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Autobahninsel - Träume

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10.04.2013
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Autobahninsel - Träume

Jetzt im Juli treibt es uns wieder hinaus in den Wald.

Das Laub hat schon eine dunklere Farbe angenommen und unsere gefiederten Freunde sind etwas ruhiger geworden, denn das eine oder andere Gelege ward schon erfolgreich bebrütet.

Die Königskerze streckt majestätisch ihre üppigen, gelblichen Rispen in die warme Luft des Sommers und nun, da es dem Abend zu geht, halten die Frösche lautstarkes Konzert im Teich am jetzt im letzten Licht des Tages bedrohlich gedunkelten Mischwalde.

In der Tannenschonung ruft bereits ein stattlicher Waldkauz nach seinem Weibchen mit kräftigem Arrrz Arrz!, und drüben bei der Suhle wird das Scharren einer Rotte vernehmlich. Hier wühlt und gräbt es sich prächtig nach allerlei köstlichem Wurzelwerk, doch verschmähen die Schwarzröcke auch Wald- und Spitzmaus nicht.

Ein Dachs quert. Schnüffelnd erkundet der Grimbart, übrigens unsere größte heimische Marderart, das Terrain, da gellt ein Schrei und alarmiert die Waldbewohner. Dumpf fällt am Rande der Schonung, dem Ruhebereich unseres Rotwildes, eine wunderschöne junge Gestalt leblos zu Boden, welche eben noch nach Art und Freude eines Rotkäppchens Blaubeeren sammelte.

Sie liegt nun in ihrem Blute, ja, nur mehr schwach zuckt es in ihr, der von den Stichen einer scharfen Klinge recht übel Zerzausten.

Kurzflügelkäfer und Aasfliege sind die ersten Besucher, die ihr Beileid bekunden.

Die Nacht hat sich über unseren kleinen Forst gelegt, eine kurze schwarze Sommernacht.
Schon schnürt ein Fuchs nicht weit entfernt. Wird er Beute machen? Sicher wartet ein hungriger Wurf tief im Bau auf seine Wiederkehr.

Ganz in der Nähe hat sich eine ansehnliche Zahl wuchsfrischer Reherl aus dem feuchten Moos geschoben, die ersten dies´ Jahr ...

Kaninchen trauen sich aus ihren unterirdischen Schlupfwinkeln und wähnen sich sicher zwischen den Wedeln des Wurmfarns.

Da kündet erstes Dämmern bereits vom Herannahen eines neuen Tages.

Irgendwann werden sich die morgendlichen Sonnenstrahlen ihren Weg durchs Unterholz bahnen und unsere heimische Ringelnatter zu einem Bade im Waldbach laden...

 

Hallo myisrael,
und vielen Dank fürs Vorbeischauen und Kommentieren.

Nein, kein Schnellschuss. Einfach die Umsetzung einer kleinen Idee.

Ich hab mal irgendwann auf dem Flohmarkt ein Buch erstanden, welches "Der Schuss im Birkenkamp" (Autor: Otto Koke) betitelt war. Dieses Buch schwelgt durchgängig in dieser putzigen Art der Betrachtung der heimischen Natur, ich las das passagenweise einem Freund vor und nach ein paar Seiten lagen wir auf dem Boden (vor Lachen).
Dises Erlebnis setzte den Keim für diese Idee, in ein solches Erzählen einen kleinen Horror einzubinden.
7miles

 

Hej 7miles,

wenn mich jemand fragen würde, wie die Geschichte funktioniert, würde ich es auf die Schnelle ungefähr so nachbasteln: grün, grün, grün, grün, grün, grün, rot, grün, grün.

Ist das seltsam?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du in dem Buch vom Flohmarkt solche Konstruktionen findest:

halten die Frösche lautstarkes Konzert im Teich am jetzt im letzten Licht des Tages bedrohlich gedunkelten Mischwalde

Jetzt im Juli treibt es uns wieder hinaus in den Wald.
Dieses einladende umspannende "uns" verliert sich später ganz und gar. Dabei würde es nach dem "Mord" viel eher für Befremdlichkeit sorgen.

