune sowieso immer wieder, wie fit du hier mit den ganzen Rechtschreib- und Grammatikregeln bist – Hut ab und thumbs up! :thumbsup:

Die drei Auslassungspunkte haben eigentlich gerne ihre Ruhe und wollen deswegen immer mit einem Leerzeichen vom vorstehenden und darauffolgenden Wort abgetrennt werden, es sei denn, das Wort wird direkt abgebrochen ... aber das weißt du doch sicher schon.
Da war ich krank … Doch, eigentlich schon, danke fürs Finden! ;)

Die Gedankenstriche. Unverbesserlich, wie ich bin, konnte ich es nicht lassen, beim fünften Lesen eine Strichliste zu führen. Ganze 55 Gedankenstriche habe ich gezählt, und das sind beim besten Willen zu viele für meinen Geschmack. (Kann sein, dass ich aus versehen ein oder zwei doppelt gezählt habe ) Aber wenn dein Herz dran hängt ...
Sehr schön! Einen habe ich vorhin gerade entfernt, sind nur noch 54! Du bist ja süß – zählst die! Und ja – ich mag sie, sehe aber auch ein, dass Zuviel vielleicht Zuviel ist und mache da noch weiter mit der Säuberungsaktion, das kommt dann noch etwas später dran. Aber soll ich dir mal was sagen: mein Schreibprogramm spinnt und macht normalerweise immer nur die kurzen Bindestriche - , und wenn ich so einen haben möchte – , muss ich den mit Copy and Paste immer an die jeweilige Stelle kopieren. 55 mal – da hängt nicht nur das Herz, sondern Herzblut dran!

Also, das wars dann auch schon wieder von, mir, weil ich es einfach nicht hinkriege, allzulange Texte zum Inhalt zu schreiben, auch wenn er mir super gefallen hat.
Liebe Annami, ganz vielen Dank für deinen hilfreichen Kommentar, und wenn der Inhalt für dich in Ordnung ist, musst du da ja auch gar nix drüber schreiben.

Viele Grüße von Raindog

 

Hallo liebe Raindog,

Möööönsch, bist du produktiv ...! Hab deine neue Geschichte im Großen und Ganzen gerne gelesen, aber die losen Enden sind mir auch aufgefallen. Ich hab die ganze Zeit auf einen Höhepunkt gewartet, aber der kam irgendwie nicht. Grundsätzlich fand ich die Charaktere sehr anschaulich beschrieben und die Idee mit den "Kindern" der Bahnhofsmarianne originell. Nur muss ich mich meinen Vorrednern - oder einigen von ihnen - in der Hinsicht anschließen, dass mir das ebenfalls alles zu sehr zerfasert. Es passiert zu viel, aber nichts richtig. Auch ich finde den Flaschensiggi überflüssig und die Liebesgeschichte etwas oberflächlich angerissen. Ein bisschen wie eine Dokumentation über die Bewohner eines Viertels, aber nicht wirklich eine Geschichte.
Trotzdem hab ich's gerne gelesen, weil ich die Beschreibung der Charaktere gelungen fand und einen Faible für Sozialstudien habe. Deine vorigen Geschichten haben mir allerdings auch besser gefallen, sorry.

Liebe Grüße von Chai

 

Liebe Chai,

Möööönsch, bist du produktiv
Ja, jetzt isses dann aber auch gut, glaube ich. Ich muss dann erstmal wieder an die Luft!
Aber ich wollte gerne noch eine fünfte Geschichte ins Forum stellen, damit ich theoretisch befähigt bin, am Copywrite-Spiel teilzunehmen, wenn es ganz plötzlich stattfinden würde und ich dann Lust dazu hätte. :)

Hab deine neue Geschichte im Großen und Ganzen gerne gelesen, aber die losen Enden sind mir auch aufgefallen.
Im Großen und Ganzen - damit kann ich sehr gut leben!
Die losen Enden - ja: ein wenig habe ich sie ja inzwischen zusammengeführt, das Ende noch erweitert, da bin ich größtenteils den Tipps von Novak und bernadette nachgegangen. Und ich habe auch immer noch ein paar Stellen, an denen ich etwas tun möchte, mal schauen wann und wie. Aber.

Es passiert zu viel, aber nichts richtig.
Solche Geschichten kann ich am besten. ;)

Ein bisschen wie eine Dokumentation über die Bewohner eines Viertels, aber nicht wirklich eine Geschichte.
Echt nicht? Hmm …

Trotzdem hab ich's gerne gelesen
:)

weil ich die Beschreibung der Charaktere gelungen fand
Danke!

