Ausschuss
NEKISCH: Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen. Ich stehe hier vor der Tür, hinter der die Ausschusssitzung jeden Moment zu Ende gehen muss. Die Abgeordneten tagen seit gestern 19.00 Uhr, das heißt, seit etwa neun Stunden. Gegen 24 Uhr wurde eine Reihe belegter Brötchen in das Sitzungszimmer gebracht, einige Abgeordnete traten heraus. Niemand sah sich jedoch zu diesem Zeitpunkt in der Lage, etwas über den Ausgang der Sitzung oder über ihren Verlauf zu berichten. Mit mir warten noch eine Reihe unermüdlicher Journalisten und Berichterstatter der Medien...
...Moment, ich sehe gerade, die Tür öffnet sich, ...einen Augenblick... ich muss mich mal....Entschuldigung....ein bisschen vordrängeln, so ....Herr Werning, Herr Werning, Herr Abgeordneter Werning, wären Sie bereit,....Herr Werning, wären Sie bereit, unseren Zuhörern und Zuhörerinnen etwas über das Ergebnis der Ausschusssitzung zu verraten. Was ist beschlossen worden?
WERNING: Bevor ich Ihre Frage beantworte, möchte ich mich nach so einer langen Sitzung erst einmal bei den hier wartenden Journalisten aus Presse, Funk und Fernsehen sehr bedanken, dass sie so lange – ich glaube es sind ja jetzt fast neun oder zehn Stunden - ausgehalten haben, um über das Ergebnis dieser wichtigen Ausschusssitzung, die für die Zukunft unseres Landes, ja ich darf sagen, für die weitere Zukunft unseres Landes nicht ohne entscheidende Bedeutung sein wird,.... bitte halten Sie mir Ihr Mikrofon nicht so dicht,... danke, so geht es....wo war ich stehen geblieben... also für die Zukunft unseres Landes eine große Bedeutung haben wird.
NECKISCH: Danke, Herr Werning, aber was wurde beschlossen?
WERNING: Das kann man nicht mit einem Satz beantworten. Sie wissen, es handelt sich um eine schwierige Materie. Auch Presse, Funk und Fernsehen und die hier anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der Medien, für die ich mich immer gerne zur Verfügung stelle, auch in dieser so späten Stunde, hatten in der Vergangenheit doch oft – ich muss mich vorsichtig ausdrücken – manchmal die große Schwierigkeit, diese so komplizierten Sachverhalte den Bürgerinnen und Bürgern draußen im Lande so darzustellen, dass diese es auch so verstehen konnten, wie die Regierungsvorlage, die mit viel Mühe von Fachleuten und Juristen erarbeitet wurde, aufzufassen gewesen wäre. Die über diese Vorlage herum entstandene Diskussion, die nicht immer den Wissens- und Kenntnisstand widerspiegelte, der erforderlich gewesen wäre, einen solch komplexen Gegenstand zu durchdringen, tat ein Übriges, um das Verständnis zu erschweren.
NECKISCH: Ich kehre zu meiner Anfangsfrage zurück: Was wurde beschlossen?
WERNING: Bevor ich Ihre Frage beantworte, möchte ich, und ich glaube, ich spreche für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser so wichtigen und entscheidenden Ausschusssitzung, betonen, dass die gesamte Sitzung in einer sehr guten Atmosphäre stattgefunden hat und verlief. Die Diskussion wurde getragen durch sehr hohen Sachverstand aller Beteiligten. Wir haben wieder einmal bewiesen, dass verschiedene Parteien zu einer gemeinsamem Lösung imstande sind, wenn der gute Wille nicht fehlt. Die heutige Ausschusssitzung war auch ein guter Tag für die Demokratie in unserem Lande.
NECKISCH: Können Sie uns nun etwas über das Ergebnis der Sitzung sagen?
WERNING: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sitzung waren sich zum Schluss darüber einig, dass wir in dieser komplexen Materie ein ganzes Stück voran gekommen sind. Es gab viel Einigkeit in vielen Punkten. So konnten wir uns darauf einigen – mit Ausnahme weniger Gegenstimmen von ganz links – dass eine Unterbrechung der Sitzung nicht vor 24 Uhr stattfinden sollte. Auf diese Weise haben wir auch dafür gesorgt, dass ein gewisser äußerlicher Druck aufrecht erhalten blieb, der den auch in unseren Reihen so oft vorkommenden Vielrednern und Schwätzern einen gewissen Riegel vorschob. Der Erfolg der Ausschusssitzung, den wir nun in den frühen Morgenstunden zu gewärtigen haben, war auch dieser Tatsache geschuldet.
NECKISCH: Das Ergebnis der Sitzung, Herr Werning, das Ergebnis der Sitzung...
WERNING: Nun werden Sie mal nicht ungeduldig, junger Mann. Häufig ist das Ergebnis einer Sitzung auch abhängig von den äußeren Umständen, unter welchen eine so wichtige und entscheidende Beratung stattfindet. Ich bemühe mich, das Ergebnis, den Beschluss unseres Gremiums, in allen seinen komplizierten Facetten darzustellen. Die Regel der Medien, das eine Nachricht immer in einem Zeitrahmen von 90 Sekunden unterzubringen sei, ist mein Ding nicht. Hier müssen Sie der Politik auch die Zeit geben, die nötig ist, einen komplexen Sachverhalt auch in seiner ganzen Differenziertheit darzustellen.
Ich komme aber jetzt zu Ihrer Frage, wenn Sie gestatten. Als Beschluss, als ein gemeinsamer Beschluss aller Parteien, wurde festgehalten, dass es noch ein paar Bereiche gibt, über die wir im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Änderungsvorschläge einzelner Fraktionen und eventuell auch einzelner Angeordneter zurückkommen müssen und wollen. Zum Schluss wollen wir dem Deutschen Bundestag ein Werk vorlegen, dass mit großer Mehrheit beschlossen werden kann. Das sind wir dem deutschen Volke schuldig. Nichts ist schlimmer als ein Gesetzeswerk, das nach wenigen Monaten in der Praxis der Nachbesserung bedarf. Lieber in Ruhe eine gute Arbeit abliefern als hinterher ständig korrigieren müssen. Dieser Grundsatz der politischen Arbeit gilt auch für das normale Leben da draußen. Diesen Grundsatz, junger Mann, diesen Grundsatz dürfen Sie auch für Ihre Arbeit als Berichterstatter und Journalist in das Grundmuster Ihrer Medienarbeit gerne integrieren.
NECKISCH: Ich möchte mich, Herr Werning, bei Ihnen recht herzlich für Ihre Aussagen bedanken. Könne Sie uns zum Ende den wesentlichen Kern des heutigen Beschlusses in einem Satz sagen?
WERNING: Aber selbstverständlich, nichts ist wichtiger, als in kurzen Sätzen verständlich zu argumentieren. Die Demokratie lebt davon, dass das Volk weiß, worum es geht und in Wahlen seine wohl abgewogene und fundierte Entscheidung treffen kann. Niemandem ist damit geholfen, wenn....
NECKISCH: Herr Werning, bitte Ihre Kernaussage, bitte....
WERNING: Wir machen weiter, wie immer....zum Wohle...
NECKISCH: Danke, Herr Werning.