Irgendwann werden sich die morgendlichen Sonnenstrahlen ihren Weg durchs Unterholz bahnen
Irgendwann? Einen unbestimmten Zeitbegriff zu benutzen nachdem Du vorher die Morgendämmerung praktisch in die Startlöcher geschickt hast - wozu das?

Als "Umsetzung einer kleinen Idee" ist es mir noch zu wenig (obwohl ich kleine Ideen sehr wichtig finde, sie lesen sich nur nicht immer so gut).

LG
Ane

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus 7miles,

nach deinem Lichterhannes liegt die Latte extrem hoch, die es für dich zu überspringen gilt.
Mit dem neuen Text gelingt dir das, für meinen Geschmack, leider nicht.
Das Interessanteste für mich daran war, über den Bezug des Titels zur Geschichte nachzugrübeln.

Schnüffelnd erkundet der Grimbart, übrigens unsere größte heimische Marderart, das Terrain, da gellt ein Schrei und alarmiert die Waldbewohner.
Das passt für mein Gefühl gar nicht. Erst freue ich mich über den Begriff „Grimbart“, dann haust du mich mit diesem Einschub raus, der wie der Kommentar zu einer Naturdoku klingt.

Eine seltsame Geschichte? Seltsam unausgegoren irgendwie. Um so mehr bin ich gespannt auf deinen nächsten Text.

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Ane,

grün, grün, grün, grün, grün, grün, rot, grün, grün.

Genau, die Kurzversion (vielleicht noch hell dunkel hell vorn, mittig und hinten.)

Dies ist die Konstruktion des im kleinförsterlich-pathetischen Stil a la Koke (und Artverwandter) gehaltenen Naturbetrachtungsparodie. Syntaktische Kapriolen gehen zu Lasten desselben (-;.

Der Mord soll möglichst keinen hervorgehobeneren Stellenwert in dieser Betrachtung erhalten, als etwa der querende Grimbart oder die (tatsächlich erst nach dem Erscheinen der Sonne von dieser) zu einem Bade geladene Ringelnatter. Er soll da unauffällig einfliessen, als sei´s ´ne Spitzmaus, die eine Nackstschnecke meuchelt.

Seltsam? Weiss nich.

Ich denke, die Idee trägt diesen kleinen Text. Aber ich bin ja auch nur der Autor. Und die denken ohnehin autoritär.
Vielleicht war´s mir bloß ein Bedürfnis den Koke, obgleich ich ihn und seine Form der Waldsicht ins Herz geschlossen habe, zu konterkarieren.

Vielen Dank für Deine stets willkommenen Worte,
7miles

Hallo ernst,

der Titel soll so in Richtung Tatort-Leichen-Fundort-XYungelöst-Klischee ("Ein Pilzsammler entdeckte die aus dem Moos heraus ragende Hand..") lenken.

Den "Lichterhannes" nun als Meßlatte zu betrachten, fällt mir schwer. Er ist natürlich komplexer angelegt als diese kleine Parodie. Aber man backt halt nicht immer Kuchen, sondern macht sich auch mal ein Butterbrot.

Und das ist hier wohl so eines. Wenigstens mit einer Himbeere drauf.

Vielen Dank auch Dir für´s kommentieren.
7miles

 

Hallo 7miles,

an mehreren Tagen habe ich diese kleine Geschichte gelesen und wusste nichts mit ihr anzufangen. Dann fiel mir eine Ausstellung mit Immendorff-Bildern ein und ich fand einen, meinen Zugang zu der Geschichte.
So lese ich die zwei Ebenen heraus: kitschig der deutsche Wald, die heimatliche Idylle, die Natur als das wahre Gute usw., was man sich alles an Naturbildern im Kaufhaus als röhrenden Hirsch an die Wohnzimmerwand kaufen kann.
So störten mich anfangs die vielen Adjektive und Plattheiten:

gefiederte Freunde
Die Königskerze streckt majestätisch ihre üppigen, gelblichen Rispen in die warme Luft
In der Tannenschonung ruft bereits ein stattlicher Waldkauz

