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Böser Hund

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20.03.2009
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Böser Hund

Ich liege im Bett. An meiner Seite ist Rambo. Ein Mischling. Ein letztes Mal streiche ich ihm über das Fell, dann stehe ich auf.

So viele Dinge sind mir durch den Kopf gegangen - heute Nacht. Hundeverordnung, Leinenzwang, Maulkorbpflicht, Sperrzonen. Seit der Sperrzonenauflage, nach der letzten Anzeige vor einem Jahr, muss ich mit dem Auto zum Gassi fahren. Es bleibt nur noch der Wald.

Nachdenklich mustere ich den Klappspaten, den ich schon so lange habe. Olivgrün. Handlich. Hohe Qualität.

Meine Augen wandern zu Rambo.Er streckt sich in der Sonne, die auf das Bett scheint. Ich atme tief durch. Unsere Blicke treffen sich.

Ich ziehe mich an. Am Gürtel befestige ich den Klappspaten. In der Garderobe liegt das Gurtzeug und die Leine. Schnell stecke ich noch die Leckerchen ein, die Rambo so gerne mag.

Wir steigen ins Auto und fahren los.

Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Rambo will nur spielen. Aber sein schwarzes Fell macht den Menschen Angst. Sie schreien,schimpfen,fuchteln rum - und dann passiert es. Immer wieder.

Ich muss dem Ganzen ein Ende setzen. Jetzt.

Der Parkplatz am Wald. Wir sind angekommen. Düster sieht er heute aus - der Wald. Als ahnt er was.

Ich lasse Rambo raus. Schleppleine. Sicher ist sicher. Will nicht, dass er wegläuft - nicht heute. Es ist das letzte Mal.

Ich will meine Gedanken verstecken - summe ein Liedchen. Im leichten Wind wiegen sich die dunklen Tannen im Takte mit.

Der Klappspaten an meiner Seite, wippt bedrohlich bei jedem Schritt.

Rambo läuft vergnügt voraus - nichts ahnend. Er schnüffelt, jagt ein kleines Vögeln, das sich alle 10 Meter vor ihm frech niederlässt ,um im letzten Moment vor ihm wegzuflattern.

Es ist ein Rotkehlchen.

Wir gehen tiefer in den Wald. Das ist wichtig. Heutzutage ist wirklich alles verboten. Im Geiste gehe ich nochmal alles durch.

Rambo läuft jetzt dicht vor mir. Seine Rute wankt. Es ist ein eleganter Hund - mit Charakter.

Plötzlich hält Rambo inne. Auf einem Seitenweg - vor ihm - taucht ein Jogger auf. Rote Hose und gelbe Jacke - hektische Bewegungen. Er sieht aus wie ein Papagei. Rambo merkt sofort, dass so etwas nicht in unseren Wald gehört.

"Der beisst nicht - der will nur spielen", rufe ich zu Rambo.

Vielleicht will es wirklich spielen - wie das Vögelchen. Bei Rambo hat bis jetzt jeder eine Chance bekommen.

Jeder.

Stürmisch läuft er auf den Jogger zu und wedelt erwartungsvoll mit dem Schwanz.

Rambo hat den Jogger erreicht und springt an ihm hoch. Er will nur spielen. Er ist nicht böse - wenn man mit ihm spielt.

Aber es passiert das übliche. Der Jogger fixiert den Hund mit den Augen. Spricht laut und hektisch. Will dem Hund Befehle erteilen - und noch schlimmer - seinem Herrchen.

"Nehmen Sie den Köter weg - Ich zeige Sie an - So gehts nicht - Ich rufe jetzt die Polizei."

Ich antworte nicht. Das macht Rambo nur aggressiv.

Seit den Verordnungen sind die Jogger stark geworden. Bedrohlich stark. Das spürt ein Hund.

Früher haben sie noch einen Bogen gemacht. Jetzt ist es ihr Weg. Das versteht ein Hund nicht.

Der Hund, ein treuer Begleiter - seit tausenden von Jahren - passt nicht mehr zu den Verordnungen.

Früher haben sich noch alle gefreut, wenn ein Hund kam. Heute werden sie einfach vergiftet. Die Zeiten sind schlechter geworden.

Drohend kommt der Jogger auf mich zu. Der gleiche Typ, der früher die Falschparker aufgeschrieben hat.

Rambo versucht sich zwischen uns zu stellen.

"Wirken Sie bitte nicht so bedrohlich, es passiert nichts", höre ich mich sagen.

"Belehren Sie mich nicht", giftet es mich an.

Das war für Rambo schon wieder zuviel. Mit einem einzigen Biss in die Kehle holt er den Jogger zu sich runter.

Ich kann nicht helfen - bin zu weit weg.

