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Bad Blood
Bad Blood
Eine Trash-Crime-Story mit alternativem Ende
Die vier Männer saßen in ihrem alten Ford und rasten über den noch in der Stadt gelegenen Teil des Freeways, Richtung Highway. Raoul war der Fahrer, zumindest hatte sich der gebürtige Puertoricaner hinter das Lenkrad gedrängt und gab nun Weg und Geschwindigkeit an. Dass das von vornherein außer Frage stand, war ihm klarer als jedem anderen. Neben ihm saß Francesco, Italo-Amerikaner und DeNiro-Fan seit Taxi Driver. Über ihn lief der Kontakt zu den Mexikanern. Auf der Rückbank saßen die Brüder Big Bill und Little Larry. Der kleine Schlanke litt an irgendwelchen nervösen Zuckungen, was es genau war wusste keiner. Er hatte die Pläne organisiert und ausgearbeitet. Der grosse Dicke war der Spezialist, auf ihn waren sie angewiesen. Mehr gab's auch schon nicht mehr zu sagen.
"Fuck!!!", Raoul schrie auf und im nächsten Moment legten die Reifen mindestens fünf Prozent ihrer ursprünglichen Gummierung auf den heißen Asphalt. Ein schrilles "Heyyy!!" und ein gepresstes "Arschloch!!" flogen durch den Wagen und zerplatzten an der Windschutzscheibe. Der Wagen schleuderte in einem engen Halbkreis - Little Larry wurde von der Masse seines Sitznachbarn gegen die Seitenscheibe gedrückt - und blieb dann aprupt stehen.
"Ey, Maan, bist du Arschloch?!", fauchte Francesco, "was soll denn die bekackte Scheiße, Maan?!"
Big Bill wankte wieder in seine Ausgangsposition zurück, was bei Little Larry einen eigenartigen Reflex hervorrief. Als hätte ihm sein Bruder zuvor alle Luft aus dem Körper gepresst, schoss sie jetzt wieder in seine ranken Glieder zurück und ließ ihn unkontrolliert auf Raoul einschlagen.
"Hey, hey, nimm deine beschissenen Flossen von mir, du Freak!", krächzte er nach hinten, während er händeringend die Schläge abzuwehren versuchte, was wiederum Bill dazu veranlasste, Raoul einen dumpfen Schlag auf die Schulter zu versetzen, begleitet von einem tiefen Brummen.
"Was ist denn los mit dir, Arschloch?!", setzte Francesco nach.
"Fuck, habt ihr das nicht gesehen? Wir sind geblitzt worden, verdammte Scheiße!", erwiderte Raoul.
Little Larry schlug wieder gegen den Vordersitz. Francesco klappte sein Maul auf, sah Raoul an, sah auf die Straße, sah wieder Raoul an.
"Ey, sage mal, willst du mich verarschen, Arschloch? Du fährst in die Hände von die scheiß Bullen, weil du geblitzt worden bist?"
"Fuck die scheiß Bullen! Siehst du irgendwo Bullen? Wir haben eine verfickte halbe Stunde Vorsprung, wenn nicht mehr!"
Er rammte das Gaspedal gegen die Fußmatte und hinterließ graue Rauchwolken über dem flimmernden Freeway. Während ihnen wild gestikulierende, schimpfende und hupende Fahrer den Weg freimachten, schnellte er gut zweihundert Meter gegen die Fahrtrichtung zurück, vorbei an der Radarfalle und riss dann das Lenkrad wieder hart herum.
"Stell deinen Fuß da rüber!", bellte er Francesco an.
"Ey, was wird das für eine Scheiße, Maan?!"
"Stell deinen verfickten Fuß da rüber und gib Gas, Mann!", wiederholte Raoul, lehnte sich dabei über Francesco und bei dessen Seitenfenster hinaus und lud die erste Patrone in den Lauf seiner Waffe. Francesco trat das Pedal des automatischen Getriebes durch und Raoul streckte seinen linken Mittelfinger aus dem Fenster, während er aus der Rechten mehrere Schüsse auf das Radar abfeuerte, eine Sekunde nach dem es sie erneut geblitzt hatte.
"Ey, du bist doch das total kranke Arschloch, Maan", schimpfte Francesco immer noch, während sie, eine gute Stunde außerhalb der Stadt, zum Drive-In des Fastfood-Restaurants einbogen.
"Halt jetzt deine verfickte Spaghetti-Fresse du Arschloch - Fuck!"
"Ihre Bestellung bitte?", krächzte die kaum verständliche Stimme aus dem Lautsprecher.
"Können wir jetzt bestellen? Können wir jetzt einfach alle die verfickte Schnauze halten und einfach bestellen? Ich hab Hunger!", rotzte Raoul seinen Beifahrer an. "Was ist?", raunte er Richtung Rückbank.
