Auf Geisterjagd
Konstantin und Matthias dürfen wieder einmal bei den Großeltern übernachten. Es ist schönes Wetter, aber die beiden schleichen lieber mit ihren Taschenlampen im Haus herum. Im Haus der Großeltern gibt es viele dunkle Ecken, Gänge und Räume.
Es gibt unzählige Türen. Von manchen Türen wissen Konstantin und Matthias gar nicht, wohin sie führen. Auch ist es hinter einigen Türen sehr finster, und auch etwas unheimlich. Man weiß nicht, ob dort nicht ein Geist wohnt, von einem Vorfahren, der früher einmal in dem Haus gewohnt hat. Das Haus ist ja schon sehr alt.
Konstantin und Matthias erkunden das ganze Haus. Sie öffnen viele Türen und leuchten mit ihren Taschenlampen hinein. Sie sehen aber nicht wirklich etwas Aufregendes oder Gruseliges. Vielleicht liegt das daran, dass Geister meistens erst in der Nacht herumwandern. So vergeht der ganze Nachmittag mit der Hauserkundigungstour.
Es ist Abend geworden, und es gibt Abendessen. Die beiden Buben haben einen Riesenhunger, denn Geisterjagd macht hungrig. Sie essen brav, putzen ihre Zähne und gehen danach brav ins Bett. Konstantin und Matthias bekommen noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen, und dann wird geschlafen.
Im Zimmer ist es finster und ruhig. Es war den ganzen Tag schön sonnig und warm draußen, deshalb ist auch das Fenster im Kinderzimmer offen. Jetzt am Abend sind aber schwarze Wolken aufgezogen, und der Wind bläst ordentlich durchs Fenster.
Die zwei Kinder hören plötzlich ein HUHU und dann ein UIIIIIIIIIH. Sofort sind sie wieder hellwach. Es hat sich angehört, als würde jemand schreien. Sie sitzen im Bett und schauen sich an. „Was war das?“, fragt Matthias. „Vielleicht sind jetzt die Geister aus ihren Verstecken gekommen“, sagt Konstantin. „Ja, das kann sein“, antwortet Matthias. „Hast du Angst?“, fragt Matthias. „Nein“, antwortet Konstantin und hält kurz die Luft an, „und du?“ Matthias hat auch keine Angst, zumindest gibt er es nicht zu. „Wenn es unsere Vorfahren sind, dann werden sie uns ja nichts tun, wir haben ihnen ja auch nichts getan, oder?“, meint Matthias. „Da hast du recht“, stimmt Konstantin zu. „Wollen wir nachsehen gehen?“, fragt Konstantin. „Vielleicht können wir ja mehr von ihren erfahren, warum sie da sind“, ist Matthias begeistert. „Wir werden sehen“, brummelt Konstantin. Bevor sie losgehen, schauen sie zuerst einmal durchs geöffnete Fenster in den Garten, denn von da ist das Geräusch gekommen. Da sehen sie auch schon etwas Weißes – es flattert herum und immer wieder dieses HUHU und dieses schreckliche UIIIIIIIH.
Vor lauter Schreck springen die beiden schnell wieder ins Zimmer zurück. Aber sie sind doch zu neugierig, und beschließen, den langen Weg durch das finstere Haus in den Garten anzutreten. „Aber was ist das, hinter dem Vorhang?“, fragen sich die beiden. „Ist da jemand hinter dem Vorhang?“
Konstantin nimmt seinen ganzen Mut zusammen und streift den Vorhang zur Seite, und gleichzeitig leuchten die beiden dahinter. Aber es ist nur das Giraffenfahrzeug der beiden Kinder. Gott sei dank.
Sie gehen die Treppen hinab. Hoppla, fast stolpern Konstantin und Matthias über ihre Schuhe, die sie am Abend nicht ordentlich genug hingestellt hatten.
Sie gehen weiter, vorbei an der Wäschekammer, in die Garderobe. Da schon wieder. „Was ist das nur?“ fragen sie sich erneut. „Leuchte schnell auch hin, Matthias!“, flüstert Konstantin. Aber es stellt sich schnell heraus, dass es sich nur um einen Besen handelt, der in der Ecke lehnt.
Furchtlos gehen sie weiter, durch ein paar andere dunkle Räume, und dann endlich kommen sie in den langen Gang, der in den Garten führt. Immer wieder leuchten sie mit den Taschenlampen in die dunklen Ecken, aber nirgends sehen sie einen Geist.
An der Gartentür angekommen, lauschen sie den Geräuschen, die aus dem Garten kommen. Die Tür ist versperrt, aber der Schlüssel steckt. Konstantin, der kräftiger ist, dreht den alten großen Schlüssel vorsichtig im Schloss. Der Schlüssel quietscht im Schloss, und den beiden Buben schlottern schon etwas die Knie. Trotz weicher Knie öffnen sie die Türe.
Und jetzt sehen sie es deutlich. Mitten im Garten flattert ein Geist herum, sie sehen die weißen Arme und den Körper, der herumtanzt. Aber der Geist hat keinen Kopf. „Wo ist der Kopf?“, fragt Matthias. „Vielleicht hat der Geist den Kopf irgendwann verloren?“, sucht Konstantin nach einer Erklärung. „Vielleicht war er so vergesslich, dass er seinen Kopf irgendwo vergessen hat, und jetzt muss er ohne Kopf herumgeistern“, meint Matthias.
Den beiden Buben ist der Anblick des kopflosen Geistes doch zu gruselig, und sie beschließen, zurück in ihre Betten zu gehen, und gleich am nächsten Morgen nachzusehen, ob noch etwas zu sehen ist.
Gesagt getan. Sie wandern wieder zurück Richtung Kinderzimmer. Die Ecken schauen jetzt noch gruseliger und Furcht erregender aus, als gerade eben noch. Der Schreck vom Anblick des Geistes sitzt ihnen noch in den Knochen.
Im Zimmer angekommen, kriechen sie gleich in ihre Betten, und ziehen die Decken über die Köpfe, damit kein Geist sie finden kann.
Sie sind eingeschlafen, und werden bald vom Vogelgezwitscher am nächsten Morgen geweckt.
Noch vor dem Frühstück möchten sie nachsehen, ob im Garten noch der Geist ist. Weil ihnen aber immer noch etwas mulmig ist, kommt es ihnen sehr entgegen, dass Oma gerade Wäsche im Garten aufhängen will.
Konstantin und Matthias freuen sich, und schleichen Oma in den Garten hinterher. Da sehen sie auch schon, dass auf der Wäscheleine ein Nachthemd von Oma hängt. Sie wissen sofort, dass dies der weiße Geist ohne Kopf gewesen sein muss, den sie in der Nacht gesehen hatten, und das Geräusch ist wahrscheinlich doch nur vom Wind gekommen.
Oma meint bei dem Anblick nur: „Da hab ich doch glatt eines meiner Nachthemden über Nacht auf der Wäscheleine vergessen“.
Konstantin und Matthias sind froh, dass alles doch ganz harmlos war. Dass sie das Nachthemd von Oma für einen Geist gehalten haben, behalten sie aber für sich. Die beiden grinsen wissend in sich hinein, und gehen mit Oma zurück ins Haus und trinken Kakao zum Frühstück.
Konstantin und Matthias wissen jetzt, dass manche Spielsachen, Dinge oder auch aufgehängte Wäsche in der Nacht gruselig aussehen kann, dass aber alles bei Tag harmlos und nicht zum Fürchten ist.