Wie schon so oft, muss ich wieder hilflos zusehen. Es geht immer so schnell - bei Rambo ist es fast schon Routine.

Rambo sitzt neben seiner Beute. Seine weisse Schnauze ist ein bisschen rot geworden. Unschuldig sieht er mich an.

"Böser Rambo - jetzt ist das Herrchen aber wirklich stinkesauer! Irgendwann verlierst Du dabei noch einen Eckzahn."

Das Schimpfen muss schnell gehen. Nach drei Sekunden kann ein Hund keine Verknüpfungen mehr zwischen dem Vorgang und dem Tadel aufbauen.

Da bin ich konsequent.

Gemeinsam ziehen wir den Jogger ins Unterholz - das ist immer der anstrengende Teil bei unserem Gassi.

Mit zwei geübten Handgriffen ist der Klappspaten einsatzbereit. Schnell entsteht ein Loch in dem weichen Boden. Zwei Meter lang, ein Meter tief, ein halber Meter breit. Rambo buddelt eifrig mit. Wir sind ein Team.

Man muss immer die Knochen vergraben, die man nicht sofort braucht - habe ich von Rambo gelernt.

Nach 30 Minuten sieht alles aus, wie zuvor.

Nur der Jogger ist nicht mehr da.

Das Rotkehlchen hat uns begleitet und pickt eifrig kleine Würmchen von der frisch aufgegrabenen Erde.

Wir machen uns wieder auf den Weg.

"Es sind wenig Jogger geworden - liegt wohl an der kalten Jahreszeit. Hoffentlich war es heute der Letzte."

Rambo läuft wieder vor mir her. Er humpelt - vorne rechts.

Verdammt - es ist ganz deutlich zu sehen. Ich kann Hunde nicht leiden sehn - Gänsehaut läuft mir eiskalt den Rücken runter. Der Arme wird sich doch nicht verletzt haben.

Ich rufe ihn zu mir. Behutsam nehme ich seine Pfote und betrachte sie genau. Vom Graben hat sich ein Steinchen verklemmt. Ich entferne es sofort. Da muss man aufpassen - das kann sich sehr leicht entzünden.

Gott sei Dank nur ein Steinchen. Und ich dachte schon, es sei was Schlimmes.

 

Hallo gdeki,

schön gelassen böse, das Geschichtchen! Hat mir gut gefallen.


"Böser Rambo - jetzt ist das Herrchen aber wirklich stinkesauer! Irgendwann verlierst Du dabei noch einen Eckzahn."
:lol:

Was mir nicht so gut gefällt, ist, dass ein wenig Unlogik mitschwebt.


"So kann es nicht mehr weitergehen", murmel ich zu Rambo. "Heute bringen wir es hinter uns."
Was genau meintest du damit? Die beiden machen doch täglich das, was sie immer machen. Was gibt es da Besonderes?

Diesen Satz fand ich ebenfalls inhaltlich nicht nachvollziebar, weil ich den Eidruck habe, da fehlt zuvor etwas.

Belehren Sie mich nicht - ist immer das Letzte, was sie dann sagen.
Lässt sich aber locker beheben, wenn du noch was einfügst.

Ansonsten habe ich bei dieser Satire aber nix zu meckern.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita,

danke für Deine Kritik. Du hast Recht, es ist nicht logisch gewesen, an diesen zwei Stellen. Ich wollte den Leser ein bischen in die Richtung drücken, dass er glauben soll, der Hund wird beseitigt... Logischer ist es jetzt, aber ob dieser erste Eindruck zwingend entsteht, kann ich immer noch nicht sagen.

LG gdeki

 

Sehr schön ...

der erste Mega-Satz:

Rambo merkt sofort, dass so etwas nicht in unseren Wald gehört.

Aber es kommen ja noch einige :-)):
Jetzt ist es ihr Weg. Das versteht ein Hund nicht.
Das Schimpfen muss schnell gehen. Nach drei Sekunden kann ein Hund keine Verknüpfungen mehr zwischen dem Vorgang und dem Tadel aufbauen.
Da bin ich konsequent.
Man muss immer die Knochen vergraben, die man nicht sofort braucht - habe ich von Rambo gelernt.

Usw.

Zwei Dinge allerdings:

1) Nach dem Komma - Leerzeichen setzen
2) Es ist mir auch nicht klar (wie Lakita) - was der Satz mit dem "letzten Mal" da soll. Klar, er baut eine falsche Erwartung beim Leser auf (der Hund muss weg); da er jedoch am Ende nicht mehr passt, weil (der mitgeführte Spaten beweist es) es um ein gewohntes Procedere geht - ist das zu billig.

Das ist der einzige Schwachpunkt, finde ich. Den noch weg, und dann is gut!