Bis mir klar wurde, dass hier Deutschtum des 19. Jahrhunderts zitiert wird. Es fehlt nur noch der Schutzengel, der ein Mägdelein über das fröhlich sprudelnde Bächlein auf dem morschen Brücklein an rettende Üferlein (nein, nicht weiter!) führt. Das ist Dir gut gelungen, einerseits die Altdeutschidyllik darzustellen, andererseits durch manche merkwürdige Wortfolgen zu ironisieren.
Beispiele:
welche eben noch nach Art und Freude eines Rotkäppchens Blaubeeren sammelte.
Kurzflügelkäfer und Aasfliege sind die ersten Besucher, die ihr Beileid bekunden.
So sehe ich in der Geschichte eine bitterböse Satire auf die idyllischen Träume von einer heilen Deutschwelt im 19. Jahrhundert, die jetzt von einer Autobahn aus dem 20./21. Jahrhundert umtost wird, die einen diese distanzierte Haltung zur Vormoderne einnehmen lässt. Übrigens gut gemacht, dass die Autobahn für den Leser, wenigstens für mich, nicht im Text erwähnt wird. Aber „Ich hört die Autos rauschen, wohl aus der Städte Quell“ (Das wunderschöne Rotkäppchen).
Und das Rotkäppchen wird gemeuchelt, es hat schon zu lange überlebt. Man könnte nun sagen, der Mord an ihr ist der Mord an der Kitschyllik
Es ist ja ein Nachtstück (Hoffmann?). Deswegen im Titel ja Traum.


Jetzt im Juli treibt es uns wieder hinaus in den Wald.

Leider habe ich das „wieder“ nicht verstanden. Im Mai treibt es einen hinaus in den Wald, im Juli ins Freibad. Vielleicht nur mich.
Das Wir scheinen Nachtwanderer zu sein. Naturliebhaber? Natürlich Förster! Die Nachtwachen des Jägers von Fall?

Ob das, was ich von Deiner Geschichte verstehe, aus meiner sehr subjektiven Sicht (was ja erlaubt ist und welche soll ich sonst nehmen) als eine sehr gelungene, bitterböse Darstellung altdeutscher Lebenslügen, in die das Messer hineingefahren ist und sie „zerzaust“ hat, Zustimmung findet oder nicht, so finde ich sie recht gut und lese sie jetzt mit Vergnügen.
Kein Café Deutschland, sondern der Wald Deutschland.
Und was soll das alles? Wir wissen es doch, dass hier ein Nährboden der unglücklichen Jahre im 20. Jahrhundert war! Wozu Eulen nach Athen tragen (die brauchen Euros)?
Ich finde es schon wichtig, dass Themen auftauchen, die man schon kennt, die aber nie abgehandelt sein werden. Denn man entwickelt sich weiter und müsste (!) alle Themen neu sehen.
Ernst wird es in dieser Geschichte dann, wenn man den kitischigen, sentimentalen Untergrund nicht politisch, sondern als blumigen Hintergrund zu einem Sexualmord betrachtet, wie das Rick in 'Wenn die Musik verstummt' beschrieben hat. Und Immendorff vielleicht so gemalt haben würde. Das Rotkäppchen als Opfer eines Sexualmordes. Die Einsamkeit der Autobahn. Auch unter diesem Aspekt eine gute Geschichte, bei der man nachvollziehen kann, wie aus Idyllik Gewalt hervorbricht. Sentimentalität und Brutalität sind eng verwandt.

Und jetzt höre ich mir den Jägerchor aus dem Freischütz an.
Strafe muss sein.
Herzliche Grüße
Wilhelm

 

"Trallala! Trallala! Trallalala lalala lalala lalala!"

Meine Güte, Wilhelm und Hallo bzw. Halali, horngeblasen, falls du den Freischütz überlebt haben solltest,

genau: Röhrender Hirsch überm Sofa in Schweröl, Messer, blutig, hineingestossen - und fertig das Bild zum Text.
Natürlich hat auch Ane recht mit ihrer Interpretation:

grün, grün, grün, grün, grün, grün, rot, grün, grün.
,

wobei das Buch der Bücher dann aber auch auf ein:

weiss, schwarz, rot, schwarz, weiss

zu reduzieren wäre, was dessen Lesbarkeit nachhaltig verbesserte.
Ja, ich zielte mit dieser Geschichte auf das Idyll des "Deutschen Waldes" ab, dem Eichenlaubträgertum und allem, das in seiner Wald- und Weltsicht dieser Tradition auch noch im 20.Jahrhundert nachhängt. Der von mir hier erwähnte, schwafelnde Forstmann schrieb seine Werke in den 50er Jahren.