"Big Mac", sagte Big Bill.
"Mit Pommes oder was?", gab Raoul genervt zurück. Bill brummte zustimmend.
"Ihre Bestellung bitte?", krächzte es wieder von links.
"Gott, dann sag doch was, du verfickter Sack! Bin ich ein scheiß Medium oder was?"
"Ey, Maan, Big Bill isst doch immer Big Mac mit Pommes, Maan, was fragst du so scheiße?", warf Francesco ein.
"Hab ich dich gefragt? Hab ich dich gefragt?!", verlor Raoul jetzt wieder beinah seine Fassung. "Was weiß ich was Big Bill isst? Fuck! Bin ich sein verficktes Kindermädchen?! Also Big Mac mit Pommes, ja? Was ist mit dem Freak?"
Little Larry schlug wieder gegen den Vordersitz.
"Ihre Bestellung bitte!"
"Cola light", pfiff Larry zwischen seinen schiefen Zähnen hervor.
Raoul sah Francesco an.
"Was ist?", hob dieser fragend seine Arme.
"Was was ist?! Ist das die scheiß Versteckte Kamera? Ist das ein scheiß Restaurant oder was? Was willst du essen?!"
"Ey, Maan, hast du mich gefragt, Arschloch? Chicken Wings mit Sauce, Pommes und Pepsi."
"Also gut, hören Sie zu Lady", wandte sich Raoul jetzt an den Lautsprecher, "wir kriegen einen Big Mac mit Pommes, eine Cola light, einmal Chicken Wings mit Sauce, Pommes und einer Pepsi und einmal das Medium Size Grilled Chicken Menue."
Die Stimme aus dem Lautsprecher wiederholte die Bestellung und forderte den Fahrer auf, zum Ausgabefenster vorzufahren.
"Fünfzehn Dollar, 32 Cent bitte."
Raoul hob den Arm und erwartete sich offenbar von irgend jemandem, das Geld in die Hand gedrückt zu bekommen.
"Was ist?", entgegnete ihm Francesco wieder achselzuckend.
"Ja, Kohle, Mann! Du hast doch die Scheine eingepackt!"
"Ja aber ich schnalle sie mir doch nicht um den Gürtel, Maan. Die scheiße Kohle ist in die bekackte Kofferraum, Maan."
"Du hast die verfickt-", er sah zu der Dame am Ausgabefenster und kurbelte grinsend das Fenster hoch.
"Du hast die verfickte Kohle in den scheiß Kofferraum gepackt und nicht ein Bündel herausgenommen? Fuck! Das glaub ich einfach nicht!"
"Ey, Maan!", hob Francesco wieder seine Arme, "Wo ist das Problem?! Dann gehst du eben in die bekackte Kofferraum und holst ein Bündel!"
"Hab ich die verfickte Kohle in den scheiß Kofferraum gepackt? Du steigst aus und holst die scheiß Kohle!"
Little Larry trat wieder gegen den Vordersitz.
Die Dame am Ausgabefenster nahm inzwischen per Headset die nächste Bestellung auf. Francesco stieg schließlich fluchend aus, bellte noch etwas Richtung Raoul, trat gegen die Radkappe des rechten Hinterreifens und öffnete dann den Kofferraum. Er riss den Reißverschluss einer der beiden großen, schwarzen Sporttaschen auf und entnahm ihm ein Bündel Geldscheine. Als er den Kofferraum gerade wieder schließen wollte, zwitscherte das kurze Signal einer Polizeisirene hinter ihm auf. Der Cop hielt bereits seine gezogene Waffe aus seinem Seitenfenster heraus und schickte sich gerade an, langsam auszusteigen. Im gleichen Augenblick trat Raoul das Gaspedal durch, hüllte Francesco und den Cop in eine dünne Staubwolke und brauste reifenquietschend davon. Francesco wirbelte herum, schrie ihm ein "Ey, Maan!!" nach und wurde im nächsten Moment schon gegen die Glasscheibe des Ausgabefensters gepresst. Die Dame dahinter wich mit geweiteten Augen einen Schritt zurück. Der Cop verrenkte Francesco den Arm auf den Rücken und hielt ihm seinen Revolver fest gegen den Hals gedrückt.
"Du hast das Recht zu schweigen, Arschloch. Alles was du sagst -"
Weiter kam er nicht, denn im nächsten Augenblick krachte Raoul hart gegen das Heck des Polizeiwagens, schob ihn durch die enge Schleuse des Drive-In's, traf dabei das Bein des Cops, der sofort zusammenklappte und von dem Schlag, den er dabei vom Aussenspiegel erhielt, mit dem Kopf hart gegen die Wand des Fastfood-Restaurants klatschte.
