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Aus die Maus
"Ich bleib bei meiner Meinung, du solltest nicht alleine fliegen. Da investierst du Millionen in ein Flugzeug und diskutierst dann wegen ein paar Tausender für einen Co-Piloten."
Frank klopfte dem Taxifahrer auf die Schulter und zeigte zum Fenster raus:
"Hier rein bitte. Zum Flughafen. Hier, GAT."
"Es geht nicht um ein paar Tausender, Jack. Es geht ums Prinzip. Ich bezahle keinen, der dann tagelang nur herumsitzt und wartet."
"Der sitzt nicht herum. Den schickst mit dem nächsten Flugzeug nach Hause und wenn du ihn wieder brauchst, steht er vor deiner Tür."
"Du weißt, ich will das nicht und aus die Maus", würgte Frank das Gespräch ab.
"Wo bist du überhaupt?"
"Rostock, flieg jetzt nach Hause. Und du? Ist ganz schlechte Verbindung."
"Orlando".
"Na dann geh besser ins Bett, ist ja schon mitten in der Nacht bei dir."
"Nachmittag Frank, bei mir ist Nachmittag. Bei dir ist es Nacht."
"Ja, halb Zehn. Ich bin jetzt da. Muss los, ich ruf dich nächste Woche mal an. Da können wir einen Termin ausmachen, bezüglich Checkflug."
"Alles klar. Denk nach darüber was ich dir gesagt habe. Ich weiß, dass du gute Arbeit machst, aber von einem Termin zum anderen hasten und dann in den Flieger springen ist definitiv keine gute Idee."
"Jaja, ich melde mich, servus."
Frank zahlte und stieg aus dem Taxi. Im Flughafengebäude wurde er bereits von Valerie und den Kindern erwartet.
"Daddy, Daddy", rief Nolan und lief direkt in Franks Arme.
"Nolan, bist du heute wieder mein Copilot?"
Er nahm Nolan auf den Arm und streichelte ihm durchs Haar.
"Wart ihr einkaufen?", fragte er Jade, die, an der Wand lehnend, nicht einmal zur Begrüßung von ihrem I-Phone ablassen konnte.
"Wir haben Badesachen für Nolan gekauft und für Jade einen tollen Bikini", antwortete Valerie stellvertretend und zeigte auf die Einkaufstaschen neben sich.
"Na, dann kann der Sommer ja kommen."
Frank schulterte Nolan, legte einen Arm um Valerie und sie marschierten gemeinsam zum Flugzeug. Kaum war er einige Schritte gegangen, läutete sein Telefon.
"Frank."
"Hey Frank, wir können das so nicht unterzeichnen, du hast uns zwei Millionen zugesagt."
"Was heißt, ihr könnt nicht. Mir ist das scheißegal, verstehst du. Du hast mir die ganze Lieferung zugesagt. Zwei Millionen war frei Marseilles, nun liegt der ganze Mist aber in Toulouse."
"Frank, versteh doch. Der Transport macht niemals zweihunderttausend aus."
"Dann bring alles nach Marseille. Ich habe jetzt keine Zeit zum Diskutieren. Ich bin morgen Früh bei euch. Ich zahle euch einemillionachthunderttausend und aus die Maus, verstanden."
"Okay, wann kommst du?"
"Ich kann um zehn bei dir sein."
"Alles klar, dann bis morgen, servus."
Frank beendete das Gespräch und hob Nolan von seinen Schultern.
"Rein mit dir, kannst dich gleich vorne hinsetzen und du kannst dein Telefon ausschalten. Telefonieren im Flugzeug verboten", befahl er Jade.
Er schloss die Türe, kletterte ins Cockpit und schaltete die Avionik ein: "Wird gleich warm", versuchte er die Fröstelnden zu trösten. Er schloss seine und Nolans Gurte und fragte den Tower um die Freigabe.
"Rostock tower, N4535 request startup."
"N4535 startup is approved."
Ein gleichmäßiges "tack tack tack" im Halbsekundentakt, gefolgt von einem dumpfen "bum" zeugte vom erfolgreichen Start des Triebwerkes. Es roch nach Kerosin. Nolan saß am rechten Sitz, das Headset am Kopf und beobachtete mit großen Augen die Vorgänge. Bis zum Startpunkt waren es nur wenige Meter.
"N4535, ready for take off."
"N4535, after depature contact radar on frequency one tow seven decimal tow. Cleared for take off runway 28."
"Cleared for take off runway 28, N4535", bestätigte Frank und schob die Powerleveler nach vorn.
Ein Rütteln durchdrang die Maschine.