Deine vorigen Geschichten haben mir allerdings auch besser gefallen, sorry.
Warum sorry? Das ist mehr als legitim!

Liebe Chai, ich habe mich gefreut über deinen Besuch und danke dir für den Kommentar.
Schönes Wochenende!

Liebe Grüße von Raindog

 

Gurnebieläddschenns

:D (Luvit ...)

Hallo Raindog,

meine absolute Lieblingsgeschichte von dir ist „Heini“. Diese hier gefällt mir, besonders nach dem zweiten, langsam-genüsslichen Lesen, aber auch. Dieses Außenseiterthema ist großartig. Na ja, und Geschichten übers Erwachsenwerden liegen dir auf den Fall ... Souverän zeigst du Innenwelten, verwendest dazu unverbrauchte sprachliche Bilder und das gelingt dir richtig richtig gut. Du hast halt diesmal einen gewaltigenThemen-Overkill produziert, dadurch wirkt der Text unfokussiert.

war ich wirklich kurz vorm Sterben, aus Schreck, als ruckartig die Tür aufgerissen wurde

Ich hätt jetzt gedacht „vor Schreck“ anstelle von „aus Schreck“, aber vielleicht sagt man das auch regional unterschiedlich, keine Ahnung.

Tim war natürlich immer cool gestylt, aber ich glaube, ich hätte ihn auch toll gefunden, wenn er in einen Sari gewickelt Polka getanzt hätte.

Das ist wahre Liebe. :lol:

Man tanzte nicht nackt durch die Straßen, man ritt nicht auf einem Schwein durch den Ort, und man ging auch nicht ins Haus der Bahnhofsmarianne.

Den Anfang fand ich ein wönziges bisschen zäh, aber ab hier nimmt der Text Fahrt auf, hier geht es los!

und der Mond stand über dem Ende der Straße wie ein chinesischer Gong.

Ja, das tut er bisweilen. Schönes Bild!

Ich lehnte in einiger Entfernung an der Mauer und lauschte dem Rascheln der trockenen Blätter über mir, und dem lautlosen Aufprall, wenn sie zu Boden fielen.

Das Wort Aufprall würde ich überdenken, das erscheint mir hier deplaziert. Trockene Blätter tun sowas nicht.

die Bahnhofsmarianne lag da vorne in diesem Sarg und war so tot wie der Dreck unter meinen neuen Nikes

Mit diesen (scheinbar) unsentimentalen Worten triffst du mich mitten ins Herz.

„Ich will auch ein Eis!“, rief ein kleines Mädchen, das an unserem Tisch vorbeigezogen wurde. „Heute nicht, Scarlett“, sagte Romeo, der es an der Hand hielt. Er sah mir kurz in die Augen, nickte, und ich nickte zurück, als wären wir ganz normale Menschen.

Den Schlusssatz muss ich sacken lassen bzw. der verwirrt mich aktuell noch. Wie hab ich den zu verstehen??? (Den Romeo stelle ich mir übrigens wie so einen Zigeunerjungen vor und die ganze Zeit über wünsche ich mir, dass die Erzählerin was mit ihm anfängt. Ich weiß nicht, wie du das angestellt hast, aber so isses ...)

Liebe Grüße und ein wunderschönes Wochenende!
Anne

 

Liebe Anne49,

das freut mich aber, dass du wieder bei mir vorbeischaust!

meine absolute Lieblingsgeschichte von dir ist „Heini“.
Hihi! Das macht mich gerade sehr glücklich, dass es jemanden gibt (in diesem Falle dich), der eine LIEBLINGSgeschichte von mir hat! Weil es ja vor ca. einem halben Jahr noch keine einzige gab … Ach ja! *zufriedenseufz* :)

Diese hier gefällt mir, besonders nach dem zweiten, langsam-genüsslichen Lesen, aber auch.
Und darüber freue ich mich auch sehr! Danke.

Du hast halt diesmal einen gewaltigenThemen-Overkill produziert, dadurch wirkt der Text unfokussiert.
Ich weiß.
Aber ich habe noch keine richtige Lösung gefunden, es anders zu machen.
Beim Flaschensiggi habe ich heute immerhin noch weiter gestrichen.

war ich wirklich kurz vorm Sterben, aus Schreck, als ruckartig die Tür aufgerissen wurde
Ich hätt jetzt gedacht „vor Schreck“ anstelle von „aus Schreck“, aber vielleicht sagt man das auch regional unterschiedlich, keine Ahnung.
Normalerweise würde ich auch eher „vor Schreck“ sagen, hatte das nur anders geschrieben, weil schon „vorm Sterben“ da stand. Aber es klang wirklich insgesamt alles nicht schön und ich habe das wie folgt geändert: „bekam ich fast einen Herzstillstand vor Schreck, als ruckartig die Tür aufgerissen wurde“ . Besser, stimmt’s?

