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Aussöhnung mit Weihnachten

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06.08.2005
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Aussöhnung mit Weihnachten

Es fing damit an, dass meine Uhr nicht stimmte. Sonst komme ich nämlich immer zu spät oder in allerletzter Minute, wenn ich eine Veranstaltung nicht wirklich besuchen möchte. Ich sag ja nicht, dass ich nichts dafür kann; nur je mehr ich mich um Pünktlichkeit bemühe, umso mehr kommt dann immer dazwischen.

Aber diesmal ging meine Uhr falsch, und so war es noch fast eine Stunde bis zum Beginn des Gottesdienstes. Noch war die Kirche leer, aber es war ja Weihnachten, und bald würden hochbetagte Damen kommen, um sich ihre Stammplätze zu sichern. Ich setzte mich in eine der Bänke in der Mitte und sah mich gedankenverloren in dem nur durch Kerzen erhellten Schiff um. Was wollte ich hier? Ich fand Kirche langweilig, eigentlich schon seit dem Kindergottesdienst , und ich hatte mich seit ein paar Jahren in den Kreis derer eingereiht, die nur einmal im Jahr in die Kirche gingen. Und das auch nur meiner kleinen Nichte zuliebe. Schließlich war ich nicht nur ihr Paten-, sondern auch ihr Lieblingsonkel. So schenkte ich ihr jährlich diese Stunde der Langeweile.

Aber war es das wert? Wie viel lieber hätte ich ihr etwas anderes gegeben, ihr etwas mitgeteilt von dem, was ich doch nur außerhalb dieser steinernen Bauten erlebt und erfahren hatte? Die Pastorin würde sicher über die „Liebe Gottes“ sprechen, doch würde es sich hohl anhören aus ihrem Mund. Wusste sie denn überhaupt, wovon sie sprach? Hatte sie dieses Einssein mit der ganzen Welt wirklich schon einmal gespürt? Wenn, dann musste es schon lange her sein und für sie nichts weiter als eine schal gewordene Erinnerung.

Ich hätte Anja lieber eine andere Wirklichkeit gezeigt, ihr beigebracht, wie sie im Sitzen oder bei einem Spaziergang den Punkt der Stille in sich finden konnte, der die Türen öffnete für dieses Gefühl. Doch Anjas Eltern waren dagegen; ein bisschen Religionsunterricht in der Schule, dann und wann ein Kirchgang waren ihrer Meinung nach genug für sie. Sie selbst kannten ja nicht mehr; sie spürten nicht einmal das Sehnen bei einer gutgemachten Predigt, dass es jetzt weiter, tiefer gehen sollte, ein Stück der Wahrheit aufzudecken. So konnte ich es ihnen nicht verdenken.

Langsam füllte sich die Kirche, Menschen strömten durch alle Pforten, und da war auch mein Bruder mit seiner Familie. Anja setzte sich artig neben mich, und bald begannen erste Orgeltöne. Ein schwerer Duft breitete sich aus, ähnlich wie in einer katholischen Kirche. Ein Krippenspiel wurde inszeniert, wie fast jedes Jahr, Joseph, Maria mit der Puppe im Arm, die sie in die Krippe aus Karton legte, dann die Engel, die Hirten, die drei Weisen. Die Kinder wurden aufgefordert, zur Krippe zu kommen und ein kleines Geschenk abzuholen, alles wie immer. Doch dann kam der große Unterschied.

„Weihnachten ist nicht nur ein Fest für die Kinder“, sagte die Pastorin. „ Auch die Erwachsenen mögen nun aufstehen und zur Krippe kommen.“
Anja, von ihrem Ausflug zum Altar schon zurück, sah mich freudig an, und ihr Gesicht glühte. Sie nahm mich bei der Hand, und wir gingen los. Schritt für Schritt im Gedränge mit den anderen. In dieser Kirche kann man ganz um den Altar herumgehen, und so zogen wir unsere Kreise, gemessen, bedächtig, andachtsvoll. Ich hatte den Eindruck, wir wären von hellem Licht umgeben, das mit jeder Umdrehung, jedem Schritt strahlender wurde, und der Boden unter unseren Füßen schien langsam anzusteigen. Wie auf einer Spirale gingen wir weiter auf unserer Pilgerschaft, jeder bei sich und doch alle vereint.

