Mitglied
- Beitritt
- 12.01.2008
- Beiträge
- 18
Aus einer Rose
Aus einer Rose
Sie stand dort vor dem Spiegel, mit einer Rose in der Hand, die sie auf Brusthöhe hielt. Sie hatte nichts an außer ihrer purpurroten Unterwäsche. Sie stand nur da und betrachtete sich. Sah, wie die Tränen ihren Kajal verwischten. Das Grün ihrer Augen hatte dieselbe Farbe wie der Stängel der Rose, der ihr sogar bis zu den Knien reichte. Die Rose war wunderschön. Und groß. Und genauso war ihr Traum.
Der Spiegel offenbarte ihr ein Mädchen, das für ihr Empfinden zu dick war. Er zeigte ihr, wie hässlich sie doch war, wenn sie kläglich weinte. Im Anbruch der Nacht vor dem, der doch nur die Wahrheit spricht. Sie rang sich ein Lächeln ab, nur um zu sehen, wie es aussehen würde. Ihr Blick war leer und traurig. Sie konnte ihn nicht belügen.
Sie sah sich selbst und sie war allein. So wie sie war, so wie sie es schon zu lange war. So wie sie es hasste zu sein.
Nimm mich doch fort von hier.
Sie schloss die Augen einen Augenblick und stellte sich vor, wie sich aus der Rose ein junger Mann bildete, den sie mit ihren Armen fest umschlossen hielt. Er lächelte sie an und sah dabei so unglaublich schön aus, so treu und warmherzig, aber auch frech und herausfordernd. Genau wie sie es liebte. Sie konnte ihn riechen und als sie ihm die Zunge entgegenstreckte, hören, wie er sagte Eh, lass das! Und wie er lachte. Es war ein klares, glückliches Lachen. Eines, das sie auch haben konnte. Doch sie spürte ihn nicht.
Von Verzweiflung und Erwartung getrieben umarmte sie ihn fester.
So stand sie da – fast nackt vor dem Spiegel, mit einer Rose an ihren zierlichen Leib gedrückt, an dem nun in raren Tropfen das Blut hinunterglitt.