Ausflug an die Sonne
Das Bild zeigt uns auf dem Balkon des Hotelzimmers. Ich sitze auf einem Liegestuhl, Herkules steht neben mir, ich streichle ihm den Rücken. Im Hintergrund sieht man den Lago Maggiore, mitten drin die zwei Inseln von Brissago. Es war etwa 19 Uhr, mitten im Juli. Das Foto gefällt mir. Ich habe ein Lachen auf dem Gesicht. Herkules schwänzelt wie fast immer. Er ist eine Frohnatur. Ich liebe ihn.
Am Morgen zuhause grübelte ich noch über unser Wetter nach. Es regnete wieder mal. Ich hatte frei und liess mir beinahe die gute Laune durch das schlechte Wetter vermiesen. Dann machte ich etwas, das ich nur sehr selten mache: ich erkundigte mich im Internet nach dem Wetter auf der Alpensüdseite. Natürlich: herrlich warm, blauer Himmel und Sonnenschein.
Der Entschluss war schnell gefasst: ein Tagesausflug in die Sonnenstube der Schweiz. Ich packte Herkules ins Auto und wir fuhren über den Gotthardpass ins Tessin. Ich liebe die Fahrt über den Pass. Ich fahre nur selten durch den öden Tunnel.
In Airolo kam der obligate Halt wie bei jeder Fahrt ins und vom Tessin. Seit Jahren beim gleichen Restaurant und wohl eben so lange ein Corretto Grappa. Dieses Ritual bedeutet für mich der Start in den Süden oder eben dann auch das Ende davon.
Nach Airolo fuhren wir mit geöffnetem Dach weiter. Es war herrlich. In Locarno besuchten wir kurz gute Freunde, die zufällig auch hier unten waren. Dann spazierten Herkules und ich dem See entlang und genossen die wärmende Sonne.
Eigentlich hatte ich nur einen Tagesausflug geplant. Ich sass auf einer Parkbank, Herkules lag neben mir am Boden. Wir sind beide Sonnenanbeter. Mein Blick wanderte über den See. Sollte es wirklich nur ein Tagesausflug sein? Morgen hatte ich ja auch noch frei.
Ich zückte mein Handy und suchte ein ansprechendes Hotel für mich und Herkules. Kein leichtes Unterfangen während der Zeit vom Filmfestival in Locarno. Trotzdem wurde ich fündig und freute mich sehr darüber. Wenig später bezogen wir das Zimmer, wo dann eben das Foto entstand, womit meine Beschreibung beginnt.
Langsam bekam ich Hunger. Wir gingen zur Reception, um uns nach dem Weg in den Speisesaal zu erkundigen. Dort hiess es, ich dürfte den Hund nicht mitnehmen. So was war mir noch nie passiert. Der Hund dürfte höchstens ins Restaurant mitkommen. Dort gäbe es aber das Menü nicht für mich. Ich begann innerlich zu kochen. Ich debattierte noch eine Weile mit den zwei Frauen, kam aber nicht zum Ziel damit.
Irgendwann riss mir der Geduldsfaden und ich bat, die ganze Buchung rückgängig zu machen. Aha. Jetzt kam Bewegung in die Sache. Die zwei Frauen sagten, sie müssten dies mit der Direktion abklären. Auch nach fünf Minuten Warten hatte ich noch keine Antwort.
Um meinem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, ging ich mit Herkules zurück ins Hotelzimmer und packte alle unsere Sachen wieder ein. So standen wir weitere fünf Minuten später mit dem Koffer wieder an der Reception. Und dann kam die Antwort der Direktion: ich dürfte den Hund mitnehmen ins Restaurant und bekäme dann dort doch mein Menü serviert.
Ich war froh, nicht falsch gepokert zu haben. Ich wäre extrem ungern doch noch heim gefahren oder hätte ein anderes Hotel suchen müssen. Also: wieder alles ins Hotelzimmer und dann los ins Restaurant. Es war ein feines Menü und ich genehmigte mir einen guten Tropfen Wein dazu. Sozusagen: zur Feier des Tages.
Der abschliessende Spaziergang in der Nacht führte Herkules und mich dem Hügel entlang auf einer sehr schmalen Strasse leicht aufwärts bis zu der beleuchteten Kirche. Die Strasse muss schon sehr alt sein. Auch die Beleuchtung weckte nostalgische Gefühle in mir. Wieder zurück, versanken wir müde und glücklich im wohligen Hotelbett.