Allmählich wurden unsere Kreise enger, und irgendwann standen wir vor der Krippe. Da war Maria, wie man sie sich immer vorstellt, das Sinnbild von Jugend und Reinheit, und der bärtige Joseph mit gutgemachter Maske. Da war immer noch die Puppe in dem Karton, doch plötzlich war da noch etwas anderes, darüber, dahinter, schwer zu lokalisieren. Hinter diesem Krippenspiel, diesen Konfirmanden war eine andere Begebenheit, die durch sie hindurchschimmerte und sie durchdrang. Wieder eine Frau, ein Mann und diesmal ein Säugling, nur schemenhaft erkennbar und doch ganz real. Ich fühlte den Drang, niederzuknien, Demut und Andacht zu zeigen.
„Es ist doch nur eine Puppe!“, schoss es mir durch den Kopf. „Und selbst das Kind dahinter ... Ich bete doch kein Kind an!“

Gut, ich hatte Jesus immer bewundert, seinen Mut, seine Weisheit, seine Nähe zu Gott. Aber ich war kein Christ, und schon als Kind hatte ich nicht verstanden, wie diese Menschen in der Bibel ein Kind anbeten konnten. Es war mir unsinnig vorgekommen und sogar ein wenig gotteslästerlich! Doch als ich jetzt zu der Szene hinüberblickte, bemerkte ich noch etwas anderes, etwas drittes, das beide Ebenen durchdrang. Es waren keine Personen; ein goldenes, strahlendes Licht, und damit verbunden ein Wissen, das jenseits von aller Form war. Ich kniete nieder vor der Krippe; Puppe, Kind, alles war unwichtig, alles Symbole, Stellvertreter für die Wirklichkeit. Und aus weiter Ferne kam eine Melodie herüber, altbekannt und doch ganz neu: „Freue, freue dich du Christenheit!“

Ich kniete immer noch, doch in meiner Bank in der Mitte der Kirche; Anja hatte es mir wohl gleichgetan und löste sich langsam aus ihrer Stellung.
„Hallo Michael!“, sagte sie herzlich, als ich mich erhob, und nahm mich stürmisch in die Arme.
Ich schaute auf, verwirrt , sah, wie die Kirche sich langsam füllte und hörte die Glocken, die den Anfang des Gottesdienstes einläuteten.

 

So, ich hoffe, ihr seid Weihnachten noch nicht überdrüssig. Andererseits ...

 

Hi Elisha,

mir hat die Geschichte leider nicht gefallen. Das kann aber auch damit zusammenhängen, dass ich eine unverbesserliche Heidin bin. ;) Jedenfalls denke ich eher wie dein Prot vor seiner Veränderung. Wahrscheinlich kann ich einfach nicht anders, als diesem Kirchenkram ablehnend gegenüberzustehen. Es kann also sein, dass einfach nur die Thematik nicht ganz meinen Geschmack trifft. Und damit leider auch die Umsetzung. Sie wirkt auf mich ein wenig altbacken :shy:, passt damit eigentlich ganz gut zur Umgebung und trifft vielleicht einfach ebenfalls nicht meinen Geschmack. Und mit dem Umschwung: Ein paar geschickt platzierte Kerzen können schon ein nahezu goldenes Leuchten (je nach Umgebungsfarbe) hervorrufen. ;)

Oh Gott, wahrscheinlich hätte ich besser meinen Mund gehalten. Aber ich denke wirklich, man hätte die Geschichte lebendiger schreiben können. Du schilderst unheimlich viel seine Gedanken. Aber es passiert im Grunde fast nichts. Und an einem Punkt habe ich ein Logikproblem:

„Hallo Michael!“, sagte sie herzlich, als ich mich erhob, und nahm mich stürmisch in die Arme. „Du hast ja ganz intensiv gebetet. Und du bist sogar pünktlich.“
Sie sind ja beide schon eine Weile da. Das hätte ich mir eher zur Begrüßung vorstellen können. Auch wenn es kurz vor dem eigentlichen Gottesdienst war. Anjas Familie war ja sicher pünktlich, und ein kurzes gerauntes "Hallo. Huch, du bist ja pünktlich" hätte da sicher noch Platz gefunden. Am Ende habe ich jedenfalls gestutzt und mich nochmal mit den Namen vergewissert, dass es tatsächlich die Nichte ist, die das sagt, die aber auch vorher schon neben ihm saß und mit ihm zur Krippe ging.

In dieser Kirche kann man ganz um den Altar herumgehen, und so zogen wir unsere Kreise,
Auch wenn die Kirche immer noch steht und das Drumherumgehen immer noch möglich ist, würde ich durchgängig in der Vergangenheitsform bleiben.

Ich niete nieder vor der Krippe;
Da fehlt ein Buchstabe. Mehr wird nicht verraten. ;)

Sorry, wahrscheinlich ist es wie gesagt tatsächlich nicht mein Thema, und andere mögen die Geschichte toll finden. Warte also besser erstmal auf andere Kommentare und nimm meine Kritik nicht zu ernst. :shy:

 

Liebe Elisha!