Den Anfang fand ich ein wönziges bisschen zäh
Hm. Ich weiß nicht so richtig, was ich noch weglassen kann. Wie gesagt, der Siggi ist jetzt noch kürzer. Aber ich schaue nochmal, was ich zwecks Entzähung noch ändern kann.

und der Mond stand über dem Ende der Straße wie ein chinesischer Gong.
Ja, das tut er bisweilen. Schönes Bild!
Danke, ich mag das auch sehr. Habe ich von mir selbst geklaut – aus einer Geschichte, die ewig nicht fertig wird. Oder eher nie. Und ich dachte mir, ehe dieser wunderbare Vergleich dort verrottet, soll er doch lieber hier zum Leuchten kommen! :)


Ich lehnte in einiger Entfernung an der Mauer und lauschte dem Rascheln der trockenen Blätter über mir, und dem lautlosen Aufprall, wenn sie zu Boden fielen.
Das Wort Aufprall würde ich überdenken, das erscheint mir hier deplaziert. Trockene Blätter tun sowas nicht.
Ich weiß, ich weiß … Du bist nun die dritte, die das bemängelt, und nun habe ich es geändert. Ich fand es ein schönes Oxymoron, aber offensichtlich funktioniert es nicht, wie gewünscht. Ich habe jetzt: „und lauschte dem Rascheln der trockenen Blätter über mir, hörte zu, wie sie lautlos zu Boden fielen.“ Ich weiß, lautlos kann man auch nicht hören – aber Svenja denkt das so.

die Bahnhofsmarianne lag da vorne in diesem Sarg und war so tot wie der Dreck unter meinen neuen Nikes
Mit diesen (scheinbar) unsentimentalen Worten triffst du mich mitten ins Herz.
Das freut mich am meisten an deinem Kommentar, dass du es so liest. Genau so soll es sein: scheinbar unsentimental.

Er sah mir kurz in die Augen, nickte, und ich nickte zurück, als wären wir ganz normale Menschen.
Den Schlusssatz muss ich sacken lassen bzw. der verwirrt mich aktuell noch. Wie hab ich den zu verstehen??? (Den Romeo stelle ich mir übrigens wie so einen Zigeunerjungen vor und die ganze Zeit über wünsche ich mir, dass die Erzählerin was mit ihm anfängt. Ich weiß nicht, wie du das angestellt hast, aber so isses ...)
Hat sich die Verwirrung gelegt? Ich glaube, den Romeo stellst du dir genau richtig vor. Und auf jeden Fall begegnen sie sich am Schluss das erste Mal, ohne sich blöd anzumotzen, oder dass Svenja abwertend über seine Heck-Mann-Abstammung redet.
Wenn ich ehrlich bin: anfangs habe ich den Romeo nicht weiter ernstgenommen, aber Novak hat mich auf die Idee gebracht, ihn eine Option für Svenja werden zu lassen. Am Ende. Vielleicht. Wer weiß …

Dir auch ein wunderschönes Wochenende und lieben Dank für deinen Kommentar!

Viele Grüße von Raindog

 

Huhu Raindog,

und nun habe ich es geändert. Ich fand es ein schönes Oxymoron, aber offensichtlich funktioniert es nicht, wie gewünscht. Ich habe jetzt: „und lauschte dem Rascheln der trockenen Blätter über mir, hörte zu, wie sie lautlos zu Boden fielen.“ Ich weiß, lautlos kann man auch nicht hören – aber Svenja denkt das so.

So so, hübsches Totschlagargument, dass Svenja das so denkt ... :D
Kauf ich nicht.
Kannst du nicht das zuhören in zusehen verwandeln, dann ergäbe es einen Sinn: „... sah zu, wie sie lautlos zu Boden fielen.“ ??

Liebe Grüße!
Anne

 

Liebe Anne49,

Kannst du nicht das zuhören in zusehen verwandeln, dann ergäbe es einen Sinn: „... sah zu, wie sie lautlos zu Boden fielen.“ ??
na guuuut. :rolleyes:

Liebe Grüße, Raindog


"Bahnhofsmarianne" fühlt sich an wie ein Kleinstadtpanorama. Du konzentrierst dich nicht auf eine Begebenheit, sondern zeigst mehr das Leben in Winnstadt (heißt das so?) zu einer bestimmten Zeit.