Und noch heute wird der König der Löwen und seine naturfilmerisch dargestellte Gefolgschaft nicht bei der Nahrungssuche in Zivilisationsmüllhalden gezeigt, sondern vorm Kilimandscharo.

Inwiefern nun die Romantik und der kitschige Blick auf das uns umgebene Wilde Geburtshelfer der dann folgenden Verheerungen war - wer weiss. Die Idylle ist jedenfalls ein Hort der Flucht und des gesegneten Wegschauens vom groben Weltenlauf, und also nichts, was den Barbaren der Macht zuwiderläuft.

Das Reihenhaus, die Feuerstelle mit Wurstbelag, die wochenendliche Fahrt "ins Grüne", Der Tatort am Sonntag - das kleine Glück ist uns weiterhin hold, mit und ohne Messer.

Deinen Satz:

Sentimentalität und Brutalität sind eng verwandt.

rahme ich ein und hänge ihn mir übers Sofa.

Vielen Dank, Wilhelm, fürs Lesen und Kommentieren
7miles

 

Natürlich hat auch Ane recht mit ihrer Interpretation:

Zitat:
grün, grün, grün, grün, grün, grün, rot, grün, grün.
,

wobei das Buch der Bücher dann aber auch auf ein:

weiss, schwarz, rot, schwarz, weiss

zu reduzieren wäre


Mir fallen Bücher ein, die würde ich auf schwarz-hellgrau reduzieren (allerdings sehr feinpixelig). Was spielt das für eine Rolle?

Die Idylle ist jedenfalls ein Hort der Flucht und des gesegneten Wegschauens vom groben Weltenlauf
"Flucht" ist nicht grundsätzlich gleich zu setzen mit "Wegschauen", davon mal ab: ich frag mich, was dann Deine Taktik war:

Wegschauen unmöglich machen, indem Du den "groben Weltlauf" unerbittlich zeigst? Nö, ne?

Auf "das Wegschauen" hinweisen, weil der Wald ebenso wie der (vom Himmel herabgefallene) Mord an einem Mädchen in Wegschau-Sprache beschrieben, also das Wegschauen in seiner ganzen (widerlichen) Konsequenz gezeigt wird?

Ernsthaft, ich blick da nicht durch.

LG
Ane

 

Hallo 7miles,

ich bin nicht wirklich warm geworden mit deinem Text. Für mich ist dieser Gegensatz von Waldidylle und eingestreutem Mord eine Idee, die mehr in ein Gedicht gepasst hätte - da wäre das gedrängter gewesen, so sind mir das zu viele Worte für so wenig Inhalt. Und ehrlich gesagt steht ich am Ende da und weiß nicht recht, was mir dieser Text sagen soll - ich weiß, Literatur muss keine Aussagen, keine Lehre enthalten, aber ich fühl mich nach der Geschicht doch reichlich leer.

Die Königskerze streckt majestätisch ihre üppigen, gelblichen Rispen in die warme Luft des Sommers und nun, da es dem Abend zu geht, halten die Frösche lautstarkes Konzert im Teich am jetzt im letzten Licht des Tages bedrohlich gedunkelten Mischwalde.
Ab "Teich" würd ich den Rest streichen. Das ließt sich komisch und braucht es eigentlich nicht.

Schnüffelnd erkundet der Grimbart, übrigens unsere größte heimische Marderart, das Terrain, da gellt ein Schrei und alarmiert die Waldbewohner.

Schon schnürt ein Fuchs nicht weit entfernt. Wird er Beute machen? Sicher wartet ein hungriger Wurf tief im Bau auf seine Wiederkehr.
Hier bekommst du so den Tonfall mittelmäßiger Tierdokus rein. Ich würd die Frage rausnehmen und auch den Hinweis auf die größte Maderart.

