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Auf seltsamen Wegen

jbk

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17.06.2003
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Auf seltsamen Wegen

Das Dunkel kommt als Hand, als Hand, als Hand.
Sie schließt deine Augen wie man eben Augen schließt, wenn sie zu lange offen stehen. Das Licht am Ende des Tunnels ist ein buntes Farbenmeer, Farbenmeer, Farbenmeer.
Springe hinein, bade im Rot, plantsche mit dem Blau, trinke das Lagunengrün, Lagunengrün, Lagunengrün.
Ein Baum spiegelt sich im Wasser, ein großer, starker, alter Baum. Ein Baum, der dein Freund sein könnte, Freund sein könnte, könnte.
Äste senken sich zu Boden, zu den Füßen, bieten einen Weg an. Hinauf steigen, steigen, steigen. Kinderleicht. Wie Klettern, Klettern, Klettern.
Damals, Kindertage voller Glück. Die Freunde stolz im Baum. Die eigene Hütte, Ausblick Richtung Freiheit. Die erste Zigarette. Man, waren wir stolz, waren wir erwachsen, glaubten wir.
Der Wind, der singende, blies den Rauch hinfort, hinein in den Himmel, den strahlenden. Weit weg, kleine Wolken, weiß. Schäfchenwolken. Unschuldig. Das Husten, noch.
Lange Sommer, spielen im Wald, Lagerfeuer. Zusammensitzen. Und Rauchen. Ritual. Das Holz beleckt von Flammen. Es kohlt. Wird schwärzer, schwärzer, schwarz.
Am Morgen- Nebel säumt das Feld. Früher Nebel. Doch Kinder sind hart. Nehmen vieles leicht. Zu leicht? Manchmal…
Ein leichtes auch die Rollerprüfung. Clique auf zwei Rädern. Wieder Sommer. Wieder Treffen. Nicht mehr im Wald. Der liegt vergessen. Treffen an der Schule. Nachmittags. Morgens wird geschwänzt. Warum? Nur so, bedeutsam wie ein Pfiff im Wind.
Der Wind, manchmal eine steife Brise. Doch wir rücken zusammen. Wärmen uns, wie damals, wie am Lagerfeuer. Das Schwarz- heute Asche im Wind. Vergessen die Anfänge. Das Ritual wurde normal. Jugendzeit im kleinen Dorf, kleines Dorf, Dorf voller Langeweile.
Was tun?! Neue Wege gehen, sich Steine in den Weg legen: kein Problem. Dann der Unfall. Der Findling unter dem Auto. Des Nachts. Dunkel war’ s. Der Mann konnte nicht sehen, was sich auf der Straße befand. Das war das Letzte, das Letzte, das Letzte was er sah: Nichts!
Kälter der Winter nie war. Auf Frost folgt Hagel, die schützende Hand schmerzt, ist geschlagen, ist geschlagen, ist geschlagen. Das Gewissen ist im Winterschlaf. Doch sei dir sicher: es wacht irgendwann auf!
Die Tage werden länger, das Eis: es schmilzt. Taut auf, was vorher im Frost erstarrt. Frühling, Frühling, es ist Frühling. Doch von Gefühlen keine Spur. Der Schrecken sitzt doch tiefer als man gedacht. Nur noch Blumen blühen gemeinsam auf den Feldern, nur noch Blumen, nur noch Blumen. Auf dem Grab. Ein einsamer Strauß.
Es ist kalt, obwohl der Sommer naht. Es ist dunkel, obwohl die Sonne scheint. Es ist; obwohl es jedem lieber wäre, es sei nicht so. Jedem, der einsam seine Wege geht. Wohin sie führen. Ins Nirgendwo. Ins Gebirge. Alleine auf dem Gipfel, auf dem Gipfel, auf dem Gipfel der Schuld. Das Tal, das Tal der Unschuld- getrennt durch Schluchten. Scharfe, kantige, messerscharfe, scharfkantige Schluchten. Steinige Schluchten. Und immer die Spirale. Die Spirale der Gedanken. Die von oben tief hinab führt. Das Lachen ist gestorben. Gestorben. Gestorben. Die Trauer trägt schwarz. Ist Dunkel, ist wie eine Hand, eine dunkle Hand, dunkle Hand, dunkle Hand…

 
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Nein, wollte ihn schon im Kritikerkreis haben, bin noch nicht dazu gekommen...
Vielleicht `schrecken´ die Wortwiederholungen potentielle leser ab?

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo jbk,

der erste Abschnitt konfrontiert den Leser mit dem Jetzt, dann die Rückblende, am Schluß schließt sich der Kreis des Geschehens. Diese oft verwendete Textstruktur ist ein zum Inhalt passendes Gerüst, der Leser kann neugierig werden, welche Zusammenhänge sich wohl finden lassen werden.
Gelungen ist die Kombination dieses konventionellen Aufbaus mit einer ungewöhnlichen Ausdrucksweise: Die Wortwiederholungen sind ein Widerhall der Gedanken, leicht wie ein Stein, der auf der Wasseroberfläche springt, aber doch schwermütig, zum Sinken verurteilt.

Bei der Thematik der Geschichte bestand sicher die Gefahr, bei einer situativen Gefühlsbeschreibung stehen zu bleiben. Gut ist, dass Du die Entwicklung der Schuld beschreibst. Aus kindlicher Gruppendynamik heraus entwickelt sich die geschickt angedeutete Tat. Selbst wenn das „Eis schmilzt“- mit der eigenen Schuld ist man allein, auf dem „Gipfel der Schuld“.
Zitat:
„Und immer die Spirale. Die Spirale der Gedanken. Die von oben tief hinab führt. Das Lachen ist gestorben. Gestorben. Gestorben. Die Trauer trägt schwarz.“

Diese Trauer wird sich nicht mehr abschütteln lassen- ein schweres Schicksal.

Tschüß… Woltochinon

 

Danke für die Kritik.

Diese Trauer wird sich nicht mehr abschütteln lassen
Nun, eben nur im Tod--> siehe Anfang.
Der Anfang sollte beim ersten Lesen, wie du es sagst, das Jetzt beschreiben, eine unbestimmte Situation, von der aus die Rückblende stattfindet.
Nachdem sich der Kreis schließt, sollte der Anfang eine neue Bedeutung bekommen, eben die Situation des Sterbens, von der aus ja auch eine Rückblende stattfinden kann.
Nur im Tod liegt Erlösung nach einer solchen Schuld. Aber auch eine solche Schuld wird Gott vergenen.

Bitte schreibe mir doch deine Meinung unter diesen Gesichtspunkt.

Danke und Bye
Jan

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo jbk,

nur wenn man nach dem Tod noch zurückblicken kann, kann man die Schuldbefreiung erfahren, aber auch nur, wenn der Tod reicht, die Schuld zu vergeben. Man kann sich durch Erlösende Taten (z.B. Suizid) auch - laut mancher Religion- Schuld aufladen.

Das `Vergebungselement´ kann ich in der Geschichte nicht finden.

Tschüß... Woltochinon

 

Das `Vergebungselement´ kan ich in der Geschichte nicht finden.
Es ist das Farbenmeer im Gegensatz zu der schwarzen Hand.
Von Selbstmord ist nicht die Sprache (ist als Thema auch ziemlich ausgereizt...)

Gruß
Jan

 

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