LG,
Flic

 

Hallo gdeki,

klingt jetzt runder, also meine Logikprobleme sind beseitigt.
Nun ist es schwer, da ich ja die ursprüngliche Fassung kenne, dir genau zu sagen, ob es noch so funktioniert wie du es dir gedacht hast. Ich würde sagen, dass immer noch das Verwirrspiel gut angelegt ist und man tatsächlich erst am Ende überrascht ist, dass der Hund gar nicht beseitigt werden soll.

Während ich das so las, kam mir die Idee, dass man auch die Sorge des Hundeherrchens am Ende des Textes noch rausstellen könnte. Die Sorge, dass sein Rambo sich tatsächlich irgendwann die Eckzähne rausbricht während er in den sehnigen Jogger beißt. :D
Schön fies ...

Hat mir gefallen.

Lieben Gruß
lakita

 

Wir waren immer ein tolles Team - Rambo und ich.

Hmmm - wieso denn waren - wenn der Prot hofft, dass es diesmal gutgeht? Das impliziert die Erwartung, der Hund muss weg ... und irgendwie passt das immer noch nicht (vom Ende aus betrachtet) ...

 

Hallo FlicFlac, Lakita,

stimmt ...waren ein Team... passte nicht; habs einfach weggelassen :-)

Lakita : wie meintest Du das mit dem Eckzahn am Schluss - soll ich da nochmal drauf eingehen - ist das nicht zuviel des Guten ?

LG gdeki

 

Hallo gdeki,

eine gute Satire, gut aufgebaut und ohne nervige Übertreibungen oder bemühten Wortwitz. Gerade die einfache und klare Sprache bereitet Pointiertes vor, davon lebt dieser Text und wird zur angenehmen Unterhaltung. Bei einer guten Satire müssen auch die bösen und makaberen Pointen locker und luftig rüberkommen, das ist dir gelungen.

Rick

 

"Böser Rambo - jetzt ist ..." Das Schimpfen muss schnell gehen. Nach drei Sekunden kann ein Hund keine Verknüpfungen mehr zwischen dem Vorgang und dem Tadel aufbauen.<

Hallo gdeki,

spätestens dieser Satz verrät, dass Du Ahnung vom Thema hast. Aber haben sich die Wogen bzgl. der Hundeverordnung(en) nicht wieder geglättet, es sei denn, ein Rottweiler springt jemand an die Kehle, der nicht sein Herrchen ist oder ein Dackel jemand in die Nase beißt, der gerade vor ihm herumkriecht, ihn zwickt. Aber auch der will eigentlich nur spielen, denn Hunde sind so gezüchtet, dass sie den IQ eines Wolfes niemals erreichen können und somit immer verspielt bleiben und einer gewissen & gewollten Blödheit (siehe i. d. R. Kaninchenjagd) unterliegen. Aber Rambo leistet auch einen Beitrag, dass das Heer der Jogger nicht überhand nimmt und - das kann ruhig zugegeben werden - manches Opfer provoziert sein Schicksal selber.

Gleichwohl zeigt auch Dein - auch in meinen Augen durchaus gelungenes - satirisches Spiel, dass das eigentliche Problem im Umgang mit dem lieben Vieh am Ende - selbst der gedachten - Leine steht, wenn das vermeintliche alphaTier ("Herr/Frauchen") den Leit-Status abgegeben hat.

Die Kleinkrämerseele in mir wüsste dann nur noch gern, ob man dem <Rotkelchen> nicht zu Ostern ein Dehnungs-h gönnen könnte.

Gruß & frohe Ostern & fröhliche Western*

Friedel

*Wolfgang Neuss, Neuss Deutschland

 

Rotgurgelchen

Hallo die letzteren,

vielen Dank für Eure Kritik. Das Rotkelchen kriegt jetzt auch ein h und passt somit noch besser zu dem Jogger. Gut, dass ich nicht Gurgel geschrieben habe, sonst hätte es Rotgurgelchen heissen müssen, was sicher zu Irritationen geführt hätte.

LG gdeki

 

Das wird das Kehlchen aber freu'n, kein kleiner Kelch mehr sein zu müssen.

Das mit dem "schwarzen" Hund hab ich mal mit einem zwölf Hunde, die Rüden rechte Rabauken, zählenden Rudel erlebt. Ein Weibchen (Belgia, Groendaele) war das gutmütigste Tier überhaupt, aber vor ihr blieb der eine oder andere Jogger vor Angst steif stehen, unfähig zu jeder sinnvollem Handeln. 's bewirkt allein die Farbe, nicht das Wesen des Hundes ...

Jetzt ist aber genug geplaudet ...

Gruß

Friedel

 

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