Ich gehöre wohl auch nicht ganz Deiner Zielgruppe an, mit Gottesdiensten und dem Drumherum hab ich auch nichts am Hut. ;)
Stilistisch fand ich die Geschichte jedenfalls ganz gut zu lesen. Was mir nicht so gefallen hat, sind diese Ankündigungen wie "Doch dann kam der große Unterschied" und "bemerkte ich noch etwas anderes, etwas drittes, das beide Ebenen durchdrang", sowie die restlichen dazwischen. Schöner fände ich es, wenn Du das alles einfach erzählen würdest.

Das mit der (lt. Katzano späten) Begrüßung habe ich so verstanden, daß Dein Protagonist das alles irgendwie geträumt hat (wahrscheinlich war das Beten während des Wartens so langweilig, daß er dabei eingeschlafen ist :D) und er deshalb die anderen erst begrüßt, als er wieder aufwacht bzw. sie dann tatsächlich da sind.

Noch ein paar Kleinigkeiten:

„Weihnachten ist nicht nur ein Fest für die Kinder“, sagte die Pastorin, „und auch die Erwachsenen mögen nun aufstehen und zur Krippe kommen.“
- Nachdem sie vorher "nicht nur" sagt, finde ich das "und" nachher unpassend, würde das entweder streichen oder durch "sondern" ersetzen.

„Es ist doch nur eine Puppe!“, schoss es mir durch den Kopf, „und selbst das Kind dahinter ...Ich bete doch kein Kind an!“
... Kopf.Und ... Leertaste vor "Ich"

und damit verbunden ein Wissen, das jenseits von aller Form war. Ich niete nieder vor der Krippe;
- Wissen hat Formen? :susp: Jedenfalls würde ich schreiben: "das jenseits aller Formen war" oder "das jenseits jeder Form war"
- kniete

Ich schaute auf, verwirrt , sah,
- Eine Leertaste zuviel nach "verwirrt"

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Eigentlich wollte ich zu deiner Geschichte schweigen, Elisha, aber nachdem du um Stellungnahmen beinahe gebettelt hast, will ich dir nichts ersparen.

Das Motiv der Geschichte – ein Mann, der angeblich nichts von Pastoren, Kirchen und deren Krimskrams hält, wird plötzlich bekehrt – hast du nicht überzeugend dargestellt. Die entscheidenden Stellen, die diese Umkehr erklären sollen, sind wohl diese:

Alisha schrieb:
Ich hatte den Eindruck, wir wären von hellem Licht umgeben, das mit jeder Umdrehung, jedem Schritt strahlender wurde, und der Boden unter unseren Füßen schien langsam anzusteigen.

Da war immer noch die Puppe in dem Karton, doch plötzlich war da noch etwas anderes, darüber, dahinter, schwer zu lokalisieren. Hinter diesem Krippenspiel, diesen Konfirmanden war eine andere Begebenheit, die durch sie hindurchschimmerte und sie durchdrang. Wieder eine Frau, ein Mann und diesmal ein Säugling, nur schemenhaft erkennbar und doch ganz real. Ich fühlte den Drang, niederzuknien, Demut und Andacht zu zeigen.

Doch als ich jetzt zu der Szene hinüberblickte, bemerkte ich noch etwas anderes, etwas drittes, das beide Ebenen durchdrang. Es waren keine Personen; ein goldenes, strahlendes Licht, und damit verbunden ein Wissen, das jenseits von aller Form war.
Strahlendes Licht, das wär’s. O heilige Einfalt! Zu sagen, hinter der Krippendarstellung gibt es etwas, das jenseits aller Form ist – und damit ist natürlich Gott gemeint! -, ist mir zuwenig. Und anmaßend! Denn du willst missionieren.

Für mich ist diese Geschichte nichts als christliche Propaganda: Geht in die Kirche, betet und ihr werdet erleuchtet werden! Die Krippe ist nicht nur für Kinder da, sie ist auch für euch Erwachsene ein Zeichen, ein Symbol wie das Kreuz! Kehret um und laßt euch wieder verzaubern vom Kerzenlicht, läßt euch einnebeln von schweren Düften und bedeutungsvollen Worten, denn Gott gibt es wirklich!

Ja, man sieht überall sein Werk. Eine zweittausendjährige Geschichte von Mord und Totschlag, gemacht von Menschen, die sich haben einnebeln lassen von nichts als bedeutungsvollen Worten genannt Religion, dem Opium fürs Volk.

