- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 12
Ausweglos
Der unerträgliche Lärm riss sie unsanft aus dem Schlaf. Erschrocken sah sie sich um.
Sie kamen näher. Langsam, aber unwiderruflich. Sie hielt ihr Baby fest in den Armen.
Trotz des immer lauter werdenden Lärms, schlief es tief und fest. Sie spürte den feuchten Atem des Babys an ihrem Hals.
Panik stieg in ihr auf. Ihr wurde schlagartig klar, dass sie weg musste und zwar schnell. Sie kamen näher und sie würden kein Erbarmen haben. Sie würden sie und ihre Familie nicht verschonen. Nicht einmal ihr Baby. Sie würden ihr zuhause zerstören und alle, die es nicht rechtzeitig schafften zu fliehen, töten.
Aber wo sollte sie hin? Wo um Himmels Willen, wo sollte sie nur hin?
Sie hatte gewusst, dass es eines Tages so weit sein würde. Viele hatten bereits ihre Heimat auf diese grausame Art und Weise verloren. Sie kamen von weit her, um in dieser Gegend Schutz zu suchen. Viele von ihnen jedoch hatten es nicht geschafft, bis hierher zu fliehen und ihr Leben gelassen. Andere trauerten um ihre Kinder, Eltern oder Geschwister.
Die Panik lähmte sie. Doch ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Der Geruch des Feuers biss ihr scharf in der Nase. Das Baby wachte auf und schrie. Es krallte sich in ihr orangebraunes Fell.
Endlich erwachte sie aus ihrer Lethargie. Sie legte schützend einen Arm um ihr Baby während sie sich mit dem anderen den Baum herab hangelte. Dann rannte sie um ihr Leben. Der Rauch, der unaufhörlich in ihre Lunge drang, ließ sie kaum noch atmen. In blanker Panik versuchte sie der Flammenhölle zu entkommen. Doch die Flammen hatten sie bereits umzingelt. Würde sie doch wenigstens ihr Baby retten können! Voller Verzweiflung und Angst stieß sie einen ohrenbetäubenden Schrei aus. Sie warf sich auf Ihr Baby, um es vor den Flammen zu schützen. Sie spürte, wie die Flammen ihr Fell versengten. Ein stechender Schmerz erfüllte ihren ganzen Körper.
Zwei Monate später, am selben Ort ...
In der sengenden Sonne arbeiteten die Männer emsig. Einer der Arbeiter hielt kurz inne, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Seine Augen schweiften über die trostlose Landschaft. Kein Baum war weit und breit zu sehen. Sein Blick blieb an dem großen Schild kleben, das so völlig im Kontrast zur tristen, öden Landschaft in kunterbunten Farben erstrahlte. Es trug die Aufschrift: Hier entsteht eine neue Palmölplantage