Generell hab ich etwas Schwierigkeiten mit diesem verschnörkelten Stil - für mich klingt der recht schnell recht behäbig - obwohl das ganze nicht schlecht formuliert ist, liegt mehr am gewählten Sprachkonzept als an deinen sprachlichen Fähigkeiten. Vielleicht wäre hier ein etwas nüchterner Stil mehr. So wirkt das ganze sehr künstlich und gewollt auf mich. Ein bisschen mit dem Zeigefinger: Sieh hier, die Idylle wie ist sie nicht idyllisch und dann hier der Mord (nicht mal da brichst du aus diesem Zuckerwattestil aus).

Eine Sache, die ich mir an deiner Stelle überlegen würde: Wie wär's wenn du statt so einem "banalen" Tartortmord - ein historisch relevantes Geschehen nehmen würdest, ein Massaker etwa (ganz egal aus welcher Zeit eigentlich), da wäre dann viel mehr Spannung drin, dass würde der Geschichte vielleicht die Bedeutung geben, die mir momentan einfach fehlt.

So, ich weiß, das klingt jetzt ziemlich negativ. Aber ich hab wirklcih das Gefühl, dass es nicht an deinen mangelnden Fähigkeiten liegt, sondern daran, dass du dich mit deiner Idee, in meinen Augen, etwas verrannt hast.

Hoffe, du kannst was damit anfangen.

Gruß,
Kew

 

Alles geht, nur der Frosch hüpft.
Volksmund​

Im altsächsischen Kreis Osnabrück gibt’s einen Ort, der scheint von Fröschen gegründet & noch immer bewohnt zu sein (sonst nennte man sich nicht Niedersachsen) und steht in Konkurrenz zu Entenhausen. Er wird Quakenbrück geheißen.
Der liegt irrsinnig genug an „der“ Hase, ein Fluss, der eigentlich auch literarisch aufgearbeit gehörte, verdoppelt er sich doch, indem er auf zweifachem Weg seine Quellen gefunden hat, Ems und Weser, wie ja auch der teutsche Walt sich vervielfacht zu teutschen Wälder(che)n, indem Infrastrukturalisten ihn mit Straßen, Gleisen, Gas- und Stromleitungen zersägen. Aber das wird wohl nicht Deine Kritik am Fortschritt sein.

Ja, da begrüßt’ ich Dich jüngst noch im Klub der Ironiker,

lieber 7miles,

und hätt’ doch beinahe – da brat mir doch einer den Storch! - diese wunderschöne prosalürische Parodie auf Gott & die Welt übersehn. Eine Textchen mit Anleihen in der Tierfabel (Grimbart, Höhepunkt: Reineke Fuchs, vielleicht auch eine Anleihe bei Raabes Hungerpastor), Romantik/Idülle und Verkehrspolitik (s. o.), die zugleich Naturschutz durch Parzellierung bedeutet, und Krimi, wenn statt Bambi Rotkäppchen erlegt wird.

Kurz & einfach:
Ich fühle mit Dir den Spaß an der Verballhornung von Gott und der Welt. Oder ganz einfach: Mir gefällt’s!, wobei – ohne dass ich nachtragend wäre – ein bisschen nachzutragen ist:

Hier deucht mich, das Komma vergessen (oder unterschlagen?) zu sein/werden

… eine wunderschöne[,] junge Gestalt …

Hier ist die Klammer nicht gesetzt, weil sechs Punkte doppelt soviel zählen als einsame Auslassungspunkte, sondern weil dieselben nix mit dem vorhergehenden Wort zu tun haben wollen. Unfreundliche Gesellen also

… Bade im Waldbach laden[…]...

Aber einschneidender ist die Frage: Wolltestu hier einen Genitiv umgehn? Nicht die mittendurchgängige Autobahn, sondern die Umgehungsstraße benutzen ...

…, halten die Frösche lautstarkes Konzert im Teich am jetzt im letzten Licht des Tages bedrohlich gedunkelten Mischwalde.
Mit Artikel wär’s hier wohl nicht passiert:
… im letzten Licht des Tages [des] bedrohlich gedunkelten Mischwalde.