Hallo Manlio,

schön, dass du Zeit für meine Geschichte und das Leben in Winnstädt gefunden hast
(Winnstädt – so habe ich das einfach mal erfunden ;) ). Ja, der Begriff Panorama trifft es wahrscheinlich ganz gut.

Ein bisschen die Frage gestellt habe ich mir bei dem Text, wie Svenja so detailliert erinnern kann. Für mich klingt es, als seien die Geschehnisse schon längere Zeit her, als sei die Erzählerin jetzt eine junge Erwachsene, deren Kindheit eine Weile zurückliegt. Ich persönlich weiß noch nicht einmal mehr genau, was letzte Woche passiert ist.
Also, in meiner Vorstellung sind die Geschehnisse noch gar nicht so lange her. Macht das so den Eindruck? Genau genommen handelt es im vergangenen Sommer. Ich mache das an dem Song „Legendary“ von Welshly Arms fest, der zu dieser Zeit in den Hitparaden lief – wobei ich natürlich überhaupt nicht davon ausgehe, dass der Leser das wissen sollte oder muss. Nur – wenn er es weiß, dann ist es logischerweise klar. Svenja erzählt also relativ zeitnah, sie erzählt zwar Geschehnisse aus der Vergangenheit, aber aus ihrer damaligen Sicht, mit ihren damals gegenwärtigen Eindrücken. Na Hilfe - das klingt jetzt sehr durcheinander, oder? Viel zu kompliziert … Wahrscheinlich gibt es einen ganz normalen feststehenden Begriff dafür, nur ich kenne den wieder nicht – dafür weiß ich aber noch ungefähr, was letzte Woche war ;) . Ist das denn wirklich so ungewöhnlich, dass man sich (vor allem in Geschichten) genau an bestimmte Details erinnern kann? Dann könnte man z.B. Personenbeschreibungen nur in Texten anwenden, die im Präsens geschrieben sind. Ich weiß – du hast gesagt: „Damit will ich die Geschichte nicht in Frage stellen, das nur als Randnotiz“ – aber du hast mich trotzdem ein wenig ins Grübeln gebracht … :confused:

und in dessen Nähe sich meine Nase bewegte, Witterung aufnahm, als wäre ich irgendein Tier.
Was genau ist deine Zielgruppe? Jugendliche? Erwachsene? Manche Textstellen klingen zu "erwachsen" für ein Jugendbuch.
Diese Stelle, findest du? Ich kann mir eigentlich schon vorstellen, dass ein Jugendlicher – ab einem gewissen Alter – damit etwas anfangen kann. Aber du hast natürlich Recht - ich habe mich da innerlich noch gar nicht wirklich auf eine Zielgruppe festgelegt, und es sollte schon passen. Also sage ich zunächst: Erwachsene (das sind ja die meisten Wortkrieger – aber annami, die ja tatsächlich jugendlich ist, hatte damit offensichtlich keine Probleme).

... Gruftgeruch ins Freie waberte …
Das klingt sehr negativ, wird durch die späteren Erlebnisse nicht bestätigt.
In dem Moment, wo sie das sagt, ist es auch negativ gemeint. Ich stelle mir vor, es strömt tatsächlich ein ziemlich muffiger Geruch aus dem Haus, und zusammen mit ihren ablehnenden, mit Grusel behafteten Gefühlen, nennt Svenja das Gruftgeruch. Später, als sie wirklich in dem Haus ist, riecht es nach „Schlafzimmer, Keller und Gemüseeintopf“, und zumindest Keller kann man ja schon in Verbindung mit Gruft bringen. Ich habe aber inzwischen noch eine weitere Beschreibung eingefügt, bzw. eine andere erweitert: „Das Licht war anders – weniger irgendwie, gefiltert durch die engen Maschen der vergilbten Gardinen, die mich an das Hochzeitskleid einer lebendig begrabenen Braut erinnerten und deren Anblick mir die Luft abschnürte.“ Das bringt Svenjas Gefühl und ihre gruselige Wahrnehmung der Wohnung vllt. noch etwas stärker zum Ausdruck.