"Spring in den scheiß Kofferraum!", brüllte Raoul Francesco im Vorbeifahren an, während er den Polizeiwagen weiter vor sich herschob und schließlich so von der Straße abdrängte, dass dieser krachend gegen einen Laternenpfahl prallte. Francesco rannte was das Zeug hielt. Der Cop rappelte sich leicht benommen auf und griff nach seiner Waffe. Er feuerte ihnen die sechs Schuss seines Trommelrevolvers hinterher und ließ Francesco ein paar mal zusammenzucken, als er in den durchsiebten Kofferraum hechtete und hysterisch schreiend den Deckel zuzog.
**1**
Der Wagen stand still. Von Polizei war hier draußen weit und breit keine Spur. Sie hatten neben den Resten einer lange verlassenen Holzhütte gehalten, das letzte Überbleibsel einer kleinen Goldgräbersiedlung. Raoul stellte den Motor ab. Little Larry zuckte wie wild, gab unverständliche Quietsch- und Pfeiflaute von sich und trat immer wieder gegen den Vordersitz. Raoul nahm es gelassen hin, griff sich eine Zigarette und entzündete sie mit seinem Sturmfeuerzeug. Er atmete tief ein und sprach dann mit ungewohnt ruhiger Stimme: "Tritt noch einmal ... tritt noch ein einziges verficktes mal gegen meinen scheiß Sitz ...", er drehte sich zu Larry um, "und ich blas dir deine scheiß Birne weg." Larry zuckte, aber sein Fuß blieb unten. Von Big Bill kam diesmal kein Brummen. Er lag mit dem Kopf an sein Fenster gelehnt, den Mund leicht geöffnet. Die Splitter aus der zerschossenen Heckscheibe lagen auf seiner Schulter und über die ganze Rückbank verteilt. Raoul stieg aus.
"Eeey! Ey, Maaan!!", klopfte es aus dem Kofferraum, "Mach die bekackte Kofferraum auf und lass mich raus, Maan!"
Raoul ließ seinen Blick durch die Landschaft schwenken.
"Fuck!", presste er zwischen seinen dünnen Lippen hervor.
"Fuuuuuck! Fuck, Fuck, Fuck!!!", wiederholte er und schlug dabei mit seinen Fäusten auf den Kofferraum ein.
"Ey ... Maan?", drang es nach einigen Sekunden etwas verunsichert wieder aus den Schusslöchern des Kofferraums.
"Sag mir einen verschissenen Grund, warum ich dich nicht auf der Stelle kalt machen sollte?!, brüllte Raoul auf den Kofferraum ein. "Diese scheiß Kanone an jedes einzelne dieser verfickten Löcher setzen und dich einfach wegblasen, du gottverdammtes Arschloch!" Dabei stieß er mit dem Lauf seiner Waffe wütend gegen den Deckel und trommelte wieder mit den Fäusten darauf herum.
Little Larry schlug wild aus und traf dabei ein paar mal seinen toten Bruder im Gesicht.
"Denkst du, du kommst ohne mich nach Mexico, Arschloch?", hörte Raoul wieder aus dem Kofferraum.
"Mann! Bist du so scheiß dämlich oder was?!", erwiderte Raoul, "Dein verficktes Mexiko kannst du dir jetzt aufzeichnen, zusammenrollen und mit dem Arsch rauchen, Mann!"
"Ey, rede nicht so eine bekackte Scheiße, Maan! Wer hat denn die scheiße Aktion geliefert mit die Radar, Arschloch!"
Francesco zog im Dunkeln seine Waffe und lud sie hörbar durch.
"Fuck you, du Arschloch!", brüllte Raoul gegen den Kofferraum, stellte seinen linken Fuß auf die Stoßstange und zielte mit beiden Händen auf das Blech. "Nimm sofort deine scheiß Kanone runter oder ich blas dich weg!"
"Leck mich, Maan! Nimm du deine Kanone runter, Arschloch!"
"Fuck you! Nimm jetzt sofort deine Kanone runter!"
"Ey Maan!"
Die erste Kugel durchdrang das Blech des Kofferraums wie Butter und durchschlug Raouls Schlüsselbein, gerade als dessen erste Patronenhülse zu Boden fiel und Francescos Bauch aufplatzte.
Der Abend war heiß und die letzten Sonnenstrahlen brachen durch den, vom Polizeikonvoi und Hubschrauberrotoren, aufgewirbelten Staub. Sie umkreisten die kleine Holzhütte und den Wagen daneben.
"Das ist er!" Ein Cop hielt ein Radarfoto in der Hand.
Gut zwanzig Autotüren öffneten sich nacheinander und wurden von den Cops als Schutz missbraucht, hinter dem sie nun mit vorgehaltener Waffe in Anschlag gingen. Der Hubschrauber plärrte auf die Stätte unter sich und ließ das Megaphon beinah im Lärm untergehen.