Auch die von Ane schon angesprochene Inflation der Präpositionen/Adverbien/verkappten Artikel

… i[n de]m Teich a[n de]m jetzt i[n de]m letzten Licht …
könnte sich bereinigen lassen, wenn man bedenkt, dass Frösche nicht nur in Teichen konzertieren.

Beim größten Marder schließ ich mich Kew an, denn allemal größer ist ein Fischotter: der Seeotter

Und eine noch ältere Volksweisheit als die o. g. gibt mir die Lösung!, sagt doch der Volksmund, wo Frösche seien, sei auch der Storch. In Kombination heißt das: Die Frösche werben um die Fröschin (wie’s politisch und somit neusprachlich korrekt heißen muss) und der Storch beißt Rotkäppchen ins Bein, oder auch nicht?

Auf jeden Fall
gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Es existiert noch, südlich Hanau, Froschhausen, dabei, hallo Fridel, hätte ich Stein und Bein geschworen, dass es auch und eher Molchingen, irgendwo bei Tübingen oder mindestens Molchberg, z.B. an der Wupper, hat, wo doch so manches, das es nicht gibt, an der Wupper liegt oder über ihr schwebt.

Gebratener Storch soll nicht ungebratenem Fischreiher ähnlich kommen und ist jedoch biblisch unkorrekt, wie man so liest, hört und halbweiß. Im Falle dräuenden Hungertodes dann also lieber am Storch vorbei zum mitgeführten Säugling greifen.

Dem Froschteich seinem Dativ treibe ich ihm, dem Überdüngtem, noch aus. Einstweilige Trockenlegung ist hier das Mittel der Wahl, auch, um im Laich nach Spuren irgendeines Sinns zu graben, der hier ja mal als eher untief oder als geschichtlich nachgerade gesichert besprochen wird. Ich werde späterhin noch Ane mit schon vorbereiteten Auslassungen und weiterem Wort- und Gedankenschwallgut auf die Nerven fallen. Es ist ja auch nicht leichter geworden, nicht nur all der Bäume im Wald wegen, auch, weil ich selber mehr und mehr mich in Abschweifungen verzettele. Aber na ja.

Noch der Dinge Zwei:

denn allemal größer ist ein Fischotter: der Seeotter
Da grämt sich der Grimbart und denkt, scheisse. Ob ihm dieser Gedanke nun genug Gewicht und Größe verleiht, den Seeotter vollumfänglich im Teich zu versenken, steht, meinen Recherchen nach, dahin, ist also strittig. Ich gestehe allerdings, dass meine Nachforschungen die Tiefe des dativüberdüngten Froschteiches noch nicht einmal erreichen. Vielleicht können diese Marderartigen das ja mal unter sich klären.

Das Weibchen des Waldkauzes verhütete sich, Arrz! Arrz! zu rufen. Es riefe höchstens nach dem Arrzt, wenn Waldkauzmann sich hinreißen ließe, derartige schroffe Tonagen anzustimmen. Das habe ich also erfunden.
Vielen Dank für´s Gelesen-und Besprochenhaben
7miles

Hallo Kew ...

und vielen Dank fürs Vorbeischauen und Kommentieren.

so sind mir das zu viele Worte für so wenig Inhalt.

Es ist ja eigentlich ein ziemlich überschaubarer Text, der die Umsetzung einer kleinen Idee enthält.

(nicht mal da brichst du aus diesem Zuckerwattestil aus)

Dieser Zuckerwattestil ist ja Teil der Inscenierung, und dass ich beim Tatgeschehen ihn nicht wechsele, sondern den Förster unterschiedlos weiterschwafeln lasse, Teil der Grundidee.