"Take off power is set", flüsterte Frank ins Mikrofon und Nolan hielt sich mit beiden Händen fest am Sitz. Ein letztes Rucken vom einfahrenden Fahrwerk, dann wurde es ruhiger. Valerie stand auf und kam ins Cockpit.
"Wann landen wir?"
"In einer Stunde. Ist ziemlich viel Gegenwind. Werden wir abgeholt?"
"Schatz, wir haben unser Auto am Flugplatz", erklärte sie liebevoll und streichelte über seinen Kopf.
"Ah, noch besser. Wir sollten es schaffen, bevor der Flughafen geschlossen wird. Kurt, dieser Arsch macht schon wieder Probleme. Will zwei Millionen. Der spinnt wohl. Der kann sich gleich jemand anderen suchen. Ich kann mein Holz auch bei Graham kaufen. Ich fahr morgen früh hin. Entweder er unterschreibt oder ich geh zu Graham, aus die Maus."
"Du sollst dich nicht so aufregen. Denk an deinen Blutdruck."
"Ach", antwortete Frank mit einer abschätzigen Bewegung.
"Bekommt Jade ihr Praktikum?", fragte er nun wesentlich ruhiger.
"Sieht gut aus, wir müssen am Freitag noch mal hin. Schau, Nolan schläft."
"Lass ihn vorne sitzen, das ist okay so."
"Hattest du etwas zu essen?"
"Kaum, ich freu mich schon auf zuhause. Wir heizen uns den Kamin ein und machen uns einen gemütlichen Abend."
"N4535, decend to flight level seven zero", drang es aus dem Kopfhörer.
"N4535, decend to flight level seven zero", bestätigte Frank dem Controller.
"Setz dich lieber wieder hin. Wir sind gleich da."
Sie gab ihm einen Kuss und ging zurück auf ihren Platz.
Wenn ich den Vertrag nicht bekomme, steht in zwei Monaten die ganze Produktion. Dieser Arsch weiß genau, dass ich sein Holz brauche. Trotzdem, da geht es ums Prinzip, ich zahl nicht mehr. Im Frühjahr bettelten sie, dass ich ihr Holz kaufe und jetzt wollen sie mich erpressen. Ich werde jedenfalls morgen mit Graham reden. Ich darf einfach nicht erpressbar sein. Und wenns ihm nicht passt, kauf ich bei Graham, aus die Maus.
"N4535, reduce speed to 180."
Und wenn ich zweieinhalb Millionen zahlen muss. Ich lass mich nicht erpressen von dem Arsch.
"N4535, i say again. reduce speed to 180."
"Ahh, reducing. N4535."
Mist, ich bin zu schnell. Power raus, Gear und ... die Flaps. Ich könnte mir auch ein Lager anlegen. Am Markt einkaufen wenn es billig ist und so die Hochpreiszeiten überbrücken. Dafür bräuchten wir eine zusätzliche Halle. Das wäre noch mehr Berechtigung für einen Umbau. Über die Ersparnis beim Einkauf könnte ich das ganze Gebäude finanzieren. Ein gutes Argument gegenüber der Bank.
"pieeeeeep ... brrrrrrrrr", das Steuerhorn vibrierte und dieses ohrenbetäubende Piepsen mochte nicht verstummen.
Ahhhh, speed!
Frank stieß beide Powerleveler bis zum Anschlag nach vorne. Seine linke Hand umfasste krampfhaft das Steuerhorn und versuchte mit aller Kraft, dem Wegrollen des Fliegers entgegenzuwirken. Trotz vollen Einschlags gegen die Drehbewegung, ließ sich die Maschine nicht aufrichten und rollte immer weiter um die eigene Achse.
Heee, was ist da los?
"We have a proble..."
Die Kreiselinstrumente rotierten und Lichtreflektionen blitzten über die Cockpitscheibe. Ein dumpfer Knall. Überall Rauch. Es war finster. Der Geruch von Kerosin breitete sich aus.
"Nolan!"
Frank hing kopfüber in den Gurten, die Beine festgeklemmt zwischen den Pedalen.
"Noooolan", rief er nun lauter.
Es blieb ruhig. Nur das regelmäßige Zischen einer Flüssigkeit auf heißem Metall war zu hören.
"Valerie, Valerieeeeee!"
Aus der Kabine war ein Wimmern zu vernehmen. In immer kürzeren Abständen waren nun diese Zischlaute zu hören. Im Sekundentakt, bis sie abgelöst wurden von einem lauten, dumpfen Knall. Ein Feuerpilz stieg auf. Zur gleichen Zeit heulten die Sirenen. Das Blinken der Blaulichter erhellte das Vorfeld. Mit hoher Geschwindigkeit rasten Rettung und Feuerwehr der Absturzstelle entgegen.
Aus die Maus.