Dion

 

Hallo Elisha,

„Hallo Michael!“, sagte sie herzlich, als ich mich erhob, und nahm mich stürmisch in die Arme. „Du hast ja ganz intensiv gebetet. Und du bist sogar pünktlich.“
Selbst, wenn mich in einer Kirche eine Stimmung der friedlichen Demut erfasst hätte, eine solche Bemerkung hätte sie sofort wieder zunichte gemacht.
Leider kann auch ich nichts Positives zu dieser Geschichte sagen. Zu betulich erzählst du die Begebenheit, zu wenig vermittelst du eine gefühlte Ahnung von der Stimmung, die deinen Saulus zum Paulus macht.
Und bei den lieben Verwandten, die den Glauben doch so ernst nehmen, frage ich mich, ob es missionarisch eifernde Bosheit war, einen Atheisten zum Taufpaten zu machen. Man scheint eher auf die Bekehrung das Paten als auf die christliche Begleitung der eigenen Tochter Wert gelegt zu haben.
Ich niete nieder vor der Krippe
andere nieten alle um ;)

Nein, leider erscheint mir diese Geschichte nicht rund.

Sorry, sim

 

Hi Elisha!

Ich bin ja auch kein Kirchenheini, aber dass mir die Geschichte nicht gefallen hat, hatte ganz sicher andere Ursachen.

Also wenn ich das richtig verstanden habe, dann hat der Prot, als er die Kirche betritt, mit der Kirche als Institution nichts am Hut und zählt sich zu den sogenannten "U-Boot-Christen", die nur Weihnachten und/oder Ostern mal einen Gottesdienst besuchen, und das auch nur, weil er seiner kleinen Nichte damit eine Freude macht. Seine eigene Spiritualität findet er auf seine eigene Weise, und für ihn geht sie tiefer als der Glaube der Pastorin.
So weit, so gut. Aber dann setzt er sich auf die leere Bank, sinniert weiter, und dann fängt der Gottesdienst mit dem Krippenspiel an. Dann soll er nach vorne kommen, und als er die von Kindern und einer Puppe gespielte Heilige Familie sieht, da hat er auf einmal eine Vision von der echten Heiligen Familie.
Aber als er sich gerade der Ehrfurcht hingeben will, da wacht er plötzlich auf. Alles nur geträumt. Boah! Was für ein Trip! Jemand erlebt im Traum einen Sinneswandel. Das hat man noch nie gesehen.

Vor allem drei Dinge habe ich daran auszusetzen:

1. Das Ganze ist unplausibel.
Wenn der Prot im Traum einen Sinneswandel erlebt, dann muss der Keim schon im wachen Zustand gelegt worden sein. Er müsste Zweifel gehabt haben, eine Sehnsucht nach Spiritualität, und unbewusst müsste er gewusst haben, dass er sie in der Christengemeinde findet.
Von einer solchen Sehnsucht ist aber vorher nichts zu spüren. Er findet ja außerhalb der Kirche mehr Spiritualität als drinnen.
Aber warum beschwört sein Unterbewusstsein dann diese Vision herauf? Er dürfte doch dafür gar nicht empfänglich sein.
Und dann die Stelle:

Hinter diesem Krippenspiel, diesen Konfirmanden war eine andere Begebenheit, die durch sie hindurchschimmerte und sie durchdrang. Wieder eine Frau, ein Mann und diesmal ein Säugling, nur schemenhaft erkennbar und doch ganz real. Ich fühlte den Drang, niederzuknien, Demut und Andacht zu zeigen.
„Es ist doch nur eine Puppe!“, schoss es mir durch den Kopf, „und selbst das Kind dahinter ...Ich bete doch kein Kind an!“

Dass er innerhalb seines Traums erleuchtet wird und dann noch gegen seine inneren Widerstände ankämpfen muss, will mir als Leser einfach nicht einleuchten. Er trägt einen inneren Konflikt aus, der eigentlich gar nicht da ist. Warum sollte er denn auch das Bedürfnis haben, ein Kind anzubeten?

2. Die Umsetzung ist flach.
Ein solcher Sinneswandel ließe sich sowieso nur plausibel machen, wenn du psychologisch deutlich mehr in die Tiefe gehst. Es reicht einfach nicht, wenn du einen Typen in die Kirche setzt, ein bisschen vor sich hin brüten lässt, und dann hat er einen Traum, der seine Meinung ändert. Es findet keine Handlung statt, also gibt es auch keine Ereignisse, die einen Lernprozess in Gang setzen könnten. Wenn du die Form des inneren Monologs aufrechterhalten willst, dann musst du den Prot auch einen inneren Zwiespalt durchleiden lassen.
Da der "individuelle" Zugang des Prots zur Spiritualität wohl den Schlüssel zum Verständnis seiner Entwicklung beinhaltet, solltest du das deutlich stärker ausleuchten. Die Vision und die Ehrfurcht solltest du deutlich zurückhaltender beschreiben, damit es glaubhaft wirkt.