Du klärst nicht auf, woher die Bahnhofsmarianne Svenja und ihre familiären Verhältnisse kennt. Das ist nicht wertend gemeint, fiel mir nur ins Auge.
Stimmt. Das habe ich absichtlich gar nicht weiter verfolgt. Dass sie Svenjas Namen kennt erkläre ich mir damit, dass sie oft auf dem Spielplatz rumsitzt und somit wahrscheinlich die meisten Kinder des Ortes aufwachsen sieht und auch weiß, wie sie heißen. Ob sie tatsächlich etwas über Svenjas Vater weiß … Vielleicht hat sie Svenjas Mutter früher oft mit jemand Bestimmten zusammen gesehen, vielleicht weiß sie etwas, vielleicht erzählt sie auch nur Unsinn …

Ich stieg auf mein Rad und fuhr zwei Runden um den See.
Das kommt sehr plötzlich. Vielleicht könntest du hier noch etwas in der Szene bleiben, statt so rasch auszublenden.
Hier war mein Gedanke, dass Svenja total verwirrt ist und ihr buchstäblich nichts mehr einfällt. Dann fährt sie erstmal um den See. Das wollte ich damit zeigen. Aber ich denke über deinen Vorschlag nach, ob es besser ist, da noch länger dranzubleiben.

und wirklich: dieser unselige Hurensohn, der geklaute Balg vom Heck-Mann, drehte langsam den Kopf zur Seite, hob süffisant die Augenbrauen und grinste mir rotzfrech ins Gesicht.
Das hat mich überrascht. Als sie Romeo vorher erwähnte, klang das weit freundlicher. Hat sich hier in der Zwischenzeit etwas verändert?
Vorher redet sie noch freundlicher über ihn, das stimmt, obwohl sie ihn natürlich trotzdem seltsam findet, weil er der Sohn vom Heck-Mann ist. Jetzt aber hat es sich insofern verändert, dass sie von der ganzen Situation überfordert ist und genervt, und niemand soll sie in Verbindung mit der Bahnhofsmarianne bringen, und nun sieht ausgerechnet der Romeo sie dort aus dem Haus kommen. Svenja ist deshalb einfach stinksauer, und Romeo bekommt ihre gedanklichen Beschimpfungen ab.

der Mond stand über dem Ende der Straße wie ein chinesischer Gong.
Schönes Bild!
Danke! :) Ich habe das schon an Anne49 geschrieben: von mir selbst geklaut, aus einer Geschichte, die ewig nicht fertig wird …

Ich fand es anfangs nicht leicht, in den Text zu finden, aber mit der Zeit gefiel er mir immer besser, kam ich an bei der Marianne in ihrem seltsamen Haus
Das freut mich – gut, dass du drangeblieben bist. Dein Kommentar hat mir wirklich geholfen, einiges aus Blickwinkeln zu betrachten, die ich vorher gar nicht so auf dem Schirm hatte. Und am Anfang habe ich inzwischen noch etwas herumgewerkelt und werde schauen, ob noch mehr (also in dem Fall: weniger) geht ...

Danke für deine Zeit, Manlio! Viele Grüße von Raindog

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Raindog und vor allem Manlio.

Mist. Ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen, spätestens als hundertsten Beitrag auch endlich mal eine Geschichte rauszuhauen. Hat nicht geklappt. Aber die Diskussion, ob solche Stellen auch in Jugendgeschichten gehören, bringt mich unweigerlich dazu, auch nochmal meinen Senf dazuzugeben.

Also. Ich finde: definitiv. Ich als Jugendliche lese genauso gerne gute Formulierungen und Vergleiche, wie ihr als Erwachsene. Nur, weil ich noch nicht volljährig bin, muss sich mein Literaturgeschmack ja nicht nur auf Bild-Zeitschriften, sinnloses Geplänkel, genauso sinnloses Aktiongeballer ohne sonstige Handlung oder auf Gutenachtgeschichten für Kleinkinder beschränken. Meine Anschprüche sind da aber eventuell etwas höher, als die der anderen Leute in meiner Klasse. Also ich lese sehr viel, und da lese ich gerne gutes und auch anspruchsvolles Zeugs. Und solche Sätze, wie der, der zur Debatte stand, empfinde ich nicht als "zu erwachsen", sondern als passend. Ich kann damit absolut etwas anfangen.

Bitte entschuldige diesen absoluten off-topic Beitrag, liebe Raindog. Ich wollte mich einfach gerne dazu äußern.