Ich weiß auch nicht, manchen gibt das hier etwas, sogar Lesegenuß, anderen kommt die Story leer und unausgegoren vor. Das ist interessant und reiht den Text ein in den Reigen aller anderen Texte auf dieser Welt, die manchem gefallen und dem anderen nicht. Plattmannsdörfer & Jensen.
Einige deiner Anregungen, die nicht zu einer anderen Geschichte führen, werde ich mir nochmal vornehmen. "Die grösste heimische Maderart" ist jedenfalls akut vom Aussterben bedroht und im Froschteich wird demnächst auch gelenker gequarkt.
Gruß
7miles

 
Zuletzt bearbeitet:

Hm, hallo Ane, eigentlich hattest du dein "So what?" bezüglich dieser Story ja schon angebracht und ich freue mich diebisch über deine rätselnde Rückkehr in die Kommentarspalten(-;

Deine kleine Farblehren-Interpretation, mit der du, wenn ich dich richtig verstanden habe, mitteilen wolltest, dass dich der Text recht banal dünkte, hat mich zum Gedanken-Legospielen verleitet; verstehe mich nicht falsch, ich fand das witzig!
Vor dem Hintergrund der Wilhelmschen Interpretation, die mal eben so den Kontext zur ins 19. Jahrhundert reichenden Historie herstellte, dachte ich nur: Was für eine Spanne!

Dabei läßt solch ausholende Deutung das Textchen beinahe ins Mickrige schrumpfen, als schlüge man eine gewaltige Lichtung in diesen Wald und beließe bloß noch am Rande die Bäume.
Es ist wunderlich; der eine hebt diese Geschichte, um sie sich ihm zugänglich zu machen, auf die große Bühne eines geschichtlichen Zusammenhanges; dir, und anderen erscheint der Text und seine ihm innewohnende Idee eher dünn-und wackelbeinig, unausgegoren usf.

Und jetzt fragst du mich nach meiner Taktik.
Hat man die, wenn man etwas schreibt?

Es war - wiederhole mich, wiederhole mich - eine kleine Idee, nämlich in eine pathetisch-drollig-schwülstige Naturbetrachtung einen Meuchelmord einzubinden, also ein Idyll zu beflecken.

bitterböse Darstellung altdeutscher Lebenslügen, in die das Messer hineingefahren ist
(Wilhelm) - ja so.

Die Autobahn im Titel (bzw. Autobahn-Insel) stellt einen Gegenwartsbezug her; der Traum im Titel ist einerseits ein Hinweis auf die "Dusk till dawn"-Situation, andererseits auf das Alptraumhafte. Dabei war mir wichtig, nicht einfach das Idyll zu meucheln, sondern die Tat als (banalen) Teil desselben darin zu verschmelzen.
So besehen muß ich mich korrigieren: Ich stieß kein blutiges Messer in den röhrenden Sofa-Hirschen, ich malte es herzallerliebst in Rot und Öl ins Bild.

Na gut, aber warum, was soll das?, lese ich dich fragen.
Ich denke, auch wenn ich solche Fragen gern offen im Raume stehen lasse, teils, weil ich die Antwort auch nicht kenne, teils, weil ich voll Hinterlist das Rätselhafte lieber im Nebel belasse, denke ich (Das sind mal zwei physikalische Gedankenstützen...), dass ich eine Lüge entlarven wollte, in dem ich ihr gestattete, über sich selbst hinweg zu lügen, ausgehend von dem Gedanken, dass das Idyll eine Lüge ist, und auch eine Funktion erfüllt, nämlich das Fortleben der Illusion, dass eine heile Welt existiere.
7miles

 

Hallo 7miles,

meine Fragen

Na gut, aber warum, was soll das?, lese ich dich fragen.
zielten genau auf den Punkt:
Ich denke, auch wenn ich solche Fragen gern offen im Raume stehen lasse, teils, weil ich die Antwort auch nicht kenne, teils, weil ich voll Hinterlist das Rätselhafte lieber im Nebel belasse,

Nicht im Nebel des deutschen Waldes oder im Dunst deutscher Flussniederungen, sondern im Nebel dessen, dass man die Sicherheit des genauen Wissens nie erreicht. Gerade dadurch stößt Deine Geschichte den Leser auf sich zurück, dass er gezwungen wird, sich einem Bild zu stellen, das rätselhaft bleibt. Solche Bilder haben einen meditativen Charakter, man denkt nach und denktdenktdenkt.
Kōans haben vielleicht eine ähnliche Wirkung.
Für Pfingsten so einen Kōan: Such nicht nach Sinn, hab einfach keine Ziele.
Ob der Heilige Geist auch dieser Meinung ist?
Schöne Pfingsten
wünscht
Wilhelm

 

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