3. Was willst du eigentlich mit der Geschichte sagen?
Also Weihnachten feiert ja genaugenommen eher ein Ereignis als eine Person. Wenn der Prot sagt:

"Ich bete doch kein Kind an!“

dann hat er völlig Recht. Denn eigentlich hat Jesus zu dem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen, seine Rolle als spiritueller Führer bzw. "Sprachrohr Gottes" wahrzunehmen.
Wenn Eltern den Geburtstag ihres Kindes feiern, sehen sie doch auch das Kind, wie es jetzt ist, und denken nicht an den Nachhall des spirituellen Erlebnisses, das sie bei seiner Geburt hatten.
Was also hat dann die Vision deines Prots zu bedeuten? Das kommt so rüber, als würde der Säugling Jesus verehrt.

Fazit: Sprachlich okay, Stil angemessen, inhaltlich für den hohen Anspruch deutlich zu flach, spannungsmäßig ebenso, so dass es noch ein gutes Stück Arbeit bis zu einer interessanten Geschichte ist.

Ciao, Megabjörnie

 

@all
Danke für eure Kommentare! Ein Verriss ist mir allemal lieber als Schweigen.

Schon beim Abtippen dieser alten Geschichte habe ich befürchtet, dass ich für die Atheisten zu kirchlich, für konforme Christen zu kritisch geschrieben habe. Aber eure Meinung dazu hat mich dann doch interessiert.

@katzano und Häferl

Zitat von Häferl
Das mit der (lt. Katzano späten) Begrüßung habe ich so verstanden, daß Dein Protagonist das alles irgendwie geträumt hat (wahrscheinlich war das Beten während des Wartens so langweilig, daß er dabei eingeschlafen ist ) und er deshalb die anderen erst begrüßt, als er wieder aufwacht bzw. sie dann tatsächlich da sind.
Ich würde es in diesem Fall VISION nenne, aber so ungefähr ...:D

@Dion

Für mich ist diese Geschichte nichts als christliche Propaganda: Geht in die Kirche, betet und ihr werdet erleuchtet werden! Die Krippe ist nicht nur für Kinder da, sie ist auch für euch Erwachsene ein Zeichen, ein Symbol wie das Kreuz! Kehret um und laßt euch wieder verzaubern vom Kerzenlicht, läßt euch einnebeln von schweren Düften und bedeutungsvollen Worten, denn Gott gibt es wirklich!
Christliche Propaganda? Nö, überhaupt nicht! Eher sowas wie "selbst an diesem dürren Ort findet man manchmal was". Aber das Symbol eines Neugeborenen mitten in einer Winternacht hat doch was, oder? Genauso wie der immergrüne Baum oder die Wiederkehr des Lichts.
Die Geschichte habe ich geschrieben, nachdem ich jahrelang nur Hass und Ekel für die Weihnachtszeit empfunden habe, für Kirche und Konsum zusammen. Ich hatte, durch spirituelle Praxis, wirklich eine Aussöhnung, so dass ich von da ab einen neuen Blick auf die Symbole werfen konnte.

Dean, warum schreibst du mich eigentlich meistens mit einem A?

@sim

Und bei den lieben Verwandten, die den Glauben doch so ernst nehmen, frage ich mich, ob es missionarisch eifernde Bosheit war, einen Atheisten zum Taufpaten zu machen.
Die Verwandten nehmen den Glauben ja gerade nicht ernst:
ein bisschen Religionsunterricht in der Schule, dann und wann ein Kirchgang waren ihrer Meinung nach genug für sie.
Und der Prot ist kein Atheist, sonst hätte er nicht so ein Sehnen, wie es den Verwandten fehlt:
Sie selbst kannten ja nicht mehr; sie spürten nicht einmal das Sehnen bei einer gutgemachten Predigt, dass es jetzt weiter, tiefer gehen sollte, ein Stück der Wahrheit aufzudecken.

@Megabjörnie
Von einer solchen Sehnsucht ist aber vorher nichts zu spüren. Er findet ja außerhalb der Kirche mehr Spiritualität als drinnen.
Aber warum beschwört sein Unterbewusstsein dann diese Vision herauf? Er dürfte doch dafür gar nicht empfänglich sein.
Vielleicht will er gern in der Kirche etwas finden! Wenn er so christlich-kirchlich erzogen wurde wie ich und ein gutes Kind sein will ...:D

Es findet keine Handlung statt, also gibt es auch keine Ereignisse, die einen Lernprozess in Gang setzen könnten.
Die Handlung ist doch: er wandelt (im Geist) umher und sieht/erkennt nacheinander die drei Ebenen. Die Frage nach der Anbetung des Kindes erfolgt doch im Übergang von der zweiten zur dritten Ebene, bzw. löst diesen aus. Mir ist nicht klar, was dir da fehlt.