Grüße, Anna

 

Liebe Raindog,

ich habe auch eine Lieblingsgeschichte! Póg mo thóin. :D

Ich liebe deine Art zu schreiben, aber diese Geschichte war ehrlich gesagt eine ganz schöne Quälerei für mich. Ein paar Mal wollte ich abbrechen und nur weil du es bist, habe ich mir dann in den Hintern getreten und bis zum Ende durchgehalten.
Und es liegt bestimmt nicht daran, wie diese Geschichte geschrieben ist, da sind einige schöne Formulierungen drin, aber was da steht ... puuh. Den Inhalt finde ich ehrlich gesagt langweilig.
Ich frage mich worum es dir bei dieser Geschichte ging. Was wolltest du erzählen? Das Leben einer Jugendlichen auf dem Dorf? Oder dass auch schrullige Leute nur Menschen sind? Ich sehs nicht so richtig.
Wenn klar wäre, was du erzählen willst, würde vielleicht auch deutlicher, warum du das alles erzählst – warum wir nicht nur etwas über Marianne erfahren, sondern auch über den Heckmann und seine Schlampe.

Ich mag die Bahnhofsmarianne nicht und habe auch kein Interesse an ihr. Mhh, waroan liegt das?

Niemand nahm sie ernst, aber ihr Blick war extrem irritierend – sanft und trotzdem auch bohrend, als könnte sie ganz tief in einen hineinschauen, irgendwohin, wo man selbst nicht wusste, was sich dort befand.
Das finde ich echt abgedroschen. Das ist so dieses: Ich hatte das Gefühl, sie sah direkt in mich hinein, bis ans Ende meiner Seele, oder so. Passt für mich irgendwie nicht zu dieser Frau, die ja ansonsten auch nur aus der Ferne beobachtet wird und über die man einfach lästert und sich nicht tiefgründige Gedanken macht.

Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut?,
Dieses Geht’s gut kann ich mir nicht vorstellen.

Ach, die Svenja!
Diesen zweiten Einschub verstehe ich nicht. Und den danach auch nicht:
Komm rein, Svenja!
Was baumeln die da so rum?

„Geht gut“, sagte ich, aber mein Herz schlug jetzt doppelt so schnell wie normal, versuchte, davonzugaloppieren, Heilige Scheiße – What the Fuck – verdammte Bahnhofsmarianne!, und ich sprang auf mein Rad und machte, dass ich fortkam.
Find ich gut die Stelle. Da wäre wohl jeder erschrocken, wenn jemand plötzlich die Tür aufmacht. Und was sie dann denkt, ist doch sehr passend. Da wird man echt wütend, wenn man so erschrickt – auf den anderen und auf sich selbst.
Vielleicht sogar anstatt „verdammte Bahnhofsmarianne“ „verdammte Irre“.

Ich hatte den alten Bahnhof ans Ende meiner Tour gelegt, weil danach keine Häuser mehr kamen, nur noch der Feldweg zum See, und auch beim zweiten Mal passierte es fast wieder, dass ich so schlimm erschrak. Ich war bereits im Feierabendmodus und summte den Song mit, den ich gerade hörte und überlegte, ob ich anschließend noch ein bisschen durch die Gegend fahren würde, einfach so, und ja: wegen Tim, und dass es sicher bald warm genug wäre, um im See … „Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut?“
Puh …
Kann weg oder? Da passiert ja nichts neues.

Sie hatten die Stühle vor das Eiscafé gestellt, obwohl es noch viel zu kalt war, um draußen zu sitzen, aber trotzdem freute ich mich, das zu sehen, und auch der kühle Fahrtwind schmeckte schon ein bisschen nach Frühling.
Ohjaa, da freue ich mich auch immer drüber! :)

Nur Romeo, der Älteste, war völlig aus der Art geschlagen: viel zu hübsch für den Rest der Familie, mit intelligentem Gesicht und einem zornigen Blick in seinen dunklen Augen.
Der Romeo ist für mich die ganze Zeit so 7 oder 8. Erst später merke ich, dass er in Svenjas Alter ist. Vielleicht kann man das schon früher deutlicher machen?

„Ach – die Svenja!“
Sie kannte meinen Namen …
Komisch, dass das jetzt erst kommt. „Ach, die Svenja“ hattest du ja schon vorher. Zu mindest als Einschub.

„Kannst du mir helfen, Svenja? Helfen?“, fragte sie und blinzelte mich mit ihren Robbenzwinkeraugen an. „Komm rein, ja?“
Ich habe zu dem Verhalten dieser Frau überhaupt kein Bild vor Augen. Ist sie jetzt tatsächlich verrückt? Oder nur etwas verschroben?