"Steigen Sie aus! Steigen sie auf der Stelle aus! Nehmen Sie die Hände hinter den Kopf und steigen sie sofort aus!"
Der Mann auf der Rückbank öffnete langsam die Tür und stellte einen Fuß in den Staub.
"Nehmen Sie Ihre Hände hinter den Kopf und steigen sie jetzt aus!"
Er stellte den zweiten Fuß auf den Boden und sah verängstigt um sich.
"Heben Sie Ihre Hände! Nehmen Sie sofort Ihre Hände hinter den Kopf!"
"Steig aus und nimm deine gottverdammten Hände hinter den Kopf, du Arschloch!", brüllte ein Cop mit einer Beinverletzung.
Little Larry griff nach hinten um sich abzustützen, erhob sich langsam und stand dann halb gebückt in der Tür des Wagens. Als ihn noch einmal sein nervöses Zucken ereilte, sollte es das letzte mal gewesen sein.
**2**
(Alternatives Ende)
"Eeey! Ey, Maaan!!", klopfte es aus dem Kofferraum, "Mach die bekackte Kofferraum auf und lass mich raus, Maan!"
Raoul raste mit neunzig Meilen pro Stunde, einem durchlöcherten Kofferraum und einer zerschossenen Heckscheibe über den Highway.
"Fuck! Du bist doch wirklich das beschissen dämlichste, das mir je über den Weg gelaufen ist, Mann!", brüllte er nach hinten.
"Ey, Maan! Du kannst mal meinen süßen Popo küssen, Arschloch! Bleib stehen und mach die scheiß Kofferraum auf, Maan!"
Little Larry schrie auf einmal auf, schlug wild um sich und krallte dann beide Hände in das Gesicht seines Vordermanns. Raoul kreischte ebenfalls los, stieß beide Füße mit explosiver Kraft auf das Bremspedal und hatte alle Mühe, das Lenkrad nicht zu verreißen.
Binnen einer Sekunde stand er still, hatte auch schon seine Waffe aus seinem Halfter gezogen, war herum geschnellt und presste sie nun wütend gegen Larrys verkrampfte Lippen.
"Fuck! Fuck you, du Wichser!", brüllte er Larry nieder, "Was soll die verfickte Scheiße, du beschissener scheiß Freak! Soll ich dir in dein scheiß Maul schiessen, ha?! Soll ich dich wegblasen, du Arschloch?!"
Seine Augen waren hervorgetreten, seine blutroten Adern zeichneten die hasserfüllten Züge einer angsterregenden Fratze nach. Little Larry wagte es nicht, seine Augen zu öffnen und hielt sie fest zugedrückt. Zu schrecklich war der plötzliche Anblick seines toten Bruders gewesen, auf dessen blutgetränkten Schultern die Splitter der Heckscheibe festzukleben begannen. Als Raoul zur Seite sah, lockerte sich sein Griff um Larrys Hals nur für einen Moment. Er sah auf die Straße, ließ seinen Blick kurz durch die Landschaft schwenken und wandte sich dann wieder langsam Little Larry zu. Sein Finger krümmte sich.
"Eeey! Was ballert ihr hier in der Gegend rum?! Was macht ihr für eine Scheiße, Maan?!", tönte es wieder aus dem Kofferraum. Francesco war von dem Schlag, den er durch die Vollbremsung erhalten hatte, noch etwas benommen.
"Was ist los, Maan? Macht endlich die bekackte Kofferraum auf und lasst mich raus!"
Er blinzelte durch die Schußlöcher, als er Schritte auf dem Kiesel vernahm.
"Ja, Maan, mach die Scheiße hier auf, mir tut mein Rücken schon weh!"
Der Schlüssel drang in das Schloss und grelles Tageslicht überflutete augenblicklich seinen zuvor so dunklen Käfig. Ein Schatten, eine Silhouette, ein grosses dickes Etwas zerrte ihn aus dem Wagen und hämmerte ihm im nächsten Moment das Nasenbein zu Brei. Durch den Schleier der ihm in die Augen schiessenden Tränen, glaubte er noch den blutnassen Kopf Raouls, neben dem linken Hinterrad erkennen zu können. Der darauf folgende Schuss sollte es ihm nicht mehr erlauben, es herauszufinden.
Big Bill rieb sich die Fleischwunde an der Schulter und schüttelte die Splitter von sich.
"Blöde Arschlöcher.", knurrte er, während er den Wagen wieder in Bewegung setzte. "Ich hab dir gleich gesagt, dass die nichts taugen."
"Aber immerhin hatten sie die Idee zu dem Bruch und der war ja wirklich nett oder?", grinste Little Larry frech, ohne dabei zwischen seinen Zähnen hindurch zu pfeiffen.
Big Bill brummte zufrieden.