So, die Fehler, besonders mit dem niete, werde ich ändern. Der Schluss ist sicher die fünfte Version und gefällt mir auch noch nicht. Nicht von der Aussage, dass alles nur in einer anderen Ebene real war, sondern sprachlich.
Ob und wie ich überarbeite, kann ich mir ja beim Kirchgang überlegen, den ich Heilig Abend mache, meiner Mutter zuliebe. Oder, vielleicht sollte ich da einfach offen sein? Mal sehen, was passiert.

 

Elisha schrieb:
Ich würde es in diesem Fall VISION nenne…

Christliche Propaganda? Nö, überhaupt nicht! Eher sowas wie "selbst an diesem dürren Ort findet man manchmal was". Aber das Symbol eines Neugeborenen mitten in einer Winternacht hat doch was, oder? Genauso wie der immergrüne Baum oder die Wiederkehr des Lichts.
Die Geschichte habe ich geschrieben, nachdem ich jahrelang nur Hass und Ekel für die Weihnachtszeit empfunden habe, für Kirche und Konsum zusammen. Ich hatte, durch spirituelle Praxis, wirklich eine Aussöhnung, so dass ich von da ab einen neuen Blick auf die Symbole werfen konnte.
Okay, mit dem "selbst an diesem dürren Ort findet man manchmal was" versuchst du die ganze Sache jetzt zu verkleinern, Elisha. Aber du hast eine VISION gehabt, und das ist keine kleine Sache, das findet man nicht so nebenbei.

Diese Vision hat dich, wie sim richtig für den Protagonisten bemerkte, von Saulus zum Paulus gemacht, hat dich mit dem kirchlichen Brimborium aussöhnen lassen. Wie Paulus seine Briefe, hast du darüber eine Geschichte geschrieben, deren Botschaft wir alle vernommen haben. Sie lautet: Gehet hin, betet und ihr werdet vielleicht auch sehen: Das Brimborium ist gar nicht so schlecht, ist ein Symbol, ist Licht.

Das nenne ich Versuch einer Missionierung.

Dion

PS:

Elisha schrieb:
Dean, warum schreibst du mich eigentlich meistens mit einem A?
Tut mir leid, das war ein Versehen – ich werde mich bessern.

 

Zitat von Elisha:

Die Handlung ist doch: er wandelt (im Geist) umher und sieht/erkennt nacheinander die drei Ebenen. Die Frage nach der Anbetung des Kindes erfolgt doch im Übergang von der zweiten zur dritten Ebene, bzw. löst diesen aus. Mir ist nicht klar, was dir da fehlt.

Äh, habe ich da was nicht mitbekommen? Was sind die zweite und die dritte Ebene nochmal? Das finde ich erklärungsbedürftig. Sonst reden wir noch aneinander vorbei.
Was mir fehlt, ist ein Ereignis, das sein Umdenken plausibel machen könnte, wie ich weiter oben schon erwähnte. Du wirst uns doch nicht ernsthaft erzählen, du hättest dich mit dem Weihnachts-/Kirchenkram ausgesöhnt, weil du mal eben eine Vision hattest von etwas, das dich nicht wirklich interessierte. Es ist klar, dein Prot ist nicht mit dir identisch, aber wenn du schon sagst, du selbst wärst die Vorlage gewesen ...

@Dion:
Das mit dem Missionierungsversuch ist doch wohl Quatsch. Dann wäre ja jeder Text, der eine Aussage mit moralischer Dimension hat, ein Missionierungsversuch. Ich sehe nur, dass hier ein Autor eine religiöse Thematik aus seiner persönlichen Perspektive beleuchtet. Ist doch ihr gutes Recht.

 

@Dion und Megabjörnie
Zunächst einmal hat mich verwirrt, als Autorin so mit dem Prot gleichgesetzt zu werden. Meine Geschichten basieren auf meinen Erlebnissen und Gedanken, aber es sind immer konstruierte, bewusst erzählte Geschichten. Bei dieser kommt noch die zeitliche Entfernung dazu (die Vorlage für Anja ist mittlerweile 22 Jahre alt), so dass ich sogar zu mir als damaliger Verfasserin einen Riesenabstand habe und erstmal rekonstruieren musste, was damals in mir vorging. Und da ja nicht gilt: Ich war jung und brauchte das Geld ..., habe ich nochmal in mir nachgeguckt, warum ich die Geschichte jetzt gepostet habe.

