Ausgestoßen
Die Kurzgeschichte habe ich vor drei Jahren geschrieben. Und obwohl ich sie in der ersten Person geschrieben habe, bezieht sie sich nicht auf mich.
„Nein, nicht schon wieder,“ winselte ich, „immer auf mich.“ Doch es war zu spät. Nelson hatte mich bereits gepackt und gegen mein Schließfach geworfen. Er sagte, dass ich ihm Geld geben soll. Ich tat es, ohne mich zu wehren, denn ich wusste was ansonsten passieren würde. Daraufhin ging er aber trotzdem mit mir auf die Toilette und steckte mich kopfüber hinein. Und das ging nun schon seit zwei Monaten jeden Tag so. Ich stellte mir die Frage, was die Gründe für seine Angriffe waren. „Was hat er gegen mich? Mittlerweile wage ich mich nicht einmal mehr in die Schule und ich wäre auch nicht hier ,wenn ich nicht müsste,“ sagte ich betrübt zu meinem Freund. Auf Anraten von ihm ,beschloss ich mich zu wehren. Doch ich hatte keine Ahnung, wie ich das machen sollte. Mein Freund meinte, ich solle mich mit Nelson prügeln. Meine Freundin jedoch riet mir, mich an einen Lehrer zu wenden. Aber ich entschied mich, wie jeder dumme Junge für die schmerzhaftere Lösung. Welche Folgen das haben würde, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Aber es sollte mir bald klar werden, welchen Fehler ich damit begann. Am nächsten Tag kam Nelson zu seiner täglichen Schutzgeldeintreibung. Mir wurde heiß und kalt und man sah mir an, dass mich mein Vorhaben doch sehr mitnahm. Nelson jedoch, schien das alles nicht zu merken. Er sagte wie jeden Tag nur: „ Geld raus, sonst gibt es Schläge.“ Als er merkte, dass ich keine Reaktion zeigte, lief er rot an und schrie den selben Satz noch einmal. Doch auch diesmal tat ich nichts. Ich suchte nach meinem Freund und fand ihn. Er starrte mich mit verwunderten Augen an. Jedoch wunderte er sich weniger über meinen Mut, als über die Tatsache, dass ich noch nicht zugeschlagen hatte. Zumindest deutete ich seinen Blick so. Doch ich wartete noch auf den richtigen Augenblick. Ich sah in Nelsons Augen. Sie funkelten mich böse an. Um uns herum bildete sich eine Masse von Schaulustigen, die nur darauf warteten, dass ich endlich meine Prügel bezog. „Warum ist das nur so? Weshalb wollen die alle mich bluten sehen?“ fragte ich mich. Ein leise Verdacht stieg in mir auf, als ich zuerst Nelsons und gleich darauf meine Hand ansah. Aber ich wollte ihn nicht wahr haben. Plötzlich erblickte ich meine Freundin, die mir einen traurigen Blick zuwarf. Und dann ging alles ganz schnell. Nelson setzte zum Schlag an. Ich konnte im letzten Moment noch ausweichen und Nelson schlug mit der Hand gegen die Wand. Er brüllt auf und ich wusste, dass es jetzt keinen Ausweg mehr gab. Angst und ein leichtes Gefühl von Zuversicht krochen in mir hoch. Ich hatte schon oft gehört, dass Menschen die vor Wut raßen, oft unvorsichtig werden, und daher witterte ich plötzlich eine Chance. Da hörte ich meinen Freund rufen: „Los, mach jetzt.“ Ich holte aus und trat ihm mit voller Wucht in die Rippen. Er sackte zusammen. Ein Gefühl der Erleichterung machte sich in mir breit. Doch als ich in die Runde blickte, wusste ich dass ich, dass außer meiner Freundin und Thomas, so heißt mein Freund, keine Freunde hatte und dass nie jemand zu mir gehalten hatte. Einige drehten sich weg, andere konnten sich nur mit Mühe zurückhalten, um nicht auf mich loszugehen. Da bemerkte ich ,dass ich anders war als die Anderen. Zumindest für sie. Ich selbst fühlte mich nicht so. Ich bemerkte das ich ein Ausgestoßener war, und das nicht nur will ich Nelson zusammengeschlagen hatte. Als ich mich von der Menge entfernte, rief mir einer von Nelsons Freunden nach: „Du verdammter schwarzer Hund. Das wirst du noch bezahlen.“
Ich möchte mit dieser Geschichte keine Diskussion über Rassenhass erreichen. Sie zeigt nur, wie es einigen Schwarzen, aber auch Weißen in Schulen geht, wo ihre Hautfarbe in der Unterzahl ist.