Ich glaubte, es irgendwo rascheln zu hören und ich dachte, Ratten können wenigstens fliehen.
Hehe. :D

Hmm dann knustcht Svenja mit Tim rum, am Ende knutscht er mit ner anderen rum, naja ist auch nicht schlimm ... hää? Tut mir leid, aber warum erzählst du mir das? Ok, man könnte sagen, du erzählst gerne weil du das einfach so schön kannst. Würde ich fast durchgehen lassen. ;) Aber ich verstehe es nicht. Ist Tim irgendwie wichtig? Würde die Geschichte eine andere werden, wenn es ihn nicht gäbe?

Ach, die Svenja! sagte niemand, die Tür ging nicht auf, obwohl ich jetzt richtig laut am Briefkasten herumrüttelte, um die Zeitung darin zu versenken, und ich wünschte, ich wäre mir wirklich sicher, es nicht schon vorher bemerkt zu haben.
Und jetzt vermisst sie die Marianne auf einmal? Weil sie die gleiche Musik mögen? Irgendwie ist das für mich nicht so schlüssig, jeder andere Teenie wär doch froh, wenn die Alte nicht mehr nervt.

Er sah mir kurz in die Augen, nickte, und ich nickte zurück, als wären wir ganz normale Menschen.
Also das Ergebnis soll sein, dass Svenja erkann hat, dass auch sie nicht ganz normal ist ... ? Mhh, ich bin verwirrt.

Ich vermisse den roten Faden dieser Geschichte. Ich fühl mich als Leser als würde mir ein kaputtes Navi den Weg erklären. Es geht um eine verrückte Alte, nein, es geht um eine Teenagerliebe, ach, nee doch nicht, es geht um komische Leute allgemein, ach, nein, es geht um Probleme als Teenager. Das ist echt anstrengend und unbefriedigend.

Ich freu mich aber jetzt schon auf deine nächste Geschichte und bin davon überzeugt, dass diese eher meinen Geschmeck treffen wird. Denn darum geht es ja auch immer, um den Geschmack. :)

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Liebe annami,

gratuliere zum Hundertsten! Und danke dir, dass du ihn für diese Rückmeldung genutzt hast, das freut mich. :) Wenn ich deine Beiträge so lese, glaube ich auch, dass du lesetechnisch nicht die Durchschnittjugendliche bist, sondern dich schon eher mit anspruchsvolleren Sachen beschäftigst (wobei ich jetzt nicht meinen Text meine).
Diese Aussage nehme ich jetzt aber einfach von dir als Teenager gerne an:

Und solche Sätze, wie der, der zur Debatte stand, empfinde ich nicht als "zu erwachsen
Also, der Hundertundeinste Beitrag für die Erstgeschichte ist auch nicht, schlecht, oder? Bin schon sooooo neugierig! ;)

Liebe Grüße von Raindog

Liebes Nichtgeburtstagskind,

ich habe auch eine Lieblingsgeschichte! Póg mo thóin
Das freut mich – ich mag die ja auch …
… eine ganz schöne Quälerei für mich. Ein paar Mal wollte ich abbrechen und nur weil du es bist, habe ich mir dann in den Hintern getreten
Danke fürs Quälen … Oh je! Was habe ich nur getan …?
Ich frage mich worum es dir bei dieser Geschichte ging. Was wolltest du erzählen? Das Leben einer Jugendlichen auf dem Dorf? Oder dass auch schrullige Leute nur Menschen sind? Ich sehs nicht so richtig.
Was ich sehe, ist: Die Geschichte funktioniert für einige, dich eingeschlossen, komplett und absolut überhaupt nicht. Dann gibt es einige, die brechen zwar nicht in Jubel darüber aus, finden aber doch in die Geschichte rein und das Ganze auch irgendwie gut. Das ist ja normal - aber was ich jetzt gar nicht möchte: Erklären, was ich mit der Geschichte will. Das bringt es nicht, und das mache ich auch nicht - natürlich an einigen konkreten Stellen schon. Dann muss ich damit leben, dass du eben leider keinen Zugang dazu finden wirst und dich umsonst gequält hast, das tut mir leid, aber ich hoffe dann darauf:
Ich freu mich aber jetzt schon auf deine nächste Geschichte und bin davon überzeugt, dass diese eher meinen Geschmeck treffen wird