Ich fand es damals gelungen, Erfahrungen aus esoterischen Übungen und einen typischen Kirchengang zu verbinden. Und das gefällt mir auch heute noch an der Geschichte.

@Dion

Gehet hin, betet und ihr werdet vielleicht auch sehen: Das Brimborium ist gar nicht so schlecht, ...
Dann hätte ich nicht die Befürchtung, mich morgen in der Kirche zu langweilen :D Nicht jeder, der sich nicht zum Atheismus bekennt, will missionieren. Und in deinem Eifer, Spiritualität, christlichen Glauben und Taten der Kirche in einen Sack zu stecken, damit man auf alles draufhauen kann, finde ich dich ganz schön missionarisch. ;)

@Mega
Ich hab mir also nochmal deine Frage gestellt:

Was willst du eigentlich mit der Geschichte sagen?
Mir war es wichtig, ein spirituelles Erlebnis zu beschreiben.

Was mir fehlt, ist ein Ereignis, das sein Umdenken plausibel machen könnte, wie ich weiter oben schon erwähnte.
Als Jugendliche habe ich aufgrund kritischen Denkens aufgehört, Christin zu sein und unter einem Zwiespalt gelitten. Damals habe ich, je nach Kontext und Gesprächspartner, mit zwei Arten Vokabular jongliert: im Text ist die "Liebe Gottes" versus "Verschmelzung, Einssein mit der Welt" ein Beispiel dafür.
Außerdem ist das
Sehnen bei einer gutgemachten Predigt, dass es jetzt weiter, tiefer gehen sollte, ...
ein Zeichen dafür.
Ich dachte, damit hätte ich es vorbereitet.

Die Ebenen: Krippenspiel, historische Maria und Joseph, Spiritueller Hintergrund

Warum sollte er denn auch das Bedürfnis haben, ein Kind anzubeten?
Er ist spirituell ergriffen, sieht aber zunächst nur das Kind, nicht den Hintergrund. Er kniet dann nicht vor der Puppe oder dem Kind, sondern der erfahrenen Gottesnähe.

Danke, dass ihr euch so intensiv damit auseinandersetzt.

Gruß, Elisha

 

Megabjörnie schrieb:
Das mit dem Missionierungsversuch ist doch wohl Quatsch.
Wie ein Text auf mich wirkt, Megabjörnie, kannst du nicht beurteilen.

Elisha schrieb:
Zunächst einmal hat mich verwirrt, als Autorin so mit dem Prot gleichgesetzt zu werden.
Nicht ich habe dich mit dem Prot gleichgesetzt, sondern du selbst hast diese Verbindung hergestellt – schau dir deine Postings hierzu noch einmal durch.

Elisha schrieb:
Und in deinem Eifer, Spiritualität, christlichen Glauben und Taten der Kirche in einen Sack zu stecken, damit man auf alles draufhauen kann, finde ich dich ganz schön missionarisch.
Das mag sein, deswegen habe ich zunächst auch geschwiegen – ich kenne mich halt. :D Aber du hast mich/uns herausgefordert, beklage dich jetzt bitte nicht, daß dir Dinge vorgeworfen werden, an die du beim Schreiben der Geschichte vielleicht nicht gedacht hast, die aber gleichwohl so interpretiert werden können – Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. :D

Dion

 

@Dion

Nicht ich habe dich mit dem Prot gleichgesetzt, sondern du selbst hast diese Verbindung hergestellt – schau dir deine Postings hierzu noch einmal durch.
Hatte ich vor meinem letzten Posting schon. Ich habe euch Hintergrund-Infos gegeben; auch wenn ich eine Aussöhnung hatte, kann man das nicht eins zu eins übersetzen. Das solltest du NIE mit Geschichten machen.

beklage dich jetzt bitte nicht, daß dir Dinge vorgeworfen werden, an die du beim Schreiben der Geschichte vielleicht nicht gedacht hast ...
Für mein Schreiben stehe ich ein. Für nicht werkimmanente Interpretationen nicht.;)

 

Der Schluss ist sicher die fünfte Version und gefällt mir auch noch nicht. Nicht von der Aussage, dass alles nur in einer anderen Ebene real war, sondern sprachlich.
So, zur sechsten Version habe ich den Stimmungskiller (s. sims Posting) entfernt.

 

Hallo Elisha,
ich will mich auch nicht ganz stumm zeigen, sondern auch was zu der Geschichte sagen, auch wenn schon einiges gesagt wurde.