Niemand nahm sie ernst, aber ihr Blick war extrem irritierend – sanft und trotzdem auch bohrend, als könnte sie ganz tief in einen hineinschauen, irgendwohin, wo man selbst nicht wusste, was sich dort befand.
Das finde ich echt abgedroschen. Das ist so dieses: Ich hatte das Gefühl, sie sah direkt in mich hinein, bis ans Ende meiner Seele, oder so. Passt für mich irgendwie nicht zu dieser Frau
Abgedroschen mag ich nicht … Lass mich darüber nachdenken, muss erstmal sacken. Ich habe das nachträglich eingeschoben, um deutlicher zu machen, was Svenja für ambivalente Gefühle gegenüber der Frau hat: einerseits lästert sie wie alle, andererseits gruselt sie es auch, und sie ist unsicher, eben, weil die Bahnhofsmarianne sich seltsam verhält, und by the way, später fragst du:
Ich habe zu dem Verhalten dieser Frau überhaupt kein Bild vor Augen. Ist sie jetzt tatsächlich verrückt? Oder nur etwas verschroben?
Auf jeden Fall nicht der hellste Stern am Himmel. Na, ich würde sagen, es geht schon in Richtung „verrückt“. Ich dachte, das käme deutlicher raus – tut es aber offensichtlich nicht …
Hallo! Geht’s gut? Geht’s gut?,
Dieses Geht’s gut kann ich mir nicht vorstellen.
Kannst du dir es jetzt besser vorstellen, mit der obigen Aussage?

Ach, die Svenja!
Diesen zweiten Einschub verstehe ich nicht. Und den danach auch nicht
Das ist gestalterische Spielerei. Da hat sich bisher noch niemand beschwert, aber vielleicht überlege ich nochmal.

„Geht gut“, sagte ich, aber mein Herz schlug jetzt doppelt so schnell wie normal, versuchte, davonzugaloppieren, Heilige Scheiße – What the Fuck – verdammte Bahnhofsmarianne!, und ich sprang auf mein Rad und machte, dass ich fortkam.
Find ich gut die Stelle. [Juchhuuu! Raindog] Da wäre wohl jeder erschrocken, wenn jemand plötzlich die Tür aufmacht. Und was sie dann denkt, ist doch sehr passend. Da wird man echt wütend, wenn man so erschrickt – auf den anderen und auf sich selbst.
Vielleicht sogar anstatt „verdammte Bahnhofsmarianne“ „verdammte Irre“.
Verdammte Irre mache ich, danke.

Ich hatte den alten Bahnhof ans Ende meiner Tour gelegt, weil danach keine Häuser mehr kamen, nur noch der Feldweg zum See, und auch beim zweiten Mal passierte es fast wieder, dass ich so schlimm erschrak …
Kann weg oder? Da passiert ja nichts neues.
Vielleicht kann ich es zusammenlegen, muss mal schauen.

Der Romeo ist für mich die ganze Zeit so 7 oder 8. Erst später merke ich, dass er in Svenjas Alter ist. Vielleicht kann man das schon früher deutlicher machen?
Oh! Das ist ja wie mit deinem Hexenweib! Da muss ich was tun, danke.

Hmm dann knutscht Svenja mit Tim rum, am Ende knutscht er mit ner anderen rum, naja ist auch nicht schlimm ... hää? Tut mir leid, aber warum erzählst du mir das? Ok, man könnte sagen, du erzählst gerne weil du das einfach so schön kannst.
Zum letzten Satz: Danke, die Aussage freut mich! :shy: Aber natürlich war das nicht mein Gedanke: ich erzähle jetzt einfach mal was... Jetzt sind wir leider an dem Punkt, wo es ins Erklären überginge … Nimm es mir bitte nicht übel: ich möchte nicht, dass du denkst, oh, die hat nur keine Lust oder weiß es selbst nicht – ich möchte einfach nicht erklären müssen.

Ich vermisse den roten Faden dieser Geschichte. Ich fühl mich als Leser als würde mir ein kaputtes Navi den Weg erklären. Es geht um eine verrückte Alte, nein, es geht um eine Teenagerliebe, ach, nee doch nicht, es geht um komische Leute allgemein, ach, nein, es geht um Probleme als Teenager. Das ist echt anstrengend und unbefriedigend.
Ich fühle mich ziemlich schlecht, liebes NGK, dass ich dir (und einigen anderen) so eine Quälerei beschert habe, und ich würde wirklich gerne wissen, wie ich den Text empfinden würde, wenn ich ihn nicht selbst geschrieben hätte. Ob er meinen Geschmack treffen würde?
Denn darum geht es ja auch immer, um den Geschmack.

Ich danke dir für dein Feedback! Liebe Grüße von Raindog

 

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