Meiner Meinung hängt die Geschichte für mich an einer Stelle, nämlich:
Mein Vorschlag wäre den Prot "leise" zu verändern. Ich glaub nicht, dass es dazu die große Vision braucht. Das ist viel zu gewaltig und dieser "suchende" Charakter braucht das vlt. gar nicht, auch wenn du es nachher relativierst, wenn du ihn "erwachen" lässt.

Vlt. wurde des dir jetzt einfach schon zu oft gesagt, aber ich wollt' es noch einmal unterstreichen.

Frage meinerseits: Hab ich den Prot jetzt richtig verstanden? Er sucht nach Liebe, Wahrheit, Weisheit, hat sie aber nicht in der Kirche gefunden und findet sie jetzt in der Kirche, wo ihm die Vision kommt, dass diese Dinge bei Gott/ Jesus liegen? Aber wo ist dann die Entwicklung? Jetzt hat er dieses Bewusstsein auch in der Kirche. Ist das jetzt die "einzige" Veränderung des Prots, seine Einstellung zur Kirche?

Ich bin zu doof, bitte, hilf mir.

Den Rest find ich eigentlich in Ordnung.

Gruß,
der Ritter

 

Hi Elisha,

Ich habe deine Geschichte in der aktuellen Fassung gelesen und werde dir jetzt nur meine Gedanken, die ich nach dem Lesen hatte, mitteilen.

Eine wirklich, wirklich schöne Geschichte!

Am Anfang bin ich ein wenig über die Stereotypheit gestolpert und auch in der Geschichte über die Belanglosigkeit, doch das Ende hat alles wieder rausgerissen.

Vielleicht nicht unbedingt der riesige Wurf und wahrscheinlich tatsächlich nur für bekennende Christen und Spiritualisten geeignet, doch eine schöne, kleine Geschichte für Weihnachten, die mir zum Ende tatsächlich die Tränen in die Augen trieb.

Also, in dem Sinne, schöne Weihnachten!

Grüße,
Mona

 

Hallo Elisha,

Ich fand Kirche langweilig, eigentlich schon seit dem Kindergottesdienst , und ich hatte mich seit ein paar Jahren in den Kreis derer eingereiht, die nur einmal im Jahr in die Kirche gingen.
Das geht gerade Menschen, die nicht Atheisten sind, sondern Christen, so. Christ zu sein hat oft immer weniger mit Kirche zu tun, weil es dort eben keine spirituellen Erfahrungen gibt. Deshalb ist deine Geschichte für mich auch kein missionarischer Text, sondern eher für die geeignet, deren erste Liebe erkaltet ist (und sowas gibt es ja auch ausserhalb der Kirche). Zu erfahren, dass hinter dem langweiligen immer gleichen farblosen Gottesdiensten noch eine Ebene liegt und hinter dieser noch eine - das ist ein sehr schönes Weihnachtsgeschenk und ich wünsche jedem, der seine erste Liebe verloren hat, eine solche Erfahrung.

Liebe Grüße

Jo

 

Hallo Elisha,

das verstehe ich nicht: Wie kommt der Protagonist zu seinen Annahmen? Zitat:

„Die Pastorin würde sicher über die „Liebe Gottes“ sprechen, doch würde es sich hohl anhören aus ihrem Mund. Wusste sie denn überhaupt, wovon sie sprach? Hatte sie dieses Einssein mit der ganzen Welt wirklich schon einmal gespürt? Wenn, dann musste es schon lange her sein und für sie nichts weiter als eine schal gewordene Erinnerung.“

Ich denke, ein Nichtchrist wird nicht als Pate anerkannt.

Vielleicht müsstest du noch deutlicher machen, von welcher geistlichen Position aus der Protagonist den Wandel erfährt, das Beschriebene „Ich hätte Anja lieber eine andere Wirklichkeit gezeigt, ihr beigebracht, wie sie im Sitzen oder bei einem Spaziergang den Punkt der Stille in sich finden konnte, der die Türen öffnete für dieses Gefühl“ zeigt zumindest, dass der Pate eine mystische Ader hat.


Andere Geschichten von dir sind wesentlich überzeugender, aber als missionarisch habe ich deinen Text nicht empfunden. Er schildert ein fiktives Ereignis, wie das halt zu Kurzgeschichten gehört.


Noch `ne Kleinigkeit:

„ Auch die Erwachsenen

- „Auch


„Da war Maria, wie man sie sich immer vorstellt, das Sinnbild von Jugend und Reinheit, und der bärtige Joseph mit gutgemachter Maske. Da war immer noch die Puppe in dem Karton, doch plötzlich war da noch etwas anderes, darüber, dahinter, schwer zu lokalisieren.“

- Wiederholung „da“.

L G,

 

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